Medizinrecht

Keine gesetzliche Höchstfrist für Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

Aktenzeichen  1 Ws 192, 193/17

Datum:
15.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB StGB § 63, § 64, § 67f, § 67h

 

Leitsatz

1. Auf die Unterbringung gem. § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus ist § 67f StGB nicht analog anwendbar, da es insoweit schon an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.
2. Für die Unterbringung nach § 63 StGB gibt es auch nach dem 01.08.2016 weiterhin keine gesetzliche Höchstfrist, sodass auch weiterhin kein Regelungsbedarf dafür besteht, nur die zuletzt angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu vollziehen und die früher angeordneten Unterbringungen durch eine dem § 67f StGB entsprechende Erledigungsregelung entfallen zu lassen.

Tenor

1. Der Antrag von Rechtsanwältin … vom 23.02.2017 auf Beiordnung als Pflichtverteidigerin für das Anhörungsverfahren hat sich erledigt.
2. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts . vom 13.02.2017 wird kostenfällig als unbegründet verworfen.

Gründe

I.
Das Landgericht München I ordnete durch Urteil vom 19.04.2007, rechtskräftig seit 27.04.2007, die Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Hinsichtlich der diesem Urteil zugrunde liegenden rechtswidrigen Tat, die objektiv den Tatbestand der versuchten schweren räuberischen Erpressung gem. §§ 249, 250 Abs. 1 Nr.1 b, 253 Abs. 1, Abs. 2, 255, 22, 23 Abs. 1 StGB erfüllte, wird auf das Urteil vom 19.04.2007 Bezug genommen.
In der Folge wurde die Maßregel zunächst im Klinikum … vollzogen, von 2008 bis 2011 im Bezirkskrankenhaus S. und im Anschluss daran wieder im Klinikum.. . Ab 2013 befand sich der Beschwerdeführer bei vollzogener Unterbringung im Probewohnen.
Durch Beschluss vom 09.12.2014, rechtskräftig seit 23.12.2014, setzte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts … den weiteren Vollzug der gegenständlichen Unterbringung ab dem 23.12.2014 für die Dauer von 5 Jahren zur Bewährung aus. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Aussetzungsentscheidung Bezug genommen.
Bereits am 22.11.2014 hatte der Beschwerdeführer, während des Probewohnens, einen Diebstahl begangen. Am 05.12.2014 und in der Nacht vom 06.03.2015 auf 07.03.2015 beging er zum Nachteil derselben Geschädigten jeweils einen versuchten Einbruchsdiebstahl. Am 21.06.2015 beging er einen weiteren Diebstahl. In allen Fällen drang er zur Ausführung des Diebstahls in die Wohnanwesen der Geschädigten ein.
Durch Beschluss vom 23.06.2015 setzte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts … die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67h StGB für die Dauer von höchstens 3 Monaten wieder in Vollzug und ordnete den Sofortvollzug dieser Maßnahme an.
Wegen der vorgenannten, im Zeitraum vom 22.11.2014 bis 21.06.2015 begangenen Taten ordnete das Landgericht München I im Sicherungsverfahren durch Urteil vom 30.09.2016, rechtskräftig seit 08.10.2016, die Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus an.
Diese wird seit der Rechtskraft des Urteils im Klinikum … vollzogen. Zuvor hatte sich der Beschwerdeführer dort ab 03.12.2015 in einstweiliger Unterbringung für das vorgenannte Anlassverfahren befunden.
Durch die angefochtene Entscheidung vom 13.02.2017 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts … die von ihr gewährte Aussetzung der Maßregel zur Bewährung widerrufen und den insoweit am 10.11.2015 erlassenen Sicherungshaftbefehl aufgehoben.
Gegen diese ihm zu einem nicht bekannten Zeitpunkt zugestellte Entscheidung (ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht bei den Akten) hat der Verurteilte mit Verteidigerschriftsatz vom 23.02.2017 sofortige Beschwerde eingelegt. Seine ihm für das Widerrufsverfahren beigeordnete Verteidigerin hat mit gesondertem Schriftsatz vom 23.02.2017 ihre Beiordnung für das Anhörungsverfahren beantragt.
Eine Begründung der sofortigen Beschwerde gelangte bis zur Entscheidung des Senats nicht zu den Akten.
II.
Der Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidigerin für das Anhörungsverfahren ist prozessual überholt und hat sich erledigt, nachdem das Anhörungsverfahren mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung endete.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
Die während der Bewährungszeit begangenen rechtswidrigen Anlasstaten, durch die massiv in den häuslichen, geschützten Lebensbereich der Geschädigten eingegriffen wurde, haben gezeigt, dass der Zweck der Maßregel die (erneute) Unterbringung des Beschwerdeführers erfordert, § 67g Abs. 1 Nr. 1 StGB.
Zwar wird derzeit die gegen den Beschwerdeführer durch Urteil vom 30.09.2016 angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vollzogen, dies steht dem Widerruf der gegenständlichen Aussetzung der Unterbringung jedoch nicht entgegen und hat auch nicht zur Erledigung der gegenständlichen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus geführt.
15§ 67f StGB bestimmt, dass lediglich die Anordnung einer Unterbringung nach § 64 StGB ihre Erledigung findet, wenn später erneut eine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet wird. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die gesetzliche Höchstdauer der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (ggfs. verlängert durch § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB) nicht überschritten wird, selbst wenn in mehreren Verfahren eine Unterbringungsanordnung nach § 64 StGB ergeht.
Auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist § 67f StGB nicht analog anwendbar, da es insoweit schon an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Für die Unterbringung nach § 63 StGB gibt es auch nach dem 01.08.2016 keine gesetzliche Höchstfrist, sodass auch weiterhin kein Regelungsbedarf dafür besteht, nur die zuletzt angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu vollziehen und die früher angeordneten Unterbringungen nach § 63 StGB entfallen zu lassen durch eine dem § 67f StGB entsprechende Erledigungsregelung.
Die angefochtene Entscheidung entspricht daher der Sach- und Rechtslage. Weitere Ausführungen sind nicht veranlasst, nachdem das Rechtsmittel nicht begründet wurde. Ein weiteres Zuwarten mit der Entscheidung war nicht veranlasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.


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