Medizinrecht

Disziplinarrecht, Patentprüfer (Lt. RD, Besoldungsgruppe A 16), Belästigung von weiblichen Auszubildenden sowie Mitarbeiterinnen des Reinigungs- und Sicherheitsdienstes des Patentamtes, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (außerdienstlich), Außerdienstliche Beziehung mit (gegenseitigen) Körperverletzungen und Beschimpfungen (ohne Disziplinarrelevanz), Außerdienstliche Beleidigung von Polizeibeamten („Gestapo-Beamte“), Zurückstufung in das Amt eines Oberregierungsrats

Aktenzeichen  16b D 19.316

Datum:
16.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6549
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BDG § 9
BDG § 13

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 19B DK 17.196 2018-12-17 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 17. Dezember 2018 wird abgeändert. Der Beklagte wird in das Amt eines Oberregierungsrats (BesGr. A 14) versetzt.
II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.  

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Wegen der begangenen Dienstvergehen war nicht auf die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen, sondern die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung, wie tenoriert, auszusprechen.
Der Beklagte hat ein einheitliches sowohl innerdienstliches als auch außerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Hinsichtlich des Verhaltens gegenüber der Zeugin A. ist eine Dienstpflichtverletzung nicht zu erkennen (2.1). Gleiches gilt für die Beleidigungen der Polizeibeamten im Rahmen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (2.2). Im Rahmen der dem Gericht obliegenden Maßnahmebemessung (§ 13 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG) ist die Zurückstufung um zwei Stufen in das Amt eines Oberregierungsrats die gebotene Maßnahme (3.)
1. In tatsächlicher Hinsicht steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen mit der unter 1.7 ausgeführten Einschränkung begangen hat.
1.1 Distanzlosigkeit und sexuell konnotierte Berührungen (Ohrläppchen und Knie) gegenüber der Auszubildenden W.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Angaben von Frau W. im Disziplinarverfahren sowie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren glaubwürdig sind (vgl. zu Zeugenaussagen im behördlichen Verfahren und deren Verwertung im gerichtlichen Verfahren: BVerwG, B.v. 17.6.2021 – 2 B 56.20 – juris Rn. 25). Danach ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Die damals 16 Jahre alte Frau W. begann 2004 ihre Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte Leiter des Aus- und Fortbildungsreferats. Frau W. war die einzige minderjährige Auszubildende in ihrem Ausbildungsjahr und musste wegen der Arbeitszeitregelungen jeden Tag eine halbe Stunde länger Mittagspause machen und dementsprechend abends auch länger bleiben. Frau W. war daher abends meist alleine im Büro. Der Beklagte suchte sie in dieser Zeit wiederholt in unregelmäßigen Abständen in ihrem Büro auf, um mit ihr zu reden. Frau W. empfand dies als unangenehm und fühlte sich belästigt, insbesondere da der Beklagte ihr beim Sprechen sehr nahekam. An einem nicht mehr bestimmbaren Tag sagte der Beklagte zu Frau W.: „Du bist eine tolle Frau.“
Während der Ausbildungszeit von Frau W. fand an einem nicht mehr bestimmbaren Tag ein Betriebsausflug statt. Der Beklagte begleitete Frau W. vom H. am W. Platz mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof. In der S-Bahn bot er ihr zunächst das „Du“ an. Als sie dann von der S-Bahn in den Zug umstieg, folgte ihr der Beklagte in den Zug und erklärte, dass er sie nach Hause bringe. Während der Zug noch eine Weile am Bahnhof stand, setzte sich der Beklagte auf den Sitzplatz gegenüber Frau W. und legte seine Hände auf ihre Knie. Erst nachdem sie ihm mehrfach erklärte, dass dies der letzte Zug sei und er nicht mehr nach Hause kommen würde, stieg der Beklagte schließlich aus dem Zug aus.
Am Ende der Ausbildungszeit von Frau W. teilte der Beklagte ihr wiederholt mit, dass er eine Stelle für sie im Aus- und Fortbildungsreferat habe. An einem nicht mehr bestimmbaren Tag rief er sie an und bat sie, in sein Büro zu kommen, um mit ihr über diesen Arbeitsplatz zu sprechen. Frau W. ging daraufhin in sein Büro und setzte sich dort auf einen Besucherstuhl. Der Beklagte beschrieb ihr die Tätigkeit und erklärte ihr, dass sie in diesem Fall in einem Büro gleich neben ihm sitzen würde. Er frage sie, ob sie sich eine solche Tätigkeit vorstellen könne. Während des Gesprächs stand der Beklagte plötzlich neben Frau W. und berührte sie am Ohrläppchen. Frau W. erschrak sehr, sprang auf und lief aus den Büro.
Die Versuche des Beklagten, die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Frage zu stellen, überzeugen den Senat nicht. Es mag für sich nicht ungewöhnlich sein, wenn sich der Leiter des Ausbildungs- und Fortbildungsreferats in unregelmäßigen Abständen bei einer Auszubildenden in deren Büro nach dem Stand der Ausbildung erkundigt. Wenn dies jedoch regelmäßig zu einem Zeitpunkt stattfindet, in dem die minderjährige Auszubildende allein ist und diese Gelegenheit dazu genutzt wird, dieser aus ihrer Sicht unangenehm nahe zu kommen, ist das ein inakzeptables Verhalten. Für den Senat steht fest, dass der Beklagte die sog. soziale Distanz (1,20 m bzw. eine Armlänge) nicht eingehalten hat. Zentimetergenaue Angaben zur tatsächlichen Distanz sind entgegen der Auffassung des Beklagten nicht erforderlich. Das Begleiten der Auszubildenden vom H. am W. Platz bis zum Hauptbahnhof zur Nachtzeit ist zur Überzeugung des Senats in erster Linie davon geprägt, dass der Beklagte die Nähe der jungen Frau suchte und es ihm daran gelegen war, die Situation auszunutzen. Entsprechend dieser Intention legte er im Zugabteil, in dem sich nur die beiden aufhielten, seine Hände auf die Knie der Auszubildenden. Dass das Begleiten aus Fürsorge erfolgt sein soll, nimmt der Senat dem Beklagten ebenso wenig ab, wie das Bestreiten des Berührens der Knie. Dass Frau W. zunächst keine Hilfe gesucht hat, spricht nicht gegen ihre Glaubwürdigkeit. Sie hat hierzu erklärt, dass sie sich nicht getraut habe, sie sei erst 16 Jahre alt und ihre damalige Ausbildungsleiterin noch nicht lange im Amt gewesen. Das vermag der Senat nachzuvollziehen. Der Umstand schließlich, dass Frau W. hinsichtlich des Ohrläppchens verschiedene Verben verwandte („massieren“ im Disziplinarverfahren; „berühren“ in der mündlichen Verhandlung) vermag deren Glaubwürdigkeit ebenfalls nicht zu erschüttern, zumal es sich nur um semantische Unterschiede handelt. Die Mutmaßung des Beklagten, Frau W. habe den im Haus über ihn kursierenden Gerüchten Glauben geschenkt und zu viel in fürsorgliche Gesten interpretiert, vermag die Überzeugungsgewissheit des Senats nicht zu mindern. Im Übrigen kann sich der Senat nicht ansatzweise vorstellen, was an dem Berühren eines Ohrläppchens während einer durch keinerlei Besonderheit geprägten dienstlichen Besprechung fürsorglich sein soll.
1.2 Distanzlosigkeit und sexuell konnotierte Berührungen (von Arm und Hand) gegenüber der Auszubildenden P.
Der Senat sieht es mit dem Verwaltungsgericht weiter als erwiesen an, dass der Beklagte der Auszubildenden P. bei der Besprechung eines Arbeitsergebnisses in seinem Büro sehr nahekam und mit seinem Oberarm ihren Oberarm berührte. Obwohl die Auszubildende auswich, folgte er ihr, berührte sie erneut am Oberarm und strich mit der linken Hand langsam über ihren Unterarm und die Hand (vgl. Niederschrift vom 4.4.2016, Bl. 239 der DA; sowie Protokoll Bl. 199 f. d. VG-Akte). Diese Aussage wird durch die Zeugin Pö. bestätigt, die ebenfalls bei der Besprechung des Arbeitsergebnisses anwesend war. Diese gab an, der Beklagte habe seine Hand auf die Hand von Frau P. gelegt und ihren Unterarm berührt. Diese Aussagen sind ohne weiteres mit den Angaben der Auszubildenden P. vereinbar. Der Senat nimmt dem Beklagten nicht ab, dass die Berührung am Oberarm unabsichtlich geschehen sein soll. Beide Zeuginnen geben an, dass der Beklagte der Auszubildenden folgte, die – um Abstand bemüht – ausgewichen war. Er suchte ein weiteres Mal Hautkontakt, wobei er offensichtlich durch den großen Ausschnitt, der von der Zeugin Pö. wiederholt thematisiert wird, angezogen worden war (vgl. Protokoll der m.V. vom 13.12.2018, S. 10: „hatte seinen Blick auf ihren Ausschnitt gerichtet“, „Ich empfand den Blick in den Ausschnitt damals schlimmer als die kurze Berührung des Unterarms.“). Was daran „väterlich gut gemeint“ sein soll, wenn der Beklagte trotz erkennbaren Ausweichens bzw. Widerwillens seine Hand auf die der Auszubildenden legt, vermag der Senat nicht ansatzweise zu erkennen. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Berührungen ausschließlich sexuell konnotiert waren.
1.3 Durch die Aussage der Zeugin M. ist zur Überzeugung des Senats weiter erwiesen, dass der Beklagte eine namentlich nicht bekannte Mitarbeiterin des Reinigungsdienstes im Untergeschoss des Dienstgebäudes immer wieder verfolgte, ihr in jeden Raum hinterherging und sie anfasste. Der Senat verkennt bei der Würdigung der Zeugenaussage nicht, dass der Beweiswert einer Zeugenaussage vom Hörensagen geringer ist als der eines Zeugen, der aus eigener Kenntnis zur Beweisfrage aussagen kann (BVerwG, B.v. 8.4.2008 – 8 B 5.08 – juris Rn. 7). Bei einer Auswertung der Aussagen von Frau M. vermag der Senat nicht festzustellen, dass diese die Schilderung der Reinigungskraft über die Belästigungen durch den Beklagten gewertet oder gedeutet habe, wie der Beklagte meint. Das zeigt sich gerade daran, dass der Begriff des „Anfassens“ ausgesprochen unscharf bleibt und gerade keiner Deutung zugeführt worden ist. Insoweit geht der Senat von einem lediglich oberflächigen Berühren aus.
1.4 Distanzlosigkeit und sexuell konnotierte Berührungen (Hand unter der Oberbekleidung und Versuch den BH zu öffnen) gegenüber Frau S. (Sicherheitsdienst)
Ausweislich der Aussagen der Zeugin sowohl im behördlichen Disziplinarverfahren als auch vor dem Verwaltungsgericht steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte seine Hand unter die Oberbekleidung von Frau S. schob und versuchte, deren BH zu öffnen. Dass sich Frau S. nur auf Vorhalt an den Vorfall erinnern konnte, spricht angesichts des längere Zeit zurückliegenden Geschehens nicht gegen ihre Überzeugungskraft. Die Bezeichnung „Bluse“ statt Pullover bei der Anhörung im Disziplinarverfahren konnte die Zeugin im Rahmen ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht richtigstellen: „Bloúza“ ist nach ihrer Erklärung im Griechischen der Begriff für jede Art von Oberbekleidung.
1.5 Distanzlosigkeit und sexuell konnotierte Berührung gegenüber Frau G. (Sicherheitsdienst)
Zur Überzeugung des Senats steht weiter fest, dass der Beklagte die Situation „ausnutzte“, als ihm Frau G. auf nachhaltige Bitten seinerseits schließlich erlaubte, ihr China-Öl auf dem Nacken aufzutragen, und seine Hände an ihrem Rücken bis zum Schulterblatt gleiten ließ. Als Frau G. ihn bat aufzuhören, zog er ihren Pulli vom Bund her hoch. Sie verließ daraufhin das Büro des Beklagten. Der Beklagte weist darauf hin, beim Verwaltungsgericht sei nur die Rede davon gewesen, dass er das Öl in ihrem rückwärtigen Halsbereich verteilt und dann mit der Hand ca. eine Handbreite in ihren Hemdkragen hineingeglitten sei. Der Senat vermag hier einen Widerspruch zur Aussage im behördlichen Disziplinarverfahren nicht zu erkennen. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch nicht von entscheidender Bedeutung, wie weit die Hand des Beklagten hineinglitt und wie viele Quadratzentimeter nackter Haut berührt wurden. Die Zeugin hatte ihm lediglich das Berühren des Nackens erlaubt. Alles, was darüber hinausging, ist als sexuelle Belästigung zu qualifizieren. Nachdem die Zeugin das Büro des Beklagten verlassen und ihren Kontrollgang im Erdgeschoss des Gebäudes aufgenommen hatte, traf sie den Beklagten vor dem Erste-Hilfe-Raum an. Er sprach Frau G. auf das dort befindliche Bett an, auf dem man liegen könne. Das dies – wie in der Berufungsbegründung anklingt – fürsorglich gemeint sein soll, ist angesichts der Vorgeschichte unglaubhaft. Wie Frau S. berichtet auch hier die Zeugin von der steten Präsenz des Beklagten. Er laufe den Putzfrauen und Mitarbeiterinnen des Sicherheitsdienstes hinterher, rede auf sie ein und wolle sie einladen. Die Frauen fühlten sich bei ihrer nächtlichen Arbeit im leerstehenden Gebäude ausgesprochen unwohl. Die Einlassung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, er sei stets nur freundlich gewesen und habe gegrüßt, wenn man sich zufällig tagsüber im Gang getroffen habe, hat der Senat zur Kenntnis genommen. Er schenkt dem jedoch keinen Glauben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Beklagte in den Abend- und Nachtstunden bewusst die Einsamkeit der Behörde nutzte, um den Frauen „nachzusteigen“.
1.6 Auch die Reinigungskraft Frau Y. berichtete über die stete Präsenz des Beklagten und dessen Aufdringlichkeit (Einladungen und das wiederholte Angebot, ihr bei der Arbeit zu helfen). Diese erschrak jedes Mal, wenn sie eine Person mit grauen Haare (wie sie der Beklagte hat) sah oder jemand die Tür des Büros öffnete, das sie gerade reinigte. Dieser Sachverhalt ist zur Überzeugung des Gerichts erwiesen, zumal sich Frau Y. in dieser Sache auch an die Regierungsdirektoren K. und Dr. Sch sowie die Kolleginnen S. und G. gewandt hatte und zeitnah entsprechend Aktenvermerke gefertigt wurden.
Der Beklagte führt hierzu in der Berufungsbegründung aus, sein Verhalten sei in keiner Weise geeignet gewesen, solche Ängste hervorzurufen, wie von der Zeugin beschrieben. Diese seien jedoch ggf. mit einer psychischen Erkrankung erklärbar. Die Zeugin habe im behördlichen Disziplinarverfahren angegeben, psychiatrische Probleme zu haben, die wohl ihren Grund in häuslicher Gewalt hätten. Das mag sein, lässt aber den Vorwurf der Belästigung nicht entfallen. Hinsichtlich der Aussage von Frau G., dass Frau Y. nur ihre grauen Haare gesehen habe und sofort angefangen habe zu zittern und zu weinen, merkt der Bevollmächtigte des Beklagten an, die Zeugin habe bei ihrer Einvernahme vor dem Verwaltungsgericht keine grauen Haare gehabt. Sofern er damit andeuten wollte, die Zeugin habe gelogen, ist dieser Einwand durch die im Disziplinarakt (Ordner 1, Bl. 21) befindlichen Kopie des Dienstausweises widerlegt. Dort sind die grauen Haare der Zeugin deutlich zu erkennen.
1.7 Hinsichtlich des Vorwurfs, der Beklagte habe am 8. Juni 2015 vor der Reinigungskraft Y. seine Hose geöffnet und versucht, auch seinen Gürtel zu öffnen, ist der Beklagte freizustellen. Der Senat folgt insoweit der Begründung des angefochtenen Urteils (UA S. 31 f.). Eine weitere eigene Begründung ist entbehrlich; die Beteiligten stellen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des erstinstanzlichen Gerichts insoweit auch nicht in Frage.
1.8 Zusammenfassend ist zu 1.4 bis 1.7 auszuführen:
Das Verteidigungsvorbringen des Beklagten erschöpft sich hinsichtlich der Damen Y., G. und S. darauf, dass die sexuelle Belästigung der Zeugin Y. am 8. Juni 2015 nicht erwiesen sei. Dieser Vorfall sei aber Auslöser für die Aussagen der Zeuginnen gewesen, welche zugleich unter dem Eindruck des Berichts ihrer Kollegen gestanden hätten, der Beklagte bewahre Nacktfotos mit Bildern von Kolleginnen in seinem Büro auf. Die Belästigungen hätten so nicht stattgefunden, sondern sich aufgrund der falschen Gerüchte des sonstigen als merkwürdig empfundenen Verhaltens des Beklagten in deren Erinnerung eingeschlichen. Dem vermag der Senat ebenso wenig wie das Verwaltungsgericht zu folgen.
1.9 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
Hinsichtlich des Vorwurfs II.2.a (6) der Disziplinarklage (S. 27) können gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 57 Abs. 2 BDG die im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 9. Oktober 2013 getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden. Anlass, von diesen Feststellungen abzuweichen, besteht nicht, zumal der Beklagte den ihm insoweit vorgeworfenen Sachverhalt im behördlichen Disziplinarverfahren und auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeräumt hat.
Danach steht folgender Sachverhalt fest:
„Am 1. März 2013 gegen 23.45 Uhr wurden die Polizeibeamten R. und L. aufgrund einer Auseinandersetzung zwischen Ihnen und der Geschädigten A. … gerufen. Nachdem Sie sich gegenüber dem anwesenden Rettungssanitäter aggressiv verhielten, wurden Ihnen Handschellen angelegt. Hierauf ließen Sie sich zu Boden fallen und wälzten sich schreiend am Boden. Ihnen wurde sodann eröffnet, dass Sie in Schutzgewahrsam genommen und zur Dienststelle verbracht werden sollen. Der Aufforderung durch die Polizeibeamten, in den Streifenwagen einzusteigen, leisteten Sie keine Folge. Sie versuchten sich mehrfach loszureißen und konnten nur durch Anwendung unmittelbaren Zwangs in den Streifenwagen verbracht werden.
Nach Ankunft an der Polizeiinspektion …leisteten Sie der Aufforderung, aus dem Streifenwagen auszusteigen, keine Folge. Sie sperrten sich zunächst im Fahrzeug, woraufhin Sie von den Polizeibeamten aus dem Fahrzeug gezogen werden mussten. Sodann weigerten Sie sich, selbständig zur Dienststelle zu gehen, woraufhin Sie dorthin getragen werden mussten. Während der anschließenden Durchsuchung traten Sie wiederholt mit den Beinen um sich.“
Belegt durch Zeugenaussagen ist ferner, dass der Beklagte im Rahmen der oben beschriebenen Widerstandshandlungen die Beamten mit „Gestapo-Beamte“ titulierte. Diese verzichteten indes auf Strafanträge.
1.10 Mit den Sachverhalten 1.1 bis 1.6 hat der Beklagte ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen begangen. Das gilt auch für das Berühren des Knies am Abend des Gemeinschaftsausflugs, wenngleich es außerhalb des Dienstgebäudes am Hauptbahnhof stattfand. Durch sein Verhalten hat er gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten aus § 34 Satz 3 BeamtStG und gegen das für ihn als Beschäftigten (§ 7 Abs. 3, § 24 Nr. 1 AGG) geltende Verbot der sexuellen Belästigung aus § 3 Abs. 4 AGG verstoßen (1.10.1). Daneben hat er mit dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte auch ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.10.2).
1.10.1 Nach den Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes werden sexuelle Belästigungen auch durch Beschäftigte erfasst (vgl. 7 Abs. 3 AGG) und deren Rechtswidrigkeit normativ festgelegt. Nach § 3 Abs. 4 AGG ist eine sexuelle Belästigung eine Benachteiligung, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Maßgeblich dafür, ob ein Verhalten als dienstpflichtwidrig zu qualifizieren ist, sind die Umstände des Einzelfalls. Das Tatbestandsmerkmal der Unerwünschtheit erfordert dabei nicht, dass dem Belästigenden die ablehnende Einstellung zu den fraglichen Verhaltensweisen zuvor aktiv verdeutlicht wurde. Maßgeblich ist allein, ob die Unerwünschtheit der Verhaltensweise objektiv erkennbar war. Ausreichend ist, dass der Handelnde aus der Sicht eines objektiven Beobachters davon ausgehen kann, dass das Verhalten unter den gegebenen Umständen von der/dem Betroffenen nicht erwünscht ist oder nicht akzeptiert wird (BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 2 WD 13.16 – juris Rn. 85 unter Berufung auf BT-Drucks. 16/1780, S. 33 und BAG, U.v. 9.6.2011 – 2 AZR 323/10 – juris). Eine Handlung ist sexuell, wenn sie nach ihrem äußeren Erscheinungsbild für das allgemeine Verständnis eine Beziehung zum Geschlechtlichen aufweist. Auch insoweit gilt nur der Maßstab eines objektiven Betrachters; auf die subjektive Sicht des Handelnden kommt es nicht an (Schrader/Schubert in Däubler/Beck, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, 5. Aufl. 2022, § 3 Rn. 87; v. Roetteken, AGG; Stand: Februar 2022, § 3 Rn. 322; Serr in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Stand: Neubearbeitung 2020, § 3 Rn. 52). Als Beispiele für sexuelle Handlungen werden Umarmungen oder das Arm umlegen, wenn es objektiv unerwünscht und sexuell bestimmt ist, genannt. Hierzu gehört auch, wenn ein Vorgesetzter die am Arbeitsplatz allgemein übliche minimale körperliche Distanz zu seinen Mitarbeitern regelmäßig nicht wahrt, sondern diese gezielt unnötig und wiederholt anfasst bzw. berührt oder gar sich mit seinem Körper an diese „heran drängelt“ (Serr a.a.O. Rn. 53).
Nach diesen rein objektiven Maßstäben ist das Verhalten des Beklagten, der sich den ihm untergebenen Mitarbeiterinnen immer wieder ohne Einhaltung eines ausreichenden Sozialabstands genähert und sie an Ohrläppchen, Handrücken, Arm, Schultern oder Knie berührt hat, zweifellos als sexuelle Belästigung zu qualifizieren. Eines Hinweises der Betroffenen bedurfte es hierfür nicht. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Beklagte stets beteuert, es sei nicht seine Absicht gewesen, die betroffenen Frauen in irgendeiner Weise zu belästigen. Soweit das Verhalten des Beklagten vor Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes stattfand, war es gleichwohl nach § 34 Satz 3 BeamtStG dienstpflichtwidrig.
1.10.2 Durch den Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte hat der Beklagte nicht nur gegen Strafvorschriften verstoßen, sondern auch gegen die Pflicht, durch sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Bei dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte handelt es sich um ein außerdienstliches Fehlverhalten, denn es war weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 29; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 10, BayVGH, U.v. 23.7.2014 – 16a D 12.2519 – juris Rn. 52).
Das Dienstvergehen des Beklagten erfüllt auch die qualifizierenden Voraussetzungen, die § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG an die Disziplinarwürdigkeit eines Fehlverhaltens außerhalb des Dienstes stellt. Danach ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Das Merkmal „in besonderem Maße“ bezieht sich auf die Eignung zur Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung. Es ist nur erfüllt, wenn das Verhalten des Beamten in quantitativer oder qualitativer Hinsicht über das für eine jede Eignung vorausgesetzte Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung hinausgeht. Ist eine derart qualifizierte Möglichkeit der Beeinträchtigung gegeben, kommt es weiterhin darauf an, ob diese Beeinträchtigung bedeutsam wäre. Das Merkmal „in bedeutsamer Weise“ bezieht sich auf den „Erfolg“ der möglichen Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung. Die zur Beeinträchtigung in besonderem Maße geeignete Pflichtverletzung ist bedeutsam, wenn sie qualitativ das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß an disziplinarrechtlicher Relevanz deutlich überschreitet. Die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens muss sich entweder auf das Statusamt des Beamten oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen (BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 8 ff.; U.v. 19.8.2010 – 2 C 13.10 – juris Rn. 13 f.).
Ausgehend hiervon war das außerdienstliche Verhalten des Beklagten in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beschädigen. Allerdings weist der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte keinen Bezug zu seinem Statusamt als Leitender Regierungsdirektor beim Patentamt auf. Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte lässt insbesondere keine nachteiligen Rückschlüsse auf die Erfüllung seiner Dienstpflichten zu. Die disziplinare Relevanz folgt aber aus dem erheblichen Schaden für das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung. Ein solcher ist bei einem erstmaligen außerdienstlichen Fehlverhalten eines Beamten regelmäßig schon dann anzunehmen, wenn das außerdienstliche Verhalten der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist. Das ist der Fall, wenn es mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bedroht ist und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt, weil er nach den konkreten Umständen des Falles erkennbar nicht an der unteren Schwelle liegt. Durch die Festlegung eines solchen Strafrahmens bringt der Gesetzgeber verbindlich zum Ausdruck, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Beamtentums in einer Weise beschädigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U.v. 28.7.2011 – 2 C 16.10 – juris Rn. 24; U.v. 19.8.2010 a.a.O. Rn. 17 f.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist in § 113 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.
2. Die Nachstellungen (wiederholtes Aufsuchen an der Arbeitsstelle), Beleidigungen („Hure“, „Schwein“, Arschloch“, „Schlampe“) und Körperverletzungen (Ohrfeigen und Treten) zu Lasten von Frau A., mit der der Beklagte ab Februar 2009 eine außereheliche Beziehung pflegte, sind ersichtlich dem außerdienstlichen Bereich zuzuordnen und stellen kein Dienstvergehen dar (2.1). Gleiches gilt für die Beleidigungen der Polizeibeamten („Gestapo-Beamte“; 2.2)
2.1 Hinsichtlich des Nachstellens ist ein strafbares Verhalten bereits nicht zu erkennen, da das häufige Aufsuchen an den Arbeitsstellen von Frau A. nicht den Straftatbestand des § 238 StGB in der Fassung vom 31. März 2007 bis 9. März 2017 erfüllt. Danach machte sich strafbar, wer einem Menschen unbefugt nachstellte und dadurch dessen Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigte. Eine solche Beeinträchtigung wurde erst angenommen, wenn das Opfer beharrlicher Nachstellungen seine Lebensweise aufgrund der Einwirkungen des Täters erheblich änderte, etwa durch Umzug, Wechsel des Arbeitsplatzes, stetes Verdunkeln der Wohnung oder Verlassen derselben nur noch im Beisein Dritter (vgl. Mosbacher, NJW 2017, 983 m.w.N.). Ein derartiger Taterfolg ist hier nicht eingetreten und auch nicht Gegenstand des Disziplinarklage.
Hinsichtlich der Beleidigungen und Körperverletzungen sind zwar aufgrund des Strafrahmens (s.o.) die qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt. Gleichwohl überschreiten die Pflichtverletzungen im vorliegenden Einzelfall wegen des Beziehungscharakters der Taten vor dem Hintergrund einer wohl recht leidenschaftlichen On-Off-Beziehung mit gegenseitigen Verletzungen und Beleidigungen weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht das Maß an disziplinarer Relevanz. So hat die Zeugin den Beklagten mit Ihrem Zigarettenetui (Metall) und ihrer Handtasche geschlagen und verletzt. Sie äußerte: „Weißt du, was du bist, du bist eine Witzfigur, schau dich mal im Spiegel an!“ und „Der Mensch der mich schlägt, ist noch nicht geboren!“. Die Verhaltensweisen des Beklagten sind disziplinarisch nicht bedeutsam, zumal es hinsichtlich der Beleidigungen es an einem Strafantrag (§ 194 StGB – sog. absolutes Antragsdelikt) fehlt. Es geht dabei insgesamt um Fälle, für aus strafrechtlicher Sicht kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Die Körperverletzungen, die lediglich den Grundtatbestand des § 223 StGB, jedoch keinen qualifizierten Straftatbestand erfüllen, liegen unter der Ebene des Dienstvergehens (vgl. hierzu auch Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: Auf. 2021, MatR/II Rn. 431). Das wird insbesondere dadurch deutlich, dass Frau A. auf einen Strafantrag verzichtet hat und die Staatsanwaltschaft München I keinen Anlass sah, das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen zu bejahen (vgl. Verfügung vom 22.5.2014 im Verfahren 265 Js 123856/14, S. 136).
2.2. Da die Polizeibeamten hinsichtlich der Bezeichnung „Gestapo-Beamte“ sämtlich auf einen Strafantrag verzichtet haben, gilt das unter 2.1 Ausgeführte entsprechend.
3. Bei der Gesamtwürdigung aller belastenden und entlastenden Gesichtspunkte sieht der Senat eine Zurückstufung des Beklagten um zwei Stufen in das Amt der Besoldungsgruppe A 14 als erforderlich, aber auch ausreichend an.
3.1 Welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten. Aus den gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Sicherung der Funktion des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten.
Bei der Gesamtwürdigung sind die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 BDG zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (BVerwG, U.v. 2.12.2021 – 2 A 7.21 – juris Rn. 46 f.)
3.2 Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Zurückstufung des Beklagten um zwei Stufen die angemessene Maßnahme.
Bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ist eine Regeleinstufung nicht angezeigt. Die Variationsbreite sexueller Zudringlichkeiten im Dienst ist zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden könnten. Stets sind die besonderen Umstände des Einzelfalls maßgebend. In schweren Fällen innerdienstlicher sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern, insbesondere wenn der Beamte unter Ausnutzung seiner Vorgesetzteneigenschaft versagt und dadurch nicht nur seine Integrität in der Dienststelle weitgehend einbüßt, sondern auch sein Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn schwer erschüttert ist, kann sich grundsätzlich die Frage seiner weiteren Tragbarkeit im öffentlichen Dienst stellen, während in minderschweren Fällen eine mildere Disziplinarmaßnahme verhängt werden kann (BVerwG, B.v. 16.7.2009 – 2 AV 4.09 – juris Rn. 22; BayVGH, U.v. 13.7.2011 -16a D 10.565 – juris Rn. 64; vgl. BVerwG, U.v. 22.4.2021 – 2 WD 15.20 – juris Rn. 35 m.w.N.: Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet im Soldatenrecht eine Herabsetzung im Dienstgrad). Das einzelne Fehlverhalten des Beklagten ist nach seiner Schwere dem weniger (leichte Berührungen an Ohrläppchen, Arm, Hand und Knie) oder dem mittelschweren Bereich (Versuch den BH zu öffnen, Hineingleiten mit der Hand über den Nacken hinaus) zuzuordnen. Erschwerend wirkt der weitere Verstoß gegen allgemeine Verhaltenspflichten, wie das Verbot des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2020 – 2 WD 1.20 – juris Rn. 23: Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet im Soldatenrecht die Dienstgradherabsetzung).
Gegen den Beklagten spricht in erster Linie seine dienstliche Stellung. Er hat als Leitender Regierungsdirektor eine herausgehobene Stellung innerhalb des Patentamts bzw. des öffentlichen Dienstes. Das ist ein erschwerendes Moment, zumal der Beklagte – zum Zeitpunkt der Dienstpflichtverletzungen – noch Vorgesetzter der Auszubildenden war und die Dienstpflichtverletzungen im Zusammenhang mit seinem Amt standen (Conrad in Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: Aug. 2021, MatR/I Rn. 80). Zudem hat der Beklagte gegenüber den ihm intellektuell weit unterlegenen Frauen seine Stellung als angeblicher „Chef des Hauses“ betont und damit das bestehende „Machtgefälle“ noch vergrößert. Die ansonsten pflichtgemäße Dienstausübung und die durch die dienstlichen Beurteilungen bewerteten Leistungen des Beklagten sind für sich nicht geeignet, den gravierenden Pflichtenverstoß in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 12.2.2019 – 2 B 6.19 – juris Rn. 4).
Im Rahmen der Gesamtschau der den Beklagten be- und entlastenden Umstände ist deshalb – auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und des Eindrucks von ihm, den der Senat in der mündlichen Verhandlung gewinnen konnte – eine deutliche Pflichtenmahnung in Form der Zurückstufung des Beklagten um zwei Stufen geboten. Diese Disziplinarmaßnahme ist schuldangemessen und im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens und den damit einhergehenden Vertrauensschaden verhältnismäßig.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO.
5. Die Revision wird nicht zugelassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (§ 69 BDG, § 132 Abs. 2 VwGO, § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG).


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