Kosten- und Gebührenrecht

Zwangsvollstreckung, Vollstreckungstitel, Gegenstandswert, Zustellung, Erinnerung, Umsatzsteuer, Forderung, Wert, Zeitpunkt, Bewertung, RVG, Auslagenpauschale, Vollstreckungskosten, Rechtspflegerin

Aktenzeichen  704 M 4413/21

Datum:
1.12.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51289
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Rosenheim
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Auf die Erinnerung der Gläubigerin vom 15.11.2021 wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Rosenheim – Vollstreckungsgericht vom 25.10.2021 dahingehend abgeändert, als die als Vollstreckungskosten zu bewertenden Anwaltskosten gemäß RVG nicht mit 513,96 €, sondern mit 521,52 € anzusetzen sind.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.
Die Gläubigerin betreibt gegenüber dem Schuldner die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde der Notarin S2. vom 30.01.2018 (Urk. Nr.: 1…7/2018).
Die dem Vollstreckungstitel zugrunde liegende Forderung beläuft sich auf 80.000 €.
Die Gläubigervertretung beantragte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über eine Restforderung in Höhe von 58.564,13 €, nachdem vorbereitend der gegenständliche Zwangsvollstreckungstitel dem Schuldner zugestellt worden war.
Die anfänglich allein für den Zustellauftrag geltend gemachte 0,3 Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 80.000,00 € in Höhe von 547,52 € wurde seitens der zuständigen Rechtspflegerin zurückgewiesen, mit der zutreffenden Begründung, die Zustellung des Vollstreckungstitels sei eine Vorbereitungsmaßnahme zur Zwangsvollstreckung, so dass die Gebühr hierfür auf die Gebühr für die anschließende Zwangsvollstreckung (hier der am 25.10.2021 erlassene Pfändungs- und Überweisungsbeschluss) anzurechnen sei.
Es wurden lediglich Anwaltskosten gemäß RVG aus einem Gegenstandswert von 58.016,61 € anerkannt, nämlich
1. Verfahrensgebühr VV Nr. 3309 i.H. von
411,90 €
Auslagenpauschale VV Nr. 7002
20,00 €
Umsatzsteuer VV Nr. 7008
82,06 €
gesamt: 513,96 €.
Der Gläubigervertreter rügt mit seiner Erinnerung vom 15.11.2021 lediglich, dass die Verfahrensgebühr für die gegenständliche Zwangsvollstreckung aus dem Wert des zugestellten Vollstreckungstitels in Höhe von 80.000,00 € zu berechnen sei.
Wenn nämlich die Zustellung des Vollstreckungstitels als vorbereitende Maßnahme und der anschließende Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als Durchführung der Zwangsvollstreckung als einzige Angelegenheit zu behandeln seien, müssten die Anwaltskosten aus dem höheren Gegenstandswert berechnet werden.
Erst nach Zustellung des Vollstreckungstitels wurde ein Teilbetrag in Höhe von 22.000,00 € bezahlt, weshalb der gegenständliche Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur einen Gegenstandswert von 58.016,61 € hatte.
Die zuständige Rechtspflegerin hat der Erinnerung am 17.11.2021 nicht abgeholfen und die Akte dem Vollstreckungsrichter zugeleitet.
II.
Die Erinnerung ist zulässig und begründet.
Die gegenständlichen Anwaltsgebühren sind als Besondere Angelegenheit im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens zu bewerten (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG).
Der Auftrag zur Zustellung des gegenständlichen Vollstreckungstitels und der nachfolgende Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sind als einheitliche Angelegenheit zu werten, die Zustellung des Titels ist lediglich eine Vorbereitungsmaßnahme zur Zwangsvollstreckung.
Für die Bewertung des Gegenstandswerts in der Zwangsvollstreckung ist § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG entscheidend.
Maßgeblich bei der Vollstreckung wegen Geldforderungen ist nämlich die Höhe des Betrages, für den die Vollstreckung betrieben wird. Zum Zeitpunkt der Zustellung des Vollstreckungsauftrags belief sich dieser Wert auf 80.000,00 €. Erst durch eine zwischenzeitliche Zahlung des Schuldners verringerte sich der Gegenstandswert des anschließenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf 58.016,61 €.
Entscheidend ist vorliegend der höchste Wert, der in der einzelnen Angelegenheit zu irgendeinem Zeitpunkt bestand, in dem der Rechtsanwalt bzw. das Inkassounternehmen durch seine Tätigkeit den Tatbestand erfüllt hat (Gerold/Schmitt/Müller-Rabe, 25. Aufl. 2021 RVG § 25 Rn. 6).
Der Gegenstandswert der Vollstreckungsverfahrensgebühr ist daher entsprechend der Rechtsansicht der Gläubigerin aus dem Wert von 80.000,00 € zu berechnen.
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss war daher antragsgemäß dahingehend abzuändern, dass wegen weiterer Vollstreckungskosten in Höhe von 7,56 € gepfändet wird.


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