Kosten- und Gebührenrecht

Schriftformerfordernis bei Klageschrift

Aktenzeichen  M 10 K 16.5330

Datum:
13.3.2017
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 81 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Das Erfordernis der Schriftlichkeit gem. § 81 Abs. 1 VwGO soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie herrührt, mit hinreichender Sicherheit entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Urhebers dem Gericht zugeleitet worden ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Schriftform im prozessrechtlichen Sinn bedeutet, dass das Schriftstück von dem Kläger eigenhändig unterschrieben sein muss. (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Rechtsverkehr ist die Unterschrift das typische Merkmal, dass das Schriftstück – das bis dahin nur ein unfertiges Internum bzw. ein Entwurf war – nunmehr für den Verkehr bestimmt ist. (redaktioneller Leitsatz)
4. Die fehlende Schriftlichkeit der Klage führt zu deren Unzulässigkeit, auch wenn gleichwohl Rechtshängigkeit eintritt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Gericht entscheidet nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Gerichts-bescheid, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Die Klage ist unzulässig. Die Klage wurde nicht wirksam erhoben.
Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist die Klage bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Das Erfordernis der Schriftlichkeit soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie herrührt, mit hinreichender Sicherheit entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Urhebers dem Gericht zugeleitet worden ist. Schriftform im prozessrechtlichen Sinn bedeutet, dass das Schriftstück von dem Kläger eigenhändig unterschrieben sein muss. Im Rechtsverkehr ist die Unterschrift das typische Merkmal, dass das Schriftstück – das bis dahin nur ein unfertiges Internum bzw. ein Entwurf war – nunmehr für den Verkehr bestimmt ist (Geiger in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 81 Rn. 3 m.w.N.).
Diesen Anforderungen an eine eigenhändige Unterschrift oder eine sonstige individualisierte Zuordnungsmöglichkeit des Schriftstückes sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Das maschinenschriftliche Schreiben vom 7. November 2016 ist nicht eigenhändig unterzeichnet. Ihm lässt sich damit nicht entnehmen, dass es mit Wissen und Wollen des Urhebers dem Gericht zugeleitet worden ist. Der Kläger hat auch auf den gerichtlichen Hinweis, dass die Klage nicht unterschrieben ist und es damit am Schriftformerfordernis des § 81 Abs. 1 VwGO fehlt, nicht reagiert und nochmals eine unterschiebene Klageschrift eingereicht. Der Hinweis auf die fehlende Unterschrift wurde dem Kläger mit der Eingangsbestätigung gemäß § 183 Abs. 1 ZPO zulässiger Weise durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt, zugleich mit der Anordnung nach § 184 ZPO zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland.
Der Kläger muss den wirksamen Zugang mit der vorgenommenen Zustellung gegen sich gelten lassen, die fehlende Abholung des gerichtlichen Schreibens („Nicht behoben/unclaimed“) liegt alleine in der Rechtssphäre des Klägers.
Die fehlende Schriftlichkeit der Klage führt zu deren Unzulässigkeit, auch wenn gleichwohl Rechtshängigkeit eintritt (Geiger in: Eyermann, a.a.O., § 81 Rn. 15).
Wegen der objektiv feststellbaren Unzulässigkeit der Klage war eine eventuelle Rechtswegverweisung nach § 17a Abs. 2 GVG nicht geboten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 84 und 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist der angefochtene Gerichtsbescheid zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München mündliche Verhandlung beantragen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Beschluss
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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