Medizinrecht

Arzt, Hauptverhandlung, Attest, Erkrankung, Glaubhaftmachung, Einspruchsverfahren, Facharzt, Gesundheitszustand, Diagnose, Befreiung, Verteidiger, Medizin, Demonstration, Wohnung, Innere Medizin, Art und Weise, Sinn und Zweck

Aktenzeichen  9 OWi 704 Js 7202/21

Datum:
3.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 10924
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Straubing
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Betroffene wird wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Pflicht zum Tragen einer Mund – Nasenbedeckung zu einer Geldbuße von 250,- EUR verurteilt.
2. Die Betroffene hat die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewendete Vorschriften:
§§ 73 Abs. 1 a Nr. 24, Abs. 2 i.V.m. § 32 S. 1 Infektionsschutzgesetz, § 28 Nr. 21 i.V.m. § 24 Abs. 3 der Elften Bayer. Infektionsschutzmaßnahmenverordnung i.V.m. der Allgemeinverfügung der Stadt Straubing vom 9.1.2021

Gründe

I.
Die Betroffene hielt sich am 23.01.2021 gegen 13.37 Uhr in … auf dem … auf, ohne eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, was sie wusste. Zu diesem Zeitpunkt galt auf dem …platz aufgrund der Allgemeinverfügung der Stadt Straubing vom 09.01.2021 eine Maskenpflicht im Kernbereich der Innenstadt, u.a. auch auf dem …platz, was die Betroffene zumindest für möglich hielt. Eine Befreiung von der Maskenpflicht wurde nicht glaubhaft gemacht. Vor Ort gab die Betroffene an, ein ärztliches Attest zu besitzen, welches sie jedoch nicht mit sich führe und auch nicht verpflichtet sei, dieses mitzuführen. Eine spätere Glaubhaftmachung einer Befreiung von der Pflicht des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung ist nicht erfolgt.
II.
Der Sachverhalt unter Ziffer I steht fest aufgrund der Einlassung der Betroffenen, so weit ihr zu folgen ist und aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme.
Die Betroffene räumt den Aufenthalt auf dem …platz ein. Sie habe zusammen mit ihrem Ehemann an diesem Tag ihren Sohn besuchen wollen, der am …platz wohne. Von der Maskenpflicht habe sie keine Kenntnis gehabt. Sie habe damals ein Attest gehabt, dieses jedoch nicht bei sich geführt. Sie habe eine Dauerdiagnose aufgrund einer im Jahr 2016 erlittenen Lungenembolie. Sie habe das Attest erst im Termin zur Hauptverhandlung vorgelegt, da sie dies ungern aus der Hand gebe. Im Übrigen habe sich nicht gedacht, dass sich die Sache so hochschaukele. Das Attest habe ein Arzt aus Hamburg ausgestellt, da es schwierig sei Ärzte für ein solches Attest zu finden. Der Arzt aus Hamburg habe sie im Jahr 2016 wegen der Lungenembolie auch behandelt.
Die Einlassung der Betroffenen, sie habe keine Kenntnis von der Maskenpflicht gehabt, ist durch die Beweisaufnahme als widerlegt anzusehen.
Die Zeugin … gab an, sie sei als Polizeibeamtin an diesem Tag im Einsatz gewesen. Auf dem S.platz in Straubing habe an diesem Tag eine Anti-Corona-Demonstration stattgefunden. Sie habe gesehen, dass die Betroffene keinen Mund-Nasenschutz getragen habe. Daher habe sie diese auf die Maskenpflicht auf dem T.platz hingewiesen. Die Betroffene habe angegeben, sie sei im Besitz einer ärztlichen Bescheinigung, welche sie nicht mit sich führe und ihm Übrigen auch nicht verpflichtet sei diese den Polizeibeamten vorzuzeigen. Sie müsse die Tochter besuchen, die am …platz wohne. Sie habe der Betroffenen gesagt, dass sie das Attest nachreichen solle. Später habe sie die Betroffene nochmals angetroffenen und auf die Maskenpflicht hingewiesen. Die Betroffene habe angegeben, sie wollen nun quer über den T.platz zu ihrer Tochter in die Wohnung gehen. Dies sei etwa 30 Minuten später gewesen. Kollegen hätten gesehen, dass die Betroffene an der Demonstration teilgenommen habe.
Das Gericht legte dabei bei der Beweiswürdigung die Annahme zugrunde, dass entsprechend der sog. Nullhypothese die Aussage eines Zeugen grundsätzlich als unwahr einzustufen ist und die Aussage sich nach Vorhandensein von Realkennzeichen als wahr herausstellen kann.
Das Gericht konnte bei der Aussage der Zeugin zahlreiche Realkennzeichen feststellen. Das Gericht geht daher anhand folgender Realkennzeichen von glaubhaften Angaben aus.
Die Zeugin schilderte die Angaben ruhig und sachlich. Ein Belastungseifer war nicht zu erkennen. Insbesondere gab die Zeugin an, wenn sie etwas nicht mehr wusste oder wenn nur die Kollegen etwas gesehen hätten und sie etwas nur vom Hörensagen von Kollegen gehört habe. Auch hatte die Zeugin keinen Grund die Betroffene zu Unrecht zu belasten. Insgesamt waren die Angaben auch stimmig und nachvollziehbar. Zwar gibt die Zeugin an, dass die Betroffene ihre Tochter habe besuchen wollen, was im Widerspruch zur Angabe der Betroffene steht, die angab, ihren Sohn besuchen zu wollen. Die zu besuchende Person ist jedoch nur ein Randdetail, so dass es aufgrund der Vielzahl von polizeilichen Einsätzen nachvollziehbar und sogar lebensnah ist, wenn kleine Details verwechselt werden.
Das Gericht ist daher der Überzeugung, dass die Zeugin die Wahrheit gesagt hat.
Die Betroffene hat im Termin zur Hauptverhandlung drei Schriftstücke übergeben, mit denen sie glaubhaft machen wollte, dass sie von der Maskenpflicht befreit sei. Die Verfahrensbeteiligten hatten vom Wortlaut dieser Schriftstücke Kenntnis. Für das Gericht sind diese Schriftstücke auch in ihrer Gesamtschau nicht geeignet die Glaubhaftmachung der Befreiung vom Tragen eines Mund-Nasenschutzes i.S.d. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2. der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung zu begründen. Es handelt sich dabei im Einzelnen um folgende Schriftstücke:
Bei einem Schriftstück handelt es sich um ein ärztliches Attest mit Ausstellungsort Hamburg. Das Attest datiert auf den 20.06.2020 und wurde von einem Facharzt für Innere Medizin ausgestellt. Das Attest nennt keine Diagnose. Es wird lediglich pauschal ausgeführt, dass die Betroffene aus gesundheitlichen Gründen keine Gesichtsmaske tragen könne.
Bei einem weiteren Schriftstück handelt es sich um einen Ausdruck eines Medikamentensplans für die Betroffene für Medikamente ab dem 01.01.2019 vom 29.04.2021, unterschrieben von einem Allgemeinarzt in Mengkofen. Bei vier der sechs aufgeführten Medikamente ist handschriftlich vermerkt, dass es sich um ein Asthmaspray handelt.
Bei einem weiteren Schriftstück handelt es sich um einen Ausdruck vom 29.04.2021 für die Betroffene, in welchem Dauerdiagnosen aufgeführt sind. Das Schriftstück trägt wiederum Stempel mit Unterschrift des Allgemeinarztes in Mengkofen, welcher bereits den Medikamentenplan unterschrieben hat. Zum einen ist als Dauerdiagnose mit Datum 12.02.2016 Zustand nach Lungenembolie ohne Angabe eines akuten Corpumonale aufgeführt. Desweiteren ist mit Datum 21.01.2021 Belastungsasthma sowie Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung als Dauerdiagnose aufgeführt.
In der Gesamtschau der Beweiswürdigung auch in Zusammenschau mit der Einlassung der Betroffenen in der Hauptverhandlung ist eine Glaubhaftmachung für die Befreiung vom Tragen einer Mund-Nasenbedeckung am Tattag aus folgenden Erwägungen nicht gegeben:
Grundsätzliches ist ein ärztliches Attest zwar ein taugliches Mittel zur Glaubhaftmachung einer Befreiung i.S.d. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2. der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Die Verordnung nennt selbst die Vorlage eine ärztlichen Bescheinigung als taugliches Mittel. Die Verordnung stellt zwar an die ärztliche Bescheinigung gewisse Mindestanforderungen. Bei gesundheitlichen Gründen, auf die sich die Betroffene berufen will, erfolgt laut Verordnung die Glaubhaftmachung durch eine ärztliche Bescheinigung, die die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie den Grund, warum sich hieraus eine Befreiung der Tragepflicht ergibt. Allerdings sind die Mittel der Glaubhaftmachung nicht abschließend aufgeführt, so dass die Mindestanforderungen an ein Attest kein „Muss“ sind und mithin die Glaubhaftmachung auch auf andere Art und Weise erfolgen kann.
Die Elfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung sieht mithin in § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 keine abschließende Regelung hinsichtlich der Mittel der Glaubhaftmachung einer Befreiung vor. Durch die Formulierung „insbesondere“ ist eine Glaubhaftmachung somit auch auf andere Weise möglich.
Das Gericht sieht auch, dass eine Glaubhaftmachung nicht mit einem Vollbeweis gleichzusetzen ist. Es muss lediglich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit bestehen, dass die Behauptung zutrifft.
Auch verkennt das Gericht nicht, dass es sich bei § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2. der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung um eine Ausnahme zum Grundsatz der Maskenpflicht handelt und mithin aufgrund des Ausnahmecharakters eine restriktive Auslegung geboten ist. Dies lässt den Schluss zu, dass die Mindestvoraussetzungen für ein ärztliches Attest, die der Verordnungsgeber nennt, als Messlatte für die Glaubhaftmachung heranzuziehen sind und die anderen möglichen Mittel der Glaubhaftmachung eine vergleichbare Qualität aufweisen müssen. Mithin bedeutet dies, dass bei einem Attest, das nicht den insbesondere genannten Anforderungen entspricht, nur in Zusammenschau mit anderen vergleichbaren Mitteln die Anforderungen an die Glaubhaftmachung Genüge getan ist.
Die Betroffene hat vor Ort das Attest nicht vorgelegt und nicht darauf hingewiesen, dass sie es später vorlegen wird. Auch im Einspruchsverfahren wurde das Attest nicht vorgelegt. Auch nachdem bereits Termin zur Hauptverhandlung bestimmt war und sich auch ein Verteidiger angezeigt hat, wurde das Attest nicht vorgelegt. Die Betroffene ist zwar nicht verpflichtet Entlastungstatsachen im Einspruchsverfahren vorzulegen. Die Glaubhaftmachung für die Befreiung von der Maskenpflicht ist jedoch spätestens im Termin zur Hauptverhandlung glaubhaft zu machen. Es ist jedoch lebensfremd, wenn die Betroffene davon ausgeht, sie habe aufgrund des Vorhandenseins des Attests nicht ordnungswidrig gehandelt, dieses erst im Termin vorlegt. Das Attest stammt zudem von einem Arzt aus Hamburg und enthält keine Diagnose. Auch wurde das Attest nicht im Original vorgelegt, sondern lediglich als eingescanntes Dokument. Desweiteren sind im Attest keine näheren Ausführungen ersichtlich, weshalb die Betroffene aus gesundheitlichen Gründen keinen Mund-Nasenschutz tragen kann und ob dies für jegliche Situation und für jegliche Dauer gilt. Insbesondere hat die Betroffene selbst vorgetragen, sie habe nur über den S.platz gehen wollen, um den Sohn zu besuchen. Mithin wäre der Einlassung der Betroffenen zufolge nur eine kurze Wegstrecke zu bewältigen gewesen. Die Betroffene wohnt in Mengkofen. Der ausstellende Arzt hat in Hamburg seine Praxis. Die Betroffene gibt zwar an, dass sie den Arzt aus dem Jahr 2016 kenne und es schwierig sei einen Arzt zu finden, der ein Befreiungsattest ausstelle. Dies zeigt, dass die Betroffene selbst schon Zweifel hat, ob ihr Gesundheitszustand für ein Befreiungsattest ausreicht. Das Attest datiert zudem vom Juni 2020. Die Tat wurde am 23.01.2021 begangen. Im Rahmen der Hauptverhandlung wurde darauf hingewiesen, dass es allgemeinkundig sei, dass Krankschreibungen von Ärzten in der Regel nicht über mehrere Monate erfolgen, da der gesundheitliche Zustand immer wieder neu überprüft wird und sich diese Argumentation auf ein ärztliches Attest, welches keine Zeitspanne enthält, übertragen lässt. Indem die Betroffene vorträgt, dass der Arzt aus Hamburg sie aus dem Jahr 2016 von dem Flug kenne, bei dem sie eine Lungenembolie erlitten habe und nur schwer ein Arzt zur Ausstellung des Attestes zu finden sei, räumt sie selbst ein, dass eine Behandlung in Gegenwart des ausstellenden Arztes zum Zeitpunkt der Ausstellung des Attests mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht stattgefunden hat. Dies wird auch dadurch gestützt, dass das Attest handschriftlich ausgestellt ist. Ein Befreiungsattest hinsichtlich der Maskenpflicht ist vom Sinn und Zweck dazu vorgesehen, oftmals in Verwendung zu sein, um die Befreiung glaubhaft zu machen. Es ist daher naheliegend, um Leseschwierigkeiten aufgrund der Handschrift Vorschub zu leisten, das Attest computergeschrieben zu erstellen. Auch ist es lebensnah, dass ein Arzt weiß, dass die Maskenpflicht die Regel ist und eine Befreiung die Ausnahme, so dass ein Arzt zum Wohle des Patienten, sofern kein Gefälligkeitsattest ausgestellt werden soll, bemüht ist möglichst plausibel im Attest die Gründe für die Befreiung darzulegen. Überdies enthält das Attest keine Wohnanschrift der Betroffenen, was bei Erfassung der Daten der Betroffenen im Computersystem in der Praxis und entsprechenden Computerausdruck der Fall gewesen wäre. Dieses Defizit an persönlichen Daten, die auch für eine Zuordnung des Attestes zum entsprechenden Patienten wesentlich sind, indiziert, dass eine persönliche Untersuchung nicht stattgefunden hat. Auch handelt es sich beim dem Vordruck um ein Rezept. Das Schriftstück enthält das Kürzel Rp. Dies indiziert, dass das Attest nicht nach persönlicher Vorstellung und tatsächlicher Prüfung des Gesundheitsstandes im Zusammenhang mit dem Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im regulären Praxisbetrieb ausgestellt wurde. Die übergebenen Schriftstücke zeigen auch, dass die Medikation seitens des Allgemeinarztes in Mengkofen dokumentiert wird. Eine Dokumentation der Diagnosen und Medikation vom ausstellenden Arzt des Attestes hat die Betroffene hingegen nicht vorgelegt. Auch dies ist ein Indiz dafür, dass der das Attest ausstellende Arzt keine fundierte Kenntnis vom aktuellen Gesundheitszustand der Betroffenen mangels persönlicher eingehender Untersuchung hat.
Die Betroffene trägt auch nicht vor, dass sie bei diesem Arzt in Hamburg in Behandlung sei, sondern dass sie diesen von früher von dem Flug aus dem Jahr 2016 kenne und sie für die Ausstellung des Attestes diesen gewählt habe, da es schwer sein einen Arzt für die Ausstellung eines solchen Attestes zu finden. Insofern ist der ausstellende Arzt über den aktuellen Zustand der Betroffenen nicht als aktuell behandelnder Arzt informiert.
Die Ausdrucke, die vom Allgemeinarzt in Mengkofen stammen, enthalten keine Aussage, ob der Betroffenen aufgrund etwaiger Erkrankungen das Tragen eines Mund-Nasenschutzes nicht möglich ist. Im Übrigen wurde der Ausdruck erst am 29.04.2021 erstellt und besitzt daher auch in der Gesamtschau keinen großen Stellenwert in der Glaubhaftmachung für den Tattag. Auch ist zu sehen, dass der Allgemeinarzt, der seine Praxis im Wohnort der Betroffen hat, zwar Diagnosen und Medikamente im Computersystem hat und diese am 29.04.2021 ausdruckt und mithin zeitlich kurz vor dem Termin, allerdings kein Befreiungsattest von diesem Arzt zugleich vorgelegt ist. Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass der Allgemeinmediziner keine Gründe für eine Befreiung gesehen hat und mithin das vorgelegte Attest als sog. Gefälligkeitsattest einzustufen ist.
Die Zeugin hat zudem angegeben, sie habe von Kollegen gehört, dass die Betroffene an der Demonstration teilgenommen habe. Das Gericht sieht zwar, dass es sich vorliegend um eine Aussage vom Hörensagen handelt, was den Beweiswert schwächt. Allerdings ist zu sehen, dass die Betroffene von der Zeugin nach etwa 30 Minuten nochmals angetroffene wurde und sie erst dann den Sohn besuchen wollte, was die Aussage der Teilnahme an der Demonstration stützt. Dies steht dennoch im Widerspruch zur Einlassung der Betroffenen, welche nach Straubing gekommen sei, um den Sohn zu besuchen. Zwar schließt dieses Motiv eine spontane Teilnahme an der Demonstration nicht aus. Allerdings ist es lebensfremd, dass die Betroffene erst an der Demonstration teilgenommen hat und den Besuch hinten an gestellt hat. Die Zeugin hat glaubhaft angegeben, dass die Betroffene nach nochmaligem Antreffen ca. 30 Minuten später angegeben habe, dass sie nunmehr den Besuch vornehme. Wertneutral ist die Teilnahme an der Demonstration zu sehen, da im Lichte des Art. 8 GG Überzeugungen zu den Coronaschutzmaßnahmen sich nicht auf die Beurteilung der Frage der Glaubhaftmachung eines Befreiungstatbestandes auswirken, da selbst bei Gegnern von Coronaschutzmaßnahmen durchaus ein gesundheitlicher Grund für die Befreiung von der Maskenpflicht vorliegen kann.
In der Gesamtschau aller Indizien ist daher eine Glaubhaftmachung einer Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht erfolgt.
Das Gericht ist von vorsätzlicher Begehungsweise überzeugt. Die Betroffene wusste, dass sie entgegen der auf dem T.platz bestehenden Maskenpflicht keinen Mund-Nasenschutz aufhatte und dass eine entsprechende Tragepflicht bestand.
Die Betroffene hat das Attest erst im Hauptverhandlungstermin vorgelegt. Ihr Sohn wohnt auf dem T.platz. Die Zeugin gab an, dass sich mehrere Personen mit Mund-Nasenschutz auf dem T.platz aufgehalten hätten. Die Betroffene hat ihrer Einlassung zufolge keinen Mund-Nasenschutz aufgehabt, da sie ein Attest habe. Sie hätte jedoch keine Pflicht gehabt das Attest mitzuführen und der Polizei zu zeigen. Gerade diese Einlassung zeigt, dass die Betroffene in Kenntnis des Tatbestands der Ordnungswidrigkeit gehandelt hat. Auch in der Gesamtschau liegt zur Überzeugung des Gerichts eine vorsätzliche Begehungsweise vor. Das Gericht ist der Überzeugung, dass die Betroffene bewusst das Attest nicht dabeigehabt und vorgezeigt habe, da sie es zumindest für möglich hielt, dass es sich um ein Gefälligkeitsattest handelt, welches für eine Glaubhaftmachung für eine Befreiung von der Maskenpflicht nicht ausreicht. Die Betroffene hat in der Hauptverhandlung selbst angegeben, sie habe das Attest auch später nicht vorgezeigt, da sich nicht gedacht habe, dass sich das ganze so hochschaukele. Die Betroffene spekulierte insofern darauf, dass sie nicht in die Verlegenheit kommt das Attest, bei dem es sich nach der Überzeugung des Gerichts um ein Gefälligkeitsattest handelt, vorzeigen zu müssen, um auch ggf. den ausstellenden Arzt nicht in Schwierigkeiten zu bringen.
III.
Die Betroffene hat sich daher eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasenbedeckung schuldig gemacht, § 73 Abs. 1 a Nr. 24, Abs. 2 i.V.m. § 32 S. 1 des Infektionsschutzgesetzes, § 28 Nr. 21 i.V.m. § 24 Abs. 1 der Elften Bayerischen Infektionsschutmaßnahmenverordnung i.V.m. der Allgemeinverfügung der Stadt Straubing vom 09.01.2021.
Eine Verfassungswidrigkeit der Verordnung ist nicht zu erkennen. Insbesondere ist die Norm in der Verordnung und der Allgemeinverfügung, gegen die verstoßen wurde, bestimmt genug. Auch die Wesentlichkeitstheorie steht nicht entgegen. Es bestehen auch insbesondere unter Berücksichtigung der Freiheitsgrundrechte auf Art. 2 GG mithin keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasenbedeckung an ausgewiesenen Plätzen. Im Rahmen der Abwägung überwiegend das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Bevölkerung.
Ein unverhältnismäßiger Eingriff ist nicht gegeben. § 28 Infektionsschutzgesetz stellt eine taugliche Ermächtigungsgrundlage dar. Der Verordnungsgeber bewegt sich im Rahmen dieser Ermächtigung, indem eine entsprechende Maskenpflicht dekretiert wurde.
IV.
Der vorsätzliche Verstoß gegen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasenbedeckung war mit der Regelgeldbuße in Höhe von 250 € zu ahnden. Bei der Bemessung der Geldbuße ist das Gericht zunächst von § 73 Abs. 2 IfSG ausgegangen, wonach die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 25.000,00 EUR geahndet werden kann. Ergänzend wurde der Bußgeldkatalog ‚welcher das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege am 17.12.2020 erlassen hat und für einen solchen Verstoß vorsieht, zugrunde gelegt. Das Gericht ist an diesen Katalog nicht gebunden. Anhaltspunkte vom Regelsatz abzuweichen waren nicht vorhanden, auch nicht im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse. Ein Vortrag zu den wirtschaftlichen Verhältnissen erfolgte seitens der Betroffenen nicht.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46, OWiG § 71 OWiG, § 465 Abs. 1 StPO.


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