Aktenzeichen M 33 S 22.3218
LStVG Art. 7
GG Art. 8
BayVersG Art. 15 Abs. 1
Leitsatz
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen Verfügungen des Antragsgegners zur Beschränkung einer „stationären Kundgebung“ anlässlich des G7-Gipfels auf Schloss Elmau innerhalb des dort eingerichteten Sicherheitsbereichs.
Durch – ordnungsgemäß bekannt gegebene – Allgemeinverfügung vom 13. Juni 2022 richtete der Antragsgegner im Umgriff des Schlosses Elmau, in welchem vom 26. bis 28. Juni 2022 der G7-Gipfel stattfindet, sowie jeweils seitlich entlang der nach Elmau führenden Maut straße ab der Mautstelle in der Zeit vom 19. bis 28. Juni 2022 einen Sicherheitsbereich ein (Buchst. a.), zu dem nur die am G7-Gipfel teilnehmenden Gäste und deren Begleitpersonen Zutritt erhalten. Personen, die ein besonderes berechtigtes Interesse am Betreten des Sicherheitsbereichs nachweisen, können auf Antrag eine Betretungserlaubnis erhalten, wenn keine Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenstehen (Buchst. c.). Als Rechtsgrundlage hierzu wurde im Wesentlichen Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG genannt. Zur Begründung sind u.a. auf S. 34 f. Ausführungen zur Angemessenheit unter Berücksichtigung der Versammlungsfreiheit enthalten. Hinsichtlich der Abmessungen des Schutzbereichs wird auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm eingegangen. Ferner ist ausgeführt, dass dem Interesse der Versammlungsfreiheit im Einzelfall im Rahmen von Buchst. c) der Allgemeinverfügung begegnet werden könne (S. 35, letzter Absatz).
Mit weiterem Bescheid vom 25. Juni 2022 „beschränkte“ der Antragsgegner unter anderem die als „Route 4“ bezeichnete „stationäre Kundgebung einer Delegation im Sicherheitsbereich (14:00 Uhr bis 15:30 Uhr)“. Eine sich fortbewegende Versammlung wurde dort untersagt. Unter Ziffer 3. Buchst. c. des Bescheids („Besondere Beschränkungen“, Route 4) wurden für diese „stationäre Kundgebung“ ein Ordnerschlüssel, ein Verbot von Mitführen bestimmter Gegenstände, eine Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 50 Personen, die Verpflichtung zur vorherigen Durchsuchung und Angabe der Personalien der Teilnehmer sowie der Transport der Delegation innerhalb des Sicherheitsbereichs durch Kraftfahrzeuge und Kräfte der Polizei geregelt. Unter Ziffer 3. Buchst. c. ff. regelt der Bescheid insbesondere, dass die Kundgebung 30 Minuten lang auf einer in Anlage 4 ausgewiesenen Fläche stattfinden dürfe; danach hätten sich die Versammlungsteilnehmer unverzüglich zurück in die Kraftfahrzeuge der Polizei zu begeben. Die „Beschränkungen“ seien angemessen, die Versammlungsfreiheit werde hierdurch nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt, die Meinungskundgabe als solche sei hiervon nicht betroffen. Im Übrigen würde der Schutz der öffentlichen Sicherheit sowie der hochrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit aller anwesenden Personen die Versammlungsfreiheit überwiegen.
Der Antragsteller zeigte mit E-Mail vom 17. Mai 2022, abgeändert bzw. konkretisiert durch weitere E-Mails, zuletzt am 22. Juni 2022, und in mehreren in dieser Zeit stattfindenden Kooperationsgesprächen eine als „Sternmarsch“ bezeichnete öffentliche Versammlung (Motto: „Stop G7 Elmau“) gegenüber der Versammlungsbehörde an. Der Planungsstab G7-Gipfel 2022 der Bayerischen Polizei nahm daraufhin insbesondere mit Schreiben vom 19. Juni 2022 sowie E-Mail vom 22. Juni 2022 Stellung zu den Einzelheiten der stationären Kundgebung einer Delegation von Versammlungsteilnehmern im Sicherheitsbereich.
Der Antragsteller ließ am … Juni 2022 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 25. Juni 2022 erheben, im Wesentlichen mit dem Ziel, den Bescheid des Antragsgegners vom 25. Juni 2022 – Az. /G7-Sternmarsch – in Nummer A. 1. c. mit der Maßgabe aufzuheben, dass der Versammlungsort, von Osten kommend, rechts auf der Wiese neben der Maut straße, 200 Meter Richtung Südwesten und Schloss Elmau vorverlegt wird (M 33 K 22.3217). Zugleich ließ er am selben Tag beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der in Nummer A. 1 c. verfügten Auflage wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die in Nummer A. 1. c. des Bescheids getroffene Beschränkung hinsichtlich der Aufstellfläche für die „stationäre Kundgebung“ sei von der Rechtsordnung, insbesondere von Art. 15 Abs. 1 BayVersG, nicht gedeckt. Die behauptete konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die die vorliegende Festsetzung des Versammlungsorts rechtfertigt, sei vorliegend nicht gegeben bzw. nicht ausreichend dargelegt. Es seien keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen worden, die darauf schließen ließen, die an der Versammlung vor dem Schloss teilnehmenden Personen würden gewalttätig oder die Tagung in anderer Weise stören. Vielmehr seien die Personalien aller Teilnehmer der Kundgebung den Sicherheitsbehörden bereits einige Tage vor Durchführung der Kundgebung bekannt, sodass Sicherheitsüberprüfungen von Versammlungsteilnehmern und mitgebrachtem Material durch die Polizeibehörden vor der Abfahrt zum Schloss Elmau über eine Stunde lang ohne weiteres möglich seien.
Darüber hinaus befinde sich der im Bescheid festgelegte Versammlungsort nicht in Hör- und Sichtweite der Tagungsteilnehmer. Unter Berücksichtigung der erlaubten Lautstärke für Verstärkeranlagen würden die Versammlungsteilnehmer am 520 Meter davon entfernten Tagungsort akustisch nicht wahrgenommen werden. Überdies sei von dieser Entfernung schon das Schloss Elmau nicht erkennbar. Es kann nicht ernsthaft behauptet werden, dass in dieser Entfernung Personen und insbesondere deren Transparente auch nur im Ansatz wahrgenommen werden können. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schütze jedoch das Interesse des Veranstalters, auf einen Beachtungserfolg nach seinen Vorstellungen zu zielen, also gerade auch durch eine möglichst große Nähe zu dem symbolhaltigen Ort.
Schließlich sei auch die erforderliche Abwägung im Einzelfall fehlerhaft erfolgte bzw. quasi nicht vorgenommen worden. Es sei somit praktisch ausgeschlossen, dass die Versammlungsteilnehmer in irgendeiner Art und Weise den vor Ort diensthabenden Polizeibeamten, geschweige denn den Tagungsteilnehmern, gefährlich werden könnten.
Der Antragsgegner hat dem Gericht am 25. Juni 2022 neben dem Bescheid auch in elektronischer Form die Behördenakten übermittelt und ist dem Eilantrag mit einer um 12:20 Uhr eingegangenen Stellungnahme entgegengetreten.
Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg
1. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise anordnen, wenn diese keine aufschiebende Wirkung hat. Dabei nimmt das Gericht eine originäre Interessenabwägung auf der Grundlage der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage darüber vor, ob die Interessen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, oder diejenigen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, überwiegen. Bei dieser Abwägung sind zunächst die Erfolgsaussichten in der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung, soweit sie bereits überschaubar sind. Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht abschließend beurteilen, hat das Gericht – gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Bedeutung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Versammlungsfreiheit – im Rahmen einer eigenen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der behördlichen Verfügung, das private Interesse des Betroffenen und die Interessen Dritter, vorläufig von deren Wirkung verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen.
2. Nach der Geschäftsverteilung des Gerichts für das Geschäftsjahr 2022 in der aktuellen Fassung ist zwar die Kammer 22 für das Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf der Grundlage des Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) zuständig, allerdings nur dann, soweit nicht der Schwerpunkt des Streitgegenstandes in der Zuständigkeit einer anderen Kammer liegt (vgl. Nr. 3). Da der Antragsgegner die Verfügungen gegenüber dem Antragsteller zur Durchführung der „stationären Kundgebung“ innerhalb des auf der Grundlage des LStVG erlassenen Sicherheitsbereichs auf versammlungsrechtliche Bestimmungen stützt, liegt der Schwerpunkt des Streitgegenstands hiernach in der Zuständigkeit der für das Versammlungsrecht zuständigen Kammer 33.
3. Ausgehend von den oben dargestellten Maßstäben ist der Antrag (jedenfalls) unbegründet. Dabei kann – auch in Anbetracht der zur begrenzt zur Verfügung stehenden Zeit für die Entscheidungsfindung – offenbleiben, ob über die Durchführung und die Modalitäten der im Streit stehenden Versammlung in dem durch die Allgemeinverfügung vom 13. Juni 2022 festgelegten Sicherheitsbereich um das Schluss Elmau im Rahmen der Entscheidung über versammlungsrechtliche Beschränkungen gemäß Art. 15 Abs. 1 BayVersG zu befinden war oder – im Sinne einer Verpflichtungssituation – in einem eigenständigen Verwaltungsverfahren zu entscheiden gewesen wäre. Der Antrag wäre nämlich auch dann nicht begründet, wenn man annähme, Art. 15 BayVersG entfalte eine Konzentrationswirkung im Hinblick auf die Erteilung einer personengebundenen Betretungserlaubnis gemäß Buchst. c) der Allgemeinverfügung vom 13. Juni 2022.
a) Nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Der Schutz der „öffentlichen Sicherheit“ im Sinne von Art. 15 Abs. 1 BayVersG umfasst die Unverletzlichkeit der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, wie etwa Leben Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen und dessen allgemeine Persönlichkeitsrechte, den Bestand staatlicher Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates sowie die Rechtsordnung als Ganzes, zu der neben den Strafgesetzten auch verwaltungsrechtliche Gebots- und Verbotsnormen gehören. Die Gefahrenprognose der Behörde muss auf konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte gestützt werden, die bei verständiger Würdigung die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben.
b) Diese Voraussetzungen lägen hinsichtlich der im Streit stehenden Zuweisung eines Kundgebungsortes in dem durch die Allgemeinverfügung vom 13. Juni 2022 eingerichteten Sicherheitsbereich vor. Soweit das versammlungsrechtliche Verwaltungsverfahren nach Art. 15 BayVersG, in welchem die Behörde prüft, ob Beschränkungen oder ein Verbot zu erlassen sind, eine sog. Konzentrationswirkung entfaltet (vgl. dazu nur Hettich, Versammlungsrecht in der Praxis, 2. Aufl. 2018, Rn. 39, 50 ff.), ändert dies nichts daran, dass die in dem entfallenden Verfahren zu prüfenden Gesichtspunkte vollständig zu berücksichtigen sind. Daher wären die Entscheidungsmaßstäbe, die sich aus Buchst. c) der Allgemeinverfügung vom 13. Juni 2022 für die Erteilung einer personengebundenen Betretungserlaubnis zum Sicherheitsbereich ergeben, als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit vollumfänglich Prüfungsmaßstab im Rahmen des versammlungsrechtlichen Verwaltungsverfahrens. Dies zugrunde gelegt, ist der Antrag schon deshalb unbegründet, weil der Antragsteller keinen auf das Versammlungsgrundrecht gemäß Art. 8 Abs. 1 GG gegründeten Anspruch auf eine bestimmte Art der Durchführung einer stationären Kundgebung innerhalb des Sicherheitsbereiches um das Schloss Elmau und damit auch nicht auf die Zuweisung einer bestimmten, von den Vorgaben des streitgegenständlichen Bescheids abweichenden Aufstellfläche hat.
(1) Es ist in rechtlicher Hinsicht nicht grundsätzlich zu bestanden, dass im Rahmen der Durchführung eines G7-Gipfels ein Sicherheitsbereich um den Tagungsort herum bestimmt wird, der zur Abwendung von Störungen der Veranstaltung sowie von Gefährdungen von anwesenden Personen grundsätzlich von Versammlungen freigehalten wird. Neben dem Leben und der Gesundheit der anwesenden Personen ist auch die Durchführung der auf Einladung der Bundesregierung stattfindenden internationalen Konferenz als rechtmäßige Veranstaltung des Staates selbstständig vom Schutzgut der öffentlichen Sicherheit im Sinne von Art. 15 Abs. 1 BayVersG umfasst (vgl. BVerfG, B.v. 6.6.2007 – 1 BvR 1423/07 – juris Rn. 26 und 28; BayVGH, B.v. 6.6.2015 – 10 CS 15.1210 – juris Rn. 24). Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum damaligen G8-Gipfeltreffen in Heiligendamm bei Rostock festgehalten, dass es im Grundsatz verfassungsrechtlich nicht zu bestanden sei, einen Schutzraum in der Nähe des Ortes eines G8-Gipfels zu schaffen und diesen mit geeigneten Schutzvorkehrungen zu versehen (BVerfG, a.a.O. Rn. 30). Im Übrigen hat der Antragsteller die entsprechende Allgemeinverfügung vom 13. Juni 2022, die den Sicherheitsbereich eingerichtet hat, nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen.
(2) Aus Sicht des Gerichts trägt die der Allgemeinverfügung zugrundeliegende Gefahrenprognose, die sich wesentlich auf polizeiliche Erfahrungen aus vergangenen Großeinsätzen sowie auf in letzter Zeit zunehmend auftretende neue Formen von „Blockaden“ durch Ankleben, Abseilen und ähnliche Aktionsformen stützt, einen Ausschluss selbst einer stationären Kundgebung einer Delegation mit maximal 50 Teilnehmern während der Durchführung der Gipfelgespräche. Die Kammer teilt insbesondere die Einschätzung des Antragsgegners, dass in der unmittelbaren räumlichen Nähe des Veranstaltungsortes Sicherheitsabstände eingerichtet werden müssen, die ausreichende Reaktionszeiten und Aktionsflächen für polizeiliches Tätigwerden bieten. Hinzu kommt, dass die „Maut straße“ den einzigen Zugang zum Veranstaltungsort für den Rettungs- und Evakuierungsverkehr darstellt.
(3) Der Gefahreneinschätzung des Antragsgegners hat der Antragsteller keine durchgreifenden Einwände entgegengesetzt. Das Gericht hat unter Zugrundelegung der sowohl in der Begründung der Allgemeinverfügung vom 13. Juni 2022 als auch in den Bescheidsgründen der streitgegenständlichen Verfügung dargelegten Erfahrungen mit Protesten gegen bisherige G8/G7-Gipfel auch keine Zweifel daran, dass in den Reihen der Gipfelgegner grundsätzlich ein hohes Interesse an der Durchführung von Störaktionen und Blockaden besteht. Diese Gefahr wird nicht dadurch ausgeräumt, dass die Teilnehmer einer Kundgebung der Polizei zuvor namentlich benannt werden. Auch kann eine grundsätzliche Blockadegefahr, die insbesondere den Rettungsverkehr von und zum Schloss Elmau beeinträchtigen könnte, nicht damit in Abrede gestellt werden, dass jedenfalls keine „Massenblockade“ drohe und dass Störungen Einzelner ggf. rasch unterbunden werden könnten. Denn selbst eine Blockade der Durchfahrt von Rettungsfahrzeugen von lediglich kurzer Dauer könnte, wenn damit lebensrettende Maßnahmen verzögert werden, zu erheblichen Folgen führen (vgl. BayVGH, 6.6.2015 – 10 CS 15.1210 – juris Rn. 32).
(4) Im Unterschied zur erstinstanzlichen Entscheidung einer ähnlich gelagerten Fra gestellung zum damaligen „G7-Gipfel 2015“ auf Schloss Elmau (VG München, B.v. 5.6.2015 – M 7 S 15.2222 – juris) besteht aus Sicht der Kammer auch unter Berücksichtigung des hohen verfassungsrechtlichen Rangs der Versammlungsfreiheit kein grundrechtlicher Anspruch einer übersichtlich bemessenen „Delegation“ von Versammlungsteilnehmern in einem solchen Sicherheitsbereich in Hör- und Sichtweite des symbolhaltigen Tagungsortes. Das damals entscheidende erstinstanzliche Gericht hatte sich im genannten Beschluss insbesondere auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Zusammenhang mit der Frage der Ausübung des Versammlungsrechts auf einem Flughafengelände gestützt und hierbei sinngemäß ausgeführt, aus dieser Rechtsprechung ergebe sich, dass an einem Versammlungsort mit einem besonderen Gefahrenpotenzial – hier: der Sicherheitsbereich – die Teilnehmerzahl einer Versammlung in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in einer den örtlichen Gegebenheiten gerecht werdenden Weise begrenzt werden könne (VG München a.a.O. Rn. 42 unter Hinweis auf BVerfG, B. v. 22. 2. 2011 – 1 BvR 699/06 – juris Rn. 91 – „Fraport“). Dort führt das Bundesverfassungsgericht jedoch nur aus, dass es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ohne weiteres erlaube, die räumliche Beschränktheit des Flughafenterminals auf den jeweiligen Stufen der Grundrechtsabwägung in Rechnung zu stellen. Eine die dortigen räumlichen Verhältnisse sprengende Großdemonstration könne untersagt bzw. auf andere Stätten verwiesen werden. Die Situation sei vergleichbar mit einer engen Fußgängerzone oder einer dicht bebauten historischen Altstadt. Dabei könne die Teilnehmerzahl in einer den örtlichen Gegebenheiten gerecht werdenden Weise begrenzt werden. In keiner Weise ist an dieser Stelle etwas zu einem auf Art. 8 Abs. 1 GG gestützten Grundrecht von Versammlungsteilnehmern ausgeführt, zumindest mit einer begrenzten Teilnehmerzahl innerhalb eines auf sicherheitsrechtliche Bestimmungen gestützten (Flughafen-)Sicherheitsbereichs eine „stationäre Kundgebung“ abhalten zu dürfen (vgl. im Gegenteil BVerfG, B.v. 22.2.2011 a.a.O. Rn. 106). Auch in der sogenannten „Heiligendamm“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 6.6.2007 – 1 BvR 1423/07 – juris) ist von einer Pflicht der Sicherheitsbehörden, einen Beachtungserfolg durch möglichst große Nähe zum symbolhaltigen Ort dadurch zu ermöglichen, dass einer „Delegation“ eine Aufstellungsfläche innerhalb der damaligen „Verbotszone I“ innerhalb des Sicherheitszauns in Hör- und Sichtweise zu den Tagungsorten der Versammlungsteilnehmer des G8-Gipfels zugewiesen werden müsste, nicht die Rede. Gegenstand dieser Entscheidung war vielmehr die Frage, ob Versammlungen auch generell innerhalb der diese innere „Verbotszone I“ umgebenden äußeren „Verbotszone II“ erlaubt sein müssen oder ob das mit entsprechender Verbotsverfügung untersagt werden kann.
Es wäre im Übrigen aus Sicht der Kammer mit dem Grundrecht auf Versammlungs freiheit – wäre es vorliegend uneingeschränkt im Sicherheitsbereich anzuwenden – auch kaum vereinbar, dass bei Anwendbarkeit der oben genannten grundrechtlichen Position von Art. 8 Abs. 1 GG auf die von den Beteiligten erarbeitete „Delegationslösung“ sich – wie vorliegend – Versammlungsteilnehmer gegenüber Polizeibehörden ausweisen müssen, sich von diesen durchsuchen lassen müssen und mit besonderen Fahrzeugen innerhalb eines Sicherheitsbereichs zu einer besonderen Aufstellfläche transportiert werden müssen, bevor sie dort – sozusagen „sicherheitsrechtlich geduldet“ – sich für eine vorgegebene (kurze) Zeit versammeln und demonstrieren dürfen. Wie wenig die „Delegationslösung“ in einem Sicherheitsbereich mit der Wahrnehmung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG zu tun hat, zeigt nicht zuletzt der in den Bescheidsgründen genannte Hinweis des Veranstalters im Rahmen der Vorgespräche gegenüber dem Antragsgegner, dass einige Teilnehmer „aus psychischen Gründen nicht in Polizeibusse steigen möchten“ und er daher den Einsatz eines eigenen Busses, der auch durchsucht werden könne, vorschlage.
c) Selbstständig tragend wird sich die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage auch deshalb voraussichtlich als erfolglos erweisen, weil dem Antragsteller die rechtliche Verfügungsbefugnis über die als Versammlungsort ins Auge gefasste Wiese neben der Maut straße nicht zukommt und eine Zustimmung des Grundeigentümers nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich ist. Soweit der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG eine grundsätzliche Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf den Versammlungsort umfasst, vermittelt dies keinen Anspruch darauf, fremdes Grundeigentum nach Belieben in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1992 – 7 C 34/91 – NJW 1993, 609). Denn mögliche Versammlungsflächen sind vor allem Flächen des öffentlichen Straßenraums. Daneben ist die Versammlungsfreiheit auf solche Stätten erstreckt, auf denen in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr eröffnet ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstanden sind (vgl. BVerfG, U.v. 22.2.2011 a.a.O. Rn. 70). Diese Voraussetzungen sind für eine landwirtschaftlich genutzte Wiese nicht erfüllt.
Schließlich sind auch keine Ermessensfehler hinsichtlich der dem Antragsteller zugewiesenen Ausweichfläche erkennbar. Der Antragsgegner hat vielmehr – unwidersprochen – nachvollziehbar begründet, dass aufgrund der beengten örtlichen Verhältnisse, naturschutzrechtlicher Belange und der Berührung des Sicherheitsbereichs 1 kein näher am Schloss gelegener Kundgebungsort infrage gekommen sei. Eine Versammlung unmittelbar auf der zum Schloss Elmau führenden Maut straße durfte aufgrund deren Funktion als maßgeblicher Zuwegung für den Rettungs- und Evakuierungsverkehr ausgeschlossen werden. Es ist auch nicht zu bestanden, dass im engsten Umgriff um den Veranstaltungsort ein Sicherheitsbereich „Stufe 1“ vorgesehen wird, zu dem auch die zugelassene „Delegation“ von 50 Protestteilnehmern keinen Zugang erhält. Diese konkreten und nachvollziehbaren Darlegungen hat der Antragsteller nicht substantiiert angegriffen, sondern im Wesentlichen bemängelt, dass die „Hör- und Sichtweite“ nicht gewährleistet sei. In der Kürze der für diese Entscheidung noch zur Verfügung stehenden Zeit kommt die Kammer daher zu der Einschätzung, dass dem Anliegen des Antragstellers, in Hör- und Sichtweite des Tagungsortes dem Protest gegen den Gipfel Ausdruck geben zu kommen, im weitest möglichen Umfang Rechnung getragen wurde.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Das Gericht hält aufgrund der vorwegnehmenden Wirkung der Entscheidung eine Anhebung des Streitwerts bis zur Höhe des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens i.H.v. 5.000 EUR für geboten.