Medizinrecht

Einstweilige Anordnung, Verwaltungsgerichte, Glaubhaftmachung, Ärztliches Attest, Antragsgegner, Prozeßbevollmächtigter, Vorläufiger Rechtsschutz, Streitwertfestsetzung, Vorläufige Feststellung, Prozeßkostenhilfeverfahren, Festsetzung des Streitwerts, Streitwertkatalog, Streitwertbeschwerde, Gemeinschaftspraxis, Eilbedürftigkeit, Wert des Beschwerdegegenstandes, Sorgfaltspflicht, Unzumutbarkeit, Antragstellers, Kostenentscheidung

Aktenzeichen  RN 5 E 21.287

Datum:
26.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 3402
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BaylfSMV § 18 Abs. 2 S. 1 11
VwGO § 123 , § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Es wird vorläufig festgestellt, dass die Antragstellerin von der gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 der 11. BayIfSMV geltenden Maskenpflicht auf dem Schulgelände gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 11. BayIfSMV aus gesundheitlichen Gründen befreit ist.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (11. BayIfSMV) in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts geltenden Fassung aus gesundheitlichen Gründen von der nach § 18 Abs. 2 Satz 1 der 11. BayIfSMV bestehenden Maskenpflicht auf dem Schulgelände befreit ist.
Die am … geborene Antragstellerin besucht die 1. Klasse der Grundschule …, an der seit dem 22.1.2021 wieder Wechselunterricht stattfindet.
Bereits am 24.9.2020 wurde ihr seitens Dr. med.  … (Facharzt für Innere Medizin) eine Befreiung von der Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen attestiert. Dieses Attest wurde von der Schulleitung zunächst akzeptiert. Nachdem der Antragstellerin dann mitgeteilt wurde, dass das Attest künftig nicht mehr akzeptiert werden könne, legte sie ein weiteres Attest vom 26.10.2020 desselben Arztes vor, wonach die Antragstellerin unter der Mund-Nasen-Bedeckung unter Dyspnoe, Cephalgie, Vertigo und Somnolenz leide. Deshalb sei sie von der Maskenpflicht befreit. Da auch dieses Attest von der Schule nicht akzeptiert wurde, legte die Antragstellerin ein Attest vom 20.11.2020 der „Gemeinschaftspraxis …“, … vor, das von Y* … (Facharzt für Allgemeinmedizin) unterzeichnet ist. Darin werden die Diagnosen Atemnotzustand (J80.09), Hyperkapnie (R06.88), systemischer Sauerstoffmangel durch mechanische Atmungsbehinderung (T71), Übelkeit und Erbrechen (R11) gestellt. Danach werde nach einer am Ausstellungstag des Attests stattgefundenen allgemeinmedizinischen Untersuchung festgestellt, dass bei der Antragstellerin eine medizinische Begründung für eine Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes während des Unterrichts vorliege. Auch dieses Attest wurde seitens der Schule nicht akzeptiert. Unter Einschaltung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin einigten sich die Beteiligten jedoch dahingehend, dass die Antragstellerin künftig eine Plexiglasmaske trage, was dann auch so praktiziert wurde.
Am 11.12.2020 trat dann der überarbeitete Rahmenhygieneplan für Schulen in Kraft. Danach entsprechen Klarsichtmasken aus Kunststoff regelmäßig nicht den Anforderungen an eine Mund-Nasen-Bedeckung.
Nachdem in der Folgezeit die Grundschule der Antragstellerin aufgrund des Lockdowns vollständig geschlossen war, wurde der Schulunterricht am 22.2.2021 in Form des Wechselunterrichts wiederaufgenommen. Die Antragstellerin legte der Schulleitung deshalb ein weiteres Attest von  … vom 15.2.2021 vor. Auch dieses Attest wurde seitens der Schulleitung erneut nicht anerkannt. In dem Attest ist Folgendes ausgeführt:
„Nach heutiger, nochmaliger allgemeinmedizinischer Untersuchung wird festgestellt, dass bei o.g. Patientin (der Antragstellerin) eine medizinische Begründung für eine Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes vorliegt.
Diagnosen: Atemnotzustand (J80.09), Hyperkapnie (R06.88), regulatorischer Hypercortisolismus (E24.9), systemischer Sauerstoffmangel durch mechanische Atmungsbehinderung (P71), Atemschwäche (R06.0).
Nachvollziehbare Gründe: Das Aufziehen der Maske verursacht durch den Maskenwiderstand nach kurzer Zeit Atemnot, die durch den ansteigenden CO2-Spiegel noch gesteigert wird. CO2-Anstieg erweitert die Blutgefäße, die durch Cortisolausschüttung kompensatorisch wieder kontrahiert werden. Zusätzlich liegt hier eine nachgewiesene Atemschwäche vor. …“
Am 22.2.2021 ließ die Antragstellerin daraufhin einen Eilrechtschutzantrag nach § 123 VwGO stellen. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der 11. BayIfSMV seien Personen von der Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen zu müssen, befreit, denen es aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar sei, eine Maske zu tragen. Die gesundheitlichen Gründe könnten insbesondere durch eine ärztliche Bescheinigung glaubhaft gemacht werden. Diese Glaubhaftmachung sei jedenfalls mit dem Attest vom 15.2.2021 erfolgt.
Die Antragstellerin beantragt,
vorläufig festzustellen, dass die Antragstellerin von der gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 der 11. BayIfSMV geltenden Maskenpflicht auf dem Schulgelände gemäß § 2 Nr. 2 der 11. BayIfSMV aus gesundheitlichen Gründen befreit ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es bestehe zwar ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit), allerdings sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die ersten beiden Atteste seien ohnehin nicht aussagekräftig. Die nachfolgenden Atteste von … seien ebenfalls nicht geeignet, gesundheitliche Gründe glaubhaft zu machen, die eine Befreiung von der Maskenpflicht rechtfertigen könnten. So erstaune es schon, dass bereits knapp drei Monate nach der ersten Vorstellung der Antragstellerin und dem Ausstellen eines Attestes durch den Arzt … neue Diagnosen gestellt worden seien (regulatorischer Hypercortisolismus und Atemschwäche), die offenbar bei der ersten Vorstellung nicht festgestellt worden seien. In seiner Antragserwiderung stellt der Antragsgegner ferner ausführlich dar, warum die in den Attesten von … gestellten Diagnosen zweifelhaft seien. Auch seien keine Grunderkrankungen beschrieben, sondern lediglich Symptome, die gerade keiner Erkrankung zugeordnet werden könnten, wie etwa die Kurzatmigkeit nach R06.01 oder der systemische Sauerstoffmangel durch mechanische Atmungsbehinderung nach T71.
Schließlich bestünden auch bei Betrachtung der Person des ausstellenden Arztes der Atteste vom 20.11.2020 und vom 15.2.2021 erhebliche Bedenken im Hinblick auf die Geeignetheit der Atteste, eine Befreiung von der Maskenpflicht glaubhaft zu machen. Der ausstellende Arzt protestiere nach den Erkenntnissen der Passauer Neuen Presse (PNP) öffentlich gegen Corona-Maßnahmen. So sei er bei zwei Demonstrationen auf dem … Stadtplatz als Redner aufgetreten. Dabei habe er die Ansicht verbreitet, dass die Maske kontraproduktiv sei, da durch das Tragen das Immunsystem der Menschen geschwächt würde. Ferner habe er im Wartebereich der Gemeinschaftspraxis in … Aushänge angebracht, die ihn und vier Mitarbeiter von der Maskenpflicht eigenmächtig befreien würden, was sich aus einem Artikel der PNP vom 15.1.2021 ergebe. Aufgrund dessen verhärte sich der Eindruck, dass der die Atteste ausstellende Arzt das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung generell als kritisch ansehe und Atteste ohne Betrachtung des Einzelfalles und der sich für jeden Patienten differenziert darstellenden medizinischen Besonderheiten erstelle.
Im Eilrechtschutzverfahren ließ die Antragstellerin ein weiteres Attest der Kinderärztin Dr. med. Z. vom 25.2.2021 vorlegen. Danach leide die Antragstellerin beim längeren Tragen des Mund-Nasenschutzes unter subjektiver Atemnot mit Schwindelgefühl, Übelkeit und Erbrechen. Deshalb solle es ihr ermöglicht werden, während des Unterrichts die Mund-Nasen-Bedeckung abzunehmen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die seitens des Antragsgegners per Fax übermittelten Akten der Schule Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt der begehrten vorläufigen Feststellung ist zulässig und auch begründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind darüber hinaus nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung).
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit ist. Zwischen ihnen besteht somit ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO, sodass in der Hauptsache eine Feststellungsklage statthaft wäre, was im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dazu führt, dass zur Absicherung des Feststellungsanspruchs in der Hauptsache der Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt werden kann, vgl. § 123 Abs. 5 VwGO.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrundes (Eilbedürftigkeit) als auch eines Anordnungsanspruchs. Ferner besteht hier die Besonderheit, dass im Falle der Gewährung von Eilrechtschutz die Hauptsache vorweggenommen würde, was dem Wesen des vorläufigen Rechtsschutzes widerspricht. Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnte (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123, Rn. 13 m.w.N. aus Rspr. und Lit.). Dies wäre hier jedoch der Fall; denn selbst die vorläufige Feststellung der begehrten Art bis zur Entscheidung über die Hauptsacheklage, die noch nicht erhoben worden ist, würde die Hauptsache im Hinblick auf die zeitlich begrenzte Geltung der Maskenpflicht in Schulen (vgl. § 29 der 11. BayIfSMV) vorwegnehmen. Andererseits ist es anerkannt, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache, dann möglich ist, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (vgl. BVerfG, B.v 25.10.1988 – 2 BvR 745/88 – juris = BVerfGE 79, 69; BVerwG, U.v. 18.4.2013 – 10 C 9.12 – juris = BVerwGE 146, 189; BVerwG, B.v. BVerwG, B.v. 13.8.1999 – 2 VR 1.99 – juris = BVerwGE 109, 258; Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123, Rn. 14).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
a) Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erscheint es unter Würdigung insbesondere des ärztlichen Attests vom 15.2.2020 überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat, dass ihr das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf dem Schulgelände aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist.
Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 der 11. BayIfSMV besteht auf dem Schulgelände und in allen Angeboten der Notbetreuung Maskenpflicht. Somit sind sämtliche Personen, die sich auf dem Schulgelände aufhalten, nach § 1 Abs. 2 der 11. BayIfSMV verpflichtet, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 11. BayIfSMV sind allerdings Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, von der Trageverpflichtung befreit; die Glaubhaftmachung erfolgt bei gesundheitlichen Gründen insbesondere durch eine ärztliche Bescheinigung, die die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie den Grund, warum sich hieraus eine Befreiung der Tragepflicht ergibt, enthält.
Insbesondere das vorgelegte Attest vom 15.2.2021 enthält eine fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes der Antragstellerin (Diagnose), die entsprechenden ICD-10-Klassifizierungen sowie eine zusammenhängende auf den Einzelfall der Antragstellerin bezogene textliche Beschreibung des Grundes für die Befreiung von der Tragepflicht. Die gestellten Diagnosen beruhen ausweislich des Attests auf einer allgemeinmedizinischen Untersuchung, die am Ausstellungstag stattgefunden habe. Es entspricht mithin den Anforderungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Hs. 2 der 11. BayIfSMV.
Soweit der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung darlegt, die Atteste würden keine Grunderkrankungen nennen, sondern lediglich Symptome, so ist einerseits darauf hinzuweisen, dass die Angabe einer Grunderkrankung nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 11. BayIfSMV auch nicht erforderlich ist. Ausreichend ist insoweit die Angabe der Diagnose und die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10. Diese Angaben enthalten die Atteste von  … Ferner enthalten die Atteste den Grund, warum sich aus den gestellten Diagnosen eine Befreiung von der Tragepflicht ergibt. Das Aufziehen der Maske verursache durch den Maskenwiderstand nach kurzer Zeit Atemnot, die durch den ansteigenden CO2-Spiegel noch gesteigert werde. CO2-Anstieg erweitere die Blutgefäße, die durch Cortisolausschüttung kompensatorisch wieder kontrahiert würden.
Nach alledem genügt jedenfalls das Attest vom 15.2.2021 zur Glaubhaftmachung einer Befreiung von der Maskenpflicht.
Soweit der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung den Inhalt der ärztlichen Diagnosen anzweifelt, ist festzustellen, dass weder der Antragsgegner noch das Gericht über die Fachkunde verfügen, die ärztlichen Diagnosen zu verifizieren. Die 11. BayIfSMV geht zu Recht davon aus, dass letztendlich nur Ärzte über die erforderliche Fachkunde verfügen, gesundheitliche Gründe, die die Befreiung von der Maskenpflicht rechtfertigen können, glaubhaft zu machen.
Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es begründete Zweifel an der medizinischen Vertretbarkeit der ärztlichen Diagnosen, am Bestehen eines Zusammenhangs zwischen den diagnostizierten Erkrankungen und einer Befreiung von der Maskenpflicht und an der Beachtung ärztlicher Sorgfaltspflichten bei der Ausstellung der Atteste gibt. Diese ergeben sich zum Teil schon aus dem Attest vom 15.2.2021 selbst; denn dort ist ausgeführt, dass das Maskentragen insgesamt bei allen Kindern und Jugendlichen vor der Pubertät gesundheitliche Schäden hinterlasse und nach § 2 der jeweils aktuellen Coronaverordnung unzumutbar sei. Wer in diesem Fall auf Maskentragen bestehe, sollte wegen verursachter Körperverletzung angezeigt werden. Aus diesen im Attest enthaltenen Äußerungen lässt sich entnehmen, dass der unterzeichnende Arzt offenbar ein „genereller Maskenverweigerer“ ist, der das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vollumfänglich ablehnt, ohne dass hierfür besondere und im Einzelfall geltende medizinische Gründe aufgeführt werden müssten. Gleichwohl ist festzustellen, dass im Falle des Attests vom 15.2.2021 solche auf den Einzelfall bezogenen Gründe konkret aufgeführt sind.
In seinem Beschluss vom 26.11.2020 (20 CE 20.2985 – (noch) nicht veröffentlicht) geht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Einhaltung der ärztlichen Sorgfaltspflichten bei der Ausstellung von Attesten sowie Fragen der medizinischen Vertretbarkeit der ärztlichen Diagnose im Eilrechtschutzverfahren vom Verwaltungsgericht nicht geprüft werden können. Ob ein Attest den Gesundheitszustand der betreffenden Person zutreffend wiedergebe, sei eine Frage, die ggf. durch Anordnung der Beibringung eines schulärztlichen Zeugnisses entsprechend § 20 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Schulordnung (BaySchO) geklärt werden müsse. Danach kann die Schule die Vorlage eines schulärztlichen Zeugnisses verlangen, wenn sich krankheitsbedingte Schulversäumnisse einer Schülerin oder eines Schülers häufen oder Zweifel an der Erkrankung bestehen. Ferner führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus, dass ein eventuelles Fehlverhalten eines Arztes bei der Ausstellung von Attesten auch im Rahmen eines Strafverfahrens nach § 278 StGB (Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse) geklärt werden könne. Ferner ist seitens der entscheidenden Kammer darauf hinzuweisen, dass auch die Berufsvertretungen der Ärzte (ärztliche Kreisverbände, ärztliche Bezirksverbände und Landesärztekammer, vgl. Art. 1 HKaG) nach Art. 2 Abs. 1 HKaG die Aufgabe haben, die Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten zu überwachen, sodass mögliche Verstöße auch dort zur Anzeige gebracht werden können. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Beschluss vom 26.11.2020 fort, dass – sofern die Anforderungen, die der Verordnungsgeber mit § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Hs. 2 der 11. BayIfSMV an die Glaubhaftmachung der Befreiungsgründe stelle, erfüllt seien – eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Befreiungsgrund bestehe (vgl. auch BayVGH, B.v. 10.12.2020 – 20 CE 20.2868 – juris, Rn. 16; B.v. 26.10.2020 – 20 CE 20.2185 – juris, Rn. 19). Eine darüberhinausgehende inhaltliche Überprüfung eines Attests sei jedenfalls im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens weder möglich, noch angezeigt.
Nach alledem ist ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
b) Ferner ist auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht; denn die begehrte Feststellung ist eilbedürftig, weil die Antragstellerin ohne die begehrte Feststellung das Betreten der Schule ohne Maske verweigert werden würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG und den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Dabei macht das Gericht von der in Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, den Streitwert des Hauptsacheverfahrens festzusetzen, da das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz die Hauptsacheentscheidung vorwegnimmt.


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