Medizinrecht

Sozialgerichtsverfahren: Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit

Aktenzeichen  L 17 U 340/17

Datum:
10.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 13815
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG § 118 Abs. 1 S. 1
ZPO § 42, § 406 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

Der Antrag, den ärztlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, kann nicht mit – nicht fristgerecht iSd § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO gerügten – früheren gutachtlichen Äußerungen des ärztlichen Sachverständigen im Wege einer Gesamtwürdigung sämtlicher gutachtlicher Äußerungen begründet werden und zwar auch dann nicht, wenn die früheren gutachtlichen Äußerungen nach Auffassung des Antragstellers lediglich “an der Grenze zur Befangenheit zu sehen gewesen sind”. Denn dies wäre eine Umgehung des § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO, die rechtlich unzulässig ist und für die es zudem nach der gesetzgeberischen Intention der Vorschriften keinen sachlich rechtfertigenden Grund gibt. (Rn. 18 – 20)

Verfahrensgang

S 5 U 150/17 2017-10-09 GeB SGWUERZBURG SG Würzburg

Tenor

Das Ablehnungsgesuch gegen den gerichtlichen Sachverständigen M wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Der Kläger, Berufungskläger und Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) macht im Berufungsverfahren L 17 U 340/17 die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem ärztlichen Sachverständigen M geltend.
Im zugrundeliegenden Hauptsacheverfahren (L 17 U 340/17) begehrt der Antragsteller die Anerkennung einer Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) und Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. ab 21.12.2016.
Mit Bescheid vom 16.11.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Lendenwirbelsäulen- und Halswirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nrn. 2108 und 2109 der Anlage 1 zur BKV mit der Begründung ab, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht gegeben seien (Widerspruchsbescheid vom 01.08.2013). Die hiergegen eingelegte Klage (S 2 U 243/13) nahm der Kläger am 03.11.2015 zurück.
Am 08.01.2017 stellte der Kläger unter Vorlage einer Gewerbeabmeldung vom 21.12.2016 durch seinen Prozessbevollmächtigten Antrag auf Anerkennung seiner Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2108 BKV und Gewährung einer Verletztenrente. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 17.02.2017 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Lendenwirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV sowie die Gewährung von Leistungen ab (Widerspruchsbescheid vom 23.05.2017). Die hiergegen am 12.06.2017 eingelegte Klage wies das Sozialgericht Würzburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 09.10.2017 ab.
Im anschließenden Berufungsverfahren holte das LSG gemäß § 106 SGG ein Gutachten von T vom 26.06.2019, gemäß § 109 SGG ein Gutachten vom B vom 11.02.2020, gemäß § 106 SGG ein Gutachten des Orthopäden/Unfallchirurgen M vom 14.10.2020 und gemäß § 106 SGG ein radiologisches Gutachten von E vom 10.02.2021 ein. Auf Veranlassung des Senats hat anschließend M gemäß § 106 SGG zum Gutachten des E am 15.03.2021 ergänzend Stellung genommen. Die ergänzende Stellungnahme vom 15.03.2021 übermittelte der Senat mit Schriftsatz vom 24.03.2021 dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zur Stellungnahme binnen 4 Wochen.
Am 24.03.2021 hat der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten den gerichtlichen Sachverständigen M wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor, dass M in seiner Stellungnahme vom 15.03.2021 zum Gutachten des E augenscheinlich die von einem Gutachter zu fordernde Objektivität vermissen lasse. Seine Stellungnahme sei emotional aufgeladen. Er beschränke sich in seinen Ausführungen nicht auf fachliche Kritik am Gutachten des E, sondern verstärke seine Ausführungen durch die Äußerung, dass dem radiologischen Gutachten „energisch“ zu widersprechen sei. Er führe des Weiteren aus, dass die Einschätzung des E „unbegreiflich“ und „schleierhaft“ sei. Den Ausführungen des E sei „keinesfalls“ zuzustimmen. E „irre“ sich. Bezüglich des Wortes „irren“ werde darauf hingewiesen, dass dem Wort „irren“ die Bedeutung von „völlig falsch“ zukomme. Auch insoweit handele es sich also um eine Übertreibung, die im Zusammenhang mit den anderen von M gewählten Formulierungen stehe. Hierdurch könne auch bei einem vernünftig denkenden Beteiligten die Befürchtung gerechtfertigt sein, dass M sein Gutachten bzw. seine Stellungnahme nicht unvoreingenommen erstattet habe.
Dabei könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass bereits die Ausführungen des M in seinem Gutachten auf Seite 22 zum Gutachten des B vom 14.09.2015 an der Grenze zur Befangenheit zu sehen gewesen seien. Hierauf sei bereits im Schriftsatz vom 11.11.2020 hingewiesen worden. M habe den Sachverständigen B wegen der Korrektur eines Schreibfehlers der mangelnden wissenschaftlichen Fundiertheit bezichtigt (Seite 23 des Gutachtens des M). Dabei habe M bei seinen Ausführungen verschwiegen, dass B auf den Seiten 14 und 15 seines Gutachtens explizit ausgeführt habe, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines lokalen Lumbalsyndroms im Sinne der Konsensempfehlungen erfüllt seien. M habe ebenso unberücksichtigt gelassen, dass B auf Seite 25 seines Gutachtens dem Gericht empfohlen habe, bei dem Kläger eine Berufskrankheit Nr. 2108 anzuerkennen, sofern dieser die gefährdende Tätigkeit, die bislang nicht unterlassen worden sei, unterlassen werde. In o.g. Schriftsatz sei im Hinblick auf die gutachtlichen Ausführungen des M darauf hingewiesen worden, dass M bewusst versucht habe, über den wahren Inhalt des Gutachtens des B zu täuschen und dies geeignet sei, die Objektivität und Glaubwürdigkeit des M als Gutachter infrage zu stellen.
Die nunmehrige Art und Weise, wie M das Gutachten des Sachverständigen E in für einen Sachverständigen unangemessener Weise kritisiere, rechtfertige im Zusammenhang mit den bereits im Schriftsatz vom 11.11.2020 geäußerten Bedenken hinsichtlich der Objektivität des M den nunmehrigen Antrag auf Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit.
Hierzu nimmt die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.04.2021 dahingehend Stellung, dass M in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.03.2021 durch die von ihm gewählten Formulierungen lediglich klarstelle, dass er in der fachlichen Beurteilung des Röntgenbefundes eine konträre Position zu dem fachradiologischen Gutachten des E vom 10.02.2021 einnehme. M beziehe sich hierbei ausschließlich auf die Feststellungen in seinem vorangegangenen Gutachten vom 14.10.2020. Die Beklagte vermöge weder der ergänzenden Stellungnahme vom 15.03.2021 noch dem maßgeblichen Gutachten vom 14.10.2020 Gründe zu entnehmen, die die Befürchtung rechtfertigen könnten, dass der Sachverständige M sein Gutachten nicht unvoreingenommen erstattet habe und somit eine Besorgnis der Befangenheit des M zwingend angenommen werden müsse. Im Übrigen weise die Beklagte darauf hin, dass bezüglich des Gutachtens vom 14.10.2020 der Ablehnungsantrag unverzüglich nach Kenntnis, spätestens aber nach Ablauf einer angemessenen Frist entsprechend den gerichtlichen Schreiben vom 19.10.2020 und 12.11.2020 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers hätte gestellt werden müssen. Der Befangenheitsantrag vom 24.03.2021 sei insoweit bereits auch verspätet gestellt worden.
In der vom Senat veranlassten Stellungnahme vom 13.04.2021 hat sich der Sachverständige M dahingehend geäußert, dass er bereits in seinem Gutachten vom 14.10.2020 darauf hingewiesen habe, dass beim Kläger an der Wirbelsäule Veränderungen vorgelegen hätten, die als Spondylosis hyperostotica Forestier-Ott aufzufassen gewesen seien. Hiervon seien auch die Gutachter B1 und T ausgegangen. Insbesondere T habe sich über die Natur dieser Veränderungen geäußert und den Morbus Forestier als konkurrierende Ursache erwähnt. In seinem Gutachten habe er geschrieben, dass der im Zusammenhang mit dem Gutachten des B tätig gewesene Gutachter B2 „ganz wesentliche und förmlich ins Auge springende Veränderungen an der Lendenwirbelsäule nicht sah oder beschrieb“ und dass er auch die Zunahme dieser Veränderungen nicht bemerkt habe. Auf den vorliegenden Bildern sehe man ganz eindeutig eine einsteifende Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne einer Spondylosis hyperostotica.
Ob der radiologische Gutachter E die Akte und sämtliche gutachtlichen Stellungnahmen in allen Einzelheiten gelesen habe, sei ihm nicht bekannt. Auch E habe den Morbus Forestier-Ott nicht gesehen, was er begründet habe. Er habe ihm in seiner Stellungnahme vom 15.03.2021 fachlich widersprochen und auf die Literatur hingewiesen. Die Einschätzung des Kollegen sei ihm unbegreiflich und schleierhaft erschienen, er sei von einem Irrtum des E ausgegangen. Wenn er geschrieben habe, dass E sich „irre“, habe er zuvor nicht in den Duden gesehen, der folgende Definition gebe: Irren ist etwas fälschlich für wahr oder richtig halten. Er gehe in der Tat von einem Irrtum aus und erkenne in seiner Wortwahl nichts Übertreibendes, das eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen könnte. Dies gelte gerade auch für einen „vernünftig denkenden Beteiligten“. Diskussionen unter Gutachtern seien durchaus üblich, sonst gäbe es keine Sozialgerichtsverfahren mit medizinischem Hintergrund. Von einer „Voreingenommenheit“ könne sicher nicht gesprochen werden.
Dass frühere Ausführungen „an der Grenze zur Befangenheit zu sehen“ gewesen wären, wie der Antragsteller vortrage, sehe er bei erneuter Durchsicht der Akten nicht. Von „der Korrektur eines Schreibfehlers“ durch B könne nicht die Rede sein. Ganz eindeutig habe B sich widersprechende Schriftstücke verfasst. Es könne nicht die Rede davon sein, dass er „bewusst“ versucht hätte, über den wahren Inhalt des Gutachtens des B „zu täuschen“, er habe seine Ausführungen sachlich diskutiert und in den Kontext gestellt.
Der Senat hat beigezogen die Akten der Beklagten (2 Band), die Akten des SG mit den Aktenzeichen S 2 U 242/13; S 2 U 243/13; S 5 U 7/17 und die Akte des LSG mit dem Aktenzeichen L 17 U 340/17. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
II.
Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers ist zulässig, insbesondere gemäß § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 406 Abs. 2 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) fristgerecht eingegangen, soweit die vom Antragsteller geltend gemachte Besorgnis der Befangenheit mit der ergänzenden Stellungnahme des M vom 15.03.2021 begründet wird. Das Ablehnungsgesuch ist jedoch unbegründet.
Nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 406 Abs. 1 S. 1, 42 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit bzw. Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Der Grund, der das Misstrauen rechtfertigt, muss bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise vom Standpunkt der Partei aus vorliegen. Rein subjektive Vorstellungen und Gedankengänge der Partei scheiden aus. Allerdings kommt es auch nicht darauf an, ob der Sachverständige auch tatsächlich befangen ist (Hyßtege in Thomas/Putzo-Hyßtege, ZPO, Kommentar, 40. Aufl. 2020, § 42 Rn. 9). Maßgeblich sind dabei immer die jeweiligen Umstände des Einzelfalls (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG 13. Aufl. 2020, § 118 Rn. 12j). Der Ablehnungsgrund ist gemäß §§ 406 Abs. 3, 294 ZPO glaubhaft zu machen.
Der Vortrag des Antragstellers ist auch nicht ansatzweise geeignet, eine Voreingenommenheit und damit eine Besorgnis der Befangenheit des M zu begründen. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass M in seiner Stellungnahme vom 15.03.2021 zum Gutachten des E augenscheinlich die von einem Gutachter zu fordernde Objektivität vermissen lasse, die Stellungnahme des M sei emotional aufgeladen, er beschränke sich in seinen Ausführungen nicht auf fachliche Kritik am Gutachten des E, sondern verstärke seine Ausführungen durch die Äußerung, dass dem radiologischen Gutachten „energisch“ zu widersprechen sei, die Einschätzungen des E „unbegreiflich“ und „schleierhaft“ seien, den Ausführungen des E „keinesfalls“ zuzustimmen sei, E sich „irre“ und dem Wort „irren“ die Bedeutung von „völlig falsch“ zukomme, es sich auch insoweit um eine Übertreibung handele, die im Zusammenhang mit den anderen von M gewählten Formulierungen stehe, vermögen diese Einwendungen die Unparteilichkeit des gerichtlichen Sachverständigen M nicht in Frage zu stellen. Denn es gehört zum Gutachtensauftrag des M, sich mit den Vorgutachten kritisch auseinanderzusetzen und eine ggf. hiervon abweichende Beurteilung inhaltlich zu begründen. Aus der Wortwahl des M ergibt sich lediglich, dass er mit der Beurteilung des E keinesfalls einverstanden ist. Den Ausführungen des M ist jedoch kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass seine deutliche Kritik an den gutachtlichen Ausführungen des E auf einer unsachlichen oder willkürlichen Einstellung des M gegenüber dem Antragsteller beruht. Eine solche ergibt sich auch nicht aus der Stellungnahme des M vom 13.04.2021 zum Ablehnungsgesuch des Antragstellers. Dabei kann dahinstehen, ob die Beurteilung des M zutreffend ist oder nicht oder die Kritik fachlich übertrieben ist. Denn eine Voreingenommenheit des M gegenüber dem Antragsteller lässt sich mit der vom Antragsteller zitierten Wortwahl des M nicht begründen.
Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers vom 24.03.2021 ist auch nicht aufgrund der Ausführungen des M auf Seite 22 seines Gutachtens vom 14.10.2020 begründet. Diese Ausführungen können nicht zur Beurteilung, ob M wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen ist, herangezogen werden, weil insoweit das Ablehnungsgesuch vom 24.03.2021 gemäß § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO verspätet ist und die Rechtsauffassung des Antragstellers zu einer Umgehung dieser Vorschriften führen würde.
Nach § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder dem Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, spätestens zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung zu stellen, zu einem späteren Zeitpunkt nur dann, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn erst aus dem schriftlich abgefassten Gutachten der Ablehnungsgrund ersichtlich wird. In diesem Fall endet die Frist für den Ablehnungsantrag mit dem Ablauf der Frist, die das Gericht den Beteiligten zur Stellungnahme zum Gutachten eingeräumt hat.
Vorliegend hat der Senat mit Schriftsatz vom 19.10.2020 das Gutachten des M dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zur Stellungnahme binnen einer Frist von 3 Wochen übermittelt. Somit endet die Frist mit Ablauf der Frist zur Stellungnahme, nämlich mit Ablauf des 08.11.2020. Diese Frist hat der Antragsteller versäumt. Der Antragsteller hat zudem in seiner Stellungnahme vom 11.11.2020 gerade kein Ablehnungsgesuch gestellt und geht im Übrigen auch mit seinem Ablehnungsgesuch vom 24.03.2021 lediglich davon aus, dass die Ausführungen auf Seite 22 des Gutachtens des M vom 14.10.2020 „an der Grenze zur Befangenheit zu sehen gewesen sind“.
Die dargelegte Fristversäumung ist entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht deshalb ohne rechtliche Relevanz, weil – wovon der Antragsteller ausgeht – die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen M einer Gesamtbeurteilung zu unterziehen seien und deshalb erst die späteren Ausführungen des M in seiner ergänzenden Stellungnahme unter Berücksichtigung seiner früheren Ausführungen im Gutachten vom 14.10.2020 den Grad der Befangenheit erreicht hätten, der es – rechtlich zulässig – ermöglichen würde, den Beginn des Fristablaufs erst auf diesen – späteren – Zeitpunkt zu verlegen. Denn dies wäre eine Umgehung der § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO, die rechtlich unzulässig ist und für die es darüber hinaus nach der gesetzgeberischen Intention der Vorschriften auch keinen sachlich rechtfertigenden Grund gibt.
Im Übrigen sind die gutachtlichen Äußerungen des M auf Seite 22 seines Gutachtens vom 14.10.2020 nicht geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Die Behauptung des Antragstellers, M habe insoweit versucht, über den wahren Inhalt des Gutachtens des B zu täuschen, beruht auf einer bloßen Unterstellung. Die zitierten gutachtlichen Äußerungen des M sind aus der Sicht eines vernünftig denkenden Beteiligten auch nicht ansatzweise geeignet, eine von Willkür geprägte Einstellung des gerichtlichen Sachverständigen M gegenüber dem Antragsteller zu begründen.
Somit hat der Antragsteller weder konkrete Tatsachen dargetan, die bei objektiver und vernünftiger Betrachtung eine Besorgnis der Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen M begründen könnten, noch sind solche aus den Akten ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.


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