Aktenzeichen 3 C 16.2252
ZPO ZPO § 45 Abs. 1, § 46 Abs. 1, § 118 Abs. 2 S. 4
BayVwVfG BayVwVfG Art. 37 Abs. 5 S. 1
BayHO BayHO Art. 59
Leitsatz
1 Allein die Bezugnahme auf ein früheres Verfahren, in dem die beteiligten Richter nicht im Sinne des Antragstellers entschieden haben, reicht nicht aus, um in einem Folgeverfahren die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Vortrag, der Beschluss zur vorläufigen Festsetzung des Streitwerts sei von der Geschäftsstelle nicht ordnungsgemäß beglaubigt worden, ist unter keinem Gesichtspunkt geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Unabhängig von den rechtlichen Voraussetzungen oder der Notwendigkeit einer Beglaubigung kann sich mangels einer organisatorischen Verantwortlichkeit des Richters für die Geschäftsstelle hieraus eine Befangenheit des abgelehnten Richters per se nicht ergeben. (redaktioneller Leitsatz)
3 Ob ein Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung aufbringen kann, ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Prozesskostenhilfeantrag zu beurteilen. (redaktioneller Leitsatz)
4 Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe scheidet aus, weil für das Bewilligungsverfahren keine Prozesskostenhilfe zu gewähren ist (Verweis auf BVerwG FHZivR 37 Nr. 7815). (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 1 K 16.1262 2016-10-26 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I.
Die Ablehnungsgesuche des Antragstellers gegen den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner und die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weizendörfer werden verworfen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Oktober 2016 wird zurückgewiesen. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
III.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1. Der Senat entscheidet über die Anträge des Antragstellers in der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts und des Senats maßgeblichen Besetzung. Dem steht das Gesuch um Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nicht entgegen. Denn es ist rechtsmissbräuchlich und deshalb unbeachtlich. Bei der Ablehnung eines Richters müssen ernsthafte Umstände angeführt werden, die die Befangenheit des einzelnen Richter aus Gründen rechtfertigen, die in persönlichen Beziehungen dieses Richters zu den Parteien oder zu der zur Entscheidung stehenden Streitsache stehen. Solche Umstände zeigt der Antragsteller nicht auf. Allein die Bezugnahme auf ein früheres Verfahren, in dem die beteiligten Richter nicht im Sinne des Antragstellers entschieden haben, reicht nicht aus, im vorliegenden Verfahren unter irgendeinem Gesichtspunkt die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Unqualifizierte Angriffe wegen angeblich rechtsstaatswidriger Rechtsfindung sind ebenfalls nicht geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen.
2. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss vom 26. Oktober 2016 hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig aber unbegründet.
Der Antragsteller verfolgt mit der Beschwerde seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage weiter, die auf den Erlass von – in einem früheren Verfahren (Az. RO 1 K 11.1138, fortgeführt unter Az. RO 1 K 12.1540) angefallenen – Gerichtskosten inklusive Mahngebühren in Höhe von insgesamt 1699,- Euro gerichtet ist. Ein entsprechender Erlassantrag des Antragstellers war mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Juli 2016 mit der Begründung abgelehnt worden, ein Erlass von Gerichtskosten sei nur möglich, wenn die Einziehung der Kosten für den Schuldner eine besondere Härte bedeuten würde. Hierzu sei jedoch nichts vorgetragen worden. Es lägen auch keine Erkenntnisse vor, dass eine Begleichung der Forderung auf Dauer ausgeschlossen sei. Die gerichtliche Kostenrechnung sei auch nicht rechtsunwirksam, da eine Unterschrift nach § 37 VwVfG nicht erforderlich sei.
Im Rahmen dieses Verfahrens wurde der Streitwert durch Beschluss des Berichterstatters vom 29. August 2016 vorläufig auf 1699,- Euro festgesetzt. Nach Auffassung des Antragstellers sei dieser Beschluss rechtsunwirksam, da die ihm übersandte Abschrift des Beschlusses nicht ordnungsgemäß von der Geschäftsstelle beglaubigt worden sei. Der Richter, der den vorläufigen Streitwert festgesetzt habe, sei für die Geschäftsstelle verantwortlich, weshalb er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werde.
Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 26. Oktober 2016 den Antrag auf Prozesskostenhilfe im oben genannten Klageverfahren ab, weil der Antragsteller trotz Fristsetzung keine aktuelle Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hat. Zudem wurde ausgeführt, dass die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung in der Hauptsache nach der im Prozesskostenhilfeverfahren veranlassten summarischen Prüfung keine Aussicht auf Erfolg habe. Die vom Antragsteller monierte Kostenrechnung sei formell rechtmäßig, da diese mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen worden und damit nach Art. 37 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG ohne Unterschrift und Namensangabe gültig sei. Zudem sei auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Bezahlung der Gerichtskosten für den Antragsteller eine besondere Härte darstellen würde, die einen Erlass nach Art. 59 BayHO (Bayerische Haushaltsordnung) rechtfertigen würde.
2.1 Der Antragsteller rügt eine Verletzung rechtlichen Gehörs, weil am Beschluss vom 26. Oktober 2016 ein Richter mitgewirkt habe, ohne dass zuvor förmlich über den vom Antragsteller gegenüber diesem Richter gestellten Befangenheitsantrag entschieden worden sei.
Gemäß § 54 VwGO i. V. m. §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, ohne dessen Mitwirkung grundsätzlich durch förmlichen Beschluss. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Ablehnung offensichtlich rechtsmissbräuchlich erfolgte. Dies ist vorliegend der Fall, so dass die Richterablehnung unbeachtlich bleiben konnte. Bei der Ablehnung eines Richters müssen ernsthafte Umstände angeführt werden, die die Befangenheit des einzelnen Richters aus Gründen rechtfertigen, die in persönlichen Beziehungen dieses Richters zu Parteien oder zu der zur Entscheidung stehenden Streitsache stehen. Solche Umstände hat der Antragsteller nicht aufgezeigt. Sein Vortrag, der Beschluss zur vorläufigen Festsetzung des Streitwerts sei von der Geschäftsstelle nicht ordnungsgemäß beglaubigt worden, ist unter keinen Gesichtspunkten geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen. Unabhängig von den rechtlichen Voraussetzungen oder der Notwendigkeit einer Beglaubigung kann sich mangels einer organisatorischen Verantwortlichkeit des Richters für die Geschäftsstelle hieraus eine Befangenheit des abgelehnten Richters per se nicht ergeben.
2.2 Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe auch zu Recht nach Maßgabe des § 166 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abgelehnt, da der Antragsteller trotz Fristsetzung keine aktuelle Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hat.
Ob ein Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung aufbringen kann, ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Prozesskostenhilfeantrag zu beurteilen.
Mit Telefax vom 18. August 2016 legte der Antragsteller Teile einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an das Landgericht Koblenz vom 30. März 2015 mit dem Hinweis vor, es habe sich im Wesentlichen nichts geändert.
Unter Hinweis auf die vom Antragsteller gehaltenen Pferde und einen Presseartikel eines lokalen Nachrichtendienstes im Internet, aus denen sich ergebe, dass der Antragsteller Besitzer eines Hauses und Vermieter einer dortigen Wohnung sei, forderte das Gericht den Antragsteller auf, eine vollständig ausgefüllte aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen, das Antragsformular auf Prozesskostenhilfe vollständig mit aktuellen Daten auszufüllen und entsprechende Unterlagen – insbesondere im Hinblick auf eine Unterhaltsverpflichtung für seine erwachsene Tochter (z. B. Studienbescheinigung, Erklärungen zum Kindergeld) – vorzulegen. Das Verwaltungsgericht stellte ausdrücklich in seinem Schreiben vom 22. August 2016 klar, dass die gegenüber dem Landgericht Koblenz Anfang 2015 abgegebene Erklärung keinen ausreichenden Nachweis über die aktuelle Einkommens- und Vermögenslage für das vorliegende Prozesskostenhilfeverfahren biete.
Mit Schreiben vom 20. September 2016, zugestellt am 21. September 2016, setzte das Gericht dem Antragsteller unter Übersendung des Formblatts zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe eine Frist von einem Monat ab Eingang des Schreibens zur Abgabe vollständiger und zutreffender Angaben unter besonderer Berücksichtigung seines Immobiliarvermögens einschließlich der hieraus fließenden Einkünfte, des Unterhaltsanspruchs der Tochter sowie sonstiger Vermögenswerte einschließlich seiner Pferde. Eine aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisses hat der Antragsteller bis heute nicht vorgelegt. Er hat deshalb die Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen weder innerhalb der ihm vom Verwaltungsgericht gesetzten Frist noch bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die Beschwerde glaubhaft gemacht. Bereits aus diesem Grund war die Beschwerde zurückzuweisen.
3. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe scheidet aus, weil für das Bewilligungsverfahren keine Prozesskostenhilfe zu gewähren ist (BVerwG, B. v. 22.8.1990 – 5 ER 640/90 – juris).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als das Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz ist das Beschwerdeverfahren im Prozesskostenhilfeverfahren kostenpflichtig. Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet. Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil für die Zurückverweisung der Beschwerde nach dem hierfür maßgeblichen Kostenverzeichnis eine Festgebühr anfällt (§ 3 Abs. 2 GKG i. V. m. Anlage 1 Nr. 5502).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).