Medizinrecht

Offensichtlich unbegründete Klage von Kosovo-Albanern

Aktenzeichen  M 5 K 16.30963

Datum:
9.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 36, § 78 Abs. 1
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1 Psychische Erkrankungen können im Kosovo behandelt werden. Unmittelbar nach der Ankunft gibt es kostenlose Hilfs- und Unterstützungsleistungen für Rückkehrer. (redaktioneller Leitsatz)
2 Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. (redaktioneller Leitsatz)
3 Ausreichende und kostenlose medizinische Versorgung ist im Kosovo durch die Rückkehrer-Projekte URA II und Diakonie Kosova gewährleistet. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die Klage ist offensichtlich unbegründet (§ 78 Abs. 1 Satz 1 des Asylgesetzes/AsylG).
1. Die Klage auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist offensichtlich unbegründet.
Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt.
Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird für die Begründung auf den bereits zitierten Gerichtsbescheid vom 14. Juli 2016 verwiesen.
2. Soweit der Klägerbevollmächtigte darauf hinweist, dass die Klägerin zu 2 an einer schweren psychischen Erkrankung leide, die im Kosovo nicht hinreichend behandelbar sei (schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen bei rezidivierend depressiver Störung ICD 10 F 33.3), ist – wie bereits im Beschluss vom 28. Juli 2016 (M 5 S7 16.30859) – darauf hinzuweisen, dass nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 9. Dezember 2015 psychische Erkrankungen und somit auch die vorliegend im Raum stehende Erkrankung der Klägerin zu 2 im Kosovo behandelt werden können. Für Rückkehrer in den Kosovo gibt es bei psychischen Erkrankungen unmittelbar nach der Ankunft auch kostenlos Hilfs- und Unterstützungsleistungen des Kosovo-Rückkehrer-Projekts URA II (vgl. zum Ganzen auch Lagebericht Kosovo vom 9.12.2015, IV. 1.2.4).
Aus den von der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung übergebenen Berichten der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 4. Juli 2016 und 31. August 2016 folgt nichts anderes. Dort ist angegeben, dass das Gesundheitssystem im Kosovo allgemein unzureichend sei. Speziell in psychiatrischen Einrichtungen herrschten schlechte Bedingungen und Personalmangel. Es müssten Wartezeiten von mehreren Monaten in Kauf genommen werden. Korruption sei im Kosovo auch im Gesundheitssektor weit verbreitet. Außerdem seien hohe Zuzahlungen für die Patienten erforderlich.
Auch daraus kann nicht abgeleitet werden, dass für die Klägerin zu 2 eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bestehen würde. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung (d. h. infolge der Abschiebung) wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes/AufenthG).
Nach diesem Maßstab bestehen keine Gründe für die Annahme eines Abschiebungshindernisses für die Klägerin zu 2 in den Kosovo aus gesundheitlichen Gründen. Denn die Klägerin zu 2 verfügt im Kosovo über eine Familie, die ihr die Möglichkeit vermittelt, die ihr zustehenden Ansprüche, insb. auf Behandlung und medikamentöse Versorgung, geltend zu machen und durchzusetzen. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes für den Kosovo (Stand: 9.12.2015), IV. 1.2.1 fällt die Eigenbeteiligung für Medikamente u. a. nicht für Empfänger von Sozialhilfe sowie für chronisch Kranke an. Hinzu kommen kostenlose Unterstützungsleistungen des Kosovo-Rückkehrer-Projekt URA II bei psychischen Erkrankungen. Dort kann auch eine weitere Behandlung erlangt oder vermittelt werden. Auf diese Leistungsmöglichkeit, deren Projektleitung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge liegt, gehen die Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe nicht ein. Das gilt auch für die Rückkehrer-Projekte der „Diakonie Kosova“ mit Sitz in Mitrovica oder der Arbeiterwohlfahrt (zum Ganzen: Lagebericht, a. a. O., IV.2.). Daher ist eine ausreichende medizinische Versorgung für die Klägerin zu 2 im Kosovo grundsätzlich gegeben und von einer erheblichen Verschlechterung der schweren Erkrankung aufgrund fehlender Behandlungsmöglichkeit im Zielstaat nicht auszugehen. Hierzu ist der Stellungnahme von Frau Dr. B. vom Gesundheitsamt der Stadt … vom … Juni 2016 nichts enthalten. Diese Stellungnahme bezieht sich in erster Linie auf die Reisefähigkeit der Klägerin zu 2. Daher kann daraus nichts abgeleitet werden, was das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen begründen könnte.
Der Bericht des Klägerbevollmächtigten über den Kontakt eines Arztes mit der Klägerin zu 2 nach der Abschiebung ergibt ebenfalls keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Entsprechendes gilt für die geltend gemachte Erkrankung der Klägerin zu 5 (chronische Obstipation). Hierbei dürfte es sich bereits nicht um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung handeln. Eine solche Schwere der Erkrankung lässt sich den entsprechenden ärztlichen Attesten nicht entnehmen.
3. Die Kläger haben als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nach § 83b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben