Kosten- und Gebührenrecht

Voraussetzung einer begründeten Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs im asylrechtlichen Berufungsverfahren

Aktenzeichen  5 ZB 17.31683

Datum:
21.11.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 133307
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3
VwGO § 102, § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

1 Voraussetzung einer begründeten Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist die vorherige erfolglose Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneter und nach Lage der Dinge tauglicher Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BVerwG BeckRS 2008, 38626). Auf die Versagung rechtlichen Gehörs kann sich nicht berufen, wer die im konkreten Fall gegebenen prozessualen Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen, nicht genutzt hat (vgl. BayVGH BeckRS 2017, 133299). (Rn. 4) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Zu den für die Erlangung rechtlichen Gehörs gebotenen prozessualen Möglichkeiten rechnet auch, sich gegebenenfalls um die Verlegung eines anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung zu bemühen, wenn krankheitsbedingt eine Teilnahme nicht möglich erscheint. (Rn. 5) (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

B 3 K 17.32236 2017-10-06 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

Gründe

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
Nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG sind im Zulassungsantrag die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG), das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts bzw. Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) oder wenn ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG).
a) Der Zulassungsantrag ist schon deshalb erfolglos, weil er weder einen der in § 78 Abs. 3 AsylG bezeichneten Zulassungsgründe benennt noch inhaltliche Ausführungen enthält, die eine Zuordnung zu einem der dort genannten Zulassungsgründe ermöglichen. Vielmehr macht der Klägerbevollmächtigte mit der spezifisch einzelfallbezogenen Frage, „ob man im Falle des Klägers diesen im Hinblick auf die neuen Spannungen im Nordirak tatsächlich aufgrund seines gegebenen Krankheitsbildes in seine Heimat zurückschicken kann“, in der Sache ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist jedoch in asylrechtlichen Streitigkeiten gemäß § 78 Abs. 3 AsylG nicht gegeben.
b) Soweit der Kläger – ohne Bezugnahme auf einen konkreten Zulassungsgrund – rügt, dass er wegen eines Aufenthalts in einer psychiatrischen Einrichtung keine Möglichkeit zur persönlichen Teilnahme an und Äußerung in der mündlichen Verhandlung gehabt habe, kann dies ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung führen. Insbesondere ist dieses Vorbringen nicht zur Darlegung eines Verfahrensmangels in Gestalt eines Gehörsverstoßes nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO geeignet. Voraussetzung einer begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs ist die (erfolglose) vorherige Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BVerfG, B.v. 10.2.1987 – 2 BvR 314/86 – BVerfGE 74, 220/225; BVerwG, B.v. 4.8.2008 – 1 B 3.08 – juris Rn. 9). Auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs kann sich nicht berufen, wer die im konkreten Fall gegebenen prozessualen Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen, nicht genutzt hat (BayVGH, B.v. 16.11.2017 – 4 ZB 17.1731 – Rn. 4).
Hier hat das Verwaltungsgericht den Kläger ausweislich der Gerichtsakten (Bl. 74 ff.) ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen und in der Ladung gemäß den Vorgaben des § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Das persönliche Erscheinen des Klägers wurde nicht angeordnet. Es hätte daher der Klägerseite oblegen, sich mit Blick auf die vom Kläger für erforderlich gehaltene persönliche Aussage um eine Verschiebung des Termins zu bemühen. Jedoch hat weder der Kläger nach Erhalt der Ladung auf eine Terminsverlegung hingewirkt, noch hat sein in der mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 2017 anwesender Prozessbevollmächtigter eine Vertagung beantragt. Darauf, dass sich aus den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen ohnehin kein stationärer Klinikaufenthalt des Klägers im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung entnehmen lässt und dies auch in der mündlichen Verhandlung nicht verifiziert werden konnte, kommt es danach nicht mehr an.
c) Da die (Monats-)Frist für die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 12. Oktober 2017 zugestellte Urteil bereits abgelaufen ist (§ 78 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. Satz 1 AsylG), können weitere Gründe nicht mehr dargelegt werden.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
3. Da der Antrag auf Zulassung der Berufung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Erfolg haben kann, ist auch der für das Zulassungsverfahren gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen. Ungeachtet der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers bietet die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht die nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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