Medizinrecht

Kostenfreier Eignungscheck vor Augenlaseroperationen verstößt gegen das Verbot der Gewährung von Werbegaben

Aktenzeichen  37 O 7083/16

Datum:
30.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
WRP – 2017, 363
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HWG HWG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1
UWG UWG § 3, § 3a

 

Leitsatz

1 Die kostenlose Durchführung eines „Eignungschecks“ für eine beworbene Augenlaseroperation beinhaltet eine Werbegabe im Sinne des § 7 HWG. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der „Eignungscheck“ stellt keine handelsübliche Nebenleistung im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HWG dar. (Rn. 32 – 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern für eine operative Korrektur der Fehlsichtigkeit mit einem kostenfreien Eignungscheck zu werben, wenn dies wie nachfolgend unter a) und/oder b) eingelichtet geschieht, und/oder einen solchen kostenfreien Eignungscheck ankündigungsgemäß durchzuführen:
a)
 
und/oder
b)
 
II. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger € 246,10 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.08.2016 zu bezahlen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist in Ziffer II. und III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages, in Ziffer I. gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von € 25.000 vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage richtete sich von Anfang an gegen die nunmehr im Rubrum aufgeführte … GmbH, gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer … auf die Gründe der Verfügung vom 3.8.2015 wird Bezug genommen.
Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
A. Unterlassungsanspruch
Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 3, 3 a n. F., 8 UWG i. V. m. § 7 HWG zu. Die Werbung für kostenfreie Eignungschecks verstößt gegen das Verbot der Gewährung von Werbegaben gem. § 7 Abs. 1 HWG.
I. Anwendungsbereich des HWG nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG Der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG eröffnet. Die Augenlaseroperation, die hier letztendlich beworben werden soll, ist eine Behandlung zur Beseitigung einer Krankheit, nämlich Fehlsichtigkeit und somit ein ärztlicher Eingriff unter Anwendung heilkundlicher Erkenntnisse (so auch OLG München, 21.04.2016, 29 U 386/16, S. 7; OLG Köln, 20.05.2016, I-6 U 155/16, zitiert nach juris, Rn. 12).
II. Werbegabe i. S. d. § 7 HWG
Bei der kostenlosen Durchführung des „Eignungschecks“ handelt es sich auch um eine Werbegabe i. S. d. § 7 HWG, denn Werbegaben sind alle tatsächlichen unentgeltlich gewährten geldwerten Vergünstigungen, insbesondere Leistungen, die akzessorisch oder abstrakt zum Zwecke der Absatzförderung von Heilmitteln gewährt werden (Bülow/Ring, HWG, 5. Auflage 2016, § 7, Rn. 16). Die Durchführung und Bewerbung des „Eignungschecks“ dient der Absatzförderung von Augenlaseroperationen.
III. Grundsätzliche Unzulässigkeit von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben gem. § 7 Abs. 1 HWG Nach § 7 Abs. 1 HWG ist es grundsätzlich unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren.
IV. Keine Ausnahme vom Verbotstatbestand
1. Keine geringwertige Kleinigkeit gem. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG Der Erkenntnisgewinn beim „Eignungscheck“ stellt für einen Interessenten einen erheblichen Eigenwert dar, da nicht nur ein Sehtest durchgeführt, sondern darüber hinaus abgeklärt wird, ob nicht bestimmte Hindernisse einer Laseroperation entgegenstehen. Vor diesem Hintergrund ist die Geringwertigkeitsschwelle überschritten (so auch OLG Köln, a. a. O., Rn. 16).
2. Keine Auskünfte und Ratschläge, § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 HWG Es handelt sich bei der Durchführung des „Eignungschecks“ nicht lediglich um eine Auskunft oder einen Ratschlag i. S. d. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 HWG. Hier wird ein individueller Befund erhoben, der über einen bloßen Ratschlag hinausgeht (so auch OLG München, 15.01.2015, 6 U 1186/14, zitiert nach juris, Rn. 62 sowie OLG Köln, a. a. O., Rn. 16).
3. Keine handelsübliche Nebenleistung, § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HWG Der „Eignungscheck“ ist eine Nebenleistung i. S. d. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HWG, d. h. eine abtrennbare Dienstleistung mit Bezug zur Hauptleistung (so auch OLG Köln, a. a. O., Rn. 17).
Diese ist jedoch nicht handelsüblich.
Handelsüblich sind Nebenleistungen, wenn sie sich nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten halten (BGH NJW-RR, 1991, 1191). Die Angesprochenen dürfen die Leistung nicht als etwas Besonderes ansehen, sondern sie muss ihren Erwartungen entsprechen, also eine üblicherweise kostenlos gewährte Selbstverständlichkeit sein (OLG München a. a. O., S. 7). Auf die Verbreitung der Werbegabe im Markt allein kommt es nicht an. Auch neuartige Gaben können handelsüblich sein (Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage 2014, Rn. 26). Dass Mitbewerber ebenso handeln, führt jedoch nicht zwangsläufig zur Handelsüblichkeit (LG Hamburg, PharmR 2012, 165, 168). Hier ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.
a) Unzulässigkeit eines kostenlosen ärztlichen Beratungsgesprächs gem. § 7 Abs. 1 HWG Die angegriffenen Werbungen sind unlauter und verstoßen gegen § 7 Abs. 1 HWG.
Sie werden beide von einem Teil des angesprochenen Verkehrs dahingehend verstanden, dass der „kostenfreie Eignungscheck“ durch einen Augenarzt, also nicht durch einen Augenoptiker bzw. einen „speziell geschulten nichtärztlichen Patientenberater“ durchgeführt wird. Dies allein führt bereits zur Unzulässigkeit der jeweils angegriffenen Werbung nach § 7 Abs. 1 HWG, denn die Bewerbung oder Durchführung eines kostenlosen ärztlichen Beratungsgesprächs stellt eine nach § 7 HWG unzulässige Zuwendung dar (OLG München, 21.04.2016, 29 U 386/16, S. 7); maßgeblich sind insoweit nicht die objektiven Verhältnisse, sondern das Verständnis der Patienten (OLG München, 21.04.2016, 29 U 386/16 S. 7). Abzustellen ist nicht auf die konkreten Umstände einer tatsächlichen „Gewährung“ des Angebots, sondern allein auf den objektiven Erklärungsgehalt des Angebots, darauf also wie der durchschnittlich informierte situationsgerecht aufmerksame potentielle Patient die Auslobung verstehen wird (OLG München, 15.01.2015, 6 U 1186/14, zitiert nach juris, Rn. 62).
Dass der „kostenfreie Eignungscheck“ durch Optiker bzw. speziell geschulte nichtärztliche Patientenberater und nicht durch Ärzte durchgeführt wird, ist den beiden streitgegenständlichen Werbungen nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen.
Beide angegriffenen Werbeaussagen sind jeweils geeignet, bei einem Interessenten das Verständnis hervorzurufen, dass ein Arzt den angebotenen „kostenfreien Eignungscheck“ durchführen wird.
Da es sich bei der beworbenen Operation um eine ärztliche Leistung handelt, liegt es grundsätzlich nahe, dass ein Arzt auch die Voruntersuchung durchführt.
(1) Werbung Tenor Ziff. I. a)
In der Werbung Tenor Ziff. I a) wird nicht erwähnt, durch wen die kostenfreien Eignungschecks durchgeführt werden. Dafür dass Ärzte beteiligt sind, spricht neben der Tatsache, dass eine ärztliche Leistung beworben wird, der Umstand, dass links neben der Bewerbung des „kostenfreien Eignungschecks“ Ärzte erwähnt sind. So heißt es unmittelbar neben dem streitgegenständlichen Text: „Das kompetente Ärzteteam blickt auf 20 Jahre Erfahrung zurück.“
Auch die Anlage K 2, die der Interessent durch Klicken auf den unter der angegriffenen Werbeaussage befindlichen Link erreicht, in der sich folgende Formulierung findet: „unverbindliche Augenchecks (durchgeführt von Optikern oder speziell geschulten, nichtärztlichen Patientenberatern)“, führt zu keiner anderen Bewertung.
Der zunächst entstandene Eindruck aufgrund des Gesamtbilds der Werbung, dass die kostenlosen Eignungschecks zumindest unter Beteiligung von Ärzten stattfinden, kann u.U. durch klarstellende Hinweise wieder ausgeräumt werden, sofern der Hinweis leicht zu finden, in der Nähe der Aussage platziert und hinreichend deutlich und verständlich ist (Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage 2014, § 3 HWG, Rn. 5; Köhler/Bornkamm, UWG 34. Auflage 2016, § 5, Rn. 2.98).
Der Link unter der angegriffenen Aussage genügt als klarstellender Hinweis nicht, denn erst auf einer weiteren Unterseite (Anlage K 2) wird richtiggestellt, dass keine Ärzte an dem kostenlosen Eignungscheck beteiligt sind. Die Unterseite ist zwar für den Interessenten durch einen weiteren Klick erreichbar, aber nicht unmittelbar sichtbar. Welche Informationen sich hinter dem weiterführenden Link verbergen, bleibt für den Betrachter ebenfalls im Dunkeln, sofern er den Link nicht aufruft. Dass die durch den Link erreichbare Unterseite eine Erläuterung dazu bereithält, wer die beworbenen kostenlosen Eignungschecks durchführt, ist ihm als solchen nicht zu entnehmen.
(2) Werbung Tenor Ziff I. b)
Auch die zweite angegriffene Aussage wird von einem Teil der Patienten so verstanden werden, dass Ärzte den „Eignungscheck“ durchführen (Tenor Ziff. I b)). So steht unmittelbar unter der Bewerbung des „kostenlosen Eignungschecks (durchgeführt von speziell geschulten Patientenberatern)“: „Im Rahmen einer umfangreichen Voruntersuchung werden Ihre Augen untersucht. Im Anschluss daran steht das Beratungsgespräch mit einem unserer Operateure an, bei dem Sie sich gemeinsam mit dem Arzt in Abhängigkeit von Ihrer Fehlsichtigkeit und Ihren Erwartungen über das für Sie am besten geeignete Verfahren verständigen.“
Hier ist bereits nicht klar ersichtlich, ob der „kostenlose Eignungscheck“ und die umfangreiche Voruntersuchung identisch sind bzw. ineinander übergehen oder sich eine weitere Untersuchung nach dem „kostenlosen Eignungscheck“ anschließt. Zudem wird durch die Formulierung der Aussage und die optische Nähe zu der Bewerbung des „kostenlosen Eignungschecks“ suggeriert, man könne gleich den Operateur treffen und sich gemeinsam mit einem Arzt abstimmen. Hierdurch wird der Eindruck, bei der kostenlosen Erstberatung sei ein Arzt zumindest involviert noch verstärkt (so auch OLG München, 05.12.2013, 6 U 3792/13, S. 5 f.; OLG München 15.01.2015, 6 U 1186/14, zitiert nach juris, Rn. 63). Dass es sich bei den „speziell geschulten Patientenberatern“ gerade nicht um Ärzte handelt wird – vor diesem Hintergrund – nicht hinreichend deutlich, denn speziell geschulte Patientenberater können auch Ärzte sein.
Zudem befindet sich die angegriffene Aussage unter der Rubrik „Ablauf der OP“ was ebenfalls für einen Zusammenhang mit einer ärztlichen Leistung spricht.
b) Unzulässigkeit eines kostenlosen Beratungsgesprächs durch Optiker oder speziell geschulte nichtärztliche Patientenberater gem. § 7 Abs. 1 HWG Selbst wenn jedoch für den Interessenten klar erkennbar wäre, dass der „kostenfreie Eignungscheck“ durch einen Augenoptiker oder geschulte nichtärztliche Patientenberater durchgeführt wird, wäre die Werbung unzulässig nach § 7 Abs. 1 HWG. Wegen unsachlicher Beeinflussung ist auch unter dieser Voraussetzung die Handelsüblichkeit der Nebenleistung gem. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HWG zu verneinen.
Die Fassung des HWG lässt insgesamt erkennen, dass nur in einem sehr engen Bereich Ausnahmen vom Verbot der Wertreklame zuzulassen sind (so auch BGH 26.03.2009, I ZR 99/07 – DeguSmiles & more, zitiert nach juris Rn. 16). Neben dem Ziel des Gesundheitsschutzes umfasst das Heilmittelwerbegesetz auch den Schutz gegen wirtschaftliche Übervorteilung besonders schutzbedürftiger Privater, so dass ein Verbot nach § 7 HWG bereits dann gerechtfertigt ist, wenn die Werbung Kunden unsachlich zu beeinflussen vermag (OLG Celle, 13.03.2014, 13 U 106,13 – ARMANI Zweitbrille – zitiert nach juris, Rn. 26).
Mit dem Verbot der Werbegaben soll der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Adressaten der Werbegaben begegnet werden (OLG München, 21.04.2016, 29 U 386/16, S. 7; Bülow/Ring, HWG, 5. Auflage 2016, § 7, Rn. 6.). Das Gesetz dient der öffentlichen Gesundheit und Belangen des Patientenschutzes (OLG Karlsruhe, 06.09.2012, 4 U 110/12 – Tablet Computer, zitiert nach juris, Rn. 18, 19 zum Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 7 HWG; Pfuhl, Von unlautererer Verkaufsförderung und strafbarer Korruption, Monografie 2010, S. 79)
§ 7 Abs. 1 HWG ist, auch vor dem Hintergrund der Vollharmonisierung durch die UPG-Richtlinie, weiter als Gefährdungsdelikt auszulegen.
Unter Berücksichtigung der Gintec-Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Urteil vom 08.11.2007, C-374/05) wird jedoch von der Rechtsprechung und der Literatur inzwischen vermehrt auf die fehlendende Eignung einer Beeinflussung, damit das Fehlen einer konkreten Gefährdung abgestellt (BGH 12.12.2013, I ZR 83/12 – Testen Sie ihr Fachwissen; Bülow/Ring a. a. O., Rn. 9-11; Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage 2014, § 7 HWG, Rn. 5). Die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung besteht in jedem Fall nicht, wenn die Empfänger in der fraglichen Zuwendung kein Werbegeschenk sehen (BGH GRUR 2011, 1163, Rn. 15 – Arzneimitteldatenbank).
Eine konkrete Gefährdung durch eine erhebliche unsachliche Beeinflussung ist durch das Anbieten und Werben mit dem „kostenfreien Eignungscheck“ gegeben, auch wenn dieser lediglich durch Optiker bzw. speziell geschulte nichtärztliche Patientenberater durchgeführt wird.
Erscheint der Interessent nach dem „Eignungscheck“ als für die Laser-Augenbehandlung geeignet, wird die Wahrscheinlichkeit, dass er diese durchführen lässt und zwar in der Augenklinik der Beklagten erheblich erhöht. Die erste Hemmschwelle zur Augenoperation ist durch die Untersuchung bereits überschritten und bei der Wahl des Arztes greift zusätzlich der Faktor Dankbarkeit für eine unentgeltliche Leistung (OLG Köln, 20.05.2016, 6 U 155/16, zitiert nach juris, Rn. 15). Eine spürbare Beeinträchtigung der Entscheidung durch die unsachliche Erwägung: „Jetzt war ich schon da und gehe dort auch wieder hin.“ ist naheliegend.
Der Gesetzeszweck des § 7 HWG und vernünftige kaufmännische Gepflogenheiten müssen hier ins Verhältnis gesetzt werden. Die streitgegenständliche Maßnahme dient dem Anlocken von Interessenten und ist kaufmännisch durchaus sinnvoll. Auch der Verbraucher, der eine Laserbehandlung in Erwägung zieht, wird an der Möglichkeit, eine kostenlose Voreinschätzung zu erhalten, ein nachvollziehbares Interesse haben – insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Augenlaseroperation mit erheblichen Kosten verbunden ist.
Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG jede Werbegabe erlaubt ist, die kaufmännisch sinnvoll erscheint und an welcher der Verbraucher interessiert ist, denn § 7 Abs. 1 HWG dient ja gerade seinem Schutz vor der für ihn durchaus reizvollen „Anlockwirkung“ kostenloser Leistungen.
Bei ihrer Abwägung hat die Kammer berücksichtigt, dass der Verbraucher daran gewöhnt ist, dass Augenoptiker im Vorfeld eines potentiellen Geschäftsabschlusses, etwa des Verkaufs einer Brille oder von Kontaktlinsen, kostenlose Leistungen wie etwa die Messung des Grades der Fehlsichtigkeit erbringen und auch damit werben dürfen (BGH GRUR 1987, 916, 917; Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage 2016, § 5, Rn. 2.119; so i.E. auch OLG München, 21.04.2016, 29 U 386/16, S. 8).
Die Kammer verkennt auch nicht, dass Optiker, die eine Brille oder Kontaktlinsen verkaufen und Laserzentren, wie die Beklagte, in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen.
Dennoch ist eine Differenzierung vorzunehmen und nach dem Gesetzeszweck des Heilmittelwerbegesetzes zwingend erforderlich.
Hier handelt es sich nicht um den Verkauf einer Brille oder von Kontaktlinsen, sondern um den Verkauf einer Augenlaseroperation, die einen ärztlichen Eingriff darstellt und mit höheren gesundheitlichen Risiken verbunden ist als der Einsatz einer Brille oder von Kontaktlinsen. Dem entsprechend schutzwürdiger ist auch der von der Werbung angesprochene Verbraucher.
Selbst wenn er sich mit den Risiken einer Augenlaserbehandlung im Vorfeld der Untersuchung auseinandergesetzt haben mag, muss gem. § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG bei dem „Eignungscheck“ im Hinblick auf die Handelsüblichkeit einer Werbegabe ein strengerer Maßstab angesetzt werden.
Die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des angesprochenen Verbrauchers durch das Anbieten und Bewerben des kostenlosen „Eignungschecks“ für einen nicht unerheblichen mit erheblichen Kosten und Risiken behafteten medizinischen Eingriff ist hier nicht von der Hand zu weisen.
III. Durchführung der „kostenfreien Eignungschecks“
Nach dem Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 1 HWG gilt das Verbot nicht nur für die Bewerbung, sondern auch für die Gewährung, bzw. Durchführung der streitgegenständlichen „kostenfreien Eignungschecks“.
B. Zahlungsanspruch
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 246,10 Euro nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit.
Der Anspruch folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG und ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB. Der Zeitpunkt ab dem Zinsen gewährt werden, der 10.08.2016, ergibt sich daraus, dass die Berichtigungsverfügung des Passivrubrums zu diesem Zeitpunkt dem Beklagtenvertreter zugestellt worden ist.
C. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
D. Vorläufige Vollstreckbarkeit
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 711 ZPO.


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