Medizinrecht

Erfolgloser Eilantrag gegen Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet

Aktenzeichen  W 8 S 17.33201

Datum:
4.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7, § 60a Abs. 2c
AsylG AsylG § 36 Abs. 4 S. 1

 

Leitsatz

Eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz ist in Armenien behandelbar. Die Dialysebehandlung erfolgt grundsätzlich kostenlos. Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten. (Rn. 14 – 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten wird sowohl im vorliegenden Sofortverfahren als im Klageverfahren W 8 K 17.33200 abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragsteller sind armenische Staatsangehörige. Die Antragsgegnerin lehnte die Asylanträge der Antragsteller mit Bescheid vom 17. August 2017 als offensichtlich unbegründet ab und drohte ihnen die Abschiebung nach Armenien an.
Die Antragsteller ließen am 25. August 2017 gegen den Bescheid im Verfahren W 8 K 17.33200 Klage erheben und – neben Prozesskostenhilfe – im vorliegenden Verfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 25. August 2017 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. August 2017 anzuordnen.
Zur Begründung ließen die Antragsteller unter Vorlage verschiedener Unterlagen ausführen: Das Dialyseverfahren in Armenien entspreche nicht dem heutigen ärztlichen Standard. Die Dialysebehandlung in Armenien sei veraltet und führe zu starken Nebenwirkungen. Eine Heilung der Nierenerkrankung beim Antragsteller zu 1) sei nicht möglich. Die Dialysebehandlung werde in Armenien nicht ausreichend durchgeführt. Außerdem koste die Dialysebehandlung Geld. Der Antragsteller zu 1) habe bei jeder Behandlung seine eigenen Pflaster, Verbände usw. mitbringen müssen. Der hygienische Standard sei nicht gegeben. Der Antragsteller zu 1) sei zu 100% schwer behindert. Seine Rente reiche nicht aus. Auch seine Frau bekomme Erwerbsunfähigkeitsrente. Sein Sohn könne ihn finanziell nicht unterstützen. Außerdem sei der Antragsteller zu 1) notfallmäßig ins Krankenhaus gekommen.
Mit Schriftsatz vom 31. August 2017 ließen die Antragsteller neben weiteren ärztlichen Unterlagen aus Deutschland zur Nierenerkrankung und sonstigen Diagnosen des Antragstellers zu 1) eine englische Übersetzung einer ärztlichen Stellungnahme aus Armenien vorlegen, die beweise, dass eine Nierentransplantation in Armenien nicht möglich sei. Zwei ärztlichen Bescheinigungen des Krankenhauses …, Schweinfurt, vom 28. August 2017 ist zu entnehmen, dass sich der Antragsteller zu 1) seit 24. August 2017 in stationärer Behandlung befinde und aus gesundheitlichen Gründen reiseunfähig sei. Diagnosen: Angina pectoris Symptomatik bei rezidivierenden hypertensiven Entgleisungen, dialysepflichtige Niereninsuffizienz, Hämodialyse, Hyperurikämie. Eine weitere Bescheinigung des KfH Nierenzentrums Schweinfurt vom 28. August 2017 führt aus, dass die Dialyse zwingend dreimal pro Woche für mindestens 12 Stunden sowie lebenslang durchgeführt werden müsse. Zusätzliche Medikamente zur Behandlung der Blutarmut, des Knochenstoffwechsels/Vitamin D-Mangels und des nierenbedingten Bluthochdrucks seien, um eine Verschlechterung der Prognose zu verhindern, ebenfalls zwingend erforderlich. Es bestünde die Gefahr, dass sich bei Rückkehr nach Armenien der Gesundheitszustand bei Nichtgewährleistung der regelmäßigen Dialysen (dreimal pro Woche – Montag, Mittwoch, Freitag mindestens á 4 Stunden) sowie bei Nichtgewährleistung der Dauermedikamentenverordnung/-einnahme erneut rapide verschlechtern würde und es zudem zu Komplikationen kommen könnte, die bis zum Tod führen könnten.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Hauptsache W 8 K 17.33200) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Antragsteller ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des Bundesamtsbescheides vom 17. August 2017 begehren, zumal ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO betreffend die übrigen Nummern des streitgegenständlichen Bescheides unzulässig wäre.
Der zulässige Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung gegen die im Bescheid vom 17. August 2017 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen, hat keinen Erfolg. Der Antrag ist unbegründet, da insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der beiden Bescheide bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen im Bescheid decken sich mit der bestehenden Erkenntnislage, insbesondere mit dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Republik Armenien vom 21.6.2017, Stand: Februar 2017; vgl. ebenso BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Armenien vom 5.5.2017).
Das Vorbringen der Antragstellerseite rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die angesprochene persönliche Situation ist offensichtlich nicht asyl-, flüchtlings- oder sonst schutzrelevant, wie die Antragsgegnerin in dem streitgegenständlichen Bescheid zutreffend ausgeführt hat.
Des Weiteren liegen insbesondere keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid, die sich das Gericht zu eigen macht, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Insbesondere hat das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid ausführlich die Möglichkeiten der Dialysebehandlung in Armenien sowie die Verfügbarkeit der erforderlichen Medikamente dargelegt und ist auch im Einzelnen auf die Kosten sowie finanzielle Situation der Antragsteller eingegangen. Darauf wird im Einzelnen verwiesen.
Die Behandlung von Erkrankungen – die Antragsteller machen insbesondere geltend: Für den Antragsteller zu 1) Angina pectoris Symptomatik bei rezidivierenden hypertensiven Entgleisungen, dialysepflichtige Niereninsuffizienz, Hyperurikämie; für die Antragstellerin zu 2) Durchblutungsstörung des Gehirns, Bluthochdruck, Schmerzen – ist in Armenien gewährleistet und erfolgt kostenlos, wenn auch die Verfügbarkeit von Medikamenten problematisch sein kann. Auch die Behandlung von psychischen Erkrankungen, wie etwa PTBS oder Depressionen, ist in Armenien auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos (vgl. zur medizinischen Versorgung Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien vom 21.6.2017, Stand: Februar 2017, S. 18 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Armenien vom 5.5.2017, S. 36 f.).
Des Weiteren ist ergänzend anzumerken, dass Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen, wie der Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich klargestellt hat. Eine erheblich konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt (vgl. Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409 jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Der Ausländer bzw. die Ausländerin muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen.
Vorliegend hat lediglich der Antragsteller zu 1) – hingegen nicht die Antragstellerin zu 2) – seine Erkrankungen durch entsprechende qualifizierte ärztliche Atteste geltend gemacht. So legten die Antragsteller unter anderen einen Entlassbrief des … Klinikums Karlsruhe vom 8. Juni 2017 sowie aktuelle ärztliche Bescheinigungen des Krankenhauses …, Schweinfurt, vom 28. August 2017 vor, die die Angina pectoris Symptomatik bei rezidivierenden hypertensiven Entgleisungen sowie die dialysepflichtige Niereninsuffizienz bescheinigen. Das Gleiche gilt für eine ärztliche Bescheinigung des KfH Nierenzentrums vom 28. August 2017 zur Erforderlichkeit einer regelmäßigen Dialyse von mindestens 12 Stunden (dreimal pro Woche mindestens á 4 Stunden) sowie das Erfordernis der zusätzlichen Einnahme von verschiedenen Medikamenten entsprechend einer Medikamentenliste zur Behandlung der Blutarmut, des Knochenstoffwechsels/Vitamin D-Mangels und des nierenbedingten Bluthochdrucks. Zur Herzerkrankung findet sich in der ärztlichen Bescheinigung des Krankenhauses …, Schweinfurt, vom 28. August 2017 der aktuelle Therapievorschlag: konservativ.
Zu diesen Erkrankungen ist anzumerken, dass nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht ersichtlich ist, dass diese nicht auch in Armenien behandelt bzw. weiter behandelt werden könnten.
Die Dialysebehandlung in Armenien erfolgt grundsätzlich kostenlos. Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt aber gegen Zahlung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. 35,00 US-Dollar pro Sitzung. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber auch im geringen Umfang zuzahlen. Eine Dialysebehandlung ist in fünf Krankenhäusern in Eriwan sowie in weiteren Städten möglich. Problematisch ist indessen die Verfügbarkeit von Medikamenten. Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland üblichen Preise verkauft werden. Importierte Medikamente sind dagegen überall erhältlich und ebenfalls billiger als in Deutschland (BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Armenien, vom 5.5.2017, S. 37; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien vom 21.6.2017, Stand Februar 2017, S. 18 f.).
Einer aktuellen Auskunft der Deutschen Botschaft in Eriwan vom 10. März 2017 an das VG Bayreuth ist weiter zu entnehmen, dass sich ein Patient nur in einem (wohnortnahen) Krankenhaus mit einer funktionierenden Hämadialyse-Abteilung vorstellen muss. Wenn in der Abteilung ein Platz frei ist, wird der Patient automatisch in das Programm aufgenommen. Wenn das Krankenhaus keinen freien Platz hat, kann die Aufnahme eines neuen Patienten in kurzer Zeit nach Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erfolgen. Das Krankenhaus bekommt dann zusätzliche Mittel, so dass der Patient die kostenfreien und regelmäßigen Sitzungen erhalten kann (vgl. im Einzelnen auch schon die Ausführungen dazu im streitgegenständlichen Bescheid auf S. 8 f.). Außerdem kann sich ein Patient, der Hämodialyse benötigt, auf privater Basis jederzeit direkt an die Krankenhausverwaltung wenden, um die Zeit bis zur Organisation der kostenfreien Hämodialyse zu überbrücken.
Der Antragsteller zu 1) hat auch einen Anspruch auf eine kostenfreie Behandlung wie ein an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof adressiertes medizinisches Gutachten vom 12. Mai 2016 belegt (vgl. im Einzelnen auch schon die Ausführungen dazu im streitgegenständlichen Bescheid auf S. 9). Bei einer Behinderung ersten und zweiten Grades werden die Kosten für die Behandlung und die erforderliche Medikamente voll, bei einer Behinderung dritten Grades zu 50% übernommen. Im Fall des Antragstellers zu 1) besteht ein Anspruch auf volle Kostenübernahme, zumal er eine chronische Nierenerkrankung hat und er einer Hämodialyse bedarf. Der Antragsteller zu 1), der sich nach eigenen Angaben in der Vergangenheit überhaupt nicht um einen kostenlosen Dialyse Platz in Armenien bemüht hat, muss sich auf die Hilfemöglichkeiten in seinem Land verweisen lassen.
Das Bundesamt hat im streitgegenständlichen Bescheid (S. 10 f.) des Weiteren auch schon ausführlich dargelegt, dass die erforderlichen Medikamente grundsätzlich in Armenien verfügbar sind und der Antragsteller zu 1) auch weitestgehend einen Anspruch hat, diese Medikamente kostenlos zu erhalten. Dazu weist das Gericht darauf hin, dass die Medikamente in Armenien nicht exakt mit denen in Deutschland übereinstimmen müssen, im Ergebnis muss sich mit ihnen nur annähernd die gleiche Wirkung erzielen lassen, um gravierende Gesundheitsgefahren begegnen zu können.
Die gesundheitliche Situation und die Möglichkeiten der medizinischen Versorgung der Antragstellerin stellen sich bei einer Rückkehr nach Armenien nicht anders dar wie vor der Ausreise und wie bei zahlreichen anderen Landsleuten in vergleichbarer Lage.
Selbst wenn die Behandlungsmöglichkeiten in Armenien schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, bleibt festzuhalten, dass eventuell alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des armenischen Gesundheitssystems begegnet werden kann und muss. Die Antragsteller sind gehalten, sowohl die Möglichkeiten des armenischen Gesundheitssowie Sozialsystems auszuschöpfen, als auch gegebenenfalls auf private Hilfemöglichkeiten, etwa durch Verwandte oder Hilfsorganisationen, zurückzugreifen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen. Die Antragsteller sind bei einer Rückkehr nach Armenien nicht auf sich allein gestellt bzw. nicht allein und ohne Unterstützung; vielmehr können sie gegebenenfalls auch auf ihre (Groß-)Familie zurückgreifen (vgl. auch BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Armenien vom 5.5.2017, S. 32 ff.).
Das Gericht ist weiter davon überzeugt, dass der Antragsteller zu 1) die kostenlose und dauerhafte Dialyse in Armenien sowie die erforderlichen Medikation persönlich erreichen und gegebenenfalls nötige Zuzahlungen auch leisten kann.
Das Bundesamt hat im streitgegenständlichen Bescheid (vgl. S. 5 f.) schon zutreffend dargelegt, dass die Antragsteller jeweils Schwerbehindertenrente erhalten und die Antragstellerin zu 2) zusätzlich Geld aufgrund einer Tätigkeit in einem Kindergarten erhalten. Hinzu kommt die mögliche Unterstützung durch Familienangehörige. Die Antragsteller haben zwei Söhne, von denen einer sich noch mit seiner Familie in Armenien aufhält. Letzterem ist auch zuzumuten, dass er sich im Falle der Rückkehr der Antragsteller nach Armenien schon um einen Dialyse Platz für seinen Vater – der Antragsteller zu 1) – bemüht, um eine reibungs- und unterbrechungslose Fortführung der Dialysebehandlung zu gewährleisten. Außerdem hatte der Antragsteller zu 1) ein monatliches Einkommen von umgerechnet 500,00 EUR, so dass das Gericht ebenso wie das Bundesamt davon ausgeht, dass die Antragsteller über einen ausreichenden finanziellen Puffer verfügen. Darüber hinaus hat der Antragsteller zu 1) in seiner Anhörung angegeben, auf Dauer könne er sich die Behandlung nicht leisten, woraus zu schließen ist, dass er sich eine gewisse Zeit doch die Dialysebehandlung einschließlich der Medikamente leisten kann. Die Antragsteller verfügen über Verwandte in Armenien, die sie ebenfalls finanziell unterstützen können, zumal die Antragsteller auch ihre Ausreise selbst finanzieren konnten. Soweit die eigenen finanziellen Möglichkeiten nicht ausreichen, müssen sich die Antragsteller auf die Unterstützung durch ihre Familie verweisen lassen.
Eine reibungslose und gesicherte Weiterbehandlung des Antragstellers zu 1) lässt sich zum einen über die Mitgabe von notwendiger Medikamente für eine Übergangszeit sowie zum anderen durch die Organisation eines geeigneten Dialyseplatzes schon vorab durch seinen Sohn bzw. durch eine zeitweilige Inanspruchnahme eines privaten Dialyseplatzes für eine Übergangszeit überbrücken. Auf diesem Weg können vorübergehende Übergangszeiten abgedeckt werden, bis der Antragsteller zu 1) wieder voll in das Gesundheitssystem Armeniens integriert ist.
Letztlich muss sich der Antragsteller zu 1) grundsätzlich auf den in seinem Heimatstaat vorhandenen Versorgungsstandard im Gesundheitswesen verweisen lassen. Chronisch Erkrankte haben keinen Anspruch auf eine optimale Behandlung ihrer Erkrankung. Dies gilt insbesondere auch für eine etwaige Behandlung der Folgeerkrankungen. Der Verweis auf den Standard im Heimatland gilt nicht nur für die Grunderkrankung, sondern auch für die Folgeerkrankungen einschließlich der dafür erforderlichen Medikation. Ein Anspruch auf eine optimale Behandlung besteht nicht. Selbst wenn die Qualität der Medikamente und der Behandlung der Erkrankungen des Antragstellers zu 1) hinter der in Deutschland zurückbleibt (vgl. hierzu auch das Gutachten an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 12.5.2016), verschafft dies dem Antragsteller nicht ein Bleiberecht in Deutschland.
Schließlich ist noch zu betonen, dass nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlichen verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen unmittelbar eintretenden Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte, wenn sich der Antragsteller zu 1) den Möglichkeiten des armenischen Gesundheitssystems unterwirft. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlichen schweren körperlichen oder psychischen Schäden und/oder existenzbedrohenden Zuständen. Solche Gefahren drohen jedenfalls nicht unmittelbar mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (so auch VG Bayreuth, B.v. 6.7.2017 – B 1 S. 17.32135. Anderer Ansicht – aber auf Basis älterer Erkenntnismittel – noch etwa VG Gelsenkirchen, B.v. 11.3.2014 – 6a L 277/14.A – juris, B.v. 6.8.2013 – 6a L 800/13.A – juris; VG Aachen, G.v. 1.8.2013 – 8 K 1489/10.A – juris; VG Düsseldorf, U.v. 6.10.2011 – 11 K 7019/10.A – juris; BayVGH, B.v. 3.1.2008 – 2 B 07.30082 – juris).
Im Ergebnis gilt das Gleiche hinsichtlich der akuten Erkrankung (Angina pectoris Symptomatik bei rezidivierenden hypertensiven Entgleisungen), die zurzeit den stationären Krankenhausaufenthalt des Antragstellers zu 1) notwendig macht. Denn insofern enthält die Bescheinigung des Krankenhauses …, Schweinfurt vom 28. August 2017, nur den aktuellen Therapievorschlag: konservativ. Es ist weder vorgebracht noch sonst ersichtlich, dass eine eventuell notwendige Weiterbehandlung – gerade nach dem oben Gesagten – nicht auch in Armenien möglich sein sollte.
Letzteres gilt schließlich auch für die von der Antragstellerin zu 2) vorgebrachten Erkrankungen, wie die Durchblutungsstörung ihres Gehirns, Bluthochdruck und ihrer Schmerzen. Insoweit fehlt es im Übrigen schon an qualifizierten ärztlichen Bescheinigungen im Sinne von § 60a Abs. 2c AufenthG. Ergänzend kann auch insoweit an die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid (S. 11) Bezug genommen werden (§ 77 Abs. 2 AsylG.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Ausländerbehörde zuständig ist, eventuelle inlandsbezogene Abschiebungshindernisse – wie etwa eine Reiseunfähigkeit – zu prüfen (§ 60a Abs. 2 AufenthG). Laut der ärztlichen Bescheinigung des Krankenhauses …, Schweinfurt, vom 28. August 2017, ist der Antragsteller infolge seiner aktuellen stationären Behandlung zwar aufgrund seiner Herzprobleme aus gesundheitlichen Gründen derzeit reiseunfähig. Dieser nicht zielstaatsbezogene Aspekt ist jedoch im vorliegenden Verfahren irrelevant.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Schließlich war – nach den vorstehenden Ausführungen – der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 und § 121 Abs. 2 ZPO). Dies gilt sowohl für das vorliegende Antragsverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 17.33200.

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