Kosten- und Gebührenrecht

Zurverfügungstellung einer Wohnung in einem Clearinghaus

Aktenzeichen  M 22 K 18.3797

Datum:
27.6.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17183
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124, § 124a Abs. 4

 

Leitsatz

Eine Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung einer Antragstellung in der Sache bewusst entzogen hat und der fehlende Antrag auch nicht durch Rückgriff auf die vorbereitenden Schriftsätze ersetzt werden kann. (Rn. 10 – 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Die Klage ist bereits unzulässig (geworden), weil sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung einer Antragstellung in der Sache bewusst entzogen hat, indem er mit dem Bemerken „Viel Spaß bei der Suche nach der Wahrheit.“ den Gerichtssaal verlassen hatte, als nach Ablehnung seines Vertagungsantrags gerade zur Stellung eines Sachantrags geschritten werden sollte.
Gemäß § 103 Abs. 3 VwGO erhalten die Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung das Wort, um ihre Anträge zu stellen und zu begründen. Das bedeutet zwar nicht, dass ein ausdrücklicher Klageantrag in jedem Fall zwingend gestellt werden muss, wenn das Klagebegehren (§ 88 VwGO) aus der Klageschrift oder dem sonstigen Akteninhalt hinreichend klar und widerspruchsfrei hervorgeht. Entsprechendes gilt für den Fall, dass ein Beteiligter zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist; es gilt dann sein Antrag aus den vorbereitenden Schriftsätzen auch für die mündliche Verhandlung als gestellt (allg. Auffassung, vgl. etwa Eyermann, VwGO, 14. Auflage, § 103 Rn. 8; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 103 Rn. 8 m. w. N.).
Hiervon zu unterscheiden ist indessen die Konstellation, dass ein Beteiligter bzw. dessen Prozessbevollmächtigter zwar zur mündlichen Verhandlung erscheint, sich jedoch weigert, einen Antrag zu stellen. Die Klage ist dann als unzulässig abzuweisen, da nicht feststeht, dass der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis an einer Sachentscheidung hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage § 103 Rn. 8; Doderer, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 103 Rn. 47; Ortloff/Riese, in: Schoch/Schröder/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 103 Rn. 48; OVG Bautzen, B.v. 4.2.2016 -2 A 385/14.NC, OVG Berlin, U.v. 21.7.1967, NJW 1968 S. [unterbliebene Antragstellung bei beabsichtigter Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs]; VG Gera, U.v. 6.2.2003 – 4 K 15/00.GE – juris; BayVGH, B.v. 28.1.2009 – 15 ZB 08.3062 – juris).
Dies ist vorliegend aber der Fall. Abgesehen davon, dass sich das Klagebegehren dem angekündigten Sachantrag des Klägers (angesichts der Tatsache, dass das in Bezug genommene Berufungszulassungsverfahren 4 ZB 18.337 mit unanfechtbarem Beschluss vom 20. April 2018 im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgeschlossen war) nicht zweifelsfrei mit hinreichender Klarheit entnehmen lässt, scheidet ein Rückgriff auf die vorbereitenden Schriftsätze zur Ermittlung des Klagebegehrens mit dem Ziel der Ersetzung des in der Verhandlung nicht gestellten Sachantrags vorliegend auch deshalb aus, da dies dem erklärten anderslautenden Willen des Klägers widerspricht. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung durch seinen Vertagungsantrag und das demonstrative Verlassen des Gerichtssaals nach Ablehnung des selbigen hinreichend zu erkennen gegeben, dass er im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wegen der seiner (unzutreffenden) Ansicht nach im vorbereitenden Verfahren nicht erfolgten Möglichkeit zum Klageerwiderungsschriftsatz Stellung zu nehmen, keine Entscheidung des Rechtsstreits in der Sache wünsche, und (auch) deshalb keinen Antrag stelle. Die Stellung eines Sachantrags ist somit bewusst unterblieben. Das Gericht war dementsprechend daran gehindert, einer Entscheidung gegen den erklärten Willen des Klägers dessen schriftsätzlich angekündigten, auslegungsbedürftigen Antrag zugrunde zu legen.
Dem Kläger war dabei eine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung zuzumuten. Ausweislich seiner Schreiben vom 14. September 2018, 19. September 2018 und 25. Oktober 2018 hat er – entgegen seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung – den Klageerwiderungsschriftsatz der Beklagten vom 6. September 2019 erhalten. Er hat hierauf nicht nur erwidert, sondern das Verfahren auch selbst als entscheidungsreif beurteilt. Mit Schreiben vom 31. Mai 2019 hat der Kläger darüber hinaus unter Bezugnahme auf die unter dem 27. Mai 2019 erfolgte Ladung zur mündlichen Verhandlung sogar um einen früheren Verhandlungstermin nachgesucht. Die vom Kläger geltend gemachten erhebliche Gründe in seiner Person, die unter Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebotes eine Vertagung der mündlichen Verhandlung verlangt hätten (§ 173, § 227 Abs. 1 S. 1 ZPO), waren mithin nicht gegeben und dem Vertagungsantrag nicht zu entsprechen.
2. Dessen ungeachtet, wäre die Klage aber auch unbegründet. Dem Kläger steht unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Anspruch auf kostenlose Unterbringung gemeinsam mit Frau … in einem Clearinghaus der Beklagten zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zuletzt ergangenen, rechtskräftigen Entscheidungen in den Verfahren M 22 K 16.122 (Urteil der Kammer vom 19.10.2017, rechtskräftig seit ablehnender Berufungszulassungsentscheidung des BayVGH vom 20.4.2018 – 4 ZB.18.337) und M 22 E 18.3506 (Beschluss vom 28.1.2019) verwiesen. Die Umstände haben sich seither nicht in relevanter Weise geändert.


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