Medizinrecht

Beitragsrecht: Beitragserhebung bei Verpflegungsmehraufwendungen als Arbeitsentgelt

Aktenzeichen  L 16 BA 11/20

Datum:
22.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NWB – 2021, 3173
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
SGB IV § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 28p Abs. 1
SvEV § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 3

 

Leitsatz

Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe der steuerfreien Pauschalen, die nach der arbeitsvertraglichen Regelung in einem fixen Nettolohn beinhaltet sind, stellen beitragspflichtiges Arbeitsentgelt iSd § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV dar, da eine zusätzliche Gewährung iSd § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV iVm § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV nicht vorliegt. (Rn. 28 – 31)
Allein die Steuerfreiheit von Einnahmen führt nicht zum Vorliegen des Ausnahmetatbestandes mit Beitragsfreiheit. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 12 BA 77/18 2019-12-18 GeB SGLANDSHUT SG Landshut

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 18. Dezember 2019 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet.
Der Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hiermit einverstanden waren (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 18.12.2019 ist zulässig und statthaft, da streitgegenständlich ein Betrag in Höhe von 6.518,50 Euro ist und der Beschwerdewert in Höhe von 750,- Euro damit überschritten wird, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG.
In der Sache führt die Berufung nicht zum Erfolg, da das Sozialgericht zu Recht die Klage abgewiesen hat. Der Bescheid vom 08.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zutreffend hat die Beklagte bei der Beitragserhebung in der Zeit vom 01.01.2013 bis 30.09.2017 den arbeitsvertraglich zugesagten Nettolohn ohne vorherigen Abzug der jeweils gewährten Verpflegungsmehraufwendungen zugrunde gelegt, da diese nicht „zusätzlich“ iSd § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV gewährt wurden. Die geleisteten Verpflegungsmehraufwendungen sind als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV anzusehen.
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Nach § 28p Abs. 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs. 5 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) nicht (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV).
Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)).
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus einer Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Es genügt ein mittelbarer (innerer, sachlicher) Zusammenhang mit der Beschäftigung (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29.01.2004 – B 4 RA 19/03 R). Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV).
§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV geht vom ungekürzten, nicht um Abgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben und ähnliche Beträge geminderten Bruttolohn aus. Das Bruttolohnprinzip ergibt sich aus dem Zusammenhang mit § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Bei Vereinbarung eines Nettolohnes erfolgt die Hochrechnung auf den Bruttolohn, der Grundlage für die Berechnung der Beiträge ist. Das Prinzip erfährt eine gewisse Bestätigung durch § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV und dem darin enthaltenen Abzugsverbot für umgewandeltes Entgelt. Daraus folgt insgesamt, dass das Arbeitsentgelt um Abzugsbeträge oder andere Aufwendungen und Belastungen ohne ausdrückliche Grundlage im Gesetz nicht vermindert werden kann. Das Bruttolohnprinzip ist auch bei Entgeltumwandlungen zu beachten, indem die schlichte Überwälzung von Kosten durch Abzug vom Lohn des Arbeitnehmers die Beitragsbemessungsgrundlage nicht verringert (vgl. Werner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021, § 14 Rdnr. 36). Diese weite Begriffsbestimmung des Arbeitsentgelts verhindert, dass Beschäftigte und Arbeitgeber sich – anders als im Steuerrecht – zusätzlich durch Abschreibungen, Investitionen, Vermögensdispositionen und andere Abzüge vom Lohn „arm rechnen“ und dadurch die Versicherungs- und Beitragspflicht oder die Vorschriften über das Ruhen der Leistungsansprüche beim Zusammentreffen mit Einnahmen aus einer Beschäftigung umgehen. Gleichwohl beruhen das Arbeitsentgelt und seine Bestandteile hauptsächlich auf den der Beschäftigung zugrundeliegenden arbeitsrechtlichen Vereinbarungen im Individual- oder Kollektivarbeitsvertrag. Für die in der gesetzlichen Sozialversicherung versicherungspflichtig Beschäftigten besteht keine wesentliche Möglichkeit zur Einflussnahme auf ein persönliches Sicherungsziel, indem ein durch Werbungskosten-, Sonderausgabenabzug und andere Vergünstigungen ermäßigtes Arbeitsentgelt Grundlage für die Beitragsbemessung sein könnte. Auch unter diesem Aspekt ist es eine elementare Anforderung an die auf der Beitragsentrichtung von Arbeitsentgelt beruhenden Pflichtversicherungssysteme, dass den Beitragszahlungen der Arbeitgeber und Beschäftigten ein äquivalenter Leistungsanspruch des Versicherten gegenüberstehen muss (vgl. Werner, a.a.O., § 14 Rdnr. 37).
Bei den dem Beigeladenen zu 1 gewährten Verpflegungsmehraufwendungen handelt es sich nach der weiten Begriffsbestimmung um Arbeitsentgelt iSd § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, da der Beigeladene zu 1 sie aus seiner Beschäftigung erzielte.
Die Verpflegungsmehraufwendungen sind auch auf der Grundlage von § 17 SGB IV iVm § 1 SvEV als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, da sich hieraus kein Ausschluss ergibt.
§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtigt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung, insbesondere zur Vereinfachung des Beitragseinzugs, zu bestimmen, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. Dabei ist nach § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen. Die Ermächtigung zum Erlass dieser Rechtsverordnung ist wegen des umfassenden Arbeitsentgeltbegriffs des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV erforderlich, da ansonsten alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung Arbeitsentgelt wären. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge haben aber unterschiedliche Funktionen, so dass lediglich eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts geboten ist. Die Wahrung der Belange der Sozialversicherung wird durch Abwägung sozialpolitischer und verwaltungspraktischer Gesichtspunkte berücksichtigt (vgl. BT-Drs. 7/4122 S. 33; BSG, Urteil vom 24.06.1987 – 12 RK 6/84). Der Grundsatz der Parallelität von Steuer- und Beitragspflicht besteht mithin nicht in der Weise, dass die Steuerfreiheit von Einnahmen zugleich die Beitragsfreiheit dieser Einnahmen zur Folge hätte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.05.2016 – L 11 R 4048/15, Rdnr. 50 juris).
Die Bundesregierung hat von der Ermächtigung des § 17 SGB IV zunächst durch Erlass der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) und der Sachbezugsverordnung (SachBezV) Gebrauch gemacht und ab 01.01.2007 beide Verordnungen in der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) zusammengefasst. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV (hier idF vom 20.12.2011 bzw. vom 15.04.2015) sind dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind; dies gilt nicht für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge, soweit das Entgelt, auf dem sie berechnet werden, mehr als 25 Euro für jede Stunde beträgt (Nr. 1). § 1 Abs. Satz 1 Nr. 1 SvEV korrespondiert in der Hauptsache mit dem Katalog der steuerfreien Einnahmen insbesondere in den §§ 3, 3b, 8 Abs. 3, 8 Abs. 1 Satz 9, 19a EStG (jetzt § 3 Nr. 39 EStG), und enthält wegen der Zuschüsse für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit eine spezielle Regelung für die Sozialversicherung. Kein Arbeitsentgelt sind danach u.a. die außerhalb des öffentlichen Dienstes von privaten Arbeitgebern gezahlten Reise- und Umzugskosten, Verpflegungsmehraufwendungen, Familienheimfahrten sowie Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 EStG als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen (§ 3 Nr. 16 EStG).
Eine Ausnahme ergibt sich vorliegend nicht aus § 17 SGB IV iVm § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV, da die Verpflegungsmehraufwendungen nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nicht „zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern“ gewährt wurden. Zwar sind die gewährten Mehraufwendungen nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei. Für die Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung ist jedoch weiter erforderlich, dass diese zusätzlich zum Arbeitsentgelt hinzutreten, so dass allein die Steuerfreiheit von Einnahmen nicht zum Vorliegen des Ausnahmetatbestandes führt (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2014 – B 5 RS 1/13 R, Rdnr. 15 juris). Das Zusätzlichkeitserfordernis ist nicht erfüllt. Die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV gilt nur für zusätzliches Arbeitsentgelt, das nicht lohnsteuerpflichtig ist. Der Verordnungsgeber füllt den Begriff des „Zusätzlichen“ iSd § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV nicht näher aus und beschränkt sich auf Beispiele für Entgelte neben den Löhnen und Gehältern. Nicht zusätzlich in dem Sinne ist die originäre Gegenleistung für die Arbeit, also der geschuldete Stundenlohn oder das monatliche Grundgehalt (vgl. Werner, a.a.O., § 14 Rdnr. 126). Entscheidend ist, ob die zweckbestimmte Leistung des Arbeitgebers zu den steuerpflichtigen Einnahmen hinzukommt, die der Arbeitgeber ohne die Zweckbestimmung nicht geschuldet hätte (vgl. Werner, a.a.O., § 17 Rdnr. 9). Nach der Rechtsprechung des BSG liegt „Zusätzlichkeit“ nur dann vor, wenn die Zuwendung des Arbeitgebers „über den Grundlohn hinausgeht“, da andernfalls die für Sachbezüge geltenden Vorschriften der §§ 2 und 3 SvEV leerliefen. Es darf sich nicht um Zuwendungen handeln, die anstelle bisher gezahlter Entgeltbestandteile gezahlt werden (vgl. Schlegel, Festschriftenbeitrag „Sozialrecht und Steuerrecht aus der Sicht des Bundessozialgerichts“ in 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 2018 (Festschrift für den Bundesfinanzhof), S. 641; vgl. BSG, Urteil vom 21.08.1997 – 12 RK 44/96, Rdnr. 21 juris; BSG, Urteil vom 14.07.2004 – B 12 KR 10/02 R). Maßgeblich ist, wie sich die Gesamtvergütung nach dem Arbeits- und Tarifvertrag zusammensetzt (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.2004 – B 12 KR 10/02 R). Es genügt dabei nicht, dass der Arbeitgeber aus dem Arbeitsentgelt lediglich Teile herausrechnet und als zusätzliches (steuer- und beitragsfreies) Arbeitsentgelt behandelt (vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 28.11.1990 – VI R 144/87 – BStBl. II 1991, 296; Knospe in Hauck/Noftz, SGB, Stand August 2012, § 17 SGB IV Rdnr. 21). Eine bloße Verwendungsabrede erfüllt das Zusätzlichkeitserfordernis nicht (vgl. BSG, Urteil vom 02.03.2010 – B 12 R 5/09 R). Erforderlich ist vielmehr eine echte Lohnerhöhung z.B. in Form einer Direktversicherung, oder einer zukunftsgerichteten echten Entgeltumwandlung (vgl. Schlegel, a.a.O., S. 641; Zieglmeier in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand 114. EL Mai 2021, § 14 SGB IV Rdnr. 74; BSG, Urteil vom 14.07.2004 – B 12 KR 10/02 R; BFH, Urteil vom 01.08.2019 – VI R 32/18, DStR 2019, 2247). Zusätzlichkeit liegt nicht vor, wenn der Verpflegungsmehraufwand nach dem Arbeitsvertrag vom vereinbarten Gehalt abgezogen wird (vgl. Zieglmeier, a.a.O., § 14 SGB IV Rdnr. 108; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.03.2009 – L 9 KR 157/03). Werden über arbeitsvertraglich geschuldete Leistungen hinaus freiwillige Leistungen des Arbeitgebers gewährt, ist das Zusätzlichkeitserfordernis in jedem Fall erfüllt. „Zusätzlich“ werden Zuwendungen aber nicht gewährt, die als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung Bestandteil des Vergütungsanspruchs sind (vgl. BSG, Urteil vom 23.02.2021 – B 12 R 21/18 R, Rdnr. 19 juris, wonach Tankgutscheine und Werbeeinnahmen, die als „neue Gehaltsanteile“ an die Stelle des bisherigen Bruttolohns traten, nicht „zusätzlich“ gewährt wurden).
Maßgeblich für die Beitragsbemessung sind nach den genannten Grundsätzen die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1 arbeitsvertraglich geregelten Entgeltmodalitäten im streitgegenständlichen Prüfzeitraum. Nach den Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag vom 31.07.2009 und vom 30.12.2014 hat der Kläger mit dem Beigeladenen zu 1 eine monatlich fixe Nettovergütung in Höhe von 1.300,- Euro bzw. – ab 01.01.2015 – in Höhe von 1.450,- Euro vereinbart und dabei ausdrücklich geregelt, dass dieser Betrag sowohl die „Bruttobezüge“ als auch die anfallenden Spesen in Höhe von 6,- Euro bzw. (ab 01.01.2015) in Höhe von 12,- Euro, bezugsberechtigt ab acht Arbeitsstunden, beinhalte. Da die Spesen nach der vertraglichen Regelung integraler Bestandteil des monatlich gleichbleibenden Nettolohnes sein sollten, liegt eine „zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern“ gezahlte Einnahme iSd § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV begrifflich nicht vor. Vielmehr wurden die Mehraufwendungen – siehe die Formulierung in den Zusatzvereinbarungen vom 31.07.2009 und vom 30.12.2014 – aus dem vertraglich vereinbarten Lohn finanziert, so dass es an dem Zusätzlichkeitserfordernis fehlt. Nach den Regelungen in den Zusatzvereinbarungen sollte der Beigeladene zu 1 in jedem Fall die vereinbarte monatlich gleichbleibende „fixe Nettovergütung“ erhalten, dies unabhängig davon, ob die „Spesen“, die erst ab einer täglichen Abwesenheit von acht Arbeitsstunden gezahlt werden sollten, anfallen würden oder nicht. Die Zahlungen des Klägers sind damit im vorliegenden Fall als einheitliche Gegenleistungen für die erbrachten Arbeiten des Beigeladenen zu 1 anzusehen und damit beitragspflichtig (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.03.2009 – L 9 KR 157/03 zur Beitragspflicht eines Verpflegungsmehraufwandes, der durch Abzug vom vereinbarten Gehalt gewährt wurde; Bayerisches LSG, Urteil vom 15.04.2008 – L 5 KR 68/07 R); die Verpflegungsmehraufwendungen wurden nicht zusätzlich zu der vereinbarten Entlohnung gewährt.
Eine Ausnahme nach § 17 SGB IV iVm § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SvEV liegt nicht vor, wonach dem Arbeitsentgelt Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG nicht zuzurechnen sind. Es handelt sich in allen Unterfällen des § 40 Abs. 2 EStG um Zuwendungen, die der Arbeitgeber pauschal mit 25 Prozent bzw. 15 Prozent zu versteuern berechtigt ist. Im Rahmen dieser Vorschrift ist beitragsrechtlich ein Zusätzlichkeitserfordernis nicht vorgesehen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.05.2016 – L 11 R 4048/15; Zieglmeier, a.a.O., § 14 SGB IV Rdnr. 104). Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG (hier idF vom 08.10.2009, gültig bis 31.12.2013) kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer abweichend von § 40 Abs. 1 EStG mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent erheben, soweit er Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen anlässlich einer Tätigkeit iSd § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 bis 4 EStG zahlt, soweit diese die dort bezeichneten Pauschbeträge um nicht mehr als 100 Prozent übersteigen. Nach der ab 01.01.2014 gültigen Rechtslage verweist § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG (idF vom 26.06.2013) auf Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen anlässlich einer Tätigkeit iSd § 9 Abs. 4a Satz 3 bis 6 EStG, soweit diese die dort bezeichneten Pauschalen um nicht mehr als 100 Prozent übersteigen. Da der Kläger dem Beigeladenen zu 1 die Verpflegungsmehraufwendungen nur im Umfang der steuerfreien Pauschalen gewährt hat, ist § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SvEV iVm § 40 Abs. 2 EStG nicht einschlägig, der sich nur auf Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen bezieht, die sich auf Beträge oberhalb der Pauschalen bis maximal mehr als 100 Prozent der Pauschbeträge belaufen (vgl. Werner, a.a.O., § 14 Rdnr. 128).
Einwände gegen die Höhe der erhobenen Beiträge wurden nicht erhoben; Anhaltspunkte dafür, dass diese nicht korrekt sein könnten, sind nicht ersichtlich. Da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind, kommt deren Aufhebung und die mit dem Berufungsantrag ebenfalls begehrte Rückerstattung der erhobenen Beiträge nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben