IT- und Medienrecht

Zulässigkeit des Angebots von Werbeblocker-Software – Adblock Plus

Aktenzeichen  U 2225/15 Kart

Datum:
17.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
WuW – 2017, 613
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 4, § 4a, § 8 Abs. 3 Nr. 1
UrhG § 4 Abs. 1, Abs. 2, § 69a Abs. 1, Abs. 3, § 69c Nr. 1, Nr. 2, § 87a Abs. 1, § 87b Abs. 1, § 97 Abs. 1
GWB § 1, § 18, § 19 Abs. 2 Nr. 2, § 21 Abs. 2, Abs. 3, § 33 Abs. 1
AEUV Art. 101 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1
Vertikal-GVO Art. 1 Abs. 1 a), Art. 2 Abs. 1 S. 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 4, Art. 5
RL 2005/29/EG Art. 8, Art. 9
RL 96/9/EG Art. 7 Abs. 1, Abs. 5
GG Art. 5 Abs. 1 S. 2, Art. 12 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Umfasst ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsantrag auch Handlungen, die sich als nicht unlauter erweisen, ist der Antrag unabhängig davon, ob er auch unlautere Handlungen umfasst, insgesamt als unbegründet abzuweisen. Es ist nicht Sache der Gerichte, einen zu weit gefassten Antrag so umzuformulieren, dass er Erfolg hat oder haben könnte. Das kostenlose Angebot einer Software, die Werbung im Internet grds. blockiert, aber den Betreibern werbefinanzierter Seiten die Möglichkeit eröffnet, die Blockierung gegen Entgelt zu vermeiden, stellt weder eine gezielte Mitbewerberbehinderung (§ 4 Nr. 4 UWG) noch ein aggressive geschäftliche Handlung (§ 4a UWG) dar.
2. Für die Frage einer marktbeherrschenden Stellung des Anbieters einer solchen Software ggü. Betreibern werbefinanzierter Seiten ist maßgeblich, welchen Anteil die Kunden des Anbieters an der Gesamtheit der Internetnutzer in Deutschland darstellen. Der nach 3 18 I GWB sachlich oder örtlich relevante (Angebots-)Markt ist weder der Markt der Werbeblocker noch der Markt der Freischaltung von Onlinewerbung, sondern der Markt des Zugangs zu Internetnutzern für Werbung in Deutschland.
3. Lässt der Betreiber einer Internetseite den ungehinderten Zugang zu seinem Angebot auch bei Nutzung eines Werbeblockers eröffnet und äußert lediglich die Bitte, auf die Verwendung von Werbeblockern zu verzichten, liegt aus Sicht des Nutzers eine Einwilligung in eine etwaige Umarbeitung von Programmcodes bzw. Teilen eines Computerprogramms durch das Unterdrücken bzw. Verstecken von Werbeelementen gem. § 69c Nr. 2 UrhG vor.
4. Wird das Whitelisting immer unentgeltlich angeboten, so werden die Leistungen der Beklagten nicht abgesetzt, das heißt im weitesten Sinne gegen Entgelt vertrieben, so dass es an dem für die Annahme einer geschäftlichen Handlung erforderlichen Unternehmensbezug fehlt. (Rn. 73) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Aufruf von Webseiten mit der damit zwangsläufig einhergehenden Vervielfältigung im Arbeitsspeicher ist für Internetnutzer mit eingeschaltetem Werbeblocker als bestimmungsgemäße und erlaubte Nutzung anzusehen, wenn ein entgegenstehender Willen des Seiteninhabers, mit der Nutzung bei aktiviertem Werbeblocker nicht einverstanden zu sein, nur mit einer unverbindlichen Bitte und damit nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht wird. (Rn. 89 – 93) (redaktioneller Leitsatz)
6. Das Aufsuchen einzelner Unterseiten und das Betrachten eines Bildes, eines Videos oder eines Artikels durch den Internetnutzer stellt im Verhältnis zum gesamten Inhalt der Website keine Vervielfältigung eines wesentlichen Teils der Website dar; es ist auch nicht dargetan, dass einzelne der Videos auf den klägerischen Webseiten besonders hohe Investitionen erfordert haben und gerade solche Datensätze von Internetnutzern vervielfältigt werden. (Rn. 97 – 104) (redaktioneller Leitsatz)
7. Die Beklagte, welche Internetnutzern unentgeltlich herunterladbare Werbeblocker-Software anbietet, hat keine marktbeherrschende Stellung; der sachlich und örtlich relevante Markt ist vorliegend weder der Markt der Werbeblocker noch der Markt der Freischaltung von Onlinewerbung, sondern der Markt des Zugangs zu Internetnutzern in Deutschland. (Rn. 114 – 124) (redaktioneller Leitsatz)
8. Das Whitelisting durch die Beklagte schränkt zwar die Handlungsfreiheit der Webseitenbetreiber auf dem Markt für Onlinewerbung ein; die Freischaltung entsprechend den Kriterien der Beklagten ist aber als Teil einer Vertikalvereinbarung nach der Vertikal-GVO freigestellt. (Rn. 125 – 137) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

37 O 11673/14 2015-05-27 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27. Mai 2015, berichtigt durch Beschluss vom 22. Juli 2015, wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
IV. Die Revision wird zugelassen, soweit sie nicht die Abweisung des Berufungsantrags Ziffer I.1.b) betrifft.

Gründe

A.
Die Klägerin wendet sich gegen einen von der Beklagten zu 1) den Internetnutzern unentgeltlich angebotenen Werbeblocker.
Die Klägerin ist das digitale Entertainmentunternehmen der …-Gruppe. Sie betreibt die Websites www…de, www…de, www…de und www…de und vermarktet zahlreiche weitere Websites, unter anderem sixx.de und songtexte.com. Auf ihren Webseiten veröffentlicht sie überwiegend multimediale redaktionelle Inhalte, insbesondere Videos, Bilder und Texte. Die Webseiten sind für die Nutzer frei zugänglich. Die Klägerin erhält für das Integrieren und Veröffentlichen der Werbung von Dritten ein Entgelt und finanziert hierdurch ihr Angebot. Die Websites der Klägerin sind nahezu ausschließlich werbefinanziert. Die Höhe der von der Klägerin durch Onlinewerbung erzielten Werbeerlöse richtet sich nach der Reichweite des Mediums. Diese wird in Tausend-Kontakt-Preisen (TKP) bemessen. Ein Kontakt, auch „Ad Impression“ genannt, wird dabei erst dann erzielt, wenn die Werbung im Browser des Nutzers geladen und auf der Bildschirmoberfläche auch wahrnehmbar gemacht wird.
Auf den Webseiten der Klägerin steht am Ende in einem „Footer“ (Anlagen K 28, BE 64):
„Diese Website finanziert sich durch Werbung. Bitte nutzen Sie keinen Werbeblocker!“
In den Nutzungsbedingungen, auf die man über einen Link im Footer der Webseiten der Klägerin gelangt, heißt es unter § 3 (Anlage K 29, Seite 2):
㤠3 Urheberrecht
Die über die Website von […] angebotenen Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Ihre Nutzung unterliegt den geltenden Urheberrechten. Diese Website darf ohne Zustimmung von […] nicht verändert, kopiert, wiederveröffentlicht, übertragen, verbreitet oder gespeichert werden. Das Material darf ausschließlich zu privaten, nichtkommerziellen Zwecken unter strikter Berücksichtigung von Urheberrechten benutzt werden…“
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3) ist und der Beklagte zu 2) bis zum 17. Dezember 2015 war, bietet Internetnutzern die unentgeltlich herunterladbare Open-Source Werbeblocker-Software Adblock Plus (vgl. CD, Anlage A; Quelltext Anlage K 3) an, die der Unterdrückung von Werbeeinblendungen beim Aufruf einer Webseite dient. Adblock Plus ist als Browsererweiterung für die Browser Mozilla Firefox, Google Chrome, Internet Explorer, Opera und Android erhältlich und muss für jeden Browser einzeln installiert werden. Diese Software besitzt selbst keine eigene Filter-Funktionalität; um Onlinewerbung zu blockieren, muss sie mit Vorgaben dazu ergänzt werden, welche Werbeinhalte blockiert werden sollen. Diese Vorgaben sind in sogenannten Filterlisten („Blacklists“) enthalten. Der Nutzer kann grundsätzlich selbst entscheiden, welche Filterregeln er anwenden möchte. Bei der Installation von Adblock Plus sind standardmäßig die von der Beklagten zu 1) bereitgestellte allgemeine Blacklist („Easylist“) und eine auf die jeweilige Sprache des Nutzers zugeschnittene Blacklist, in Deutschland die „Easylist Germany“, voreingestellt (vgl. Anlagenkonvolut K 4).
Adblock Plus ergänzt den vom Anwender genutzten Browser dahingehend, dass werbebezogene Informationen nicht mehr beim Nutzer angezeigt werden. Typischerweise werden Informationsinhalte vom Content-Server der Klägerin, Werbeinhalte hingegen von sogenannten Adservern abgerufen, die vom Server der Klägerin unabhängig sind und Internetadressen haben, die sie als Adserver erkennbar machen. In den Browserfenstern werden Informationen und Werbeinhalte als einheitliches Webseitenangebot dargestellt. Adblock Plus beeinflusst den Zugriff des Browsers auf der Nutzerseite dahingehend, dass nur noch Dateien von den Content-Servern, nicht dagegen Dateien von den Adservern abgerufen werden. Neben dieser vollständigen Blockade des Ausspielens von Werbung durch Verhinderung des Abrufs von Adservern ist Adblock Plus auch in der Lage, Werbung, die von einem nicht als solchen erkennbaren Adserver oder vom Content-Server der Klägerin (Eigenwerbung) ausgespielt wird, nach dem Laden im Browser des Nutzers aufgrund bestimmter Charakteristika (z.B. Bannergröße) zu erkennen und erst zu diesem Zeitpunkt Werbung im Wege des sogenannten „element hiding“ zu verstecken bzw. auszublenden. Zwischen den Parteien ist im Einzelnen streitig, ob Adblock Plus insbesondere durch das „element hiding“ in Programmcodes der Websites auf den Endgeräten der Nutzer eingreift und diese verändert (vgl. Anlagen K 136, BE 90).
Zusätzlich zur Blacklist ist bei der Grundeinstellung von Adblock Plus auch eine Liste mit Ausnahmefiltern, eine sogenannte Weiße Liste („Whitelist“), voreingestellt. Wenn Websites in diese Whitelist aufgenommen sind, werden die Werbeinhalte dieser Seiten nicht mehr blockiert.
Bei der Installation von Adblock Plus wird standardmäßig die Einstellung „einige nicht aufdringliche Werbung zulassen“ mit der dazugehörigen Whitelist konfiguriert (Anlagen K 15, K 16). Der Nutzer kann diese Funktion deaktivieren sowie – bei entsprechenden Computerkenntnissen – einzelne Websites selbst freischalten oder eigene Whitelists erstellen und pflegen. Mehr als 90 % der Internetnutzer, die Adblock Plus verwenden, ändern die Voreinstellungen der Beklagten zu 1) während und nach der Installation jedoch nicht. Die Beklagte zu 1) besorgt regelmäßig Updates dieser Whitelist, die über ihre Server an die Nutzer ausgespielt werden.
Die Aufnahme einer Website in die Whitelist setzt voraus, dass die Werbung den Kriterien der Beklagten zu 1) für „akzeptable“ Werbung („Acceptable Ads“) entspricht und sich der Webseitenbetreiber bzw. Vermarkter vertraglich dazu verpflichtet, auf den vorgesehenen Werbeflächen auch in Zukunft nur noch akzeptable Werbung auszuspielen. Es muss sich dabei nach den Kriterien der Beklagten zu 1) um statische Werbung handeln, die nach Möglichkeit nur Text und keine Aufmerksamkeit erregenden Bilder enthält, die eigentlichen Webseiten-Inhalte nicht versteckt und die auch als Werbung gekennzeichnet ist (vgl. Anlagen B, K 18).
Die Beklagte zu 1) setzt ihre Kriterien für „akzeptable Werbung“ durch Whitelisting-Vereinbarungen mit den Webseitenbetreibern oder sogenannten Werbenetzwerken, die im Auftrag der Webseitenbetreiber die Vermarktung von Werbeflächen bündeln, durch. Mit den Werbekunden schließt sie hingegen keine Vereinbarungen. Teilweise fordert sie für die Freischaltung von Werbung ein Entgelt. Für kleine und mittlere Websites und Blogs ist das Whitelisting kostenfrei (vgl. Anlage B 61 – „Wie verdienen wir Geld?“). Im Dezember 2015 erklärte die Beklagte zu 1), dass Unternehmen für die Freischaltung von Werbung nur bezahlen müssten, wenn sie über die Whitelist pro Monat mehr als zehn Millionen zusätzliche Werbeimpressionen erreichen würden (Anlage K 116). Von diesen größeren Webseitenbetreibern fordert die Beklagte zu 1) in der Regel ein erlösabhängiges Entgelt in Höhe von 30 % der durch das Whitelisting erzielten Werbeumsätze; zum Teil vereinbart sie auch Pauschalbeträge mit Unternehmen wie beispielsweise Google, Inc., Microsoft Corp. und Amazon, Inc. Die Beklagte zu 1) schloss bislang weltweit mit mehr als tausend Webseitenbetreibern Whitelisting-Vereinbarungen. Ihren Vertragspartnern bietet die Beklagte zu 1) im Rahmen des Whitelisting eine sogenannte Fallback-Lösung an. Diese ermöglicht es den Webseitenbetreibern, zwischen Besuchern mit und ohne eingeschaltetem Werbeblocker zu unterscheiden, so dass Besucher mit Adblock Plus nur akzeptable Werbung sehen, die übrigen Internetnutzer demgegenüber jegliche Onlinewerbung.
Auf der Startseite https://a…org/ heißt es u.a. (vgl. Anlage BE 59):
„Adblock Plus
Für ein Web ohne nervige Werbung!
-Kann Tracking, Malware-Seiten, Banner, Pop-ups und Videowerbung blockieren – sogar auf Facebook und YouTube
-Unaufdringliche Werbung wird nicht blockiert, um Webseiten zu unterstützen(konfigurierbar)
-Es ist kostenlos.“
Folgt man dem Link „konfigurierbar“, gelangt man auf die Unterseite „Akzeptable Werbung in Adblock Plus zulassen“. Dort wird unter der Überschrift „Aber ich hasse jede Werbung!“ für den jeweiligen Browser beschrieben, wie man die Funktion deaktivieren und damit jegliche Werbung, auch die von der Beklagten zu 1) als „akzeptabel“ eingestufte Werbung, blockieren kann. Dort steht beispielsweise zum Browser Firefox (vgl. Anlage BE 60):
„Firefox – Klicken Sie auf das Adblock Plus Symbol und wählen Filtereinstellungen. Deaktivieren Sie den Menüpunkt Einige nicht aufdringliche Werbung zulassen.“
Für den Browser Internet Explorer besteht diese Änderungsmöglichkeit erst seit 13. August 2014. Zuvor wurde beim Internet Explorer sämtliche Werbung blockiert.
Auf die Unterseite „Akzeptable Werbung in Adblock Plus zulassen“ gelangt man außerdem, wenn man auf der Seite „Über Adblock Plus“, die allgemeine Informationen über Adblock Plus enthält, unter der Überschrift „Was ist akzeptable Werbung?“ einem Link folgt, der sowohl im vorletzten als auch im letzten Satz dieses Absatzes enthalten ist: „Wenn Sie keine Werbung sehen wollen, können Sie diese Funktion jederzeit deaktivieren. Weitere Infos findet man in unserem FAQ für akzeptable Werbung“ (Anlagen K 11, B 61).
Auf den Websites der Klägerin wird im Wesentlichen audiovisuelle Werbung vermarktet, insbesondere Werbevideos, Spots und Animationen. Diese Werbeformate umfassen fast 100 % des gesamten Onlinewerbeinventars und der gesamten Onlinewerbeumsätze der Klägerin und entsprechen in aller Regel nicht den „Acceptable Ads“ der Beklagten zu 1). Die Klägerin ist zum Abschluss einer Whitelisting-Vereinbarung nicht bereit.
Auf den Seiten der Klägerin wird ein Teil der Werbung durch Adblock Plus blockiert. Die Blockade betrifft auch die Eigenwerbung von Webseiten (Anlage K 32). Teilweise ist die Klägerin in der Lage, sogenannte Pre-Roll-Werbespots, die vor Videos mit Content geschaltet werden, unter Umgehung von Adblock Plus auf ihren Webseiten auszuspielen (Anlage BE 67). Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter, die damit werben, mit der von ihnen – entgeltlich – angebotenen Software Werbeblocker zu umgehen (Anlagen BE 18, BE 19). Der Anbieter der Umgehungssoftware Addefend nennt die …-Gruppe als einen seiner zahlreichen Kunden in Deutschland (Anlage BE 81).
Gemäß den Messungen des Online-Verbraucherkreises (OVK) sank die durchschnittliche Werbeblocker-Rate von 21,49 % im zweiten Quartal 2015 (Anlagen K 112, BE 65) auf 20,09 % im ersten Quartal 2016 (Anlage BE 65) und im zweiten Quartal auf 19,43 % (Anlage BE 66); im dritten Quartal 2016 betrug die Adblocker-Rate gemäß OVK-Messung 19,1 % (Anlage BE 88).
Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) die Easylist Germany selbst betreibe, kontrolliere und weiterentwickle. Die Easylist Germany werde hauptsächlich von einem Mitarbeiter der Beklagten zu 1) während der üblichen Arbeitszeiten bearbeitet.
Durch die Kriterien der Beklagten zu 1) für akzeptable Werbung werde der Großteil der derzeit in Deutschland praktizierten Onlinewerbung ausgeschlossen. Die Beklagte zu 1) habe die geforderten Werbestandards auf bestimmte finanzstarke bzw. den Beklagten nahestehende Unternehmen ausgerichtet. Die Kriterien würden sich an den Bedürfnissen von Suchmaschinenbetreibern und Anbietern von Hyperlink-Werbeformen orientieren. Die Beklagte zu 1) habe von Google, Inc. daher auch lediglich einen Pauschalbetrag in Höhe von 25 Millionen US-Dollar gefordert und vereinnahmt; dies entspreche einer Beteiligung der Beklagten zu 1) von nur 2,8 % der durch die Freischaltung von Google, Inc. erzielten Werbeumsätze.
Bereits im Jahr 2010 sei Adblock Plus mit einem Marktanteil von 86 % in Deutschland der Marktführer unter den Werbeblockern gewesen (Anlage K 8), seit dem Jahr 2014 liege der Marktanteil bei rund 95 %. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2014 hätten rund 20 % aller deutschen Internutzer Adblock Plus aktiv verwendet. Unter Berücksichtigung der aktuellen Downloadzahlen sei von einer weiteren Steigerung der aktiven Adblock Plus Nutzer auszugehen. Messungen vom Frühjahr 2014 hätten ergeben, dass die Webseiten der Klägerin besonders betroffen seien; zwischen 28 % und 34 % der Videoaufrufe erfolgten durch Nutzer mit Werbeblockern. Dies liege insbesondere daran, dass die Klägerin mit ihren Webseiten ein junges Publikum anspreche, diese Zielgruppe internetaffiner sei, mit zahlreichen zusätzlichen Tools und Add-ons arbeite und daher der Einsatz der Blockier-Software auf den Webseiten der Klägerin über dem Durchschnitt liege (Anlage K 137).
Die Klägerin erleide durch Adblock Plus erhebliche Umsatzeinbußen. Allein auf der Website www…de sei auf der Grundlage einer durchschnittlichen Adblocker-Rate von 18 % für das Jahr 2013 von nicht realisierten Umsätzen in Höhe von 1,85 Millionen Euro auszugehen; dies entspreche 20 % des Gesamtwerbeumsatzes. Im Jahr 2014 hätten sich die Werbeeinnahmeverluste aufgrund von Werbeblockern auf 9,2 Millionen Euro summiert.
Es sei der Klägerin nicht möglich, ihre Werbeformate durch solche zu ersetzen, die nach den Kriterien der Beklagten zu 1) als „akzeptabel“ gelten, da sich Displaywerbung und Werbespots besonders gut zur Imagebildung und zur Erregung der Aufmerksamkeit eigneten und das Preisniveau für „akzeptable Werbung“ erheblich unter dem Preisniveau von Display- und Videowerbung liege. Die Finanzierung ihrer Websites sei mit lediglich statischer Textwerbung nicht möglich. Das Geschäftsmodell der frei zugänglichen, werbefinanzierten Webseiten sei insgesamt in seiner Existenz gefährdet. Ihr stünden auch keine anderen hinreichend wirksamen und zumutbaren Handlungsalternativen und Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung. Bezahlmodelle seien nicht profitabel und würden von den Nutzern nicht angenommen. Es gebe auch keine technische Schutzvorrichtung, die den Einsatz von Werbeblockern vollständig und dauerhaft verhindern könne. Soweit mittlerweile Umgehungssoftware gegen Werbeblocker angeboten werde, führe dies zu einem technischen Wettlauf mit der Beklagten zu 1).
Die Klägerin ist der Auffassung, das Geschäftsmodell der Beklagten zu 1) sei unzulässig.
Der mit Klageantrag Ziff. I.1.a) geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3, § 4 Nr. 4 UWG. Eine gezielte Behinderung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG sei bereits aufgrund der Verdrängungsabsicht der Beklagten zu 1) anzunehmen, da diese mit der kostenlosen Verteilung des Werbeblockers das Ziel verfolge, „nicht akzeptable“ Werbung gänzlich vom Markt zu drängen, der Klägerin diese Einnahmequelle zur Finanzierung ihrer Websites zu nehmen und ihre Marktstellung zu schwächen. Zudem liege eine unmittelbare Einwirkung auf ihr Produkt vor, da die Webseiten durch Adblock Plus sowohl in ihrem Ablauf als auch in ihrem Erscheinungsbild unmittelbar verändert würden. Es sei im Hinblick auf die unklaren und intransparenten Angaben zur Funktionsweise von Adblock Plus und der Kontrolle über die freigeschaltete Werbung durch die Beklagte zu 1) nicht von einer autonomen Entscheidung der Nutzer der Software auszugehen. Die Beklagte zu 1) und nicht der Nutzer entscheide, inwieweit Werbung blockiert werde. Sie kontrolliere die Werbeblockade mittels der Easylist Germany und der Whitelist. Die einzige Handlung, die der Nutzer vornehme, sei die einmalige Installation der Software auf dem Browser. Alles andere steuere die Beklagte zu 1), insbesondere die Pflege und Updates der Software, die Bereitstellung der Easylist Germany, die Festlegung der Kriterien für akzeptable Werbung und den Abschluss der Freischaltungsverträge. Durch die ständigen Änderungen der Whitelist kontrolliere die Beklagte zu 1) die Werbeblockade und deren Umfang. Den Nutzern von Adblock Plus fehle es daher an der alleinigen Nutzerherrschaft.
Der Unterlassungsanspruch ergebe sich auch aus § 3 Abs. 1 UWG, da die Beklagte zu 1) die Nutzer zur Verletzung des virtuellen Hausrechts der Klägerin verleite. Schließlich liege eine allgemeine Marktstörung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG vor.
Den mit dem Hauptantrag Ziff. I.1.b) geltend gemachten Unterlassungsanspruch stützt die Klägerin auf § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG.
Die Beklagte zu 1) verletze die Rechte der Klägerin aus § 69 c Nr. 1 und Nr. 2 UrhG. Bei den Websites der Klägerin handele es sich um Computerprogramme gemäß § 69 a UrhG, da sie nicht nur HTML, sondern auch Java-Script, Flash, CSS, XML, JSON sowie Bilder und Videos enthielten, und sie somit das Ergebnis einer eigenen geistigen Schöpfung gemäß § 69 a Abs. 3 UrhG seien. An der Erstellung der hochdynamischen und stark konfigurierbaren Software seien insgesamt 13 Entwickler beteiligt gewesen, die ihr auch die Rechte daran eingeräumt hätten. Die Einordnung der Websites als individuelle Werke folge daraus, dass sie verschiedene Programmiersprachen sowie ablauffähige bzw. interpretierbare Steuerbefehle enthielten und aufgrund dessen auf einer entsprechend umfangreichen Programmierleistung beruhten. Zu den geschützten Bestandteilen gehörten auch Programmcodes, die für die Ausspielung der Werbeanzeigen verantwortlich und weder der Benutzeroberfläche noch dem Design der Webseiten zuzuordnen seien. In dieses Schutzrecht greife die Beklagte zu 1) widerrechtlich durch Vervielfältigung im Sinne von § 69 c Nr. 1 UrhG und durch Umarbeitung gemäß § 69 c Nr. 2 UrhG in Form der Änderung des Ablaufs der geschützten Software ein, indem Programmcodes durch die Software der Beklagten zu 1) auf dem Endgerät des Nutzers unterdrückt bzw. beim „element hiding“ versteckt und damit jeweils unbrauchbar gemacht würden. Adblock Plus ändere nicht lediglich die HTML-Codes der klägerischen Websites, sondern greife auch unmittelbar in den DOM-Knotenbaum und die CSS ein (vgl. Anlage K 136).
Zudem liege eine Verletzung des Datenbankrechts der Klägerin gemäß § 87 b UrhG vor. Bei ihren Websites handele es sich um Datenbanken im Sinne von § 87 a Abs. 1 Satz 1 UrhG im Hinblick auf die systematische und methodische – insbesondere nach Sendungen gegliederte – Anordnung der voneinander unabhängigen Daten und Elemente wie Videos, Texte, Fotos und Werbung, sowie die Tatsache, dass die klägerischen Websites über einen elektronischen Programmführer und eine Suchfunktion verfügten und die Werbung den thematischen Umfeldern oder themenspezifischen Seitenrotationen angepasst werde. Ein Eingriff in die Rechte der Klägerin an der Datenbank durch die Software der Beklagten zu 1) erfolge dadurch, dass die Webseiten im Arbeitsspeicher des Computers zwischengespeichert und dadurch vervielfältigt würden im Sinne von § 87 b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 UrhG. Der Einsatz des Werbeblockers führe zu einer Veränderung der Webseite und stelle daher keine normale Nutzung dar.
Schließlich werde auch das Datenbankwerkrecht aus § 4 Abs. 2 UrhG sowie das Multimediawerkrecht im Sinne des § 4 Abs. 1 UrhG verletzt. Die Websites seien als Datenbankwerke urheberrechtlich geschützt, die Auswahl und Anordnung der in ihnen enthaltenen Elemente beruhe auf einer eigenen schöpferischen Leistung der Klägerin. Diese bestehe insbesondere darin, dass sie nach von ihr festgelegten Kriterien bestimmte Sendungen aus den umfangreichen Fernsehprogrammen ausgewählt und zur jeweiligen Sendung passende Informationen zusammengestellt habe. Die Nutzung der Webseiten unter Verwendung der Software der Beklagten zu 1) greife in das Vervielfältigungs- und Bearbeitungsrecht der Klägerin ein und stelle auch eine Entstellung im Sinne von § 14 UrhG dar. Ihre Websites seien zudem als Multimediawerke im Sinne des § 4 Abs. 1 UrhG geschützt, da sie sich durch eine individuelle Menüführung auszeichnen und sich auch in ihrer ästhetischen Gestaltung und Individualität der redaktionellen Inhalte von alltäglichen Websites abheben würden.
Die Hilfsanträge Ziff. I.2.a) (Verbot der Werbeblockade mit Freischaltmöglichkeit entsprechend den Kriterien für akzeptable Werbung) und I.3. (Verbot des Abschlusses von Whitelist-Vereinbarungen) stützt die Klägerin primär auf kartellrechtliche und nachrangig auf lauterkeitsrechtliche Ansprüche.
Sie ist der Ansicht, dass der Abschluss der Whitelisting-Vereinbarungen zwischen der Beklagten zu 1) und Betreibern von Webseiten gegen das Kartellverbot gemäß § 1 GWB, Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoße. Die Whitelisting-Vereinbarungen seien aufgrund ihrer parallelen horizontalen Wirkungen als Vereinbarungen zwischen Unternehmen in Form eines sog. Sternvertrages zu qualifizieren. Die Betreiber werbefinanzierter Webseiten würden sich durch den von der Beklagten zu 1) koordinierten sternförmigen Abschluss untereinander indirekt auf einen Katalog akzeptabler Werbeformen einigen, sich dadurch zugleich vor Konkurrenz durch die Anbieter „nicht akzeptabler“ Werbeformen schützen und so deren wirtschaftliche Grundlage gefährden. Im Übrigen liege jedenfalls eine nicht freigestellte vertikale Wettbewerbsbeschränkung zwischen der Beklagten zu 1) und ihren jeweiligen Vertragspartnern vor.
Zudem verstoße die Beklagte zu 1) gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot gemäß § 18, § 19 GWB. Die Beklagte zu 1) habe eine marktbeherrschende Stellung. Der insoweit relevante Markt sei der deutsche Markt für die entgeltliche Freischaltung von Onlinewerbung gegenüber den Nutzern von Werbefiltern. Auf diesem Markt sei die Beklagte zu 1) Monopolistin. Die Verbreitung von Werbefiltern und deren selektive Freischaltung begründe einen Behinderungsmissbrauch gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 GWB. Die unmittelbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten der betroffenen Webseitenbetreiber sei unbillig, da durch Adblock Plus die wirtschaftliche Grundlage für werbefinanzierte Websites zerstört werde. Die Bevorzugung einzelner Unternehmen bei der Festlegung der Whitelist-Kriterien begründe darüber hinaus eine missbräuchliche Diskriminierung gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 GWB. Auch sei die intransparente Festsetzung der Freischaltungsentgelte diskriminierend. Die Differenzierung zwischen störender und akzeptabler Werbung stelle zudem keine sachliche Rechtfertigung dar. Die Abgrenzungskriterien der Beklagten zu 1) seien vage und subjektiv und würden zudem zu Gunsten einzelner Unternehmen willkürlich abgeändert. Schließlich sei der regelmäßig von der Beklagten zu 1) verlangte Entgeltsatz von 30 % der Werbeeinnahmen völlig überhöht, die Forderung solcher Entgelte stelle einen Ausbeutungsmissbrauch gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB dar.
Das Whitelisting-System verstoße auch gegen das Verbot der Zwangsausübung gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 3 GWB sowie gegen das Verbot des § 21 Abs. 2 GWB, andere Unternehmen zu kartellrechtlich unerlaubtem Verhalten zu veranlassen. Die Beklagte zu 1) übe durch die kostenlose Verbreitung von Adblock Plus an Nutzer von Webseiten Druck auf die Webseitenbetreiber aus, eine kartellrechtswidrige Whitelisting-Vereinbarung abzuschließen.
Nachrangig stützt die Klägerin den Hilfsantrag Ziff. I.2.a) auf Lauterkeitsrecht; ihr stehe ein Unterlassungsanspruch wegen gezielter Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG zu. Neben die bereits zur Begründung des Hauptantrags Ziffer I.1.a) herangezogenen Aspekte träten die weiteren Unlauterkeitsgründe der Diskriminierung und des Boykottaufrufs. Durch die Bewerbung, das Angebot und den Vertrieb der Software riefen die Beklagten gegenüber den Internetnutzern dazu auf, „nicht akzeptable“ Werbung zu blockieren und damit zwangsläufig die Betreiber werbefinanzierter Websites, also eine hinreichend abgrenzbare Gruppe von Unternehmen, zu boykottieren bzw. erheblich zu stören.
Auch den Hilfsantrag Ziff. I.2.b) (Verbot der Freischaltung von Werbung gegen ein Entgelt) stützt die Klägerin in erster Linie auf kartellrechtliche Ansprüche und nachrangig auf § 4 Nr. 4, § 4 a UWG. Die Beklagte zu 1) nutze fremde Leistungsbeziehungen aus, ohne einen eigenen Beitrag zu diesen zu leisten. Insoweit handele es sich um ein parasitäres Verhalten. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich auch unter dem Gesichtspunkt der Preisdiskriminierung. Schließlich übe die Beklagte zu 1) unangemessenen Druck i.S.d. § 4 a UWG aus, indem sie ein Entgelt als Gegenleistung dafür fordere, dass die Klägerin einen bestimmten Nachteil (die Blockade der Werbung) nicht erleide.
Die Beklagten zu 2) und zu 3) seien als Initiatoren des Geschäftsmodells und verantwortliche Geschäftsführer für die gerügten Rechtsverstöße haftbar.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, die Beklagten zur Unterlassung und Auskunftserteilung zu verurteilen sowie festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, Schadensersatz zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben vorgetragen, mit der Acceptable Ads-Initiative werde ein Kompromiss angestrebt zwischen dem Finanzierungsbedarf der Webseitenbetreiber über Werbung auf der einen und dem Wunsch der Internetnutzer, keine aufdringliche Werbung eingeblendet zu bekommen, auf der anderen Seite. Die für die Aufnahme in die Whitelist zu erfüllenden Kriterien der Werbung seien erforderlich, um sicherzustellen, dass die werblichen Inhalte den Internetnutzer nicht belästigten. Die erstellten Kriterien seien nicht auf bestimmte Unternehmen zugeschnitten, sondern gäben schlicht das wieder, was ein Großteil der Verbraucher, die sich an Onlinewerbung stören, noch für akzeptabel halte.
Da es sich bei dem erfolgsabhängigen Entgelt um ein übliches Entgeltmodell handele, sei es unerheblich, ob der Leistung der Beklagten entsprechende Kosten gegenüberstünden. Die Beklagte zu 1) müsse aber tatsächlich einen erheblichen Aufwand betreiben, um ihre Dienstleistungen anzubieten, da sowohl die Freischaltung als auch die spätere Überwachung, bei der die Beklagte zu 1) die Einhaltung der Kriterien für akzeptable Werbung überprüfe, sehr aufwendig seien. Die Erhebung unterschiedlicher Entgelte durch die Beklagte zu 1) sei nicht zu beanstanden. Von Bloggern und kleinen Seitenbetreibern verlange die Beklagte zu 1) die Zahlung von 30 % der zusätzlich erwirtschafteten Werbeerlöse deswegen nicht, um die Vielfalt im Internet zu unterstützen und kleine und mittlere Seitenbetreiber zu schützen. Zudem sei bei diesen Seiten der Prüfungsaufwand verhältnismäßig gering.
Die Verbreitung von Adblock Plus in Deutschland liege lediglich bei 4,32 %. Die Werbeblockerrate sei rückläufig und werde auch künftig weiter fallen. Die Entwicklung der Vermarktung von Onlinewerbung auf den Websites der Klägerin habe sich trotz der Existenz von Werbeblockern auch in den Jahren 2015 und 2016 mit zum Teil hohen Zuwachsraten der Brutto-Werbeeinnahmen im Instream-Videoanzeigenmarkt positiv entwickelt (Anlagen BE 16, BE 17, BE 87 a).
Die Beklagten vertreten die Auffassung, dass die Klageanträge teilweise unbestimmt und damit unzulässig, teilweise zu weit und auch im Übrigen unbegründet seien.
Die Klage sei im Hauptantrag Ziff. I.1.a) abzuweisen; es lägen weder eine gezielte Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG noch eine Verleitung zur Verletzung des virtuellen Hausrechts oder eine allgemeine Marktstörung vor. Die Beklagte zu 1) handele nicht in Verdrängungs- oder Behinderungsabsicht und wirke auch nicht unmittelbar auf das Produkt eines Mitbewerbers ein. Die Internetnutzer empfänden Art und Inhalte von Werbung oft als störend oder belästigend. Besonders negativ wirke sich Internetwerbung auf schutzbedürftige Verbrauchergruppen wie beispielsweise Kinder und Jugendliche aus. Des Weiteren stelle Werbung im Internet ein Sicherheitsrisiko dar, da sich darin Schadsoftware verbergen könne. Auch unter Datenschutzaspekten sei Internetwerbung bedenklich, da Onlinewerbung häufig Cookies auf den Rechnern der Internetnutzer hinterlasse oder auf andere Weise das Online-Verhalten des Nutzers ausgespäht werde. Schließlich führe Werbung teilweise zu Bandbreitenverlusten. Der Klägerin stünden diverse Reaktionsmöglichkeiten wie Sperrmaßnahmen gegen Werbeblocker, alternative Finanzierungsmöglichkeiten mit digitalen Bezahlmodellen sowie technische Umgehungsmaßnahmen gegen Werbeblocker, die die Klägerin im Rahmen der Pre-Roll-Videowerbung auch erfolgreich umsetze, zur Verfügung.
Auch die mit dem Hauptantrag Ziff. I.1.b) geltend gemachten urheberrechtlichen Unterlassungsansprüche seien nicht gegeben. Websites als solche seien grundsätzlich keine Computerprogramme im Sinne von § 69 a UrhG, insbesondere würden Design und Inhalte von Webseiten nicht von § 69 a UrhG geschützt. Die Websites der Klägerin genössen keinen Schutz als Datenbank im Sinne von § 87 a Abs. 1 UrhG. Mangels Erreichen der Schöpfungshöhe liege auch kein urheberrechtlich geschütztes Datenbankwerk im Sinne von § 4 Abs. 2 UrhG vor. Es fehle auch an einer rechtswidrigen Handlung der Beklagten bzw. der Nutzer des Werbeblockers. Das Laden der Webseiten im Arbeitsspeicher erfolge mit Einwilligung der Klägerin. Diese vorübergehende Vervielfältigungshandlung sei zudem gemäß § 44 a UrhG zulässig.
Die Hilfsanträge Ziffer I.2. und Ziffer I.3. könnten nicht auf Kartellrecht gestützt werden. Der Abschluss einer Mehrzahl von Whitelisting-Vereinbarungen stelle keinen unzulässigen Sternvertrag dar. Die parallelen Verträge seien nicht Ausdruck oder Mittel zur Durchsetzung einer kollusiven Vereinbarung bzw. einer abgestimmten Verhaltensweise. Whitelisting-Vereinbarungen seien zudem wegen Effizienzvorteilen nach § 2 Abs. 1 GWB sowie nach der Vertikal-GVO vom allgemeinen Verbot des § 1 GWB freigestellt.
Ein Missbrauch von Marktmacht gemäß § 18, § 19 GWB scheitere bereits an der fehlenden marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1). Die Verteilung der Software Adblock Plus erfolge kostenlos und sei aus diesem Grunde gar keinem Markt zuzurechnen. Jedenfalls handele die Beklagte zu 1) nicht missbräuchlich, es liege weder ein Behinderungsmissbrauch noch eine Diskriminierung vor. Ein Ausbeutungsmissbrauch sei ebenfalls nicht gegeben, das Fordern eines Entgelts als solches sei ebenso wenig missbräuchlich wie die konkrete Höhe des geforderten Entgelts. Das Auseinanderfallen von Aufwand und Entgelt im Einzelfall sei einem erfolgsabhängigen Entgeltmodell immanent.
Die Hilfsanträge könne die Klägerin auch nicht auf Lauterkeitsrecht stützen. Das Angebot des Werbeblockers mit Whitelist stelle keine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG dar. Dem Nutzer des Werbeblockers stehe es frei, die Freischaltungsfunktion für nicht belästigende Werbung abzuschalten. Auch die Voraussetzungen der Ausübung von Druck gemäß § 4 a UWG lägen nicht vor. Die Whitelist-Funktion eröffne lediglich weitere Möglichkeiten der Verbreitung von Werbung.
Mit Urteil vom 27. Mai 2015 – 37 O 11673/14, juris –, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.
Sie beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts München I vom 27. Mai 2017 (Az.: 37 O 11673/14) die Beklagten zu verurteilen,
I. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – Ordnungshaft zu vollziehen an einem der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) – (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre),
zu unterlassen,
1.wie geschehen mit „Adblock Plus“ gemäß Anlage A
a)im geschäftlichen Verkehr eine Software (einschließlich Blacklisten) zur Blockade von Onlinewerbung sowie Updates für eine solche Software (einschließlich Blacklisten) anzubieten und/oder anbieten zu lassen, zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen,
a)wenn und soweit damit Werbung auf den von der Klägerin betriebenen Websites, insbesondere www.s…de, www.prosieben.de, www.k…de und www.r…de, blockiert wird
a)und/oder
b)eine Software (einschließlich Blacklisten), sowie Updates für eine solche Software (einschließlich Blacklisten) anzubieten und/oder anbieten zu lassen, zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen,
b)mit deren Hilfe ein Eingriff in den Ablauf der Websites www…de, www…de, www.k…de und www…de vorgenommen werden kann, der die Struktur der Seite durch Entfernen der Werbeelemente verändert.
b)Hilfsweise:
2.wie geschehen mit „Adblock Plus“ gemäß Anlage A
2.im geschäftlichen Verkehr eine Software (einschließlich Blacklisten) zur Blockade von Onlinewerbung sowie Updates für eine solche Software (einschließlich Blacklisten) anzubieten und/oder anbieten zu lassen, zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen
a)wenn und soweit Onlinewerbung auf den von der Klägerin betriebenen Websites, insbesondere www…de, www…de, www.k…de und www…, nur nach den in Anlage B genannten Kriterien zugelassen wird (sog. Whitelisting)
a)und/oder
b)soweit dafür ein Entgelt, insbesondere in Form einer Umsatzbeteiligung an den durch diese Freischaltung erzielten Umsätzen, gefordert wird
b)und/oder
3.3. Vereinbarungen mit Dritten abzuschließen, in denen diese sich mittelbar oder unmittelbar verpflichten, keine Onlinewerbung entweder
a)auf den von ihnen betriebenen Websites
a)und/oder
b)auf Websites Anderer
b)zu schalten, die nicht den in Anlage B genannten Kriterien oder gleichwertigen Kriterien entspricht;
b)sowie sich auf die zur Umsetzung der in dieser Ziffer genannten Handlungen mit Websitesbetreibern abgeschlossenen Whitelist-Vereinbarungen zu berufen.
II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin in einem chronologisch geordneten Verzeichnis Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziff. I. genannten Handlungen begangen haben.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den unter Ziff. I bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
Die Beklagten verteidigen das angegriffene Urteil und beantragen:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2017 Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungs- und Folgeansprüche nicht zu.
I. Der Hauptantrag Ziffer I.1.a) ist zulässig, jedoch unbegründet.
1. Der Unterlassungsantrag entspricht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und ist auch im Übrigen zulässig.
a) Nach der genannten Vorschrift darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH GRUR 2017, 537 – Konsumgetreide Tz. 12).
b) Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag.
aa) Die „von der Klägerin betriebenen Websites“ sind hinreichend bestimmt, da die von der Klägerin betriebenen Websites bestimmbar sind. Der „Betreiber“ einer Website lässt sich im Regelfall bereits dem Impressum entnehmen.
bb) Durch die Bezugnahme auf die konkrete Software der Beklagten zu 1) „wie geschehen mit Adblock Plus gemäß Anlage A“ ist der Unterlassungsantrag auch insoweit hinreichend bestimmt, als die Software zur Blockierung von (Werbe-)Inhalten – mit Freischaltfunktion – verboten werden soll; den Beklagten ist insofern eine ausreichende Verteidigung möglich. Inwieweit Abänderungen der Software auch unter den Verbotstenor fallen, ist gegebenenfalls im Rahmen eines Ordnungsmittelverfahrens unter Heranziehung der Urteilsgründe zu prüfen.
2. Die Klägerin kann den Unterlassungsanspruch weder auf eine gezielte Mitbewerberbehinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG noch auf ein allgemeine Marktbehinderung gemäß § 3 Abs. 1 UWG stützen.
a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann die Klägerin allerdings als Mitbewerberin der Beklagten zu 1) gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen diese geltend machen.
aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH Urt. v. 26. Januar 2017 – I ZR 217/15, juris, – Wettbewerbsbezug Tz. 16; BGH GRUR 2017, 397 – World of Warcraft II, Tz. 45; jeweils m.w.N.).
bb) Die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin als Anbieterin werbefinanzierter Internetinhalte ist durch ihr Auftreten auf zwei verschiedenen Märkten gekennzeichnet:
Zum einen bietet sie gegen Entgelt Gelegenheit für die Wiedergabe von Werbung in ihrem Internetauftritt an, woraus sie sich finanziert. Es kann dahinstehen, ob sie auf diesem Markt der Beklagten zu 1) als Mitbewerberin gegenübersteht.
Denn zum anderen bietet sie den Nutzern ihre Inhalte unentgeltlich an. Diese Unentgeltlichkeit steht hier – anders als etwa bei werbefreien Rundfunkprogrammen (vgl. Senat, Urt. v. 27. Juli 2017 – U 2879/16 Kart – Frequenzwechsel) – der Anwendung des Lauterkeitsrechts nicht entgegen, weil die Leistungen der Klägerin gleichwohl abgesetzt – das heißt, im weitesten Sinne gegen Entgelt vertrieben (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 2 UWG Rz. 95 i.V.m. Rz. 21; Keller in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl. 2016, § 2 Rz. 125 i.V.m. Rz. 27; Sosnitza in: Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 2 UWG Rz. 45; Lehmler in: Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz – Urheberrecht – Medienrecht, 3. Aufl. 2015, § 2 UWG Rz. 63 i.V.m. Rz. 11; jeweils m.w.N.) – werden. Insbesondere sind auch die journalistischen Inhalte als Leistung anzusehen, durch welche die Attraktivität des gesamten Internetauftritts einschließlich der Werbeinhalte erhöht wird und die deshalb Teil dessen sind, was durch die für die Werbeinhalte geleisteten Entgelte abgegolten wird (vgl. BGH GRUR 2004, 602 [603] – 20 Minuten Köln).
Jedenfalls auf dem Markt, auf dem die Klägerin ihre Inhalte den Nutzern anbietet, tritt die Beklagte zu 1) mit dem angegriffenen Verhalten mit der Klägerin in Wettbewerb. Das von der Beklagten zu 1) angebotene Programm mit Werbeblocker-Funktion stellt zwar eine andersartige gewerbliche Leistung dar als diejenige, welche die Klägerin den Nutzern präsentiert. Die Beklagte zu 1) wendet sich mit ihrem Angebot aber ebenso wie die Klägerin – wenn auch mit umgekehrter Zielrichtung – an Nutzer. Während die Klägerin möglichst viele Nutzer zu erreichen versucht, die ihre Inhalte und insbesondere die darin enthaltene Werbung abrufen, wendet sich die Beklagte zu 1) an Nutzer, die beim Abruf der von der Klägerin angebotenen Inhalte die damit verbundene Werbung nicht mitabrufen wollen. Eine geringere Anzahl von Werbeabrufen mindert aus der Sicht der Werbekunden die Attraktivität der von der Klägerin angebotenen Werbeplätze und kann daher deren Absatz behindern (vgl. BGH GRUR 2004, 877 [879] – Werbeblocker zu einem Fernsehwerbesendungen blockierenden Gerät).
b) Das Angebot der Beklagten zu 1) stellt eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Nr. 1 UWG dar.
Nach dieser Vorschrift ist geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.
Die Beklagte zu 1) bietet ihr Programm selbst zwar unentgeltlich an; dieses Angebot dient jedoch – im Hinblick auf größere Webseitenbetreiber – der Vorbereitung der entgeltlichen Aufnahme von Websites in die Whitelist. Damit besteht der erforderliche objektive Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen.
Für die Beurteilung, ob ein Verhalten eine geschäftliche Handlung darstellt, ist entgegen der Auffassung der Beklagten unerheblich, ob das angegriffene Verhalten selbst oder die damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte gegenüber dem Mitbewerber erfolgen, der dagegen lauterkeitsrechtlich vorgeht.
c) Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch jedoch nicht zu, weil nicht jedes zu verbietende Verhalten eine geschäftliche Handlung darstellt.
Die Klägerin verfolgt einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Angebots der Software der Beklagten zu 1), der nur voraussetzt, dass die Blockierung von Inhalten auf der Internetseite der Klägerin der Vorbereitung eines – wie auch immer ausgestalteten – Whitelistings dient. Er erfasst damit auch den Fall, dass das Angebot der Software auf die Vorbereitung lediglich eines unentgeltlichen Whitelistings gerichtet ist. Insoweit fehlt es schon an einer geschäftlichen Handlung, ohne die ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht in Betracht kommt (vgl. BGH GRUR 2006, 428 – Abschleppkosten-Inkasso Tz. 12 m.w.N.).
Denn diese Gestaltung verlässt das von der Beklagten zu 1) derzeit praktizierte Geschäftsmodell, bei dem sie sich über die Einnahmen aus den von ihr mit einigen Seitenbetreibern geschlossenen entgeltlichen Verträgen finanziert. Wird das Whitelisting nicht zumindest teilweise gegen Entgelt, sondern immer unentgeltlich angeboten, so werden die Leistungen der Beklagten zu 1) nicht abgesetzt, das heißt im weitesten Sinne gegen Entgelt vertrieben, so dass es an dem für die Annahme einer geschäftlichen Handlung erforderlichen Unternehmensbezug fehlt (vgl. Köhler, a.a.O., § 2 UWG Rz. 21; Keller, a.a.O., § 2 Rz. 27; Sosnitza, a.a.O., § 2 UWG Rz. 45; Lehmler, a.a.O., § 2 UWG Rz. 11; jeweils m.w.N.).
d) Im Hinblick auf den Klageantrag Ziffer I.1.a) kann deshalb dahinstehen, ob die konkrete Vorgehensweise der Beklagten zu 1) unlauter ist, bei der jedenfalls teilweise ein entgeltliches Whitelisting vorbereitet wird.
Der Unterlassungsantrag enthält keine konkrete Beschränkung auf die Entgeltlichkeit des Whitelistings, zu dessen Vorbereitung die zu verbietenden Handlungen des Anbietens, Bewerbens oder Vertreibens der Software vorgenommen werden. Eine Beschränkung auf entgeltliches Whitelisting kann auch der namentlichen Bezugnahme auf die konkrete Software nicht entnommen werden, da diese mit den vertraglichen Bedingungen, zu denen die Beklagte zu 1) das Whitelisting vornimmt, nichts zu tun hat. Auch soweit nach dem Antrag der Klägerin ein Handeln „im geschäftlichen Verkehr“ verboten werden soll, ergibt sich hieraus keine Beschränkung auf ein entgeltliches Whitelisting. Dies folgt schon daraus, dass die Klägerin mit dem Hilfsantrag Ziffer I.2.b) ausdrücklich ein Verbot der Freischaltung von Werbung gegen ein Entgelt, insbesondere in Form einer Umsatzbeteiligung an den durch diese Freischaltung erzielten Umsätze, geltend macht. Die Antragsauslegung ergibt somit, dass der Hauptantrag Ziffer I.1.a) zumindest auch gegen ein Whitelisting ohne diese Einschränkungen, insbesondere gegen ein unentgeltliches Whitelisting, gerichtet ist.
Der Antrag Ziffer I.1.a) erfasst daher auch Handlungen, die schon deshalb nicht unlauter sind, weil sie keine geschäftlichen Handlungen darstellen, und ist deshalb unbegründet (vgl. BGH GRUR 2014, 393 – wetteronline.de Tz. 47 m.w.N.).
Wegen des zu weiten Antragsinhalts käme eine Verurteilung hinsichtlich der konkreten Verletzungsform als minus selbst dann nicht in Betracht, wenn die konkrete Vorgehensweise der Beklagten zu 1) unlauter wäre. Denn es ist nicht Sache der Gerichte, einen zu weit gefassten Antrag so umzuformulieren, dass er Erfolg hat oder haben könnte (vgl. BGH GRUR 2002, 187 [188] – Lieferstörung; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 12 UWG Rz. 2.44).
3. Zutreffend hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch unter dem hilfsweise geltend gemachten Gesichtspunkt der Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB verneint.
Die Anwendung dieses Auffangtatbestandes kommt in der Regel nur dann in Betracht, wenn es darum geht, eine regelungsbedürftige Lücke im Rechtsschutz zu schließen (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 880). Das ist hier nicht der Fall. Da – wie oben unter Ziffer I.2.a) ausgeführt wurde – zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis besteht, sind wettbewerbsrechtliche Vorschriften grundsätzlich vorrangig anzuwenden. Ein nach ihnen nicht zu beanstandendes Verhalten stellt auch keinen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (vgl. BGH a.a.O. – Werbeblocker S. 880). Da der Klageantrag Ziffer I.1.a) lauterkeitsrechtlich zu weit gefasst ist, kommt auch eine Verurteilung nach § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB nicht in Betracht.
II. Der auf § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG gestützte Hauptantrag Ziffer I.1.b) ist zulässig, aber ebenfalls unbegründet.
1. Der Unterlassungsantrag entspricht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und ist auch im Übrigen zulässig. Der Antrag ist auf das Verbot des Anbietens der Software Adblock Plus gerichtet, mit deren Hilfe ein Eingriff in den Ablauf der Webseiten vorgenommen werden kann, der die Struktur der Seite durch Entfernen der Werbeelemente verändert.
Die Klägerin hat zwar die konkret geltend gemachten urheberrechtlichen Verletzungshandlungen nicht zum Gegenstand ihres Antrags gemacht, sondern darin allgemein auf die Vornahme eines Eingriff in den Ablauf der Webseiten abgestellt. Zur Auslegung eines Unterlassungsantrags und des ihm folgenden Urteilstenors ist jedoch nicht allein auf den Wortlaut abzustellen, sondern ergänzend der zur Begründung gehaltene Klagevortrag heranzuziehen (vgl. BGH GRUR 2016, 1076 Tz. 14 – LGA tested). Die Klägerin hat in der Klageschrift und in den weiteren Schriftsätzen ausgeführt sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt, welche konkreten urheberrechtlichen Verletzungshandlungen die Beklagte zu 1) durch das Unterdrücken bzw. Verstecken von Werbeelementen vorgenommen habe.
2. Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung des ausschließlichen Rechts des Inhabers eines Computerprogramms gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1, § 69 a Abs. 1, Abs. 3, § 69 c Nr. 1 und Nr. 2 UrhG zu.
Es kann dahin stehen, ob es sich bei den Websites der Klägerin um Computerprogramme im Sinne des § 69 a Abs. 1, Abs. 3 UrhG handelt und die Internetnutzer durch das Unterdrücken bzw. Verstecken von Werbeelementen beim Einsatz von Adblock Plus diese gemäß § 69 c Nr. 2 UrhG umarbeiten. Denn jedenfalls fehlt es an einem rechtswidrigen Eingriff der Internetnutzer, so dass auch eine Haftung der Beklagten zu 1) als Teilnehmerin oder Störerin nicht in Betracht kommt.
a) Eine Haftung der Beklagten zu 1) als Täterin scheidet aus.
Im Streitfall setzt eine Haftung der Beklagten zu 1) als Täterin voraus, dass sie den Tatbestand der Vervielfältigung oder Umarbeitung i.S.d. § 69 c Nr. 1 und Nr. 2 UrhG selbst, durch einen anderen oder in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit anderen verwirklicht. Das ist nicht der Fall.
aa) Die Beklagte zu 1) verwirklicht den Tatbestand des § 69 c Nr. 1 und Nr. 2 UrhG nicht selbst, da sie weder Daten der Webseiten der Klägerin vervielfältigt noch Programmcodes umarbeitet, sondern eine Software anbietet, bewirbt und in Verkehr bringt, die es Internetnutzern ermöglicht, Werbung auf von diesen aufgerufenen Webseiten zu blockieren.
bb) Die Beklagte zu 1) ist auch nicht mittelbare Täterin, denn dies würde die Kontrolle der Beklagten zu 1) über das Handeln der Internetnutzer voraussetzen. Eine mittelbare Täterschaft scheidet jedenfalls dann aus, wenn die unmittelbar Handelnden – wie hier die Internetnutzer – die behauptete Rechtsverletzung ihrerseits täterschaftlich begehen (vgl. BGH GRUR 2012, 1279 Tz. 38 – DAS GROSSE RÄTSELHEFT; OLG München, Urt. v. 2. März 2017 – 29 U 1797/16 – Gray’s Anatomy, Tz. 63, juris).
b) Die Beklagte zu 1) ist auch nicht als Teilnehmerin oder Störerin für eine von Nutzern der Software begangene Verletzung von Rechten der Klägerin aus § 69 c Nr. 1 und Nr. 2 UrhG verantwortlich, weil es an einer rechtswidrigen Haupttat fehlt.
aa) Die Vervielfältigung der aufgerufenen Webseiten im Arbeitsspeicher des Computers der Internetnutzer erfolgt mit Einwilligung der Klägerin und ist daher auch bei aktiviertem Adblock Plus nicht rechtswidrig.
aaa) Ein rechtswidriger Eingriff in urheberrechtliche Befugnisse ist nicht nur dann zu verneinen, wenn der Berechtigte rechtsgeschäftlich entweder durch Einräumung entsprechender Nutzungsrechte über sein Recht verfügt oder dem Nutzer die entsprechende Werknutzung schuldrechtlich gestattet hat. Vielmehr ist die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs in ein ausschließliches Verwertungsrecht auch dann ausgeschlossen, wenn der Berechtigte in die rechtsverletzende Handlung eingewilligt hat. Eine solche (schlichte) Einwilligung setzt keine auf den Eintritt dieser Rechtsfolge gerichtete rechtsgeschäftliche Willenserklärung voraus; vielmehr reicht es aus, wenn dem (schlüssigen) Verhalten des Berechtigten die objektive Erklärung entnommen werden kann, er sei mit der Nutzung seiner Werke einverstanden (vgl. BGH GRUR 2010, 628 Tz. 33 ff. – Vorschaubilder; BGH GRUR 2012, 602 Tz. 17 – Vorschaubilder II).
bbb) Die Klägerin macht ihre Webseiten weltweit ohne technische Beschränkungen öffentlich zugänglich und verzichtet auf eine vorherige Anmeldung, Registrierung und Bezahlschranken. Die bloße Nutzung dieses Angebots mit der damit zwangsläufig einhergehenden Vervielfältigung im Arbeitsspeicher ist daher auch für Internetnutzer mit eingeschaltetem Werbeblocker als bestimmungsgemäße und erlaubte Nutzung anzusehen.
Ihren etwaigen entgegenstehenden Willen, mit dem Aufruf einer Webseite und der damit verbundenen Vervielfältigung im Arbeitsspeicher bei aktiviertem Werbeblocker nicht einverstanden zu sein, hat die Klägerin mit der unverbindlichen Bitte im Footer nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht. Im Lichte dieser konkret auf Werbeblocker abzielenden bloßen Bitte lässt sich auch aus § 3 der Nutzungsbedingungen demgegenüber ein Vorbehalt oder eine Bedingung dergestalt, dass die Klägerin den Abruf der Webseiten und damit eine Vervielfältigung im Arbeitsspeicher nur ohne Verwendung eines Werbeblockers gestattet, nicht entnehmen.
bb) Auch die etwaige Umarbeitung von Programmcodes bzw. Teilen eines Computerprogramms gemäß § 69 c Nr. 2 UrhG durch das Unterdrücken bzw. Verstecken von Werbeelementen erfolgt mit Einwilligung der Klägerin.
Da es für eine (schlichte) Einwilligung des Berechtigten auf den objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers ankommt (vgl. BGH a.a.O. Tz. 36 – Vorschaubilder; Jan Bernd Nordemann in: Fromm/Nordemann, UrhG, 11. Aufl. 2014, § 97 Rz. 25 b), ist es ohne Bedeutung, dass die Webseiten gemäß § 3 der Nutzungsbedingungen ohne Zustimmung der Klägerin nicht verändert werden dürfen. Denn die einseitigen Nutzungsbedingungen, die über einen Link im Footer der Webseiten aufrufbar sind und mit denen sich die Nutzer – etwa durch Setzen eines Hakens – auch nicht einverstanden erklären müssen, werden – soweit sie von den Internetnutzern überhaupt zur Kenntnis genommen werden – von der unverbindlichen Bitte der Klägerin im Footer, keinen Werbeblocker zu verwenden, als speziellere Regelung verdrängt. Aus objektiver Empfängersicht handelt es sich bei diesem Hinweis im Footer lediglich um einen moralischen Appell. Die Internetnutzer, die diesen Hinweis beim Besuch der Webseite wahrnehmen, werden gerade nicht davon ausgehen, dass die Verwendung eines Werbeblockers und etwaige damit verbundene Änderungen im Programmablauf der klägerischen Webseiten – urheberrechtlich – verboten sind, da sie andernfalls deutliche Hinweise auf die urheberrechtliche Unzulässigkeit und ein entsprechendes Verbot erwarten würden; die Klägerin begrenzt den Zugang zu ihren Webseiten auch nicht durch entsprechende technische Vorkehrungen, die den Aufruf bei aktiviertem Werbeblocker verhindern und die Nutzer hierauf hinweisen, obwohl ihr das möglich wäre. Sie hält ihr unentgeltliches Angebot auch für diese – nach ihrem Vortrag ihre Rechte verletzenden – Nutzer bewusst aufrecht. Die Klägerin möchte zwar nicht, dass die Nutzer Werbeblocker verwenden und kommuniziert dies auch in dem Footer gegenüber den Nutzern. Indem sie es bei der unverbindlichen Bitte belässt, bringt sie aber gegenüber den Nutzern in Bezug auf Werbeblocker zum Ausdruck, dass sie die Nutzung ihrer Seiten mit aktiviertem Werbeblocker zwar nicht gutheißt, in rechtlicher Hinsicht jedoch nicht beanstandet und somit – soweit ein Eingriff in ihre Rechte vorliegen sollte – in diese einwilligt. Anders kann die Aufrechterhaltung des Angebots – kombiniert mit der bloßen Bitte, Werbeblocker nicht zu benutzen – aus Sicht des Nutzers nicht verstanden werden.
Selbst wenn die Internetnutzer § 3 der Nutzungsbedingungen zur Kenntnis nehmen sollten, werden sie unter Berücksichtigung der vorangestellten unverbindlichen Bitte im Footer zur Einschätzung gelangen, dass der Einsatz des Werbeblockers von der Klägerin hingenommen wird und gerade keine urheberrechtlich unzulässige Veränderung der Webseite darstellt, zumal dem durchschnittlichen Internetnutzer die technische Funktionsweise von Adblock Plus im Einzelnen nicht bekannt sein dürfte.
3. Die Beklagte zu 1) haftet auch nicht als Teilnehmerin oder Störerin für eine Verletzung von Rechten der Klägerin als Datenbankherstellerin aus § 87 b Abs. 1 UrhG.
a) Es kann dahin stehen, ob es sich bei den Websites der Klägerin, auf denen sich nach ihrem eigenen Vortrag mehr als 260.000 Artikel, über eine Million Bilder, rund 37.000 Bildergalerien und ca. 197.000 Videos befinden, die systematisch und methodisch angeordnet und mithilfe elektronischer Mittel einzeln zugänglich seien, und für deren Beschaffung, Überprüfung und Darstellung sie jährlich mehrere Millionen Euro an Investitionen aufwende, um Datenbanken i.S.d. § 87 a Abs. 1 Satz 1 UrhG handelt.
b) Denn die Nutzer der Software Adblock Plus verletzen ein etwaiges Datenbankrecht der Klägerin gemäß § 87 b Abs. 1 UrhG nicht; es fehlt an einer rechtswidrigen Haupttat i.S.d. § 87 b Abs. 1 UrhG.
aa) Nutzer der Software der Beklagten zu 1) vervielfältigen zwar Daten der Webseiten der Klägerin, indem sie die Daten auf den aufgerufenen Unterseiten mit Videos, Bildern oder redaktionellen Textbeiträgen im Arbeitsspeicher ihres Computers speichern.
bb) Die Internetnutzer vervielfältigen jedoch weder die Websites insgesamt noch einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank (§ 87 b Abs. 1 Satz 1 UrhG).
Eine Vervielfältigung eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Webseiten liegt nicht vor. Ein Teil einer Datenbank ist nach Art oder Umfang wesentlich, wenn er in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlich ist (Art. 7 Abs. 1 Datenbankrichtlinie). Ersteres richtet sich nach dem Umfang der Investitionen für die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung dieses Teils der Datenbank; letzteres ist nach dem Verhältnis des Datenvolumens dieses Teils der Datenbank zum Datenvolumen der gesamten Datenbank zu beurteilen (vgl. BGH GRUR 2011, 1018 Tz. 42 – Automobil-Onlinebörse m.w.N.).
In quantitativer Hinsicht stellt das Aufsuchen einzelner Unterseiten und das Betrachten eines Bildes, eines Videos oder eines Artikels durch den Internetnutzer im Verhältnis zum gesamten Inhalt der Website keine Vervielfältigung eines wesentlichen Teils der Website dar. Dabei kommt es jeweils auf den einzelnen Internetnutzer und nicht auf die Gesamtheit mehrerer Nutzer an, da diese die Webseiten der Klägerin nicht gemeinschaftlich, also in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken vervielfältigen (vgl. BGH a.a.O. Tz. 48 – Automobil-Onlinebörse).
Auch in qualitativer Hinsicht hat die Klägerin eine Vervielfältigung eines wesentlichen Teils der Webseiten nicht dargetan. Sie hat zwar vorgetragen, dass die Bereitstellung der Videos auf den Webseiten hohe personelle, finanzielle und technische Investitionen erfordere. Maßgeblich ist jedoch, ob sich gerade in den übernommenen Datensätzen ein wesentlicher Teil der Investition in die Datenbank verkörpert (vgl. BGH a.a.O. Tz. 53 – Automobil-Onlinebörse). Die Klägerin hat nicht dargetan, dass einzelne der insgesamt rund 197.000 Videos auf den klägerischen Webseiten besonders hohe Investitionen erfordert haben und gerade solche Datensätze von Internetnutzern vervielfältigt werden.
cc) Auch ein Verstoß gegen § 87 b Abs. 1 Satz 2 UrhG liegt nicht vor. Danach steht die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank der Verwertung eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.
Die Bestimmung des § 87 b Abs. 1 Satz 2 UrhG dient der Umsetzung von Art. 7 Abs. 5 der Datenbankrichtlinie und ist daher in Übereinstimmung mit dieser Regelung auszulegen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union soll Art. 7 Abs. 5 der Datenbankrichtlinie eine Umgehung des Verbots des Art. 7 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie verhindern. Ziel dieser Vorschrift ist es, eine wiederholte und systematische Entnahme und/oder Weiterverwendung unwesentlicher Teile des Inhalts einer Datenbank zu verhindern, die durch ihre kumulative Wirkung die Investition des Datenbankherstellers wie die durch Art. 7 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie erfassten Fälle der Entnahme und/oder Weiterverwendung schwerwiegend beeinträchtigen würde. Die Vorschrift verbietet folglich Entnahmehandlungen, die durch ihren wiederholten und systematischen Charakter darauf hinauslaufen würden, ohne Genehmigung der Person, die diese Datenbank erstellt hat, diese in ihrer Gesamtheit oder zumindest zu einem wesentlichen Teil wieder zu erstellen, sei es zur Erstellung einer anderen Datenbank oder zur Ausübung einer anderen Tätigkeit (vgl. EuGH, GRUR 2005, 244 Tz. 86–89 – BHB-Pferdewetten; BGH a.a.O. Tz. 59 – Automobil-Onlinebörse).
Internetnutzer, die regelmäßig die Webseiten der Klägerin besuchen, vervielfältigen zwar wiederholt Teile der Webseiten der Klägerin, die nach Art und Umfang unwesentlich sind. Diese Vervielfältigungen stehen jedoch der Verwertung eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils einer Datenbank nicht gleich. Sie sind nicht darauf gerichtet, durch ihre kumulative Wirkung die Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil des Inhalts der Webseiten zu erstellen. Die von den Nutzern vorgenommenen Vervielfältigungen laufen daher einer normalen Auswertung nicht zuwider und beeinträchtigen die berechtigten Interessen eines Datenbankherstellers nicht unzumutbar im Sinne des § 87 b Abs. 1 Satz 2 UrhG.
Entgegen der Annahme der Klägerin laufen die Vervielfältigungen bei Aktivierung von Adblock Plus auch nicht deshalb der normalen Auswertung zuwider, weil nach dem Willen der Klägerin die einzelnen Datensätze zwingend mit den zugehörigen Werbeflächen verknüpft sein sollen. Denn § 87 b Abs. 1 UrhG erfasst nicht jede Handlung, die eine Amortisation der Investitionen des Datenbankherstellers vereitelt oder gefährdet. Die Vorschrift schützt nicht vor jeder Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Datenbank und verbietet auch nicht jede Vervielfältigung, die das Interesse des Datenbankherstellers an einer Amortisation seiner Investition beeinträchtigt (vgl. BGH a.a.O. Tz. 55 – Automobil-Onlinebörse).
Zwar kann sich der Datenbankhersteller ein ausschließliches Recht auf Zugang zu seiner Datenbank vorbehalten; er kann den Zugang zur Datenbank auf bestimmte Personen beschränken oder von besonderen Voraussetzungen – beispielsweise finanzieller Art – abhängig machen. Macht er deren Inhalt jedoch Dritten zugänglich, dann erlaubt sein Schutzrecht ihm nicht, sich den Abfragen dieser Datenbank durch Dritte zu Informationszwecken entgegenzustellen (vgl. BGH a.a.O. Tz. 63 – Automobil-Onlinebörse). Die Klägerin hat im Streitfall den Inhalt ihrer Webseiten im Internet für jedermann frei zugänglich gemacht. Sie hat diesen Zugang nicht durch technische Maßnahmen ausgeschlossen oder eingeschränkt und auch nicht vom Abschluss eines Vertrages über die Nutzung der Webseiten abhängig gemacht. Insbesondere handelt es sich bei der Bitte im Footer ihrer Webseiten, keinen Werbeblocker zu verwenden, lediglich um einen unverbindlichen Appell. Auch in ihren Nutzungsbedingungen, die der durchschnittliche Internetnutzer beim Aufruf Webseiten in aller Regel schon gar nicht zur Kenntnis nehmen wird, ist nicht ausdrücklich geregelt, dass der Einsatz eines Werbeblockers unzulässig ist. Die Klägerin kann sich daher einer Speicherung eines unwesentlichen Teils ihrer Webseiten im Arbeitsspeicher des Endgeräts der Nutzer nicht unter Berufung auf ihr Recht als Datenbankherstellerin widersetzen. Im Übrigen werden auch die berechtigten Interessen der Klägerin nicht schon deshalb unzumutbar beeinträchtigt, weil ihr Werbeeinahmen entgehen, wenn die Nutzer die Webseiten unter Einsatz von Adblock Plus aufsuchen (vgl. BGH a.a.O. Tz. 68 – Automobil-Onlinebörse).
4. Zutreffend hat das Landgericht auch angenommen, dass im Streitfall weder die Verletzung eines Datenbankwerkrechts gemäß § 4 Abs. 2 UrhG noch eines Multimediawerks als Sammelwerk i.S.d. § 4 Abs. 1 UrhG gegeben ist.
Es kann dahin stehen, ob die Websites der Klägerin eine hinreichende Schöpfungshöhe hinsichtlich der Verknüpfungs- und Abfragemöglichkeiten haben und es sich dabei jeweils um ein urheberrechtlich geschütztes Datenbankwerk i.S.d. § 4 Abs. 2 UrhG oder um ein Sammelwerk i.S.d. § 4 Abs. 1 UrhG handelt.
Denn jedenfalls fehlt es an einem rechtswidrigen Eingriff der Internetnutzer, so dass eine Haftung der Beklagten zu 1) als Teilnehmerin oder Störerin nicht in Betracht kommt. Sowohl die Vervielfältigung der aufgerufenen Webseiten im Arbeitsspeicher des Computers der Internetnutzer gemäß § 16 Abs. 1 UrhG als auch die Bearbeitung und Umgestaltung eines Datenbankwerks i.S.d. § 23 UrhG sowie eine etwaige Entstellung gemäß § 14 UrhG erfolgen mit Einwilligung der Klägerin und sind daher auch bei aktiviertem Adblock Plus nicht rechtswidrig (vgl. Ziffer II.2.b)).
III. Der mit dem Hilfsantrag Ziffer I.2.a) geltend gemachte, nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmte und auch im Übrigen zulässige Unterlassungsantrag steht der Klägerin weder aus kartellrechtlichen Vorschriften noch wegen gezielter Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG zu. Der Antrag ist auf das Verbot des Anbietens der Software zur Blockierung von Onlinewerbung gerichtet, wenn und soweit Onlinewerbung auf den von der Klägerin betriebenen Websites nur nach den in Anlage B genannten Kriterien zugelassen wird (sog. Whitelisting).
1. Die Klägerin kann den Unterlassungsanspruch nicht auf § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. § 18, § 19 GWB wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung stützen.
Es fehlt bereits an einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1) in Bezug auf die geltend gemachten Ansprüche. Die Beklagte zu 1) ist damit schon nicht Normadressatin i.S.d. § 19 GWB, so dass offen bleiben kann, ob ein Missbrauchstatbestand im Streitfall erfüllt ist.
a) Der nach § 18 Abs. 1 GWB sachlich und örtlich relevante Markt ist vorliegend weder der Markt der Werbeblocker noch der Markt der Freischaltung von Onlinewerbung, sondern der Markt des Zugangs zu Internetnutzern in Deutschland.
aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) fehlt es nicht an der für einen Markt erforderlichen Austauschbeziehung, weil sie ihren Werbeblocker den Internetnutzern unentgeltlich anbietet.
Ein Markt kann auch ohne Entgeltleistung vorliegen (vgl. § 18 Abs. 2 a GWB in der seit dem 9. Juni 2017 geltenden Fassung). Zwar rechtfertigt die Feststellung einer unentgeltlichen Austauschbeziehung nicht stets die Annahme, dass ein wettbewerbsrechtlich relevanter Markt vorliege; werden unentgeltliche Leistungen aus nichtwirtschaftlichen Motiven angeboten, ohne Teil einer zumindest mittelbar oder längerfristig auf Erwerbszwecke angelegten Strategie zu sein, fehlt die entsprechende Relevanz (vgl. BT-Drs. 18/10207, S. 48). Im Streitfall bietet die Beklagte zu 1) ihren Werbeblocker jedoch aus wirtschaftlichen Motiven standardmäßig mit installierter Whitelist an. Der unentgeltliche Vertrieb der Software dient der Vorbereitung der entgeltlichen Aufnahme von größeren Websites in die Whitelist.
bb) Auszugehen ist bei der sachlichen Marktabgrenzung von dem Bedarfsmarktkonzept. Danach sind dem relevanten (Angebots-)Markt alle Produkte zuzurechnen, die aus der Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind (st. Rspr., vgl. BGH WRP 2017, 707 Tz. 20 – Kabelkanalanlagen m.w.N.).
Die Klägerin will die mit den Inhalten ihres Internetangebots verbundene Werbung allen Internetnutzern darbieten und wendet sich mit dem Hilfsantrag Ziffer I.2.a) dagegen, dass die Beklagte zu 1) ihr diesen Zugang zu den Nutzern, die Adblock Plus verwenden, nur unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich im Rahmen des Whitelistings nach den in Anlage B genannten Kriterien für akzeptable Werbung einräumt. Die Klägerin wehrt sich mit diesem Antrag somit dagegen, dass die Freischaltung von Bedingungen abhängig gemacht wird. Zwar mag die Beklagte zu 1) die einzige Anbieterin einer Werbefreischaltung sein und die Klägerin kann die Internetnutzer, die den Werbeblocker der Beklagten zu 1) installiert haben, auch nur durch eine Freischaltung durch die Beklagte zu 1) mit ihrer Werbung erreichen. Daraus ergibt sich aber keine marktbeherrschende Stellung auf dem hier relevanten Markt. Das von der Klägerin mit dem Antrag Ziffer I.2.a) verfolgte Begehren ist auf den ungehinderten Zugang der Klägerin zu den Internetnutzern mit ihren Angeboten inklusive der darin enthaltenen Werbung gerichtet. Maßgeblich für die Frage der Marktbeherrschung ist somit, in welchem Ausmaß die Beklagte zu 1) den Zugang der Klägerin zu allen Internetnutzern beschränken kann. Ebenso wie ein Lebensmitteldiscounter mit einem kleinen Marktanteil am Lebensmittelmarkt nicht deshalb gegenüber Lebensmittelherstellern marktbeherrschend ist, weil der Lebensmittelhersteller die Stammkunden des Discounters nicht erreichen kann, wenn der Discounter die Lebensmittel des Herstellers nicht in sein Sortiment aufnimmt, hat die Beklagte zu 1) nicht deshalb eine marktbeherrschende Stellung, weil nur sie durch Freischaltung der Werbung der Klägerin dieser Zugang zu diesen Internetnutzern für die von ihr geschaltete Werbung verschaffen kann (vgl. Köhler, Internet-Werbeblocker als Geschäftsmodell, WRP 2014, 1017, 1022, 1023). Genauso wie es beim Lebensmitteldiscounter im Verhältnis zum Hersteller darauf ankommt, wie viele Endverbraucher der Discounter auf dem Markt insgesamt repräsentiert, kommt es hinsichtlich der Marktbeherrschung der Beklagten zu 1) hinsichtlich des von den Klägerin begehrten ungehinderten Zugangs zu den Internetkunden auch mit ihrer Werbung durch Freischaltung darauf an, welcher Anteil aller Internetnutzer in Deutschland den Werbeblocker der Beklagten zu 1) nutzt.
Für die Frage einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1) ist deshalb maßgeblich, welchen Anteil die Kunden der Beklagten zu 1) an der Gesamtheit der Internetnutzer in Deutschland darstellen.
b) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte zu 1) auf diesem sachlich relevanten Markt in Deutschland über keine Marktbeherrschung verfügt.
Das Landgericht hat festgestellt, dass allenfalls etwas über 20 % aller deutschen Internetnutzer Adblock Plus verwenden. Unter Berücksichtigung der OVK-Messungen aus den Jahren 2015 und 2016, die von der Klägerin nicht bestritten werden und auf die sie sich teilweise auch selbst beruft (vgl. Berufungsbegründung, S. 21 = Bl. 660 d.A.; Anlage K 112), wonach die Werbeblocker-Rate von 21,49 % im zweiten Quartal 2015 auf 20,09 % im ersten Quartal 2016 und auf 19,1 % im dritten Quartal 2016 gesunken ist, und des von der Klägerin behaupteten Marktanteils von Adblock Plus von 95 % auf dem Markt für Werbeblocker in Deutschland hat die Klägerin auch zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten zu 1) nicht dargetan.
Der Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung vom 27. August 2015, wonach die Verbreitung von Adblock Plus auf mindestens 30 % bis 50 % angestiegen sei (S. 20 = Bl. 659 d.A.), der Anteil der deutschen Internetnutzer, die im zweiten Quartal 2015 einen Werbeblocker verwendet hätten, 24,7 % betragen habe (S. 22 = Bl. 661 d.A.; Anlage K 113) und von einem Marktanteil der Beklagten zu 1) an der gesamten deutschlandweiten Blockerrate von nicht unter 20 % auszugehen sei (S. 22 = Bl. 661 d.A.), ist bereits in sich widersprüchlich und im Übrigen mit den OVK-Messungen aus den Jahren 2015 und 2016 nicht in Einklang zu bringen. Einen Verbreitungsgrad von 30 %, der für die Vermutung einer Marktbeherrschung i.S.d. § 18 Abs. 4 GWB zudem nicht ausreichen würde, oder gar von 50 % hat die Klägerin daher nicht hinreichend dargetan. Selbst bei einem unterstellten Marktanteil von Adblock Plus in Höhe von 95 % auf dem Markt der Werbeblocker ist davon auszugehen, dass in den Jahren 2015 und 2016 allenfalls rund 20 % aller deutschen Internetnutzer Adblock Plus verwendet haben und die Beklagte zu 1) insofern keine marktbeherrschende Stellung i.S.d. § 18 Abs. 3 und 4 GWB hat. Im Streitfall liegen auch keine Anhaltpunkte dafür vor, die auf eine Marktbeherrschung der Beklagten zu 1) vor dem Jahr 2015 schließen lassen.
2. Die Klägerin kann den Unterlassungsanspruch Ziffer I.2.a) auch nicht auf § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. § 1 GWB, Art. 101 AEUV stützen. Die Zulassung von Onlinewerbung nur nach den in Anlage B genannten Kriterien – nach Abschluss einer Freischaltungsvereinbarung mit Webseitenbetreibern – ist keine kartellrechtswidrige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung.
a) Zwar stellt die Freischaltung entsprechend den in Anlage B genannten Kriterien der Beklagten zu 1) eine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. § 1 GWB dar, weil sie das Wettbewerbsverhalten der Klägerin und anderer Webseitenbetreiber beeinträchtigt. Das Whitelisting entsprechend den von der Beklagten zu 1) vorgegebenen Kriterien für akzeptable Werbung schränkt die Handlungsfreiheit der Webseitenbetreiber auf dem Markt für Onlinewerbung ein. Die Klägerin ist bei Abschluss eines Freischaltungsvertrages – mit Ausnahme der Fall-back-Lösung für Internetnutzer, die Adblock Plus nicht verwenden – nicht mehr berechtigt, wie bislang Werbeflächen insbesondere für Videowerbung auf ihren Webseiten anzubieten. Die Kriterien bewirken eine Einschränkung und Kontrolle des Absatzes von Onlinewerbung (vgl. Art. 101 Abs. 1 lit. b) AEUV).
b) Die Freischaltung entsprechend den Kriterien der Beklagten zu 1) ist indes als Teil einer Vertikalvereinbarung gemäß § 2 Abs. 2 GWB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 vom 20. April 2010 über die Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. Nr. L 102 S. 1; Vertikal-GVO) freigestellt.
aa) Bei der Freischaltungsvereinbarung im Rahmen des Whitelistings handelt es sich um eine vertikale Vereinbarung i.S.d. Art. 1 Abs. 1 a) Vertikal-GVO. Die Beklagte zu 1) drängt sich als Dritte für die Zulassung von Onlinewerbung nach vorangegangener Blockade in die Vertriebskette zwischen Werbekunden, Webseitenbetreibern und Internetnutzern und ist gegenüber den Webseitenbetreibern auf einer anderen Stufe tätig, so dass zwischen ihnen ein Vertikalverhältnis besteht.
Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei diesen vertikalen Vereinbarungen zwischen Webseitenbetreibern und der Beklagten zu 1) nicht zugleich um horizontale Vereinbarungen bzw. horizontal aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen. Die Vereinbarungen enthalten auch nur vertikale Beschränkungen (vgl. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Vertikal-GVO).
aaa) Zwar kann auch durch den Abschluss sogenannter Sternverträge („Hub and Spoke“), die nicht durch eine Vereinbarung zwischen Wettbewerbern, sondern durch ein Bündel koordinierter Vertikalvereinbarungen mit einem identischen Partner abgeschlossen werden, eine horizontale Vereinbarung erreicht werden (vgl. Krauß in: Langen/Bunte, Kartellrecht, Band 1, 12. Aufl. 2014, § 1 GWB Rz. 81; BGH GRUR 2003, 633, 634 – Ausrüstungsgegenstände für Feuerlöschzüge). Eine horizontale Vereinbarung aufgrund einer Vielzahl vertikaler Verträge ist insbesondere dann anzunehmen, wenn entweder die Wirksamkeit des Einzelvertrages nach dem Willen der Beteiligten von den übrigen Verträgen abhängig ist, die parallelen Bindungen nach der Zielsetzung der Beteiligten also nur im Zusammenwirken sinnvoll sind, oder wenn sie auf einer horizontalen Abstimmung zwischen den gebundenen Unternehmen – z.B. Abstimmungen zwischen Handelsunternehmen mittels des Lieferanten sowie Preisabsprachen und Informationsaustausch „über die Bande“ – beruhen (vgl. Krauß in: Langen/Bunte, a.a.O. Rz. 82).
Hingegen fehlt es an einer Abstimmung im Horizontalverhältnis, wenn ein gleichförmiges Marktverhalten auf der Horizontalebene unausweichliche Begleiterscheinung, d.h. bloßer Reflex, einer den Ausgangspunkt bildenden Verhaltensabstimmung im Vertikalverhältnis ist, die ein Dritter, beispielsweise ein Hersteller, im eigenen Interesse einseitig konzipiert, initiiert und organisiert. Insofern ist zwischen horizontal koordinierten Vertikalbindungen, die auf einer zugrunde liegenden horizontalen Abstimmung beruhen, und vertikal (z.B. herstellerseitig) koordinierten Vertikalabstimmungen, an denen die im Horizontalverhältnis stehenden beteiligten Unternehmen jeweils kein eigenes Interesse haben, zu unterscheiden. Insbesondere dann, wenn sich Handelsunternehmen zu einem für sie nicht einmal neutralen, sondern sogar wirtschaftlich unvorteilhaften Marktverhalten – sei es auch in der Erwartung des Parallelverhaltens anderer Handelsunternehmen – bereit erklären, kann eine horizontal wirkende Vereinbarung nicht angenommen werden, weil einem solchen von einem Dritten initiierten Bündel paralleler Abstimmungen kein eigenständiger Unwertgehalt zukommt, der über den der Abstimmung im Vertikalverhältnis hinausgeht (vgl. Stöcker, Abstimmung über Dritte, WuW 2012, 935, 944 ff.; Hengst in: Langen/Bunte, Kartellrecht, Band 2, 12. Aufl. 2014, Art. 101 AEUV Rz. 98).
bbb) Im Streitfall ist weder ein Eigeninteresse der Webseitenbetreiber an der Beschränkung auf bestimmte „akzeptable“ Formen von Onlinewerbung noch eine Koordinierung der Webseitenbetreiber untereinander oder ein Informationsaustausch über die Beklagte zu 1) vor Abschluss der Whitelisting-Vereinbarungen ersichtlich. Die Webseitenbetreiber reagieren vielmehr unabhängig voneinander auf die von der Beklagten zu 1) initiierte und erstrebte Marktsituation, wonach durch den Einsatz von Adblock Plus Onlinewerbung teilweise blockiert wird. Die am Whitelisting-Programm teilnehmenden Webseitenbetreiber fügen sich lediglich den einseitig von der Beklagten zu 1) diktierten Bedingungen für die Freischaltung akzeptabler Werbung, um wenigstens einen Teil ihrer eigentlich eingeplanten Werbeeinnahmen zu erzielen und so den wirtschaftlichen Schaden in Grenzen zu halten. Ein Mitspracherecht über die Ausgestaltung der Kriterien für akzeptable Werbung haben die Webseitenbetreiber nicht. Die Klägerin hat weder substantiiert dargetan noch unter Beweis gestellt, dass einzelne Betreiber wie Google, Inc. durch den Abschluss von Whitelisting-Verträgen in der Vergangenheit auf die Acceptable Ads-Kriterien Einfluss genommen haben. Auch soweit die Beklagte zu 1) im November 2015 und Februar 2016 in New York und London unter anderem Vertreter der Werbeindustrie sowie Webseitenbetreiber – und damit potentielle Whitelisting-Vertragspartner – zu einer Diskussion über die Weiterentwicklung der Kriterien für akzeptable Werbung durch ein „unabhängiges Gremium“ eingeladen hat (vgl. Anlage K 134), kann allein durch die Teilnahme einzelner Webseitenbetreiber an der Diskussionsrunde weder von einem (künftigen) Mitspracherecht noch von einer horizontalen Koordinierung der Webseitenbetreiber „über die Bande“ ausgegangen werden.
ccc) Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass die gleichförmigen vertikalen Vereinbarungen eine horizontale Beschränkung bewirken. Insbesondere kann nicht von einer Verfestigung der Kriterien für akzeptable Werbung durch die bislang abgeschlossenen Whitelisting-Verträge ausgegangen werden. Die Klägerin hat schon gar nicht vorgetragen, wie viele Webseitenbetreiber in Deutschland insgesamt von der Werbeblockade betroffen sind und mit wie vielen deutschen Unternehmen die Beklagte zu 1) bislang Whitelisting-Vereinbarungen abgeschlossen hat. Insofern kann nicht angenommen werden, dass die Acceptable Ads der Beklagten zu 1) und die bisherigen Whitelisting-Vereinbarungen „auf breiter Front“ horizontal den Wettbewerb unter den Webseitenbetreibern beschränken. Im Übrigen können die am Whitelisting-Programm teilnehmenden Webseitenbetreiber aufgrund der Fall-back-Lösung derzeit rund 80 % der Internetnutzer auch nicht akzeptable Werbeformen anbieten, was gerade gegen eine Verfestigung der Kriterien für akzeptable Werbung und eine horizontal wirkende Beschränkung spricht.
bb) Die Marktanteilsschwellen des Art. 3 Abs. 1 Vertikal-GVO sind nicht überschritten.
Auch im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 Vertikal-GVO ist auf den Markt aller Internetnutzer in Deutschland abzustellen. Die Beklagte zu 1) bietet ihre Dienstleistung „Freischaltung von Onlinewerbung“ den Webseitenbetreibern nur insoweit an, als diese durch die Aktivierung von Adblock Plus einzelnen Internetnutzern nicht angezeigt wird. Im Übrigen verbleibt es bei der Fall-back-Lösung. Daher ist nicht auf den Markt für Freischaltung, sondern auf den Markt aller Internetnutzer in Deutschland abzustellen, auf dem die Beklagte zu 1) einen Marktanteil von allenfalls rund 20 % hat. Dafür, dass die Klägerin oder andere Webseitenbetreiber als potentielle Abnehmer der von der Beklagten zu 1) freigeschalteten Onlinewerbung einen Marktanteil von über 30 % auf dem Markt für Onlinewerbung haben, ist nichts ersichtlich.
cc) Bei der Vereinbarung handelt es sich auch weder um eine Kernbeschränkung i.S.d. Art. 4 Vertikal-GVO noch um eine andere nicht freigestellte Beschränkung i.S.d. Art. 5 Vertikal-GVO.
c) Da der Abschluss einer Whitelisting-Vereinbarung keine kartellrechtswidrige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung darstellt, kann offen bleiben, ob der Antrag Ziffer I.2.a), der darauf gerichtet ist, der Beklagten zu 1) zu untersagen, Adblock Plus anzubieten, wenn und soweit Onlinewerbung auf den von der Klägerin betriebenen Websites nur nach den in Anlage B genannten Kriterien zugelassen wird, die geltend gemachte konkrete Verletzungsform i.S.d. § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. § 1 GWB, Art. 101 AEUV verfehlt und schon deshalb unbegründet ist.
3. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Klägerin den Unterlassungsanspruch auch nicht auf § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. § 21 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3 GWB stützen kann.
a) Ein Verstoß gegen § 21 Abs. 2 GWB kommt schon deshalb nicht in Betracht, da der Abschluss einer Whitelisting-Vereinbarung nicht kartellrechtswidrig ist und insbesondere ein Verstoß gegen § 1 GWB, Art. 101 AEUV nicht vorliegt.
b) Die Beklagte zu 1) übt auch keinen Zwang i.S.d. § 21 Abs. 3 Nr. 3 GWB auf Webseitenbetreiber aus, sich im Markt gleichförmig zu verhalten.
§ 21 Abs. 3 GWB erfasst in Abgrenzung zur Druckausübung i.S.d. § 21 Abs. 2 GWB das noch intensivere Mittel der Zwangsausübung, das eine Entscheidung des beeinflussten Unternehmens zwar nicht völlig ausschließt, jedoch allenfalls formelle, nach den Grundsätzen wirtschaftlicher Vernunft mit Rücksicht auf die Schwere der angedrohten oder zugefügten Nachteile unzumutbare Alternativen gegenüber dem geforderten Verhalten belässt (vgl. BGH GRUR 1981, 208, 210 – Rote Liste; Markert in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2014, § 21 GWB Rz. 86).
Da die Webseitenbetreiber hinreichende und zumutbare Handlungsalternativen haben, insbesondere mittlerweile Umgehungssoftware gegen Adblocker angeboten und diese von Webseitenbetreibern wie der Klägerin jedenfalls teilweise auch erfolgreich eingesetzt wird, was unter anderem durch den Halbjahresfinanzbericht 2016 der ProSiebenSat.1 Media SE und die allgemeine gute Entwicklung des Marktes für Onlinewerbung insbesondere im Bereich der Bewegtbild-Werbeformen bestätigt wird (vgl. Anlage BE 87 a), kann im Streitfall keine Zwangsausübung i.S.d. § 21 Abs. 3 Nr. 3 GWB angenommen werden.
4. Der Klägerin stehen keine lauterkeitsrechtlichen Ansprüche zu.
Auch der Hilfsantrag Ziffer I.2.a) ist auf ein Verbot des unentgeltlichen Whitelistings gerichtet; er erfasst daher auch Handlungen, die keine geschäftlichen Handlungen darstellen, und ist deshalb wegen des zu weiten Antragsinhalts unbegründet (s.o. unter I.2.c) und d)).
IV. Der mit dem Hilfsantrag Ziffer I.2.b) geltend gemachte Unterlassungsantrag ist zulässig. Er ist jedoch nicht begründet, denn der Anspruch steht der Klägerin weder aus kartellrechtlichen Vorschriften noch wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 4, § 4 a, § 3 Abs. 1 UWG zu.
Der Antrag ist auf das Verbot des Anbietens der Software zur Blockierung von Onlinewerbung gerichtet, wenn und soweit akzeptable Onlinewerbung entsprechend den in Anlage B genannten Kriterien auf den von der Klägerin betriebenen Websites gegen Entgelt, insbesondere in Form einer Umsatzbeteiligung an den durch diese Freischaltung erzielten Umsätzen, zugelassen wird.
1. Die geltend gemachten kartellrechtlichen Ansprüche sind unbegründet. Die Beklagte zu 1) ist mangels marktbeherrschender Stellung nicht Normadressatin i.S.d. § 19 GWB. Die Zulassung von Onlinewerbung auf den von der Klägerin betriebenen Websites nur nach den in Anlage B genannten Kriterien gegen ein Entgelt ist auch nicht als wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung kartellrechtswidrig i.S.d. § 1 GWB. Insofern wird auf die Ausführungen unter Ziffer III. 1. und 2. Bezug genommen.
2. Das Angebot der Beklagten zu 1) ist nicht lauterkeitsrechtlich unzulässig. Die von der Klägerin als verletzt gerügten Tatbestände der gezielten Mitbewerberbehinderung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG, der aggressiven geschäftlichen Handlung i.S.d. § 4 a UWG, der Verletzung des virtuellen Hausrechts sowie der allgemeinen Marktbehinderung gemäß § 3 Abs. 1 UWG sind nicht erfüllt.
a) Wie bereits dargelegt, ist die Klägerin Mitbewerberin der Beklagten zu 1) (s.o. unter I.2.a) und ist das Verhalten der Beklagten zu 1) als geschäftliche Handlung anzusehen (s.o. unter I.2.b)).
b) Der unentgeltliche Vertrieb der Software zur Vorbereitung eines entgeltlichen Whitelistings stellt keine gezielte Mitbewerberbehinderung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG dar.
aa) Da der auf eine Verletzungshandlung gestützte Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, wäre der entsprechende Hauptantrag nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten zu 1) sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme unlauter war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Berufungsinstanz unlauter ist (vgl. BGH, Urt. v. 2. März 2017 – I ZR 41/16, juris, – Komplettküchen Tz. 13 m.w.N.).
Nach den mit der Klage vom 16. Juni 2014 angegriffenen Handlungen der Beklagten zu 1) ist das Lauterkeitsrecht mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. 2015, S. 2158) novelliert worden. Der Tatbestand der gezielten Mitbewerberbehinderung, der sich in § 4 Nr. 10 UWG a.F. und § 4 Nr. 4 UWG wortgleich findet, hat sich in der Sache nicht geändert (vgl. BGH, a.a.O., – World of Warcraft II Tz. 48).
bb) Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (vgl. BGH, a.a.O., – World of Warcraft II Tz. 49 m.w.N.).
cc) Die Blockierung von Werbung als solche (das Blacklisting) begründet nicht den Vorwurf der gezielten Mitbewerberbehinderung.
aaa) Der Streitfall bietet keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, die Beklagte zu 1) verfolge mit ihrem Angebot den Zweck, die Klägerin oder andere Anbieter von Internetinhalten, die Werbung enthalten, zu verdrängen, sondern setzt deren Leistungen voraus (vgl. auch BGH GRUR 2014, 785 – Flugvermittlung im Internet Tz. 25).
bbb) Eine unlautere produktbezogene Behinderung kommt beim Vorliegen einer unmittelbaren Einwirkung auf das Produkt des Mitbewerbers – etwa dadurch, dass dieses vernichtet oder beschädigt wird – in Betracht. An einer solchen unmittelbaren Einwirkung auf die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen durch die Beklagte zu 1) fehlt es im Streitfall.
Die Beklagte zu 1) wirkt auf die abrufbaren Internetinhalte der Klägerin und namentlich auch auf die darin enthaltene Werbung nicht unmittelbar ein (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 879). Sie ermöglicht es den Nutzern lediglich, nicht alle von der Klägerin angebotenen Inhalte – insbesondere nicht die Werbeinhalte – abzurufen oder auf dem Rechner des Nutzers die Anzeige eines Teils der abgerufenen Daten zu verhindern („element hiding“). In beiden Fällen bleibt das an die Gesamtheit der Nutzer gerichtete Angebot unverändert; lediglich beim konkreten, das Programm der Beklagten zu 1) verwendenden Nutzer erfolgt die von diesem gewünschte Nichtanzeige der von der Klägerin vorgesehenen Werbeinhalte.
Darin, dass Werbeinhalte nicht von den entsprechenden Servern abgerufen werden, kann kein lauterkeitsrechtlich relevanter unmittelbarer Eingriff in das Serververhalten gesehen werden, denn die Server und ihre Inhalte werden nicht verändert. Dass diese Inhalte nicht abgerufen werden, läuft lediglich der Vorstellung der Klägerin zuwider, dass derjenige, der ihre journalistischen Inhalte abruft, auch ihre Werbeinhalte abrufen müsse; die Enttäuschung der Erwartung, dass beide Arten von Inhalten nur zusammen abgerufen werden, ist indes nicht geeignet, den Vorwurf der Unlauterkeit zu begründen.
Auch soweit es dabei zu einem „element hiding“ kommen soll, findet dieses lediglich bei den bereits vom Nutzer abgerufenen und auf dessen Rechner gespeicherten Daten statt. Es ist nicht unlauter, dem Nutzer die Möglichkeit an die Hand zu geben, von der Klägerin angebotene Werbeinhalte von deren sonstigen Angebot zu trennen und diese – anders als das sonstige Angebot – nicht wahrnehmen zu müssen (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 879), oder bestimmte, sich bereits in seiner Einflusssphäre befindliche Daten unangezeigt zu lassen. Die Klägerin hat lauterkeitsrechtlich keinen Anspruch darauf, dass der Nutzer bestimmte – jederzeit änderbare – Voreinstellungen in seinem Browser beibehält. Daher stellt auch das Bereitstellen einer Software, die dem Nutzer durch die Veränderung der Browserkonfiguration unter Nutzung der entsprechenden Schnittstellen eine veränderte visuelle Darstellung auf seinem Rechner ermöglicht, keine unlautere produktbezogene Behinderung dar.
Da die grundsätzliche Entscheidung, den Werbeblocker der Beklagten zu 1) als ergänzende Browsereinstellung zu installieren und dadurch Werbeinhalte jedenfalls teilweise – soweit diese nicht den Kriterien der Beklagten zu 1) für akzeptable Werbung entsprechen und keine Freischaltung der Website erfolgt – ausblenden zu lassen, vom Nutzer getroffen wird, ist es lauterkeitsrechtlich ohne Belang, dass dieser die technische Ausführung im Detail, die konkrete Ausgestaltung der Whitelist-Vereinbarungen mit den Seitenbetreibern und die fortlaufende Aktualisierung der Whitelist der Beklagten zu 1) überlässt. Im Übrigen kann der Nutzer die Whitelist-Funktion jederzeit deaktivieren und sämtliche Werbung blockieren. Da die Beklagte zu 1) auf ihrer Homepage die Nutzer hinreichend transparent über die Whitelist-Funktion und deren Deaktivierung aufklärt, handelt es sich bei der Installation und der Weiterverwendung des Werbeblockers insgesamt um eine autonome Nutzerentscheidung. Ausschließlich der Nutzer entscheidet, ob er – etwa nach Ankündigung der Aussperrung für eine bestimmte Website bei Weiterverwendung des Werbeblockers – Adblock Plus wieder deaktiviert, um die kostenlos angebotenen Inhalte weiterhin wahrnehmen zu können. Auch die rückläufige Werbeblocker-Rate im Jahr 2016 spricht dafür, dass Nutzer auf derartige Aussperrungen oder andere Gegenmaßnahmen reagieren und aufgrund einer bewussten Entscheidung – ohne Zutun der Beklagten zu 1) – den Werbeblocker zumindest partiell für den Besuch bestimmter Websites deaktivieren.
Auch eine mittelbare Einwirkung auf die Ware oder Dienstleistung eines Mitbewerbers kann unlauter sein. So verhält es sich etwa bei dem Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen, die geeignet sind, Dritten einen unberechtigten kostenlosen Zugang zu einer entgeltlich angebotenen Leistung zu verschaffen (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 879 m.w.N.). Eine solche Fallgestaltung liegt im Streitfall indes schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin ihre Inhalte den Nutzern selbst kostenlos anbietet.
Die von der Beklagten zu 1) über den Vertrieb des Werbeblockers dem Nutzer angebotene technische Auswahlmöglichkeit hindert die Klägerin nicht daran, ihre Leistungen auf dem Markt in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Zwar läuft der Einsatz des Werbeblockers dem Interesse der Klägerin zuwider, nicht nur mit ihren journalistischen Inhalten, sondern insbesondere auch mit ihren Werbeinhalten möglichst viele Nutzer zu erreichen, da hiervon die Höhe ihrer Werbeeinnahmen abhängt. Das allein macht das Angebot und den Vertrieb der Leistungen der Beklagten zu 1) aber noch nicht unlauter. Ein unlauteres Verhalten wäre vielmehr nur dann gegeben, wenn sich die Beklagte zu 1) dabei nicht wettbewerbseigener Mittel bediente. Das ist jedoch nicht der Fall (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 879).
ccc) Aus den vorstehend genannten Gründen liegt des Weiteren keine unlautere Werbebehinderung vor. Allerdings kann die Beeinträchtigung der Werbung eines Mitbewerbers – etwa durch deren Zerstörung, Beschädigung, Beseitigung oder Verdeckung – im Einzelfall eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers darstellen. Dabei handelt es sich aber typischerweise um die Beeinträchtigung der Werbewirkung gegenüber einem mit der Werbung angesprochenen breiteren Publikum oder – etwa in den Fällen einer Erinnerungswerbung – gegenüber den Erwerbern eines bestimmten Produkts, ohne dass dies auf einer freien Entscheidung derer beruht, an die sich die Werbung richtet. Anders verhält es sich jedoch im Streitfall. Die von der Klägerin angebotene Werbung erreicht, wenn der Werbeblocker der Beklagten zu 1) zum Einsatz kommt, nur diejenigen Nutzer nicht, die sich bewusst dafür entschieden haben, keiner bzw. allenfalls unaufdringlicher Werbung ausgesetzt sein zu wollen (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 879).
ddd) Auch der verfassungsrechtliche Schutz, den die Klägerin genießt, gebietet unter den gegebenen Umständen keinen weiter reichenden wettbewerbsrechtlichen Schutz.
(1) Die Klägerin handelt bei dem Angebot ihrer Inhalte im Internet, zu denen auch die darin enthaltene Werbung gehört, im Rahmen ihrer durch die Grundrechte der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit. Das ist bei der Auslegung und Anwendung des Lauterkeitsrechts zu berücksichtigen. Aus der Pressefreiheit lässt sich aber ein Anspruch der Presseunternehmen auf ungestörte geschäftliche Betätigung nicht herleiten. Auch Unternehmen des Medienbereichs müssen sich den Herausforderungen des Marktes stellen, der von der Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und von der Kraft der Innovation lebt (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 880). Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung ist zudem in den Blick zu nehmen, dass das von der Klägerin beanstandete Verhalten der Beklagten zu 1) im Rahmen der Berufsfreiheit ebenfalls grundrechtlichen Schutz genießt, der insbesondere die wirtschaftliche Verwertung der beruflich erbrachten Leistung umfasst (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 880). Schließlich ist auch die von der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG und der negativen Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG getragene Entscheidung des Nutzers, sich der Werbung im Internet nicht oder nur eingeschränkt auszusetzen, zu berücksichtigen, deren Umsetzung die Software der Beklagten zu 1) dient.
(2) Ein Überwiegen der – dem Marktgeschehen nicht entzogenen – Interessen der Klägerin über die genannten gegenläufigen Interessen kann nicht festgestellt werden, zumal der Klägerin verschiedene Maßnahmen zu Gebote stehen, die Auswirkungen der Software der Beklagten zu 1) auf ihr Geschäftsmodell einzugrenzen. So hat sie die technische Möglichkeit, den Abruf ihrer Inhalte durch Nutzer zu verhindern, welche die Software der Beklagten zu 1) verwenden, und so diese Nutzer zu motivieren, die Software jedenfalls für den Besuch ihres Internetauftritts außer Funktion zu stellen. Zudem kann sie auch die Finanzierungsquellen für ihre journalistischen Angebote umgestalten, etwa durch Einführung einer (partiellen) Bezahlschranke (vgl. zu einer sogenannten Metered Paywall OLG München GRUR-RR 2017, 89 – Kein Vollgas). Im Übrigen setzt die Klägerin mittlerweile erfolgreich Umgehungssoftware gegen Werbeblocker ein und kann so jedenfalls im Bereich der Videowerbung eine vollständige Werbeblockade durch Adblock Plus verhindern.
dd) Eine gezielte Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG liegt auch nicht insoweit vor, als Onlinewerbung nur nach den in Anlage B genannten Kriterien zugelassen wird.
aaa) Eine Verdrängungsabsicht kann im Streitfall nicht deshalb angenommen werden, weil die Werbeformate der Klägerin zum Großteil den „Acceptable Ads“ der Beklagten zu 1) nicht entsprechen und eine Whitelisting-Vereinbarung mit der Klägerin jedenfalls hinsichtlich Videowerbung von vornherein nicht in Betracht kommt.
(1) Von einer Verdrängungsabsicht ist auszugehen, wenn die Maßnahme ihrer Natur oder den Umständen nach keinen anderen Zweck als den der Verdrängung oder Schwächung des Mitbewerbers haben kann (vgl. BGH GRUR 2015, 607 Tz. 17 – Uhrenankauf im Internet). Das ist dann anzunehmen, wenn die Maßnahme für sich allein nur wirtschaftliche Nachteile bringt und diese Nachteile erst dann ausgeglichen werden können, wenn der Mitbewerber ausgeschaltet ist (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 4 UWG Rz. 4.9).
(2) Die Beklagte zu 1) verfolgt mit ihrem Angebot jedoch in erster Linie den Zweck, Internetnutzer vor aufdringlicher Werbung zu schützen und durch den Abschluss entgeltlicher Freischaltungsvereinbarungen mit größeren Webseitenbetreibern ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich betreiben zu können. Hingegen will sie Webseitenbetreiber, die ausschließlich Werbeformate verwenden, die nicht ihren Kriterien für akzeptable Werbung entsprechen, nicht schwächen oder gänzlich vom Markt verdrängen, sondern vielmehr dazu animieren, ihre Werbeformate anzupassen. Soweit solche Webseitenbetreiber hierzu – aus wirtschaftlichen Erwägungen – nicht bereit sind, handelt es sich insoweit nicht um eine bezweckte Verdrängung oder Schwächung, sondern lediglich um eine bloße Begleiterscheinung des Whitelisting-Modells.
bbb) Es kann dahin stehen, ob ausschließlich die in der Anlage B genannten Werbeformen als unaufdringlich und „akzeptabel“ angesehen werden können.
Denn auch soweit eine Freischaltung der Werbeformate der Klägerin (Werbevideos, Spots und Animationen), die in aller Regel nicht den „Acceptable Ads“ der Beklagten zu 1) entsprechen, von vornherein nicht in Betracht kommt, kann aufgrund der dargestellten Reaktions- und Handlungsmöglichkeiten, der Verwendung von Umgehungssoftware gegen Werbeblocker und der steigenden Umsatzerlöse im Onlinewerbebereich sowie der Grundentscheidung der Nutzer, Adblock Plus mit voreingestellter Whitelist-Funktion entsprechend den Kriterien der Beklagten zu 1) für akzeptable Werbung zu verwenden, im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung nicht angenommen werden, dass die Klägerin ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen könne.
Dies ergibt sich schon daraus, dass die deutschlandweite Werbeblockerrate im Jahr 2016 rückläufig war und im dritten Quartal 2016 nur noch 19,1 % betrug, wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Vorlage der Anlage BE 88 unwidersprochen dargelegt haben. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin, wonach sie mit ihren Webseiten ein junges Publikum anspreche und der Einsatz der Blockier-Software der Beklagten zu 1) bei dieser Zielgruppe über dem Durchschnitt liege, ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, die auf eine Gefährdung des Bestands der Klägerin schließen lassen könnten. Denn die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen vorgetragen, dass sich der Markt für Onlinewerbung weiterhin gut entwickle, was durch den vorgelegten Halbjahresfinanzbericht 2016 der ProSiebenSat.1 Media SE bestätigt wird (vgl. Anlage BE 87 a). Auch die zugleich von den Beklagten vorgelegte OVK-Werbestatistik digitale Werbung (Online und Mobile) 2015 bis 2016 mit Prognose für 2017 geht von einem stabil wachsenden Online-Werbemarkt aus (vgl. Anlage BE 88).
ee) Eine gezielte Mitbewerberbehinderung liegt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Boykottaufrufs vor. Denn die Webseitenbetreiber als etwaige Verrufene sind schon nicht hinreichend bestimmt.
aaa) Ein Boykottaufruf ist der Versuch, die freie Willensentscheidung des Adressaten dahingehend zu beeinflussen, dass er bestimmte Geschäftsbeziehungen mit Dritten nicht eingeht oder nicht aufrechterhält. Dies setzt die Beteiligung von drei Parteien voraus, nämlich die Beteiligung des Verrufers oder Boykottierers, des Adressaten oder Ausführers des Boykottaufrufs und des Verrufenen oder Boykottierten (vgl. BGH GRUR 1999, 1031, 1032 – Sitzender Krankentransport). Adressat des Aufrufs und Verrufener müssen bestimmt sein. Für die Bestimmtheit der Verrufenen reicht eine nähere Bezeichnung nach Gruppen-, Tätigkeits- oder Organisationsmerkmalen aus (vgl. BGH GRUR 1980, 242, [244] – Denkzettel-Aktion; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage 2017, § 4 UWG Rz. 4.120). Es genügt, wenn der Verrufene aufgrund bestimmter Merkmale bestimmbar ist. Die Individualisierbarkeit fehlt aber, wenn der Kreis der zu sperrenden Unternehmen praktisch unübersehbar ist (vgl. Omsels in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl. 2016, § 4 Nr. 4 UWG Rz. 234).
bbb) Im Streitfall bietet die Beklagte zu 1) ihren Werbeblocker den rund 67 Millionen deutschen Internetnutzern als Adressaten des etwaigen Boykottaufrufs unentgeltlich zur Nutzung an. Als Verrufene kommen sämtliche in der Blacklist aufgeführten Betreiber werbefinanzierter Websites, deren Onlinewerbung blockiert werden soll und die nicht in die Whitelist aufgenommen sind, in Betracht. Easylist und Easylist Germany, die zusammen mehr als 1.700.000 Zeichen umfassen, haben in ausgedruckter Form einen Umfang von rund 900 Seiten in DIN A4-Format. In der Easylist Germany mit den rund 8.000 Einträgen, die in ausgedruckter Form 150 Seiten in DIN A4-Format umfasst, sind die Betreiber deutschsprachiger Internetseiten ohne inhaltliche oder branchenspezifische Unterscheidung enthalten. Die Whitelist der Beklagten zu 1) umfasst rund 400.000 Zeichen. Es ist lebensfern anzunehmen, dass die Nutzer von Adblock Plus, die zu über 90 % die Voreinstellungen der Beklagten zu 1) und damit auch die voreingestellten Listen nicht verändern, die in der Easylist Germany und der Whitelist jeweils mit der Domain aufgeführten Webseitenbetreiber im Einzelnen wahrnehmen und vergleichen, welche Seiten zwar in der Blacklist, nicht aber in der Whitelist enthalten sind. Die Betreiber werbefinanzierter Websites mit zwar nicht freigeschalteten, aber womöglich – nach den Kriterien der Beklagten zu 1) – akzeptablen Werbeinhalten lassen sich auch keinen bestimmten oder bestimmbaren Gruppen-, Tätigkeits- oder Organisationsmerkmalen zuordnen, sondern sind in dieser Allgemeinheit nicht individualisierbar und daher unbestimmt.
ccc) Im Übrigen hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass im Rahmen der auch beim Boykottaufruf erforderlichen umfassenden Interessensabwägung aller Beteiligten (vgl. Omsels a.a.O. § 4 Nr. 4 UWG Rz. 246 ff.) ein etwaiger Boykottaufruf im Streitfall jedenfalls nicht unlauter wäre.
ff) Der Vorwurf der Unlauterkeit wird nicht dadurch begründet, dass die Blockierung von Inhalten zur Vorbereitung eines Whitelistings geschieht, für das zumindest von einigen Seitenbetreibern ein Entgelt verlangt wird.
aaa) Das Whitelisting eröffnet den Betreibern von Internetauftritten mit Werbeinhalten gegenüber dem Zustand der – lauterkeitsrechtlich wie dargelegt zulässigen – Blockierung lediglich zusätzliche Nutzerkreise für diejenige Werbung, die den Acceptable-Ads-Kriterien der Beklagten zu 1) entspricht (vgl. Köhler WRP 2014, 1017 Tz. 36 a.E.). Die Beklagte zu 1) verlangt von den Seitenbetreibern dafür ein Entgelt, dass sie ihnen diesen Vorteil eröffnet. Als Gegenleistung für eine erbrachte Leistung ein Entgelt zu verlangen stellt indes grundsätzlich einen wettbewerbskonformen Vorgang dar. Dadurch werden die Seitenbetreiber weder an ihrer Entfaltung gehindert oder vom Markt verdrängt noch daran gehindert, ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung in angemessener Weise zur Geltung zu bringen.
bbb) Der Klägerin steht der Anspruch nicht wegen gezielter Behinderung in Form eines „parasitären Ausnutzens“ zu.
Zwar kann ein Fall des § 4 Nr. 4 UWG auch dann vorliegen, wenn ein Konkurrenzangebot parasitär ausgenutzt wird und dadurch der Anbieter um seinen wirtschaftlichen Erfolg gebracht oder gezwungen wird, seine Leistung zu ändern, um seinerseits konkurrenzfähig zu bleiben (Omsels in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, a.a.O. § 4 Nr. 4 UWG Rz. 108). Die Frage, ob es sich um eine gezielte Behinderung handelt, ist jedoch auch insoweit aufgrund einer Gesamtabwägung zu beurteilen.
Auch unter Berücksichtigung des Geschäftsmodells der Beklagten zu 1), die unzweifelhaft versucht, durch das unentgeltliche Angebot des Werbeblockers Adblock Plus an die Internetnutzer dessen Verbreitung zu fördern und durch die anschließenden Whitelisting-Vereinbarungen an den Leistungen der Webseitenbetreiber mit bis zu 30 % der Werbeerlöse in nicht unerheblichem Umfang zu partizipieren, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin und andere Webseitenbetreiber ihre Leistungen am Markt nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können.
Im Übrigen verbreitet die Klägerin nach ihren eigenen Angaben nahezu ausschließlich audiovisuelle Werbung, die auch durch ein Whitelisting nicht freigeschaltet werden könnte. Sie ist daher auch nicht bereit, eine solche Vereinbarung mit der Beklagten zu 1) abzuschließen. Eine gezielte Behinderung der Klägerin aufgrund eines parasitären Ausnutzens scheidet somit schon aus diesem Grunde aus.
ccc) Eine gezielte Mitbewerberbehinderung kann schließlich nicht deswegen angenommen werden, weil die Beklagte zu 1) unterschiedlich hohe Entgelte von Webseitenbetreibern verlangt. Eine etwaige Preisdiskriminierung hat die Klägerin schon nicht zum Gegenstand des Hilfsantrags gemacht. Im Übrigen kann aus der Vereinbarung unterschiedlicher Entgelte gerade nicht auf eine Behinderungsabsicht geschlossen werden. Der Beklagten zu 1) steht es im Wettbewerb grundsätzlich frei, mit ihren Vertragspartnern das Entgelt im Einzelfall auszuhandeln bzw. gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen ihre Leistung auch unentgeltlich anzubieten.
c) Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die beanstandeten Verhaltensweisen aggressive geschäftliche Handlungen i.S.d. § 4 a UWG seien.
aa) Das im Streitfall maßgebliche Recht ist mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I 2015, S. 2158) novelliert worden. Dadurch ist der in § 4 Nr. 1 UWG a.F. geregelte Tatbestand der unlauteren Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers und des sonstigen Marktteilnehmers in die neu geschaffene Bestimmung des § 4 a UWG überführt und entsprechend den Regelungen über aggressive Geschäftspraktiken gemäß Art. 8 und 9 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken neu gefasst worden.
Es kann dahin stehen, ob eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage hieraus folgt. Denn jedenfalls kann keine aggressive geschäftliche Handlung i.S.d. § 4 a UWG angenommen werden.
bb) Nach § 4 a Abs. 1 Satz 1 UWG sind aggressive geschäftliche Handlungen unlauter, die geeignet sind, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die dieser andernfalls nicht getroffen hätte. Nach § 4 a Abs. 1 Satz 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung insbesondere dann aggressiv, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers durch unzulässige Beeinflussung erheblich zu beeinträchtigen. Eine unzulässige Beeinflussung liegt nach § 4 a Abs. 1 Satz 3 UWG vor, wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.
cc) Danach kann vorliegend nicht von einer unzulässigen Beeinflussung ausgegangen werden. Selbst wenn die Beklagte zu 1) durch die auf der kostenlosen Bezugsmöglichkeit beruhende weite Verbreitung ihrer Software eine lauterkeitsrechtlich bedeutsame wirtschaftliche Machtposition erlangt haben sollte, läge kein Ausnutzen dieser Position zur Druckausübung i.S.d. § 4 a Abs. 1 Satz 3 UWG vor.
Eine Machtposition wird zur Ausübung von Druck ausgenutzt, wenn der Handelnde sie in einer Weise nutzt, die beim Adressaten den Eindruck erweckt, er müsse mit irgendwelchen Nachteilen außerhalb des angestrebten Geschäfts rechnen, falls er die von ihm erwartete geschäftliche Entscheidung nicht trifft. Der Nachteil darf nicht bloß darin bestehen, dass der Unternehmer das Geschäft nicht abschließt, wenn der Adressat nicht auf die geforderten Vertragsbedingungen eingeht; denn insoweit hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 4 a UWG Rz. 1.59).
Im Streitfall läge der Nachteil der Seitenbetreiber lediglich darin, dass sie sich weiterhin mit der lauterkeitsrechtlich zulässigen Situation der Blockierung ihrer Werbung abfinden müssten, weil sie mit der Beklagten zu 1) keine Whitelistingvereinbarung getroffen haben, und beschränkt sich deshalb auf die Folgen des Nichtabschlusses eines Geschäfts, so dass kein Ausnutzen zur Druckausübung gegeben ist. Es liegt auch kein belastendes oder unverhältnismäßiges Hindernis nichtvertraglicher Art i.S.d. § 4 a Abs. 2 Nr. 4 UWG vor, weil damit nur Hindernisse bei der Ausübung vertraglicher Rechte im Verhältnis zwischen dem Handelnden und dem Druckadressaten gemeint sind (vgl. Sosnitza in: Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 4 a UWG Rz. 188; wohl auch Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl. 2016, § 4 a UWG Rz. 54 und Fritzsche, WRP 2016, 1 Tz. 39; a.A. OLG Köln GRUR 2016, 1082 – Adblock Plus, dort Tz. 57).
d) Die Klägerin kann den Unterlassungsanspruch nicht auf den Gesichtspunkt der Verleitung zur Verletzung des „virtuellen Hausrechts“ gemäß § 3 Abs. 1 UWG stützen.
aa) Die Befugnis zur Ausübung des Hausrechts in Räumen oder auf Grundstücken lässt sich mangels vergleichbarer Interessenlage jedenfalls nicht generell auf Websites übertragen. Das Hausrecht hat seine gesetzliche Grundlage im Eigentums- oder Besitzrecht des Hausrechtsinhabers an einer Sache und schützt damit absolute Rechtspositionen. Demgegenüber liegt das Wesen einer Website – die als solche nicht mit einem vergleichbaren absoluten Rechtsschutz versehen ist – gerade darin, von Dritten „besucht“ und damit zur Kenntnis genommen zu werden. Dabei steht dem Betreiber die Möglichkeit offen, den Zugang zu seiner Website tatsächlich durch entsprechende technische Maßnahmen zu begrenzen und den Zugriff auf deren Inhalt etwa von dem vorherigen Abschluss eines Vertrages über die Nutzung abhängig zu machen. Solange ein Webseitenbetreiber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, kommt etwaigen Nutzungsbedingungen ebenso wie einseitigen Erklärungen über gewollte Nutzungsbeschränkungen keine Rechtswirkung zu (vgl. OLG Frankfurt, ZUM-RD 2009, 644 Tz. 10 zur Vermittlung von Flugtickets im Wege des Screen Scrapings). Auch der Bundesgerichtshof hat in seiner Grundsatzentscheidung zum Screen Scraping – einer mit dem Streitfall durchaus vergleichbaren Fallgestaltung – die Verletzung des virtuellen Hausrechts nicht in Betracht gezogen (vgl. BGH GRUR 2014, 785 – Flugvermittlung im Internet).
bb) Im Streitfall weist die Klägerin zwar in § 3 ihrer Nutzungsbedingungen darauf hin, dass die angebotenen Inhalte urheberrechtlich geschützt seien, ihre Nutzung den geltenden Urheberrechten unterläge und die Webseiten nicht ohne ihre Zustimmung verändert, kopiert, wiederveröffentlicht, übertragen, verbreitet oder gespeichert werden dürften; zudem bittet sie in einem Footer die Nutzer, keinen Werbeblocker zu verwenden. Ein ausdrückliches Verbot des Einsatzes von Werbeblockern ist jedoch weder dem Footer mit der unverbindlichen Bitte, keinen Werbeblocker zu verwenden, noch den Nutzungsbedingungen zu entnehmen. Im Übrigen begrenzt die Klägerin den Zugang zu ihren Websites nicht durch entsprechende technische Maßnahmen und macht den Zugriff auf deren Inhalt auch nicht vom vorherigen Abschluss eines Vertrages über die Nutzung abhängig.
e) Schließlich kann auch keine allgemeine Marktbehinderung gemäß § 3 Abs. 1 UWG angenommen werden.
aa) Eine solche liegt dann vor, wenn ein für sich genommen zwar nicht unlauteres, aber immerhin bedenkliches Wettbewerbsverhalten die ernstliche Gefahr begründet, dass der auf der unternehmerischen Leistung beruhende Wettbewerb in erheblichem Maße eingeschränkt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 455 – Stumme Verkäufer II Tz. 20 m.w.N.). Die Frage, ob in einem beanstandeten Wettbewerbsverhalten eine unzulässige allgemeine Marktbehinderung zu sehen ist, kann nur auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls unter Abwägung der Interessen der Mitbewerber und der Allgemeinheit beurteilt werden (vgl. BGH GRUR 2004, 877, 880 – Werbeblocker).
bb) Der Vertrieb der Werbeblocker-Software durch die Beklagte zu 1) erschwert zwar die geschäftliche Tätigkeit der Klägerin und anderer Webseitenbetreiber, bedroht diese aber – wie bereits dargestellt – nicht existentiell.
V. Auch die Hilfsanträge Ziffern I.3.a) und b), mit denen sich die Klägerin gegen den Abschluss und den Vollzug der Whitelisting-Vereinbarungen wendet, sind zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin stehen weder kartell- noch lauterkeitsrechtliche Ansprüche zu. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer III. und IV. Bezug genommen.
VI. Da die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte zu 1) nicht bestehen, waren auch die Folgeanträge auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung sowie die gegen die Beklagten zu 2) und 3) geltend gemachten Ansprüche abzuweisen.
VII. Der nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingereichte nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 10. April 2017 und der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 23. Juni 2017 boten keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).
C.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist veranlasst, weil es hinsichtlich der lauterkeitsrechtlichen Zulässigkeit von Werbeblockern der streitgegenständlichen Art um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO geht, über die derzeit noch Unklarheit besteht. Auch im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des OLG Köln vom 24. Juni 2016 zum Vorliegen einer aggressiven geschäftlichen Handlung i.S.d. § 4 a UWG (vgl. GRUR 2016, 1082 Tz. 49 ff. – Adblock Plus, s.o. unter B.IV.2.c)cc)) ist die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO veranlasst.
Hinsichtlich des auf Urheberrecht gestützten Berufungsantrags Ziffer I.1.b) hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung; auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache erfordert insoweit, wie die Ausführungen unter B.II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.


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