IT- und Medienrecht

Zulässigkeit einer Kombiflug-Klausel

Aktenzeichen  2 O 108/17

Datum:
18.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 138480
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
InsO § 87
UKlaG § 1, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 4
BGB § 150 Abs. 2, § 305b, § 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Nicht auf einem Vermögensanspruch beruhende Forderungen – beispielsweise die Erteilung einer Auskunft, einer Provisionsabrechnung, eines Buchauszuges wie auch Unterlassungsansprüche – unterliegen nicht dem Anwendungsbereich des § 87 InsO. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein „Paketangebot“, das bei einem Kombiflug beide Flüge im Sinne der Bedingung der Verfügbarkeit des jeweils anderen miteinander verbindet, wird dem Verbraucher ausdrücklich nicht unterbreitet, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Hinweis „Hin- und Rückflug werden jeweils unabhängig voneinander als Einzelflug gebucht“ enthalten. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
2. Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber insgesamt unbegründet.
A.
Die Klage ist zulässig.
Insbesondere steht § 87 InsO der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen:
Grundsätzlich sind nach Insolvenzeröffnung anhängig gemachte Rechtsstreite, gerichtet auf die Verfolgung einer Insolvenzforderung, auch bei Unkenntnis über die Verfahrenseröffnung unzulässig (MüKoInsO/Breuer InsO § 87 Rn. 1-24, beck-online). Jedoch unterliegen nicht auf einem Vermögensanspruch beruhende Forderungen nicht dem Anwendungsbereich des § 87 InsO, so etwa gegenüber dem Schuldner bestehende höchstpersönliche Ansprüche wie beispielsweise die Erteilung einer Auskunft, einer Provisionsabrechnung, eines Buchauszuges wie auch Unterlassungsansprüche (MüKoInsO/Breuer, § 87, Rn. 1-24, beck-online).
Überdies betrifft der mit hiesiger Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aktiv betriebene Geschäftspraxis der Beklagten, mithin ist die Klageforderung in diesem Sinne nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden, so dass der Kläger als „Neugläubiger“ anzusehen ist, der den Beschränkungen des § 87 InsO nicht unterliegt (vgl. OLG Celle in NZI 2003, 201, beck-online).
B.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
I.
Die Frage der Passivlegitimation der Beklagten kann vorliegend dahinstehen, da der Klageanspruch unabhängig der Frage, gegen wen er richtigerweise zu richten ist, nicht besteht.
II.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der angegriffenen Klauseln gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 4 UKlaG.
Die angegriffene Klausel ist weder nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam, noch verstößt sie gegen ein gesetzliches Verbot.
1. Eine Unwirksamkeit der Klausel aufgrund eines Verstoßes gegen §§ 307 Abs. 1 BGB i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB, 305 b, 150 Abs. 2 BGB und einer damit einhergehenden unangemessenen Benachteiligung des Verbrauchers liegt nach Auffassung der Kammer nicht vor.
Es ist nicht feststellbar, dass die betreffende Klausel von einem wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung abweichen würde. Die diesbezügliche Argumentation der Klagepartei vermag im Ergebnis nicht zu überzeugen.
Zwar ist der Klagepartei zuzugeben, dass angesichts des Erscheinungsbildes der Auswahlmaske der Eindruck einer „Paketleistung“ entstehen kann. Hierfür spricht insbesondere die Tatsache, dass der endgültige Flugpreis als Gesamtpreis ausgewiesen wird und nicht zwischen den Teilflügen differenziert wird.
Gegen diese Sichtweise spricht jedoch die Tatsache, dass vor Abschluss der Buchung in der Maske „Geschäftsbedingungen“ bereits im ersten Punkt ausdrücklich der Hinweis erteilt wird, dass Hin- und Rückflug jeweils unabhängig voneinander als Einzelflug gebucht werden (vgl. Seite 8 der Anlage K2). Dieser Hinweis, der überdies den weiterführenden Link zu der angegriffenen Klausel enthält, macht nach Ansicht des Gerichts hinreichend deutlich, dass es sich nicht um eine „Paketleistung“ handelt, die angeboten wird. Vielmehr macht die Beklagte durch diesen Hinweis den Inhalt ihres Angebots in ausreichend verständlicher Weise deutlich: Angeboten werden zwei unabhängige Einzelflüge.
Unter Zugrundelegung dessen vermag die Argumentation des Klägers, die Klausel enthalte eine Abweichung vom gesetzlichen Grundgedanken des § 150 Abs. 2 BGB, nicht zu überzeugen. Ein „Paketangebot“, das beide Flüge im Sinne der Bedingung der Verfügbarkeit des jeweils anderen miteinander verbindet, wird dem Verbraucher ausdrücklich nicht unterbreitet. Angeboten wird die Buchung zweier Einzelflüge. Eine einseitige Abweichung von diesem Angebot ermöglicht die angegriffene Klausel nicht.
2. Auch aus anderen Gesichtspunkten heraus liegt eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers im Sinne der §§ 307 f. BGB durch die inkriminierte Klausel nicht vor.
a) Nach dem insoweit unstreitigen Sachvortrag beider Parteien war/ist die Beklagte als Reisevermittlerin tätig. Aus Seite 2 der Anlage K1 ist der Leistungsinhalt und -umfang der Tätigkeit der Beklagten im Hinblick auf die hier infrage stehende Buchung einer Flugreise zu entnehmen. Demnach bietet die Beklagte „einen umfassenden Flugpreisvergleich“ und „analysiert die jeweiligen Angebote und Konditionen der Airlines und bereitet die Recherche in einer transparenten Übersicht freundlich auf.“
Aus dem seitens des Klägers vorgelegten Buchungsvorgang ist zudem zu entnehmen, dass es über das Portal der Beklagten möglich ist, Flüge verschiedener Anbieter zu kombinieren, um auf diese Weise einen möglichst günstigen Preis zu erlangen.
Hieraus ist zu ersehen, dass der Wert der Leistung der Beklagten für den jeweiligen Kunden darin besteht, sich eine eigene umfassende Recherche auf verschiedenen Angebotsportalen der einzelnen Fluggesellschaften zu ersparen, um auf einfacherem und bequemerem Wege eine günstige Kombination von Flügen buchen zu können.
Hierbei wird während eines Buchungsvorgangs auf dem Portal der Beklagten auch deutlich, dass – wie im hiesigen Beispielsfall gemäß Anlage K2 – Flüge verschiedener Gesellschaften angeboten werden (hier und vgl. Seiten 3, 4, 5, 6, 7, 8 der Anlage K2).
b) Die mit vorliegender Klage angegriffene Klausel weist (lediglich) auf die Unabhängigkeit der kombinierten Flüge und die sich daraus ergebenden potentiellen Konsequenzen hin.
Dies stellt nach Ansicht der Kammer unter Berücksichtigung der unter a) geschilderten Situation keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers im Sinne des § 307 BGB dar.
Der Verbraucher nutzt die beklagtenseits angebotene Vermittlungsleistung um eine frei wählbare Flug-Kombination bei ggf. verschiedenen Fluggesellschaften zu günstigen Konditionen buchen zu können.
Würde er selbst die Recherche durchführen und sodann selbstständig bei verschiedenen Fluggesellschaften jeweils einen Flug buchen, wäre die in der hiesigen Klausel enthaltene Regelung eine selbstverständliche Konsequenz der unabhängigen Vertragsschlüsse.
Alleine die Tatsache der Inanspruchnahme der Service-Leistung der Beklagten stellt dann jedoch keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers dar. Im Vergleich zu einer eigenen Recherche steht er weder besser, noch schlechter.
3. Ob und inwieweit die Klausel aufgrund ihres Standortes, insbesondere in Zusammenschau mit der bereits beschriebenen Gestaltung der Auswahlmasken im Einzelfall als „überraschend“ zu qualifizieren ist, was gemäß § 305 c Abs. 1 BGB zur Folge hätte, dass sie nicht in den jeweiligen Vertrag einbezogen würde, war im Rahmen des hiesigen Verfahrens nicht zu prüfen: Ein Verstoß gegen § 305 c Abs. 1 BGB kann mit der Klage nach § 1 UKlaG nicht geltend gemacht werden (vgl. Palandt, 76. Auflage, UKlaG, § 1, Rnr. 4).
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 269 ZPO soweit die Klage zurückgenommen worden ist, im Übrigen aus § 91 I ZPO, die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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