Medizinrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis, Einnahme von Medizinal-Cannabis, Verstoß gegen das Trennungsgebot, Konsum abweichend von der ärztlichen Anweisung, Nichtvorlage des geforderten ärztlichen Attests, Beendigung der Therapie, Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung im Widerspruchsverfahren

Aktenzeichen  11 CS 22.158

Datum:
31.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 8517
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 11 Abs. 7 Anlage 4 Nr. 9.4, 9.6.2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 7 S 21.2297 2021-12-21 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Entziehung ihrer Fahrerlaubnis und der Verpflichtung zur Ablieferung ihres Führerscheins.
Am 2. Oktober 2020 hielt eine zivile Streifenbesatzung die Antragstellerin mit ihrem Fahrzeug in Nö. wegen mehrerer Fahrfehler bei einer Nachfahrstrecke von ca. 600 m an und stellte betäubungsmitteltypische Auffälligkeiten fest. Die Antragstellerin händigte der Polizei zwei ärztliche Anweisungen vom 16. April 2020 und vom 17. Juli 2020 für den medizinischen Gebrauch von Cannabisblüten (einmal am Tag 0,5 g mit Vaporisator) aus. Der polizeilichen Mitteilung an das Landratsamt D.-R. zufolge räumte sie den Konsum von bis zu drei Joints täglich (Sachverhaltsschilderung der Polizei) bzw. drei Joints in den letzten 24 Stunden (von der Antragstellerin unterzeichnetes Protokoll zur Blutentnahme) ein. Die Blutuntersuchung ergab 6,9 ng/ml THC, 1,5 ng/ml HO-THC und 36,9 ng/ml THC-COOH. In der Hauptverhandlung des Amtsgerichts Nördlingen am 11. Mai 2021 gab die Antragstellerin an, sie habe nach dem Aufwachen etwas genommen, aber weniger als 0,5 g, um später noch etwas zu haben. Sie habe die Therapie mit Cannabis Ende des Jahres 2020 beendet und nehme seit Februar Melantonin gegen ihre Schlafstörungen. Mit Beschluss vom 29. Juni 2021 stellte das Amtsgericht das Verfahren wegen „Trunkenheit im Verkehr“ nach Erfüllung der Auflagen und Weisungen durch die Antragstellerin gemäß § 153a StPO endgültig ein.
Mit Schreiben vom 5. Juli 2021 forderte das Landratsamt die Antragstellerin zur Vorlage eines ärztlichen Attests bezüglich der Cannabismedikation mit Diagnosen, Behandlungsvorgeschichte und Therapieplanung bis spätestens 19. Juli 2021 auf. Dem kam die Antragstellerin nicht nach. Mit Schreiben vom 13. August 2021 und vom 20. August 2021 ließ sie durch ihren Bevollmächtigten vortragen, die Cannabis-Behandlung sei Ende des letzten Jahres beendet worden und sie nehme keine Betäubungsmittel ein, was auch belegt werden könne. Zum Nachweis ihrer Abstinenz habe sie ein Drogenscreening in Auftrag gegeben.
Mit Bescheid vom 27. August 2021 entzog das Landratsamt der Antragstellerin unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und verpflichtete sie zur Vorlage des Führerscheins. Sie habe das medizinische Cannabis nicht entsprechend der Verordnung ihres Arztes eingenommen. Damit liege ein übermäßiger Gebrauch vor. Hierdurch habe sie ihre Fahreignung verloren, ohne dass es einer weiteren Aufklärung durch Gutachten oder Drogenscreenings bedürfe.
Über den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 1. Oktober 2021, dem eine Teilnahmebescheinigung (Abschlussbericht) der TÜV S. L2. Service GmbH vom 22. September 2021 über ein Drogen-Abstinenz-Kontroll-Programm mit einer negativen Urinprobe vom 14. September 2021 beigefügt war, hat die Regierung von Schwaben, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden. Einer vom Bevollmächtigten der Antragstellerin nachgereichten Bescheinigung der Polizeiinspektion Nö. vom 30. September 2021 zufolge verlief ein freiwilliger Drogenvortest der Antragstellerin bei einer Verkehrskontrolle am 25. August 2021 negativ.
Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 21. Dezember 2021 abgelehnt. Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs seien offen. Die Interessenabwägung führe jedoch zum Überwiegen der öffentlichen Interessen am Sofortvollzug. Es sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin regelmäßige Cannabiskonsumentin sei bzw. gewesen sei. Im Widerspruchsverfahren sei aufzuklären, ob eine wirksame Verordnung von Medizinal-Cannabis vorgelegen habe. Liege eine wirksame Verordnung vor, sei durch Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zu klären, ob die Antragstellerin das verordnete Cannabis missbräuchlich eingenommen habe. Die Antragstellerin habe die ärztliche Verordnung bisher nicht vorgelegt und die medizinische Indikation sei nicht ersichtlich. Es könne jedoch derzeit nicht angenommen werden, dass eine missbräuchliche Einnahme im Sinne eines regelmäßigen – also mehr als sporadischen – Gebrauchs und das Fehlen der Fahreignung bereits feststehe. Allerdings habe die Antragstellerin die Einzeldosis auf mehrere Portionen aufgeteilt und bei der Kontrolle angegeben, sie habe innerhalb der letzten 24 Stunden drei Joints geraucht. Sollte sie wegen Nichtvorliegens einer wirksamen Verordnung als regelmäßige Konsumentin anzusehen sein, könne sie sich nicht auf eine Wiedergewinnung ihrer Fahreignung berufen, weil sie hierzu eine Abstinenz von einem Jahr nachweisen müsse. Die Antragstellerin habe nachweislich mit einem relativ hohen THC-Wert am Straßenverkehr teilgenommen und sei auch mit Fahrfehlern aufgefallen. Atypische Umstände für eine Ausnahme von der Annahme ihrer Ungeeignetheit habe sie nicht dargelegt.
Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, lässt die Antragstellerin vortragen, das Landratsamt habe nicht ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von missbräuchlicher Cannabiseinnahme ausgehen und die Fahrerlaubnis entziehen dürfen. Aufklärungsbedürftig sei, ob eine wirksame ärztliche Verordnung hinsichtlich des Medizinal-Cannabis vorliege. Hinsichtlich der Wiedergewinnung der Fahreignung habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass der letzte Konsum Ende 2020 mehr als ein Jahr zurückliege. Daher wäre die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens in Betracht gekommen. Außerdem lägen mit dem Ergebnis des von der Antragstellerin selbst in Auftrag gegebenen Urinscreenings der TÜV S. L2. Service GmbH und der polizeilichen Auskunft über den Drogenvortest bei der Verkehrskontrolle am 25. August 2021 bereits zwei Abstinenzbelege vor. Die Antragstellerin sei jederzeit bereit, etwaige Auflagen zur Vorlage von Urinscreenings zu erfüllen. Obwohl der Antragsgegner im Widerspruchsverfahren keine Aufklärungsmaßnahmen durchgeführt habe, habe sie die TÜV S. L2. Service GmbH am 14. Januar 2022 mit einem sechsmonatigen Drogenabstinenzkontrollprogramm mit vier Urinproben beauftragt. Nach Abschluss des Programms erhalte sie die entsprechende Bestätigung. Einzelergebnisse würden ihr vorher nicht mitgeteilt, jedoch werde das Programm im Falle einer auffälligen Probe vorzeitig abgebrochen. Ihre Hausarztpraxis habe die letztmalige Überweisung im Oktober 2020 zum Neurologen, der die Cannabis-Medikation verordnet habe, mit Attest vom 18. November 2021 bestätigt. Dieser habe die Beendigung der Behandlung mit Cannabis am 29. Dezember 2020 mit Schreiben vom 15. November 2021 bestätigt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass hinsichtlich der Fahreignung der Antragstellerin noch Aufklärungsbedarf besteht und die Erfolgsaussichten des noch anhängigen Widerspruchsverfahrens insoweit offen sind, die Interessenabwägung aber derzeit noch für eine Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs spricht.
1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – BVerwGE 165, 215 Rn. 11; U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – NJW 2021, 1970 Rn. 12 m.w.N.). Da die Antragstellerin gegen den Bescheid vom 27. August 2021 Widerspruch eingelegt und die Widerspruchsbehörde darüber, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden hat, kommt es hier auf die Sach- und Rechtslage im gegenwärtigen Zeitpunkt an.
a) Die Antragstellerin macht geltend, sie habe die ärztlich verordnete Einnahme von Medizinal-Cannabis bereits gegen Ende des Jahres 2020 beendet und konsumiere seither kein Cannabis mehr.
Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bei ärztlich verordneter Einnahme von Medizinal-Cannabis richtet sich nach Anlage 4 Nr. 9 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. März 2022 (BGBl I S. 498). Zwar entfällt bei der Einnahme von ärztlich verordnetem Medizinal-Cannabis die Fahreignung grundsätzlich nicht schon nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV wegen regelmäßigen Cannabiskonsums, wenn es sich um die bestimmungsgemäße Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels i.S.d. Nr. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Stand: 31.12.2019) handelt. Insoweit definieren Nr. 9.4 und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV speziellere Anforderungen für Eignungsmängel, die aus dem Gebrauch psychoaktiver Arzneimittel resultieren (BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 11 B 18.2482 – BayVBl 2020, 419 Rn. 23 m.w.N.). Die dauerhafte Behandlung mit Cannabis als Arzneimittel hat die Fahrungeeignetheit zur Folge, wenn die Leistungsfähigkeit nicht mehr das zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderliche Maß erreicht (Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV). Zu berücksichtigen hinsichtlich der Fahreignung ist auch die Grunderkrankung, die der Behandlung zugrunde liegt. Ebenfalls ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer psychoaktiv wirkende Arzneimittel, also auch Medizinal-Cannabis, und andere psychoaktiv wirkende Stoffe missbräuchlich einnimmt (regelmäßig übermäßiger Gebrauch, Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV). Dabei ist ‚regelmäßig‘ hier nicht so zu verstehen wie in Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV, sondern es genügt, wenn der übermäßige Gebrauch nicht nur sporadisch vorkommt. Ein übermäßiger Gebrauch kann z.B. bei einer Einnahme des Medikaments in zu hoher Dosis oder entgegen der konkreten Verschreibung angenommen werden, denn eine bestimmungsgemäße Einnahme i.S.d. Nr. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien liegt nur dann vor, wenn die Anwendung auf einer eindeutigen Verschreibung für eine symptombezogene Indikation beruht (BayVGH a.a.O. Rn. 24; B.v. 30.3.2021 – 11 ZB 20.1138 – juris Rn. 12; B.v. 9.2.2021 – 11 ZB 20.1894 – juris Rn. 17).
Bei feststehender Ungeeignetheit ist die Fahrerlaubnis ohne Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entziehen (§ 11 Abs. 7 FeV). Steht die Ungeeignetheit aufgrund der Einnahme von Medizinal-Cannabis nicht fest, bestehen aber Zweifel hinsichtlich der Fahreignung, kann die Fahrerlaubnisbehörde den Fahrerlaubnisinhaber nach Maßgabe von § 11 und § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 FeV zur Beibringung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens auffordern. Solche Zweifel können sich auch aus der Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug unter der berauschenden Wirkung von Medizinal-Cannabis ergeben. Das im Ordnungswidrigkeitenverfahren geltende Arzneimittelprivileg des § 24a Abs. 2 Satz 3 StVG kommt dem Fahrerlaubnisinhaber hinsichtlich der Beurteilung seiner Fahreignung nicht zugute. Um über die Notwendigkeit der Einholung eines Gutachtens und die insoweit konkret zu klärenden Fragen zu entscheiden, kann die Fahrerlaubnisbehörde im Vorfeld vom Betreffenden auch die Beibringung ärztlicher Atteste und Bescheinigungen, etwa zu Anlass und Dauer der Verordnung des Medizinal-Cannabis, verlangen (vgl. allgemein zur Vorabklärung bei Erkrankungen BayVGH, B.v. 23.11.2020 – 11 CS 20.1780 – juris Rn. 21). Kommt der Betreffende seinen Mitwirkungsobliegenheiten zur Sachverhaltsaufklärung nicht nach, kann die Fahrerlaubnisbehörde daraus nach Maßgabe von § 11 Abs. 8 FeV auf seine Nichteignung schließen.
b) Aufgrund der polizeilichen Mitteilung über die Verkehrskontrolle am 2. Oktober 2020 und die dabei getroffenen Feststellungen (Auffälligkeiten der Antragstellerin bei einer längeren Nachfahrt, drogentypische Auffälligkeiten nach dem Anhalten, Vorzeigen von zwei ärztlichen Anweisungen für den Gebrauch von Cannabisblüten mit Vaporisator, Angaben zum Konsum von Joints, Ergebnis der Blutuntersuchung) war das Landratsamt nach Abwarten des Ausgangs des Strafverfahrens (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 StVG) berechtigt, die Antragstellerin – wie mit Schreiben vom 5. Juli 2021 geschehen – zur Vorlage eines ärztlichen Attests bezüglich der Cannabismedikation mit Diagnosen, Behandlungsvorgeschichte und Therapieplanung aufzufordern. Dem ist die Antragstellerin trotz Fristsetzung bis heute nicht nachgekommen. Ohne Kenntnis der Verordnung (zu deren Inhalt vgl. § 31 Abs. 6 SGB V) oder des Betäubungsmittelrezepts (vgl. § 13 BtMG, § 1 Abs. 1 Satz 1, §§ 8, 9 und 15 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung – BtMVV) bzw. eines Attests mit entsprechenden näheren Angaben ist es der Fahrerlaubnisbehörde nicht möglich, über die Anordnung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden und die ggf. konkret zu klärenden Fragen festzulegen. Die bloße oder nunmehr auch glaubhaft gemachte Behauptung, die Behandlung sei beendet, entbindet die Antragstellerin nicht von ihren Mitwirkungsobliegenheiten hinsichtlich der Klärung der bestehenden Fahreignungszweifel, zumal sie eine Abweichung von der ärztlich verordneten einmaligen Einnahme pro Tag durch Aufteilung der verordneten Menge auf mehrere Dosen eingeräumt und den Konsum als Joint anstelle der Verordnung zum Gebrauch mit Vaporisator nicht bestritten hat. Vielmehr hat sie sich hierzu im Rahmen ihrer Widerspruchsbegründung dahingehend eingelassen, es sei ihr nicht erinnerlich, einen Konsum von bis zu drei Joints täglich eingeräumt zu haben, was einen solchen ärztlich nicht verordneten Konsum jedoch nicht ausschließt.
Erst nach Vorlage eines ärztlichen Attests bezüglich der (wohl abgeschlossenen) Cannabismedikation mit den geforderten Angaben ist im Widerspruchsverfahren über das weitere Vorgehen im Hinblick auf eine etwaige Wiedererlangung der Fahreignung und die insoweit zu klärenden Fragen zu entscheiden. Nachdem die Antragstellerin aber im Rahmen der damaligen Behandlung eigenmächtig von der ärztlichen Verordnung abgewichen ist und mit einem hohen THC-Wert von 6,9 ng/ml im Blut am Straßenverkehr teilgenommen hat (zum Grenzwert in Höhe von 1 ng/ml für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV vgl. zuletzt BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – BVerwGE 165, 215 Rn. 23 ff.), wird auch eine belegte Abstinenz allein zum Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung, welcher der Antragstellerin obliegt, nicht ausreichen. Vielmehr bedarf es hierzu aufgrund der Zweifel an einem verantwortungsvollen Umgang der Antragstellerin mit dem verordneten Cannabis der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2021 – 11 ZB 20.1138 – juris Rn. 21).
2. Die angesichts der offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens gebotene Interessenabwägung führt hier dazu, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abzulehnen ist.
Die Zweifel an der Fahreignung der Antragstellerin sind nicht ausgeräumt. Selbst eine nachgewiesene Abstinenz seit Ende des Jahres 2020 hätte – wie ausgeführt – nicht automatisch die Wiedererlangung der Fahreignung zur Folge. Das Interesse der Antragstellerin, wieder am Straßenverkehr teilnehmen zu können, muss daher hinter dem überwiegenden Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrzeugführern zurücktreten. Es obliegt der Antragstellerin, durch Vorlage der geforderten ärztlichen Unterlagen und Beibringung eines daraufhin geforderten Gutachtens an der Klärung ihrer Fahreignung mitzuwirken.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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