Medizinrecht

Kein Aufschlag für standortübergreifende Berufsausübungsgemeinschaften

Aktenzeichen  L 12 KA 37/15

Datum:
11.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB V SGB V § 87b Abs. 4 S. 2

 

Leitsatz

Die Kassenärztliche Vereinigung darf in ihrem Honorarverteilungsmaßstab von den Vorgaben der Kassenärztliche Bundesvereinigung insofern abweichen, als sie standortübergreifenden fach- und schwerpunktübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaften nicht die Anpassungsfaktoren nach Teil D Ziffer 2c, sondern lediglich 10% zubilligt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 28 KA 648/13 2015-01-23 Urt SGMUENCHEN SG München

Tenor

I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. Januar 2015, S 28 KA 648/13, wird zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auch die in zweiter Instanz vorgetragenen Argumente, die im Wesentlichen denen der 1. Instanz entsprechen, führen zu keinem anderen Ergebnis.
Letztlich geht es darum, ob die Beklagte in ihrem HVM (3.2.5 I b a) von den Vorgaben der KBV insofern abweichen durfte, als sie standortübergreifenden fach- und schwerpunktübergreifenden BAGs nicht die Anpassungsfaktoren nach Teil D Ziffer 2c, sondern lediglich 10% zugebilligt hat. Dies hat das SG mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, bejaht, § 153 Abs. 2 SGG.
Gem. § 87b Abs. 2 Satz 2 1. HS SGB V hat der Verteilungsmaßstab der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen. § 87b Abs. 4 Satz 2 SGB V normiert, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung Vorgaben insbesondere zu den Regelungen des Absatzes 2 Satz 1 bis 3 zu bestimmen hat; dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen. Die Vorgaben nach den Sätzen 1 und 2 sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu beachten (§ 87b Abs. 4 Satz 3 SGB V). In welcher Art und Weise die Kassenärztliche Vereinigung die Vorgabe umsetzt, steht in ihrem Ermessen, da das Gesetz hierzu keine Vorgaben macht. Es muss sich lediglich um Regelungen handeln, die zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet sind (vgl. RegE GKV-VStG, BT-Drucks. 17/6906 S. 65 f. zu § 87b). In erster Linie dürften finanzielle Vergünstigungen in Betracht kommen. Dies rechtfertigt sich daraus, dass der anfallende Behandlungsaufwand pro Patient bei der Behandlung durch eine kooperative Versorgungsform im Vergleich zur Behandlung durch eine Einzelpraxis höher ist, da in der kooperativen Versorgung oftmals mehrere Ärzte an der Behandlung beteiligt sind (FraktE-GMG, BT-Drucks. 15/1525 S. 105 zu § 87 Abs. 2a = M 015 S. 72, Engelhard in Hauck/Noftz, SGB, 12/13, § 87b SGB V, Rn. 117). Die Kassenärztliche Vereinigung hat jedoch lediglich die Vorgaben der KBV zu beachten. Es handelt sich hierbei um eine abstrakt-generelle Regelung, die der Beklagten ein weites Gestaltungsermessen einräumt. Das Grundkonzept der KBV der „Vorgaben zur Berücksichtigung kooperativer Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen“ in Ziff. 2 sieht eine Zuschlagsregelung zum Teil abhängig vom Kooperationsgrad vor, also eine finanzielle Förderung der Kooperationsformen. Von dieser Grundkonzeption ist die Beklagte nicht abgewichen und hat damit ihr Gestaltungsermessen abstrakt generell eingehalten. Insbesondere führt die KBV unter D. 2. aus, dass die Regelung in Ziff. 2 auch nur in einzelnen Punkten anwendbar ist. Zudem wird in Ziff. 5 ausgeführt, dass von den vorgeschriebenen Zuschlägen abweichende Regelungen festgelegt werden können. Genau dies hat die Beklagte mit der von ihr getroffenen Regelung umgesetzt. Sie hatte die Regelung in Ziffer 2. der Vorgaben in ihrem HVM für fach- und schwerpunktgleiche BAGs sowie für nicht standortübergreifende fach- und schwerpunktübergreifende BAGs unverändert übernommen und nur für standortübergreifende fach- und schwerpunktübergreifende BAGs eine abweichende Regelung festgelegt, indem der Anpassungsfaktor und damit den Zuschlag bei einem Kooperationsgrad ab 10% auf einen Zuschlag von 10% festgeschrieben wurde. Diese Abweichung hält sich – wie das SG zutreffend ausführt – innerhalb des Gestaltungsspielraums der Beklagten. Dass die Beklagte durchaus auch eine andere Regelung hätte treffen können, ist der Klägerin zuzugeben, die Beklagte hat sich hier jedoch für die im HVM niedergelegte Variante entschieden und damit ihren Gestaltungsspielraum nicht ermessensfehlerhaft ausgefüllt, der insbesondere regionalen Gegebenheiten mehr Rechnung trägt. Hätte die KBV die Zuschlagsregelungen in ihren Vorgaben als nicht veränderbar vorgegeben, hätte es insbesondere der Regelungen in Ziffer 3 – 5 nicht bedurft. Zudem wäre die Ziff. 2 nicht als Vorschlag, sondern als verbindliche Vorgabe gekennzeichnet gewesen.
Das SG hat daher die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung war demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i. V. m.. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).


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