Kosten- und Gebührenrecht

Verwaltungsvollstreckung nach Kostenfestsetzungsbeschluss

Aktenzeichen  M 16 V 16.2564

Datum:
29.7.2016
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 169

 

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen einer Vollstreckung von Rechtsanwaltskosten zugunsten der öffentlichen Hand in das unbewegliche Vermögen aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 8. Februar 2016 wird in Höhe von EUR 492,54 zzgl. Verzinsung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Februar 2016 sowie Vollstreckungskosten in Höhe von EUR 21,42 angeordnet.
II.
Mit der Durchführung der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Antragsgegners nebst Taschenpfändung, beschränkt auf die Pfändung beweglicher Sachen, wird das Finanzamt Rosenheim – Vollstreckungsstelle – beauftragt.
III.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Mit Beschluss vom 22. Januar 2016 wurde das vom Antragsgegner gegen den Widerruf seiner Eintragung in die Architektenliste betriebene Verfahren (M 16 K 15.3362) eingestellt. Die Klage galt als zurückgenommen, weil der Antragsgegner das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts nicht betrieben hatte (§ 92 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Dem Antragsgegner wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Streitwert wurde auf EUR 5.000 festgesetzt.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. Februar 2016 wurden die dem Antragsteller durch Zuziehung eines Bevollmächtigten im Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München entstandenen notwendigen Aufwendungen antragsgemäß auf insgesamt EUR 492,54 festgesetzt und ausgesprochen, dass der festgesetzte Betrag ab 4. Februar 2016 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Antragsgegner am 9. Februar 2016 zugestellt. Rechtsmittel gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss wurden nicht eingelegt.
Mit Schreiben vom 11. Februar 2016 wandten sich die Bevollmächtigten des Antragstellers an den Antragsgegner und mahnten die Zahlung des ausstehenden Betrages bis spätestens 26. Februar 2016 an. Eine Zahlung erfolgte nicht.
Die Bevollmächtigten des Antragstellers haben beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts München vom 8. Februar 2016 in das bewegliche Vermögen des Antragsgegners nebst Taschenpfändung anzuordnen.
Zu vollstrecken seien EUR 492,54 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4. Februar 2016 sowie die Kosten der Zwangsvollstreckung in Höhe von EUR 21,42.
Vom Gericht wurde der Antragsgegner unter Fristsetzung nochmals aufgefordert, den ausstehenden Betrag zu begleichen und die erfolgte Zahlung nachzuweisen.
Der Antragsgegner hat sich nicht geäußert.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten dieses und des Verfahrens M 16 K 15.3362 verwiesen.
II.
Über den Vollstreckungsantrag entscheidet die Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszugs als Vollstreckungsbehörde (§ 169 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Der Antrag ist zulässig und begründet.
Es handelt sich um ein Vollstreckungsersuchen zugunsten der öffentlichen Hand im Sinne des § 169 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift richtet sich die Vollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG), wenn zugunsten des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbands, einer Gemeinde oder einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden soll.
Die Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Der Kostenfestsetzungsbeschluss, aus dem vollstreckt werden soll, ist ein Vollstreckungstitel (§ 168 Abs. 1 Nr. 4 VwGO), dessen Zustellung an den Antragsgegner vom Urkundsbeamten veranlasst wurde. Der Antragsgegner hat gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss kein Rechtsmittel eingelegt. Im vorliegenden Vollstreckungsverfahren stellt sich die Frage der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten nicht. Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass für Behörden der Grundsatz der Erstattungsfähigkeit der Gebühren und Auslagen eines Prozessbevollmächtigten nicht uneingeschränkt gilt, da diese nicht in gleicher Weise wie der Bürger auf Beratung und Unterstützung durch Rechtsanwälte angewiesen sind (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 8a).
Einer Vollstreckungsklausel bedarf es nicht (§ 171 VwGO). Eine Vollstreckungsanordnung nach § 3 Abs. 1 und 4 VwVG ist im Rahmen der gerichtlichen Vollstreckung nicht erforderlich oder jedenfalls in dem vom Antragsteller und Vollstreckungsgläubiger gestellten Vollstreckungsantrag enthalten (vgl. Kraft in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 169 Rn. 5). Der Antragsteller hat auch das Vollstreckungsobjekt hinreichend genau benannt (vgl. Kraft in Eyermann, a. a. O.).
Die Schonfrist des § 3 Abs. 2 Buchst. c VwVG von einer Woche nach Zustellung des Titels ist gewahrt. Auch die Wochenfrist des § 3 Abs. 3 VwVG ist eingehalten.
Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Antragsgegners nebst Taschenpfändung ist hier die geeignete und auch sonst verhältnismäßige Maßnahme.
Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann der Vorsitzende für die Ausführung der Vollstreckung eine andere Vollstreckungsbehörde oder einen Gerichtsvollzieher in Anspruch nehmen. Mit der Vollstreckung konnte daher das Finanzamt Rosenheim – Vollstreckungsstelle – beauftragt werden. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs war die Ermächtigung zur Vollstreckung auf die Pfändung beweglicher Sachen zu beschränken (vgl. BayVGH, B. v. 25.10.2013 – 4 C 13.1830 – juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Einer Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren bedarf es nicht, weil insoweit nach Nr. 5301 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz – GKG (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr vorgesehen ist.


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