Medizinrecht

Anspruch gegen Versorgungsanstalt auf Ruhegeld bei Berufsunfähgkeit – Verwertung durch Behörde eingeholter Feststellungen und Beurteilungen eines Sachverständigen

Aktenzeichen  21 ZB 17.2595

Datum:
22.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 20334
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung § 36
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 86 Abs. 1, Abs. 2, § 98, § 108 Abs. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5
ZPO § 412 Abs. 1, § 415 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Über Art und Zahl der einzuholenden Sachverständigengutachten entscheidet das Tatsachengericht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 98 VwGO iVm § 412 Abs. 1 ZPO). Es ist nur dann verpflichtet, ein weiteres Gutachten einzuholen, wenn ein bereits vorliegendes Gutachten nicht geeignet ist, dem Gericht die sachlichen Grundlagen zu vermitteln, die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendig sind. Das ist etwa der Fall, wenn das vorhandene Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Anschluss an BVerwG BeckRS 2014, 58665 Rn. 22 mwN; BeckRS 1968, 30427198). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Gebot des § 86 Abs. 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, verwehrt es dem Gericht nicht, für seine tatsächlichen Feststellungen auch das Vorbringen der Beteiligten zu verwerten, soweit es ihm überzeugend erscheint und nicht durch anderweitiges Parteivorbringen schlüssig in Frage gestellt wird. Deshalb bedeutet es für sich allein keinen Verfahrensmangel, wenn sich das Gericht zur Feststellung des Sachverhalts auf ein Sachverständigengutachten stützt, das die Behörde in das Verfahren eingeführt hat. Unterbleiben weitere Ermittlungen des Gerichts oder die Einholung anderer Gutachten, so stellt dies nur für den Fall einen Verfahrensmangel, insbesondere einen Aufklärungsmangel dar, dass sich dem Gericht die weitere Beweiserhebung aufdrängen musste (Anschluss an BVerwG BeckRS 9998, 44495). (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 12 K 15.5695 2017-11-15 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 72.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin gegenüber der beklagten Versorgungsanstalt einen Anspruch auf Ruhegeld bei Berufsunfähigkeit hat.
Die am … … … geborene Klägerin ist seit dem 1994 Mitglied der Beklagten. Im April 2002 wurde sie nach einer entsprechenden ärztlichen Weiterbildung als Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten anerkannt und war bis zum … …: … als angestellte Dermatologin tätig. Seit dem 6. Mai 2002 übt sie den ärztlichen Beruf nicht mehr aus.
Am 16. Januar 2007 stellte die Klägerin einen Antrag auf dauernde Einweisung des Ruhegelds wegen Berufsunfähigkeit. Ein von der Beklagten in Auftrag gegebenes psychiatrisch-neurologisches Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. H. vom 15. Februar 2007 kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin aus neurologisch-psychiatrischer Sicht nicht in der Lage sei, eine ärztliche Berufstätigkeit auszuführen, wobei die Prognose unsicher sei.
Die Beklagte setzte unter dem 12. März 2007 für die Zeit vom 12. April 2007 bis 31. März 2008 ein monatliches Ruhegeld wegen vorübergehender Berufsunfähigkeit in Höhe von 1.599,87 Euro fest. In der Folgezeit gewährte die Beklagte nach jeweils erneuter Begutachtung der Klägerin das (dynamisierte) Ruhegeld für ein weiteres Jahr, zuletzt mit Schreiben vom 15. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014.
Am 10. November 2014 beantragte die Klägerin die Weiterzahlung des Ruhegelds und legte unter anderem ein Attest der Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. med. K.-D. vom 3. November 2014 vor, das mit der Feststellung endet, die Klägerin werde in Zusammenschau der dargestellten Krankheitsbilder als nicht berufsfähig betrachtet.
Die von der Beklagten beauftragte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. B. kam in ihrem Gutachten vom 22. Dezember 2014 zu folgendem Ergebnis: Mittlerweile müsse festgestellt werden, dass entgegen der subjektiven Überzeugung (der Klägerin) eine partielle und nicht mehr eine völlige Berufsunfähigkeit bestehe. Der Klägerin seien Tätigkeiten in wechselnder Position zumutbar, in angestellter Tätigkeit ohne hohe Anforderungen an das Anpassungs- und Umstellungsvermögen.
Der Facharzt für Orthopädie Dr. med. G. stellte in dem für die Beklagte angefertigten Gutachten vom 12. März 2015 abschließend fest, aus fachorthopädischer Sicht bestehe Berufsfähigkeit, jedoch ohne Zwangshaltungen, etwa im OP-Raum oder am Mikroskop sowie bei bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verrichtungen, für über sechs Stunden täglich in geregeltem Tagdienst mit den üblichen Pausen. Aufgrund der migränoiden Erkrankungsform sei Kälte, Nässe, Zugluft und helles oder zu dunkles Licht zu vermeiden.
Die Klägerin überließ der Beklagten einen Arztbrief des Facharztes für Orthopädie H. B. (… Klinik M.) vom 23. April 2015, Arztbriefe der Radiologie München Ost vom 11. Februar 2015 und vom 13. Januar 2015 sowie einen epikritischen Bericht des Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie Prof. Dr. med. Sch. vom 26. Januar 2015. Danach wurden für die Klägerin folgende Diagnosen erstellt: Steilstellung der Halswirbelsäule, Neuroforamenstenose C5/C6 rechts, Bandscheibenprotrusion C5/C6 und C3/C4, weicher intraforaminal liegender Bandscheibenvorfall C5/C6 (Facharzt f. Ortopädie H. B.); leichte Hyperkyphosierung in Höhe HWK 3/4 ohne Gefügeverschiebung, geringe Osteochondrosen vor allem HWK 3/4 und HWK 5/6, Unkovertebralarthrosen vor allem rechtsbetont HWK 5/6, Spondylarthrosen mit punctum maximum HWK 7/BWK 1, rechts foraminale Bandscheibenextrusion mittelgradig HWK 3/4, deutlich HWK 5/6 und diskret HWK 6/7, dadurch vor allem rechts HWK 5/6 überwiegend discoide Foramenstenose mit mutmaßlicher foraminaler C6 Affektion (Radiologie M. O. v. 11.2.2015); im Bereich LWS angedeutete linkskonvexe skoliotische Fehlhaltung, deutliche Osteochondrose LWK 5/SWK 1, geringe Facettengelenkarthrose LWK 5/SWK 1 beidseits (Radiologie M. O. v. 13.1.2015); Wirbelsäulenbeschwerden auf dem Boden erheblicher degenerativer Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule und des lumbosakralen Übergangs, Spondylarthropatie (Morbus Bechterew) mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen (Prof. Dr. Sch. v. 26.1.2015).
Unter dem 18. August 2015 legte der Facharzt für Orthopädie Dr. med. Ka. der Beklagten ein Gutachten vor, mit dem er bei der Klägerin unter Berücksichtigung der vorgelegten Papierausdrucke bildgebender Verfahren und auf der Grundlage eigener Untersuchung ein HWS-Syndrom und ein LWS-Syndrom jeweils mit Muskelhartspann und Blockaden ohne sensomotorische Defizite sowie Pseudoischialgien bei Osteochondrose L 5/S. 1 bei degenerativer Lendenwirbelsäule diagnostizierte. Das Gutachten schließt mit der Feststellung, dass der Klägerin eng begrenzt auf das orthopädische Fachgebiet die Tätigkeit als Fachärztin für Dermatologie weiterhin zugemutet werden könne, weil aus Sicht des Gutachters die große Problematik auf nervenärztlichem Gebiet liege. Das Heben und Tragen schwerer Lasten solle gemieden werden, Zwangshaltungen, Arbeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten sowie unebenem Gelände sollten ebenfalls nicht durchgeführt werden. Die vorgeschriebenen Arbeitspausen seien strikt einzuhalten; regelrechte Raumtemperatur sei erforderlich und Kälte, Nässe sowie Zugluft seien zu vermeiden.
Das vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Ke. erstellte nervenärztliche Fachgutachten vom 8. Oktober 2015 kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin keine Berufsunfähigkeit im Sinn der Satzung der Beklagten bestehe. Unter „Bemerkungen“ wird festgestellt, dass die Lumboischialgien im Ergebnis des voruntersuchenden Neurologen Dr. med. Ki. ohne relevante neurologische motorische Ausfälle und mit nur geringen wechselphysiologischen Abweichungen verbunden gewesen seien.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Weiterzahlung des Ruhegeldes über den 31. Dezember 2014 hinaus mit Bescheid vom 12. November 2015 ab.
Die Klägerin hat am 17. Dezember 2015 Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben. Das Verwaltungsgericht München hat in der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2016 zur „gesundheitlichen Situation der Klägerin“ Beweis erhoben durch Einvernahme der sachverständigen Zeugen Dr. med. Ka. und des von der Klägerin hinzugezogenen Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. S.. In der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 wurde Dr. med. Ke. als sachverständiger Zeuge vernommen. Den in der Verhandlung gestellten Antrag der Klägerin, ein (weiteres) fachorthopädischen Gutachten einzuholen, hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.
Mit Urteil vom 15. November 2017 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) eines Verstoßes gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) liegt nicht vor.
1.1 Die Klägerin sieht sich in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 den auf Einholung eines fachorthopädischen Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag abgelehnt hat.
1.1.1 Die Ablehnung eines in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags (§ 86 Abs. 2 VwGO) verstößt gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerwG, B.v. 11.6.2014 – 5 B 19.14 – juris Rn. 18). Der Zulassungsantrag hat nicht aufgezeigt, dass ein solcher Fall vorliegt.
Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag ausweislich des Protokolls der Sitzung vom 17. November 2016 mit der Begründung abgelehnt, eine weitere Beweiserhebung auf orthopädischem Fachgebiet dränge sich nicht auf. Das bereits vorliegende orthopädische Gutachten (Gutachten des Dr. med. Ka. vom 18.8.2015) sei nachvollziehbar und leide nicht an offensichtlichen Mängeln. Es sei nicht substanttiert dargelegt, inwieweit die beantragte Beweisaufnahme andere oder bessere Erkenntnisse bringen würde.
Die so begründete Ablehnung des Beweisantrags steht im Einklang mit dem Prozessrecht. Über Art und Zahl der einzuholenden Sachverständigengutachten entscheidet das Tatsachengericht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Es ist nur dann verpflichtet, ein weiteres Gutachten einzuholen, wenn ein bereits vorliegendes Gutachten nicht geeignet ist, dem Gericht die sachlichen Grundlagen zu vermitteln, die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendig sind. Das ist etwa der Fall, wenn das vorhandene Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.2014 – 2 B 97.13 – juris Rn. 22 und U.v. 19.12.1968 – VIII C 29.67 – juris Rn. 28 u. 30).
1.1.2 Das Zulassungsvorbringen zeigt keinen Mangel des von Dr. med. Ka. erstellten Gutachtens vom 18. August 2015 auf, der eine weitere orthopädische Begutachtung der Klägerin erforderlich gemacht hätte.
a) Die Bevollmächtigten der Klägerin rügen, der Gutachter habe seine Einschätzung ohne eigene Bildgebung auf der Grundlage älterer MRT-Befunde getroffen und keinerlei Messungen zu der Schmerzintensität auf der Grundlage einer verminderten Leitgeschwindigkeit der Nerven gemacht. Er habe den Befund des Dr. med. K1. vom 3. März 2015 unberücksichtigt gelassen, wonach bei der Klägerin „Latenzen der MEP zum Thenar“ bestünden, rechts gering, links grenzwertig verzögert; die „Latenzen der MEP zum M. tiabialis anterior und zum M. gastrocnemius“ seien ebenfalls grenzwertig verzögert gewesen.
Daraus ergibt sich nicht, dass das Gutachten des Dr. med. Ka. auf unzutreffenden oder im Wesentlichen unvollständigen tatsächlichen Voraussetzungen beruht.
Die Beurteilung des Gutachters stützte sich auf die ihm überlassenen Aktenunterlagen, seine eigenen Untersuchungen am 29. Juli 2015 und unter anderem auf von der Klägerin zur Untersuchung mitgebrachte Bilddaten der Halswirbelsäule (2 Ebenen) vom 9. Februar 2015 (Dr. P., M.), der Lendenwirbelsäule (2 Ebenen) vom 13. Januar 2015 (Radiologie M. O.) und der Halswirbelsäule vom 11. Februar 2015 (MRT der Radiologie M. O.). Es ist nicht substantiiert dargelegt, dass diese Bilddaten zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung überholt waren. Solches ist auch nicht offensichtlich, denn die Aufnahmen von Dr. P. und der Radiologie M. O. geben den Zustand der Hals- und Lendenwirbelsäule wieder, wie er sich etwa ein halbes Jahr vor der Untersuchung durch den Gutachter Dr. med. Ka. darstellte.
Zu dem Einwand, der Gutachter habe keinerlei Messungen zu der „Schmerzintensität“ auf der Grundlage einer verminderten Leitgeschwindigkeit der Nerven gemacht und den Befund des Dr. med. Ki. vom 3. März 2015 unberücksichtigt gelassen, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit falle in das neurologische Fachgebiet. Dort seien von Dr. med. Ki. keine wesentlichen Auffälligkeiten festgestellt worden. Der Zulassungsantrag setzt sich damit nicht substanziell auseinander.
Ebenso wenig führt es weiter, wenn die Klägerbevollmächtigten darauf verweisen, auch bei den vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. S. durchgeführten Messungen der Nervenleitgeschwindigkeit habe sich beidseits eine verzögerte kortikale Latenz und im Bereich des N. medianus rechts eine verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeit ergeben. Damit ist nicht dargelegt, dass die aus fachärztlich-orthopädischer Sicht getroffenen gutachterlichen Feststellungen des Dr. med. Ka. mangelhaft sind. Das gilt umso mehr, als das neuropsychiatrische Gutachten des Dr. med. S. bezüglich des Medianus-SEP lediglich von einer beidseits „verzögerten“ kortikalen Latenz und bezüglich der Elektromyographie beim nervus medianus rechts von einer „grenzwertig“ verlangsamten (48 m/s) und links von einer normalen (50 m/s) motorischen Nervenleitgeschwindigkeit spricht und dem Arztbrief des Neurologen Dr. med. Ki. vom 3. März 2015 zu entnehmen ist: Es ergeben sich bei zervikalen und lumbalen Bandscheibenvorfällen keine relevanten neurologischen Ausfälle und nur geringe elektrophysiologischen Abweichungen.
b) Weiterhin wird bemängelt, das Verwaltungsgericht habe den Einwand ignoriert, dass Dr. med. Ka. auf die bei der Klägerin von der Radiologie O. (Arztbrief vom 10.5.2013) diagnostizierte Osteochondrose nicht eingegangen sei. Der Befundbericht der Radiologie M. vom 24. April 2014 habe diese Diagnose bestätigt. Danach bestehe bei der Klägerin eine fortgeschrittene Osteochondrose intervertebralis mit rechts betonter erosiver Lendenwirbelsäule mit Knochenmarködem.
Das rechtfertigt nicht die Annahme, das angegriffene Gutachten beruhe auf einem unzutreffend ermittelten Sachverhalt. Es ist ohne Weiteres ersichtlich, dass der Gutachter Dr. med. Ka. die bei der Klägerin schon früher festgestellte Osteochondrose nicht unberücksichtigt ließ. Der Gutachter bezieht sich unter „Beurteilung der bildgebenden Verfahren“ auch auf einen von der Klägerin mitgebrachten Papierausdruck „LWS in 2 Ebenen vom 13.01.2015, Radiologie M. O.“ und stellt dazu u.a. fest: „Stark ausgeprägte Osteochondrose bei L5/S1“. Unter „Diagnosen“ ist vermerkt: „3. Pseudoischialgien bei Osteochondrose L5/S1 bei degenerativer Lendenwirbelsäule“.
c) Die Bevollmächtigten der Klägerin behaupten, Dr. med. Ka. habe als sachverständiger Zeuge unzutreffende Angaben gemacht und führen dazu aus: Bei der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Beschwerdesymptomatik durch ein Höhe HWK 5/6 rechts knöchern hochgradig enges Neuroforamen (Bericht der Radiologie v. 4.10.2016) solle es nach Ansicht des sachverständigen Zeugen Dr. med. Ka. nicht zu nennenswerten Beeinträchtigungen bei der Klägerin kommen. Dabei habe der sachverständige Zeuge betont, dass die Einengung des Neuroforamens neu sei, obgleich sie bereits im MRT aus dem Jahr 2013 und dem Jahr 2014 dokumentiert sei.
Das ist bereits deshalb nicht geeignet, Zweifel an der Sachkunde des Gutachters oder der inhaltlichen Richtigkeit seines Gutachtens zu wecken, weil sich eine solche Aussage dem Protokoll der Sitzung vom 27. Oktober 2016 nicht entnehmen lässt. Nach dem Inhalt des Protokolls (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO) hat Dr. med. Ka. vielmehr im Wesentlichen bekundet, dass aus dem Begriff „hochgradig“ nicht auf das Ausmaß des Schmerzes geschlossen werden könne und er nicht sagen könne, ob sich durch das MRT vom 4. Oktober 2016 etwas an seiner Beurteilung ändere, weil das MRT die radiologische Situation ein Jahr später beurteile als er es getan habe. Die Klägerin hat schon nicht substantiiert dargelegt, geschweige denn den Beweis geführt (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 2 ZPO), dass die Aussage des Gutachters Dr. med. Ka. unrichtig protokolliert wurde. Gegen die Behauptung, Dr. med. Ka. habe betont, die Einengung des Neuroforamens sei neu, spricht im Übrigen die Tatsache, dass dieser Befund Eingang in das angegriffene Gutachten gefunden hat. So wurde die „MRT HWS vom 11.02.2015, Radiologie M. O.“ wie folgt beurteilt: „Rechts foraminale Bandscheibenextrusion mittelgradig in Höhe C3/4, deutlich in C5/6 sowie diskret bei C6/7, dadurch vor allem rechts in Höhe C5/6 überwiegend discoide Foramenstenose, hier mutmaßlicher foraminaler C6-Affektion.“ Dass sich dieser Befund in einer Weise verschlechtert hat, die das Gutachten des Dr. med. Ka. vom 18. August 2015 als nicht mehr geeignet erscheinen lässt, dem Verwaltungsgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung die sachlichen Grundlagen zu vermitteln, die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendig waren, ist allein mit dem Verweis auf die im Arztbericht der Radiologie vom 4. Oktober 2016 genannte Beschwerdesymptomatik weder substantiiert dargelegt noch offensichtlich.
d) Ebenso wenig führt der Einwand zur Zulassung der Berufung, Dr. med. Ka. habe dem Gericht nicht darlegen können, dass bei einer Bandscheibenprotusion der Faserring der Bandscheibe nach außen vorgewölbt sei und so auf eine oder mehrere Nervenwurzeln drücke, wodurch Schmerzen und teilweise auch neurologische Ausfälle ausgelöst würden. Auch hier gilt, dass sich solches dem Protokoll der Sitzung vom 27. Oktober 2016 nicht entnehmen lässt und nicht substantiiert dargelegt, geschweige denn der Beweis geführt ist (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 2 ZPO), dass die Aussage des Gutachters Dr. med. Ka. unrichtig oder unvollständig protokolliert wurde.
1.2 Die Bevollmächtigten der Klägerin sehen einen Gehörsverstoß auch darin, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung im Hinblick auf die psychischen Beschwerden der Klägerin trotz der dagegen erhobenen Einwendungen auf das im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholte Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Ke. vom 8. Oktober 2015 gestützt hat. Sie wenden sich damit der Sache nach letztlich dagegen, dass das Verwaltungsgericht entgegen § 86 Abs. 1 VwGO weitere Ermittlungen unterlassen hat.
Das Gebot des § 86 Abs. 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, verwehrt es dem Gericht nicht, für seine tatsächlichen Feststellungen auch das Vorbringen der Beteiligten zu verwerten, soweit es ihm überzeugend erscheint und nicht durch anderweitiges Parteivorbringen schlüssig in Frage gestellt wird. Deshalb bedeutet es für sich allein keinen Verfahrensmangel, wenn sich das Gericht zur Feststellung des Sachverhalts auf ein Sachverständigengutachten stützt, das die Behörde in das Verfahren eingeführt hat. Unterbleiben weitere Ermittlungen des Gerichts oder die Einholung anderer Gutachten, so stellt dies nur für den Fall einen Verfahrensmangel, insbesondere einen Aufklärungsmangel dar, dass sich dem Gericht die weitere Beweiserhebung aufdrängen musste (BVerwG, B.v. 18.1.1982 – 7 B 254/81 – juris Rn. 3). Das ist auch in diesem Zusammenhang insbesondere dann der Fall, wenn das vorliegende Gutachten unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters besteht (BVerwG, B.04.12.1991 – 2 B 135.91 – juris Rn. 2)
Das Zulassungsvorbringen, das im Wesentlichen die in erster Instanz vorgebrachten Einwendungen gegen das nervenärztliche Fachgutachten des Dr. med. Ke. vom 8. Oktober 2015 wiederholt, zeigt solche Mängel nicht auf.
1.2.1 Die Bevollmächtigten der Klägerin rügen, das Verwaltungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass der Gutachter Dr. med. Ke. bei seiner Betrachtung die Differenzierung von Krankheitsbildern nach der ICD-10 Klassifikation außer Acht gelassen habe. Die Ausführungen des Gutachters, die beim Verwaltungsgericht zu dem Eindruck geführt hätten, die „Persönlichkeitsausprägung“ der Klägerin sei nicht als Krankheit zu beurteilen, widerlege Dr. med. S. mit seiner Stellungnahme vom 30. November 2016 (S. 22 f.) durch die schlichte Wiedergabe einer allgemein anerkannten Lehrmeinung und dem offiziellen ICD-10 Kommentar der zu F60-F69 unter der Bezeichnung „Persönlichkeits- und Verhaltensstörung“ eine Persönlichkeitsstörung als deutliche Abweichung im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in den Beziehungen zu anderen darstelle.
Das greift nicht durch. Der von der Klägerin hinzugezogene Gutachter Dr. med. S. hat in der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2016 als sachverständiger Zeuge bekundet, dass sich seine Befunderhebung mit der des Gutachters Dr. med. Ke. decke, aber die Bewertung differiere (vgl. Sitzungsprotokoll S. 7). Mithin wäre substantiiert darzulegen, aus welchen Gründen die vom Gutachter Dr. med. Ke. vorgenommene psychiatrische Bewertung mangelhaft ist. Dem genügt es nicht, wenn der Zulassungsantrag unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Dr. med. S. vom 30. November 2016 (S. 22) im Wesentlichen auf eine Definition des Begriffs „Persönlichkeitsstörung“ und die den Abschnitt „Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (F60-F69)“ des ICD-10 einleitende Erläuterung verweist.
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht dazu, ohne dass sich der Zulassungsantrag damit auseinandersetzt, im angegriffenen Urteil (UA S. 45) in überzeugender Weise ausgeführt: Nach Ansicht des Gutachters Dr. med. Ke. handele es sich entgegen der Auffassung des Dr. med. S., der die Klägerin als selbstunsichere und ängstlich vermeidende Person beschrieben und darin eine Persönlichkeitsstörung gesehen habe, bei diesen Eigenschaften lediglich um den Ausdruck der Persönlichkeit der Klägerin, nicht aber um den Ausdruck einer krankhaften Veränderung. Dr. med. Ke. habe das nachvollziehbar damit begründet, die durchgeführten Testungen hätten ergeben, dass die Klägerin zwar eine ängstlich vermeidende Persönlichkeit, aber keine Persönlichkeitsstörung habe. Schlüssig habe der Gutachter dazu weiter ausgeführt, die Klägerin habe hohe Hürden bewältigt (u.a. Studium, Physikum und Assistenzarztzeit), was mit einer Persönlichkeitsstörung nicht vereinbar sei. Bestätigt werde das Ergebnis des Gutachters auch dadurch, dass weder die drei Vorgutachter in insgesamt sechs Gutachten seit dem Jahr 2007 noch die die Klägerin behandelnde Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. med. K.-D. eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert hätten.
1.2.2. Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist nicht ersichtlich, dass eine fehlerhafte Begutachtung durch Dr. med. Ke. „in der von dem Sachverständigen Dr. med. S. auf Seite 26 herausgearbeiteten Allheilbarkeit der psychischen Erkrankung der Klägerin durch die Verhaltenstherapie“ deutlich wird. Das Verwaltungsgericht hat dazu festgestellt, Dr. med. Ke. habe als sachverständiger Zeuge nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin nicht adäquat behandelt sei und eine intensive verhaltensorientierte Psychotherapie mit lernpsychologischen Interventionen und handlungsorientierten Ansätzen verknüpft mit einer antidepressiven Medikation eine Besserung erwarten lassen. Es sei nicht ersichtlich, dass der sachverständige Zeuge von einer Heilbarkeit aller psychischen Erkrankungen ausgegangen sei (UA S. 43). Der Zulassungsantrag verhält sich dazu nicht.
1.2.3 Die mit dem Zulassungsvorbringen behaupteten Widersprüche von Aussagen des Gutachters Dr. med. K2. in der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 zu den aus seinem Gutachten ersichtlichen Feststellungen bestehen nicht.
a) So wird darauf verwiesen, Dr. med. Ke. habe bekundet, die Klägerin habe außer Kopfschmerzen keinerlei Schmerzen angegeben. In dem Gutachten fänden sich jedoch detaillierte Ausführungen zu dem Bandscheibenvorfall der Klägerin.
Das lässt den genauen Inhalt der Aussage des Gutachters außer Acht. Ausweislich des Sitzungsprotokolls bekundete Dr. med. Ke., dass die Klägerin „bei der persönlichen Untersuchung“ nur über Kopfschmerzen berichtet habe. Der weiteren Aussage kann darüber hinaus entnommen werden, dass die Klägerin im (Schmerz-) Fragebogen Schmerzen infolge des Bandscheibenvorfalls angegeben habe.
b) Ein Widerspruch zwischen der Aussage des Dr. med. Ke. in der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 und dem Inhalt seines Gutachtens wird hinsichtlich des von dem Gutachter durchgeführten MMPI-2-Persönlichkeitsinventars im Wesentlichen wie folgt dargestellt: In dem Gutachten sei zu dem Ergebnis des Tests unter anderem ausgeführt, dass mäßig bis schwere Ängste und Spannungen dieser Patientin selbst einfache Alltagsaufgaben zur Last werden ließen. Des Weiteren ergebe sich zum Testergebnis aus dem Gutachten, dass das bei der Klägerin festgestellte Bild sowohl bei schweren depressiven als auch bei psychotischen Erkrankungen denkbar sei, dass hier meistens eine Neurose vorliege und nur selten Hinweise auf eine Persönlichkeitsstörung und dass die Prognose schlecht sei. Wie der Gutachter als sachverständiger Zeuge dann aber zu dem Ergebnis gelangen könne, das Testergebnis sei aufgrund der „negativen Sichtweise der Klägerin betreffend ihre eigene Situation“ zu relativieren und die Klägerin sei in der Lage zumindest sechs Stunden täglich als Ärztin zu arbeiten, sei völlig unverständlich angesichts der Tatsache, dass der Zeuge von einem objektiven Ergebnis des Testverfahrens gesprochen habe.
Zutreffend daran ist, dass Dr. med. Ke. in seinem Gutachten zu dem durchgeführten MMPI-2-Persönlichkeitsinventar einleitend angeführt hat, die Antworten der Patientin dürften wahrheitsgetreu sein und den gegenwärtigen Zustand der Patientin wiedergeben. Allerdings hat das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt: Es stelle keinen offen erkennbaren Mangel dar, wenn Dr. med. Ke. trotz der Aussage im MMPI-2-Persönlichkeitsinventar, dass mäßige bis schwere Ängste und Spannungen der Klägerin selbst einfache Alltagsaufgaben zur Last werden ließen, zu dem Ergebnis einer lediglich partiellen Berufsunfähigkeit gelangt sei. Es sei nachvollziehbar, dass das Ergebnis des MMPI-2-Persönlichkeitsinventars nach Angaben des sachverständigen Zeugen in der mündlichen Verhandlung nicht überbewertet werden dürfe. Es handele sich bei diesem Persönlichkeitsinventar lediglich um eines von mehreren testpsychologischen Diagnosewerkzeugen. Diese stellten lediglich Hilfsmittel für den Gutachter dar und seien nicht strikt zu übernehmen. Es sei ureigenste Aufgabe des begutachtenden Arztes in der Gesamtschau der Ergebnisse der testpsychologischen Verfahren und seiner eigenen Untersuchung zu einer eigenständigen Einschätzung und Diagnose zu gelangen.
c) Weiterhin wird eingewendet, zum „State Trait Anxiety Inventory“ (STAI) stelle Dr. med. Ke. in seinem Gutachten fest, das Ergebnis weise auf eine ängstliche Persönlichkeit der Klägerin hin, wobei Ängstlichkeit als “relativ überdauerndes Persönlichkeitsmerkmal“ verstanden werde. Im Widerspruch dazu habe Dr. med. Ke. am 17. November 2016 ausgesagt, dass Hindernisse der Klägerin aus persönlicher Sicht durch eine Verhaltenstherapie „schnell“ zu beseitigen seien.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das von der Klägerin angegriffene Gutachten in diesem Zusammenhang (wiederum) lediglich das Ergebnis des Testverfahrens und den diesem zugrunde liegenden Begriff „Trait Anxiety“ wiedergibt. Es gilt auch hier, dass es Aufgabe des Gutachters war in der Gesamtschau der Ergebnisse der testpsychologischen Verfahren und seiner eigenen Untersuchung zu einer eigenständigen Einschätzung und Diagnose zu gelangen.
d) Schließlich wird vorgebracht: Nach den Ausführungen des Dr. med. Ke. in der mündlichen Verhandlung habe sich der Zustand der Klägerin infolge der durchgeführten Therapie verschlechtert, wie könne dann aber in psychologischer Hinsicht eine Berufsunfähigkeit weggefallen sein, die zuvor zweifelsfrei bestanden habe.
Das führt schon deshalb nicht weiter, weil die Einlassung des Gutachters in der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 verkürzt und damit unzutreffend wiedergegeben wird. Tatsächlich hat der Gutachter ausweislich des Sitzungsprotokolls zur Erläuterung seines Gutachtens ausgeführt: Während es anfänglich wegen der schweren Erkrankung der Tochter und der Depression der Klägerin noch Sinn gemacht habe, sie für berufsunfähig anzusehen, hätte man die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt für berufsfähig erklären müssen. Die Erklärung als berufsunfähig sei für die Depression der Klägerin in den letzten Jahren kontraproduktiv gewesen. Dadurch sei sie in ein Persönlichkeitskonzept geraten mit dysfunktionalen Kognitionen. Dabei handele es sich um eine Wahrnehmungsstörung. Der Depressive sehe sich selbst unzutreffend. Er sehe die Zukunft schwärzer als sie sei und glaube, dass ihn niemand achte. Dieser Zustand sei psychotherapeutisch angehbar.
Mit dieser Einlassung steht die gutachtlich festgestellte Berufsfähigkeit der Klägerin ersichtlich im Einklang. Denn kurz gefasst ging die Beurteilung des Gutachters in der mündlichen Verhandlung einerseits dahin, dass für die Klägerin bereits in den letzten Jahren eine Berufsfähigkeit hätte festgestellt werden müssen und andererseits dahin, dass der bislang beschrittene Weg für eine Heilung der bei der Klägerin diagnostizierten Depression schädlich gewesen sei.
1.3 Die Gehörsrüge wird zudem damit begründet, bereits erstinstanzlich sei im Hinblick auf eine bei der Klägerin diagnostizierte Fibromyalgie die Einholung eines rheumatologischen Sachverständigengutachtens beantragt worden. Das Verwaltungsgericht sei dem wiederum nicht nachgekommen.
1.3.1 Ein Beweisantrag, über den das Verwaltungsgericht nach § 86 Abs. 2 VwGO vorab hätte entscheiden müssen, wurde durch die bereits in erster Instanz anwaltlich vertretene Klägerin nicht angebracht. Sie hat im Schriftsatz vom 14. November 2016 angekündigt, dass sie „die Einholung eines rheumatologischen Fachgutachtens beantragen und einen geeigneten Sachverständigen benennen“ werde, sofern die Beklagte nach Prüfung der eingereichten Diagnostik eine Berufsunfähigkeit nicht anerkennen sollte. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin weder einen Beweisantrag im Sinn des § 86 Abs. 2 VwGO noch einen bedingten Beweisantrag gestellt. Sie hat den angekündigten Beweisantrag auch nach dem Übergang in das schriftliche Verfahren nicht weiterverfolgt.
1.3.2 Dem Verwaltungsgericht musste sich eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht deshalb aufdrängen, weil die Klägerin einen „Arztbericht zur Konsultation vom 08.11.2016“ des Facharztes für Physikalische Medizin und Rehabilitation Prof. Dr. med. S. vom 15. November 2016 vorgelegt hat, nach dessen Inhalt bei ihr eine „spezielle Form einer primären Fibromyalgie, linksbetont“ diagnostiziert wurde. Im angegriffenen Urteil ist dazu ausgeführt, in dem Bericht fehlten jegliche substantiierten Aussagen dazu, welche einzelnen Tätigkeiten des ärztlichen Berufs der Klägerin infolge der primären Fibromyalgie nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zugemutet werden könnten, so dass eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Klägerin im ärztlichen Beruf aufgrund der (diagnostizierten) Fibromyalgie nicht erkennbar sei. Aus der Darstellung des Beschwerdebilds (v.a. Beschwerden mit wechselnder Intensität im Lumbalbereich und im Hinterhaupt, Wetterfühligkeit, Schlafstörungen) sei eine nennenswerte Einschränkung ebenfalls nicht ersichtlich. Die Klägerin habe (auch) nicht substantiiert vorgetragen, inwieweit die Fibromyalgie zusätzlich zu den anderen attestierten Erkrankungen ihre Leistungsfähigkeit einschränke. Der Zulassungsantrag tritt dem nicht konkret entgegen. Vor diesem Hintergrund ist es verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgesehen hat.
2. Das mit dem Zulassungsantrag zu der behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör Dargelegte ist nach allem auch nicht geeignet, den der Sache nach zudem geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu begründen.
Solche ernstlichen Zweifel ergeben sich auch nicht aus dem mit der Begründung des Zulassungsantrags vorgelegten „Arztbericht zur Konsultation vom 15.01.2018“ des Prof. Dr. med. S. vom 16. Januar 2018. Zwar wird nunmehr eine „schwere chronische, invalidisierende primäre Fibromyalgie“ diagnostiziert und im Rahmen der Beurteilung davon gesprochen, dass die Fibromyalgie keine „Arbeitsfähigkeit“ als Dermatologin zulasse. Das rechtfertigt jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der das angegriffene Urteil tragenden Feststellung, dass die Klägerin entgegen Art. 36 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten eine Berufsunfähigkeit im Sinn des Art. 36 Abs. 1 der Satzung nicht nachgewiesen habe. Insoweit kann auf die vom Verwaltungsgericht hinsichtlich des Arztberichts des Prof. Dr. med. S. vom 15. November 2016 formulierten, unter 1.3.2 wiedergegebenen Einwendungen verwiesen werden. Dahinstehen kann mithin, ob und inwieweit der im Arztbericht des Prof. Dr. S. verwendete Begriff der „Arbeitsfähigkeit“ dem Begriff der „Berufsunfähigkeit“ im Sinn des Art. 36 Abs. 1 der Satzung der Beklagten entspricht.
Ebenso wenig begründet der (unvollständig) vorgelegte Änderungsbescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales – Region Oberfranken – Versorgungsamt vom 24. Mai 2018 ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Der damit für die Klägerin festgestellte Grad der Behinderung von 50 besagt nichts dazu, ob bei der Klägerin eine Berufsunfähigkeit im Sinn der Satzung der Beklagten besteht.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 14.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedr. in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang).
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 15. November 2017 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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