Medizinrecht

Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis

Aktenzeichen  M 13 E 20.5840

Datum:
4.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 35800
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVersG Art. 15 Abs. 1
VwGO  § 67 Abs. 4 S. 4,S.7,§ 80 Abs. 5, § 123 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 2
VwGO § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin, eine für den Zeitraum vom 12. bis 27. Dezember 2020 geplante Versammlung auf dem Marienplatz in München örtlich nicht zu verlegen.
Der Antragsteller zeigte am 7. Oktober 2020 zunächst für den Zeitraum vom 23. November bis 27. Dezember 2020 eine stationäre Versammlung mit dem Thema „recümeetour gegen zivilisierter organisirten Terrorismus“ (sic) auf dem Marienplatz in München an. Die Kooperationsgespräche zwischen den Beteiligten über die Wahl des Versammlungsortes führten bislang zu keiner Einigung.
Versammlungsrechtliche Beschränkungen auf der Grundlage des Art. 15 Abs. 1 BayVersG wurden bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht erlassen.
Am 13. November 2020 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer gerichtlichen Eilentscheidung. Er wende sich gegen die Ablehnung seiner Versammlung durch die Antragsgegnerin, die ab dem 12. Dezember bis 27. Dezember 2020 vor dem Rathaus stattfinden solle.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei unzulässig, da es dem Antragsteller zugemutet werden könnte, eine etwaige beschränkende Verfügung abzuwarten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antragsteller begehrt bei interessengerechter Auslegung seines als „Einspruch“ bezeichneten Rechtsbehelfs die vorbeugende gerichtliche Untersagung der örtlichen Verlegung der angezeigten Versammlung im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf den Streitgegenstand oder ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO kommt auch zur Sicherung von Ansprüchen gegen unmittelbar bevorstehende Belastungen durch den Erlass von Verwaltungsakten in Betracht (Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 39).
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung ist hiernach zwar grundsätzlich statthaft, im vorliegenden Fall jedoch mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Dem Antragsteller ist es zumutbar, das vorbeugend angegriffene Verwaltungshandeln abzuwarten und sodann die nach der Verwaltungsgerichtsordnung zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe und Rechtsmittel auszuschöpfen. Aufgrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) sieht die VwGO grundsätzlich keine Rechtsbehelfe vor, mit denen der Entscheidungsspielraum der Verwaltung durch richterliche Anordnungen vorbeugend eingeengt werden kann (vgl. zum Problemkreis Kuhla in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2020, § 123 Rn. 43). Die Gewährung vorbeugenden gerichtlichen Eilrechtsschutzes kommt lediglich in Ausnahmefällen in Betracht. Voraussetzung hierfür ist ein qualifiziertes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse. Ein solches Interesse liegt nicht vor, wenn der Antragsteller in zumutbarer Weise auf den von der VwGO im Regelfall als angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen vorläufigen Rechtsschutz verwiesen werden kann. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn der Antrag wie hier auf die Unterlassung eines künftigen Verwaltungsaktes gerichtet ist (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Januar 2020, § 123 Rn. 45). Nur wenn durch das Abwarten des Verwaltungsaktes ein irreparabler Schaden droht, ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antrags zu bejahen (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 4.4.2012 – 8 ME 49/12 – NordÖR 2012, 426 m.w.N.).
Dies ist hier nicht ersichtlich. Sollte die Antragsgegnerin die präventiv beanstandete örtliche Verlegung der Versammlung anordnen, könnte der Antragsteller rechtzeitig um einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nachsuchen. Dass ihm bereits durch das Abwarten der Entscheidung der Antragsgegnerin bzw. einer gerichtlichen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO schwere, nicht mehr rückgängig zu machende Nachteile entstünden, ist nicht aufgezeigt worden.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben