Aktenzeichen M 33 S 22.824
GG Art. 8
BayVersG Art. 15
BayIfSMV § 9 15.
BayIfSMV § 8 15.
Leitsatz
Tenor
I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen versammlungsrechtliche Beschränkungen im Bescheid der Antragsgegnerin.
Die Antragsteller zeigten am 18. Januar 2022 (zuletzt geändert mit E-Mail vom 1. Februar 2022) bei der Antragsgegnerin für Sonntag, den 20. Februar 2022 auf der T.wiese in M. eine Versammlung mit dem Thema „Update – Einstimmung auf den FreedomDay“ an. Erwartet würden 10.000 Teilnehmer, vorgesehen seien 400 Ordner.
Mit Bescheid vom … Februar 2022 beschränkte die Antragsgegnerin die angezeigte Versammlung unter anderem wie folgt:
„5. Maskenpflicht Es gilt für alle Teilnehmer*innen während der gesamten Versammlung eine FFP2-Maskenpflicht.“
Hiervon ausgenommen sind die Versammlungsleitung während Durchsagen und Redner*innen für die Dauer ihres Redebeitrags, Blasmusiker*innen, Sänger*innen und Tänzer*innen während ihrer Darbietung. Dabei haben Redner*innen/Blasmusiker*innen/Sänger*innen/Tänzer*innen für die Dauer ihres Redebeitrags bzw. während ihrer Darbietung einen Mindestabstand von 2 m zu anderen Personen einzuhalten.
Im Übrigen gilt § 2 Abs. 3 der 15. BayIfSMV entsprechend, d. h.:
– Kinder sind bis zum sechsten Geburtstag von der Tragepflicht befreit.
– Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, sind von der Trageverpflichtung befreit; die Glaubhaftmachung erfolgt bei gesundheitlichen Gründen insbesondere durch eine ärztliche Bescheinigung, die die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie den Grund, warum sich hieraus eine Befreiung der Tragepflicht ergibt, enthält.
– Kinder und Jugendliche zwischen dem sechsten und dem 16. Geburtstag müssen nur eine medizinische Gesichtsmaske tragen.
– das Abnehmen der Mund-Nasen-Bedeckung ist zulässig, solange es zu Identifikationszwecken oder zur Kommunikation mit Menschen mit Hörbehinderung oder aus sonstigen zwingenden Gründen erforderlich ist.
6. Subsidiäre Visierpflicht oder medizinische Maske
Entfällt die Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske auf der Grundlage von § 2 Abs. 3 der 15. BayIfSMV, wird für die jeweils Betroffenen das Tragen eines Visiers oder einer medizinischen Maske angeordnet. Diese Verpflichtung entfällt wiederum nur dann, wenn die gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 der 15. BayIfSMV vorgelegte ärztliche Bescheinigung konkrete Angaben darüber enthält, weshalb das Tragen eines Visiers und einer medizinischen Maske aus gesundheitlichen Gründen für die/den jeweils Betroffene*n nicht zumutbar ist.
7. Vorlage Glaubhaftmachung der Maskenbefreiung inkl. Identitätsnachweis
Diejenigen Personen, die sich auf eine Befreiung gem. § 2 Abs. 3 der 15. BayIfSMV aus gesundheitlichen Gründen berufen, haben sich vor dem Betreten des Versammlungsortes bei der Polizei vor Ort zu melden und ihre Befreiung durch Vorlage der ärztlichen Bescheinigung zusammen mit dem Personalausweis oder einem anderen amtlichen Lichtbildausweis glaubhaft zu machen.
8. Ordnerpersonal
Pro angefangene 25 Versammlungsteilnehmer*innen ist ein (1) Ordner*in abzustellen; mithin ist der Ordnerschlüssel 1:25 einzuhalten. Das Ordnerpersonal hat die Einhaltung der Mindestabstände sicherzustellen. Die Anzahl der Ordner*innen ist in der beschränkten Teilnehmerzahl beinhaltet. Exemplarisch wären dann bis 25 Teilnehmer*innen (1) Ordner*in und von 26 – 50 Versammlungsteilnehmer*innen (2) Ordner*innen usw. einzusetzen.“
Begründet wurden die Anordnungen im Wesentlichen vor dem Hintergrund des bisherigen Versammlungsgeschehens (u.a. Versammlung vom 30.1.2022), der derzeitigen epidemischen Lage (Omikron-Variante, Infektionszahlen, Impfquote, Risiko einer Überlastung des Gesundheitssystems) und der von den Antragstellern erwarteten Teilnehmerzahl.
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2022 ließen die Antragsteller beim Verwaltungsgericht München im Wege des Eilrechtsschutzes beantragen,
die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage der Antragsteller gegen die Ziffern 6., 7. und 8. des Bescheides der Antragsgegnerin vom … Februar 2022 anzuordnen.
Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2022 ließen die Antragsteller Klage einreichen und im Wege des Eilrechtsschutzes hilfsweise beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffern 6., 7. und 8. des Bescheides der Antragsgegnerin vom … Februar 2022 für den Fall anzuordnen, dass nicht mehr als 5.000 Teilnehmer auf der Versammlung vorhanden sind.
Die Zahl der Teilnehmer ist laufend zwischen Veranstaltungsleitung und der Polizei festzustellen.
Nach Auffassung der Behörden hätten sich bei der letzten Versammlung am 30. Januar 2022 lediglich 2.500 Teilnehmer auf der Theresienwiese befunden. Möglicherweise seien dieses Mal mehr, maximal aber wohl 5.000 Teilnehmer zu erwarten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Weder der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung noch der Hilfsantrag haben in der Sache Erfolg.
I. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise anordnen, wenn die Klage – wie hier (vgl. Art. 25 BayVersG) – keine aufschiebende Wirkung hat. Dabei hat es eine originäre Interessenabwägung auf der Grundlage der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage darüber zu treffen, ob die Interessen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, oder diejenigen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, überwiegen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren wesentlich zu berücksichtigen, soweit sie bereits überschaubar sind (BayVGH, B.v. 4.6.2021 – 10 CS 21.1590 – juris Rn. 14).
Insbesondere im Bereich des Versammlungsrechts muss das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren angesichts der Zeitgebundenheit von Versammlungen zum Teil Schutzfunktionen übernehmen, die sonst das Hauptsacheverfahren erfüllt. Der Rechtsschutzanspruch des Bürgers ist umso stärker, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Zum Schutz von Versammlungen ist daher schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt. Soweit möglich, ist als Grundlage der gebotenen Interessenabwägung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht nur summarisch zu prüfen (BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn. 18). Lassen sich die Erfolgsaussichten bei dem hiernach gebotenen Prüfungsmaßstab nicht abschließend beurteilen, hat das Gericht unter Berücksichtigung der Bedeutung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Versammlungsfreiheit im Rahmen einer eigenen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der behördlichen Verfügung, das private Interesse des Betroffenen und die Interessen Dritter, vorläufig von deren Wirkung verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen.
Daran gemessen war vorliegend der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen. Die streitgegenständlichen Beschränkungen sind voraussichtlich rechtmäßig und verletzen die Antragsteller daher voraussichtlich nicht in ihren Rechten.
1. Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen. Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend. In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die gemeinsame körperliche Sichtbarmachung von Überzeugungen, bei der die Teilnehmer in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen – schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und die Wahl des Ortes – im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (vgl. BVerfG, B.v. 31.1.2022 – 1 BvR 208/22 – juris Rn. 5; BVerfG, B.v. 21.11.2020 – 1 BvQ 135/20 – juris Rn. 6; BVerfG, B.v. 30.8.2020 – 1 BvQ 94/20 – juris Rn. 14 m.w.N.). Damit die Bürger selbst entscheiden können, wann, wo und unter welchen Modalitäten sie ihr Anliegen am wirksamsten zur Geltung bringen können, gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern umfasst zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn. 16).
Nach Art. 8 Abs. 2 GG kann dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Derartige Beschränkungen sind im Lichte der grundlegenden Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 GG auszulegen. Eingriffe in die Versammlungsfreiheit sind nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig (vgl. BVerfG, B.v. 31.1.2022 – 1 BvR 208/22 – juris Rn. 5; BVerfG, B.v. 21.11.2020 – 1 BvQ 135/20 – juris Rn. 6; BVerfG, B.v. 30.8.2020 – 1 BvQ 94/20 – juris Rn. 14 jeweils m.w.N.). Rechtsgüterkollisionen ist im Rahmen versammlungsrechtlicher Verfügungen durch Beschränkungen oder Modifikationen der Durchführung der Versammlung Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 24.10.2001 – 1 BvR 1190/90 u.a.− juris Rn. 63). Kollektive Meinungsäußerungen in Form einer Versammlung sind dabei umso schutzwürdiger, je mehr es sich bei ihnen um einen Beitrag zum Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt (stRspr, vgl. BVerfG, U.v. 11.11.1986 – 1 BvR 713/83 – juris Rn. 102).
2. Die hier in Rede stehenden Beschränkungen wurden von der Antragsgegnerin voraussichtlich zu Recht auf Art. 15 Abs. 1 BayVersG i.V.m. § 9 Abs. 1 15. BayIfSMV (seit dem 17.2.2022 nunmehr wortgleich geregelt in § 8 Abs. 1 15. BayIfSMV) gestützt.
2.1 Nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist oder ein Fall des Art. 12 Abs. 1 BayVersG vorliegt.
Der Bayerische Landtag stellte in seiner Sitzung am 15. Februar 2022 (LT-Drs. 18/21093) gemäß § 28a Abs. 8 IfSG fest, dass für das Gebiet des Freistaates die konkrete Gefahr der epidemischen Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), die der Landtag erstmals in seiner Sitzung am 23. November 2021 mit Wirkung vom 24. November 2021 (vgl. LT-Drs.18/19077) festgestellt hat, fortbestehe und daher § 28a Abs. 1 bis 6 IfSG für den Freistaat weiter anwendbar ist. Die Feststellung der weiteren Anwendbarkeit endet mit Ablauf des 19. März 2022 (BayMBl. 2022 Nr. 114). Nach § 9 Abs. 1 15. BayIfSMV (bzw. § 8 Abs. 1 15. BayIfSMV) muss bei Versammlungen unter freiem Himmel zwischen allen Teilnehmern ein Mindestabstand von 1,5 m gewahrt werden (Satz 1); die zuständigen Behörden haben erforderlichenfalls durch Beschränkungen nach Art. 15 BayVersG sicherzustellen, dass die von der Versammlung ausgehenden Infektionsgefahren auch im Übrigen auf ein vertretbares Maß beschränkt bleiben (Satz 2). Die Bestimmungen konkretisieren auf Tatbestands- und Rechtsfolgenseite die versammlungsrechtliche Befugnisnorm des Art. 15 Abs. 1 BayVersG im Hinblick auf die Zielsetzungen des § 28a IfSG (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2022 – 10 CS 22.162 – juris Rn. 19 zur 15. BayIfSMV; BayVGH, B.v. 17.1.2022 – 10 CS 22.126 – BA Rn. 10 zur 15. BayIfSMV; BayVGH, B.v. 19.9.2020 – 10 CS 20.2103 – juris Rn. 7 zur 6. BayIfSMV).
§ 28 Abs. 8 Nr. 3 IfSG entfaltet insoweit keine Sperrwirkung gegenüber dem Versammlungsgesetz. Die Regelungen des IfSG stehen Versammlungsverboten im Einzelfall nicht entgegen, wenn (nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen) die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch absehbare Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist und sich diese Gefahr nicht durch Beschränkungen im Sinne von § 28a Abs. 7 Satz 1 IfSG auf ein vertretbares Maß reduzieren lässt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn aufgrund des Versammlungsthemas, des zu erwartenden Teilnehmerkreises und weiterer Umstände des Einzelfalls konkret zu erwarten ist, dass solche Beschränkungen systematisch nicht beachtet werden (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2022 – 10 CS 22.162 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 17.1.2022 – 10 CS 22.126 – BA Rn. 12 ff.).
2.1.1 Der Schutz der „öffentlichen Sicherheit“ im Sinne von Art. 15 Abs. 1 BayVersG umfasst die Unverletzlichkeit der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen (wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen und dessen allgemeine Persönlichkeitsrechte), des Bestands der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt sowie der Rechtsordnung als Ganzes, zu der neben den Strafgesetzten auch verwaltungsrechtliche Gebots- und Verbotsnormen gehören (BVerfG B.v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81 u.a. – juris Rn. 77; BayVGH, U.v. 22.9.2015 – 10 B 14.2246 – juris Rn. 53). Hierzu zählen auch die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, die die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs regeln und die in diesem Zusammenhang betroffenen Rechte Dritter (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.1989 – 7 C 50/88 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 7.9.2021 – 10 CS 21.2282 – juris Rn. 31).
Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) darf die Behörde beim Erlass von versammlungsrechtlichen Beschränkungen und Verboten keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Beschränkung liegt grundsätzlich bei der Behörde (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn. 17; BVerfG, B.v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 17 ff. jeweils m.w.N.; BVerfG, B.v. 6.6.2007 – 1 BvR 1423/07 – juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 24.8.2020 – 6 B 18.20 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 19.1.2022 – 10 CS 22.162 – juris Rn. 22; BayVGH, U.v. 10.7.2018 – 10 B 17.1996 – juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 19.12.2017 – 10 C 17.2156 – juris Rn. 14 ff.). Für die Gefahrenprognose können Ereignisse im Zusammenhang mit früheren Versammlungen als Indizien herangezogen werden, soweit sie bezüglich des Mottos, des Ortes, des Datums sowie des Teilnehmer- und Organisatorenkreises Ähnlichkeiten zu der geplanten Versammlung aufweisen (stRspr des BVerfG, vgl. zuletzt BVerfG, B.v. 31.1.2022 – 1 BvR 208/22 – juris Rn. 9; BVerfG B.v. 21.11.2020 – 1 BvQ 135/20 – juris Rn. 11; vgl. auch BVerwG, B.v. 24.8.2020 – 6 B 18.20 – Rn. 6). Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes berücksichtigt das Gericht, ob die für die Beurteilung der Gefahrenlage herangezogenen Tatsachen unter Berücksichtigung des Schutzgehalts des Art. 8 GG in nachvollziehbarer Weise auf eine unmittelbare Gefahr hindeuten. Gibt es neben Anhaltspunkten für die von der Behörde oder den Gerichten zugrunde gelegte Gefahrenprognose auch Gegenindizien, so haben sich die Behörde und die Gerichte auch mit diesen in einer den Grundrechtsschutz hinreichend berücksichtigenden Weise auseinanderzusetzen (vgl. BVerfG, B.v. 4.9.2009 – 1 BvR 2147/09 – juris Rn. 9 m.w.N.).
Speziell für die infektionsschutzrechtliche Gefahrenprognose verlangt § 9 Abs. 1 Satz 2 15. BayIfSMV (bzw. § 8 Abs. 1 Satz 2 15. BayIfSMV), dass die von der Versammlung ausgehenden Infektionsgefahren insgesamt auf ein infektionsschutzrechtlich vertretbares Maß beschränkt bleiben. Dabei verlangt infektionsschutzrechtliche „Vertretbarkeit“ gerade keine völlige Risikofreiheit im Sinne einer absoluten infektionsschutzrechtlichen „Unbedenklichkeit“. Vielmehr muss die Behörde bei ihrer Prüfung eigene Überlegungen zur Minimierung von Infektionsrisiken anstellen und vor dem Erlass einer Beschränkung der Versammlungsfreiheit sich zunächst um eine kooperative, einvernehmliche Lösung mit dem Versammlungsveranstalter bemühen (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.2020 – 1 BvQ 37/20 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 30.4.2020 – 10 CS 20.999 – juris Rn. 24).
2.1.2 Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Tatbestand des Art. 15 Abs. 1 BayVersG voraussichtlich erfüllt.
Die Gefahrenprognose der Antragsgegnerin, die den streitgegenständlichen Beschränkungen zu Grunde liegt, genügt den beschriebenen Anforderungen. Nach den zur Zeit des Erlasses der Anordnungen erkennbaren Umständen wäre die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung am 20. Februar 2022 unmittelbar gefährdet.
Dass von einer durch die angezeigte Versammlung ausgehenden Infektionsgefahr ausgegangen wird, ist nicht zu beanstanden.
Nach der Einschätzung des Verordnungsgebers und des Robert Koch-Instituts (RKI) macht die aktuelle epidemiologische Lage auch nach wie vor besondere Schutzmaßnahmen bei Versammlungen erforderlich. Das RKI empfiehlt in seiner (bereits im Beschluss vom 26.1.2022, Az.: M 33 S 22.332, herangezogenen) Risikobewertung vom 14. Januar 2022 zur nachhaltigen Senkung der Infektionszahlen unter anderem die Kontaktreduktion und Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln sowie das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen im Alltag; die Verbreitung der Omikronvariante verstärke dabei die Notwendigkeit intensiver kontaktreduzierender Maßnahmen und eine konsequente Einhaltung der zuvor erwähnten Maßnahmen (vgl. https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html – abgerufen am 18.2.2022).
Auch wenn die Übertragung von Viren über Aerosole im Freien zwar seltener vorkomme, gilt dies nach den fachlichen Einschätzungen des RKI aber nicht bei engem Kontakt, z.B. Gesprächskontakt, und in Menschenmengen mit geringen Abständen (vgl. BayVGH, B.v. 20.7.2021 – 25 NE 21.1814 – juris Rn. 23; so auch schon VG München, B.v. 26.1.2022 – M 33 S 22.332 – BA Rn. 19). Ferner würden noch stärker als beim Atmen und Sprechen gerade beim Schreien und Singen Aerosole ausgeschieden. Grundsätzlich sei die Wahrscheinlichkeit einer Exposition gegenüber infektiösen Partikeln jeglicher Größe im Umkreis von ein bis zwei Metern um eine infektiöse Person herum erhöht (vgl. https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Corona virus/Steckbrief.html – abgerufen am 18.2.2022). Dass sich die Teilnehmer in der Dynamik, die von einer Versammlung ausgeht, dauerhaft an die geltenden Mindestabstände halten, ist nicht stets und hinreichend verlässlich (BayVGH, B.v. 28.1.2022 – 10 CS 22.233 – BA S. 9).
Letzteres zeigen auch die im Bescheid geschilderten Erfahrungen mit früheren ortsfesten Versammlungen (u.a. keine durchgehende Einhaltung des Mindestabstands schon bei den zu Spitzenzeiten maximal erschienenen 2.000 Teilnehmern auf der Versammlung der Antragsteller am 30.1.2022). Folglich ist davon auszugehen, dass bei der nunmehr angemeldeten Versammlung (mit erneut erwarteten 10.000 Teilnehmern) der Mindestabstand nicht konsequent eingehalten wird. Nichts Anderes gilt bei einer Teilnahme von 5.000 Personen (vgl. Hilfsantrag mit Begründung vom 18.2.2022) bzw. bei einer mit der letzten Versammlung vom 30. Januar 2022 vergleichbaren Teilnehmerzahl. Eine nachhaltige und glaubhafte Verhaltensänderung seitens der zu erwartenden Versammlungsteilnehmer ist insoweit nicht ersichtlich. Insbesondere kann von einem durchgehend „absolut positiven Verlauf“ der Versammlung am 30. Januar 2022 entgegen der Ausführungen der Antragstellerseite nicht gesprochen werden.
Entgegen den Ausführungen des Bevollmächtigten der Antragsteller hat die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid auch die aktuelle epidemische Lage berücksichtigt. Die 7-Tage-Inzidenz lag laut der Bescheidsbegründung am 9. Februar 2022 in M. bei 2.385,9 pro 100.000 Einwohner (am 18. Februar 2022 nunmehr bei 1.445,7). Von den in M. insgesamt zur Verfügung stehenden 470 Intensivbetten waren am 9. Februar 2022 77 Intensivbetten mit COVID-19-Patienten belegt. Mit Stand 17. Februar 2022 sind in den Münchner Krankenhäusern 531 Betten mit bestätigten COVID-19-Fällen belegt, davon 69 Intensivbetten und 13 Betten in der Intensivüberwachungspflege (https://stadt.muenchen.de/infos/corona-fallzahlen-muenchen.html). Laut Auskunft des DIVI Intensivregisters stehen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in München mit 22 Betten nur noch 4,68% der Intensivbetten zur freien Verfügung (https://www…de/ …aktuelle-lage/kartenansichten – Stand 18.2.2022, 8:15 Uhr). Die Versorgungslage in den örtlichen Krankenhäusern bleibt damit weiterhin angespannt und stellt sich gegenüber dem dynamischen Verlauf der Pandemie nach wie vor als vulnerabel dar.
Soweit die Antragsteller insoweit auf die Lage in anderen Ländern und Großstädten verweisen, spricht dies nicht gegen die vorliegende Gefahrenprognose der Antragsgegnerin. Die jeweilige Versammlungsbehörde hat bei der Gefahrenprognose lediglich auf die konkreten Verhältnisse am jeweiligen Ort des Versammlungsgeschehens abzustellen.
Die Belastbarkeit der von den Verwaltungsgerichten und der Antragsgegnerin im Rahmen der Gefahrenprognose herangezogenen Faktoren vermochten auch die neuerlichen Ausführungen des Bevollmächtigten der Antragsteller nicht grundlegend in Zweifel zu ziehen (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 28.1.2022 – 10 CS 22.233 – BA S. 6 ff.).
2.2 Die beanstandeten versammlungsrechtlichen Beschränkungen erweisen sich aus Sicht des Gerichts voraussichtlich auch als verhältnismäßig.
Versammlungsbeschränkungen dürfen als Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG auch in Ansehung der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit für das demokratische und freiheitliche Gemeinwesen nur verfügt werden, wenn sie geeignet und erforderlich sind und der hierdurch bewirkte Grundrechtseingriff insgesamt nicht außer Verhältnis steht zu den jeweils zu bekämpfenden Gefahren und dem Beitrag, den die Beschränkung zur Gefahrenabwehr beizutragen vermag. Kollidiert die Versammlungsfreiheit mit betroffenen Rechten Dritter, ist eine Abwägung der betroffenen Positionen zur Herstellung praktischer Konkordanz erforderlich. Dabei sind die kollidierenden Positionen so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. BVerfG, B.v. 11.4.2018 – 1 BvR 3080/09 – juris Rn. 32).
Mit der Aufnahme von Versammlungsbeschränkungen in den Katalog möglicher Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG hat der Bundesgesetzgeber die Wertung vorweggenommen, dass solche Beschränkungen grundsätzlich geeignet sind, Gefahren für die Gesundheit und das Leben Einzelner zu begegnen und einer Überlastung des Gesundheitssystems entgegenzuwirken (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2022 – 10 CS 22.162 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 31.1.2021 – 10 CS 21.323 – Rn. 17 ff.).
Davon ausgehend erweisen sich die streitgegenständlichen Beschränkungen voraussichtlich als verhältnismäßig.
2.2.1 Im wohlverstandenen Interesse der Antragsteller wird davon ausgegangen, dass sich die Antragsteller gegen die Nrn. 5, 6 und 7 und nicht (wie beantragt) die Nrn. 6, 7 und 8 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 11. Februar 2022 und damit auch gegen die in Nr. 5 angeordnete Maskenpflicht wenden (§§ 88, 122 Abs. 1 VwGO).
Die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bei Versammlungen unter freiem Himmel stellt eine grundsätzlich geeignete Infektionsschutzmaßnahme zur Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 dar (bzgl. der Begründung wird auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 9 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 3 13. BayIfSMV verwiesen: BayVGH, B.v. 20.7.2021 – 25 NE 21.1814 – juris Rn. 22 ff.). Ferner indiziert auch § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 IfSG die Geeignetheit der Verpflichtung zum Tragen einer Atemschutzmaske (FFP2 oder vergleichbar) oder einer medizinischen Gesichtsmaske (Mund-Nasen-Schutz), so bereits BayVGH, B.v. 28.1.2022 – 10 CS 22.233 – BA S. 8). Insoweit folgt das Gericht den Ausführungen des Bevollmächtigten der Antragsteller zur mangelnden grundsätzlichen Geeignetheit einer FFP2-Maske als Mittel zur Verhinderung weiterer Infektionen mit SARS-CoV-2 weiterhin nicht. Im Übrigen zieht auch der von Antragstellerseite genannte Aerosolforscher die Geeignetheit der Masken nicht grundsätzlich in Frage, sondern lediglich deren Erforderlichkeit im Freien (vgl. https://www…de/mediathek/podcast/aktuelle-interviews/ein-jahr-ffp2-masken-in-bayern-gerhard-scheuch-aerosolforscher/1846489).
Nach Ansicht der Kammer ist die vorliegend angeordnete Maskenpflicht jedoch nach wie vor auch erforderlich (auf die Begründung im Beschluss vom 26.1.2022 – M 33 S 22.332 – BA Rn. 23 und den weiteren dort genannten Nachweisen wird verwiesen). Wie bereits dargelegt, ist nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung der Antragsgegnerin aufgrund der Erfahrungen aus vergleichbaren Versammlungen davon auszugehen, dass die Versammlungsteilnehmer sich auch erneut nicht konsequent und in zuverlässiger Weise an das Mindestabstandsgebot halten werden. Die Maskenpflicht bietet hier einen zusätzlichen, wichtigen Beitrag zur Verhinderung der Weiterverbreitung des Coronavirus, insbesondere bei längeren Gesprächen und gesichtsnahen Kontakten der Versammlungsteilnehmer untereinander sowie in unübersichtlichen Situationen während der Versammlung (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 10.8.2021 – 25 NE 21.2066 – juris Rn. 64).
Die mit der angeordneten Maskenpflicht einhergehenden Grundrechtseinschränkungen der Antragsteller sowie der Versammlungsteilnehmer (Art. 2 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 GG) stehen derzeit weiterhin nicht außer Verhältnis zu Gewicht und Dringlichkeit der die Maßnahmen rechtfertigenden antragsgegnerischen Gefahrenprognose; auf obige Ausführungen zur vorliegenden unmittelbaren Gefahrenlage wird verwiesen (vgl. hierzu ferner auch OVG NRW, B.v. 16.9.2021 – 13 B 1489/21.NE – juris Rn. 69 ff. und 93; BayVGH, B.v. 10.8.2021 – 25 NE 21.2066 – juris Rn. 78).
Soweit der Bevollmächtigte der Antragsteller sich unter Vorlage einer Arbeit von u.a. Kisielinski zu unerwünschten Nebenwirkungen und möglichen Gefahren von Masken auf selbige beruft, verfängt dies nicht. Die vorgelegte Arbeit „verfolgt das Ziel einer ersten, raschen wissenschaftlichen Darstellung der Risiken einer allgemeinen Maskenpflicht, indem sie den Fokus auf mögliche ungünstige medizinische Konsequenzen der Masken, insbesondere bei bestimmten Diagnose-, Patienten und Anwendergruppen richtet“ (vgl. S. 3 von 61). Die „Literaturrecherche konzentrierte sich auf unerwünschte negative Effekte von Masken, insbesondere um auf Risiken speziell für bestimmte Patientengruppen hinzuweisen. Deswegen fanden Veröffentlichungen nur mit Darstellung positiver Wirkungen von Masken in [der] Übersicht keine Beachtung“ (vgl. S. 46 von 61). Unklar bleibe – so die Autoren – insgesamt die genaue Häufigkeit der beschriebenen Symptomkonstellation MIES (Masken Induziertes Erschöpfungs Syndrom, zur Definition vgl. S. 40 von 61) in der maskenanwendenden Allgemeinbevölkerung, die sich wegen der geringen Datenlage nicht abschätzen lasse (vgl. S. 49 von 61).
Der mit der angeordneten Maskenpflicht verfolgte individuelle Gesundheitsschutz sowie der Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung dürfte daher gegenwärtig nach wie vor überwiegen. Insbesondere enthält die angeordnete Maskenpflicht auch wieder einen Befreiungstatbestand für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr sowie bei Vorliegen gesundheitlicher Gründe. Dass hier entsprechend § 2 Abs. 2 15. BayIfSMV die angeordnete Maskenpflicht insoweit als spezielle Maskenpflicht i.S.e. Pflicht zum Tragen einer sog. FFP2-Maske ausgestaltet ist, begegnet ebenfalls keinen Bedenken; für Kinder und Jugendliche zwischen dem sechsten und dem 16. Geburtstag besteht im Übrigen auch nur eine Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske.
Etwaige Eingriffe der Maskenpflicht in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. die Meinungsfreiheit sind von gänzlich untergeordneter Natur und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden (vgl. OVG NRW, B.v. 16.9.2021 – 13 B 1489/21.NE – juris Rn. 93; BayVGH, B.v. 28.1.2022 – 10 CS 22.233 – BA S. 4BayVGH, B.v. 10.8.2021 – 25 NE 21.2066 – juris Rn. 78).
2.2.2 Soweit die Antragsgegnerin in Nr. 6 des Bescheids subsidiär zur FFP2-Maskenpflicht eine – insoweit ebenfalls mit gleichgerichteten Ausnahmetatbeständen versehene – Pflicht zum Tragen eines (Gesichts-)Visiers bzw. einer medizinischen Maske angeordnet hat, begegnet dies nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs keinen Bedenken (vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2021 – 10 CS 21.1135 – juris Rn. 20 f.).
Auf die Ausführungen im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26. Januar 2022 (M 33 S 22.332 – BA Rn. 24) wird verwiesen.
Anders als noch im Bescheid vom … Januar 2022 wird es den Betroffenen nunmehr freigestellt, ob sie sich für ein Visier oder eine medizinische Maske entscheiden. Auch insoweit bestehen keine rechtlichen Bedenken.
2.2.3 Die in Nr. 7 angeordnete Pflicht zur Glaubhaftmachung der Maskenbefreiung inkl. Identitätsnachweis ist voraussichtlich ebenfalls verhältnismäßig.
Soweit sich der Bevollmächtigte der Antragsteller auf einen Vorfall im Zusammenhang mit der Versammlung am 30. Januar 2022 beruft, wendet er sich gegen konkrete Polizeimaßnahmen im Vollzug der im letzten Bescheid angeordneten Beschränkung(en). Hinsichtlich etwaiger Fehleinschätzungen im Einzelfall müssen sich die Betroffenen jedoch darauf verweisen lassen, nachträglichen oder – bei konkreter Wiederholungsgefahr – vorbeugenden Rechtsschutz gegen diese konkreten behördlichen Maßnahmen zu suchen (vgl. VG München, B.v. 26.1.2022 – M 33 S 22.360 – juris Rn. 21 m.w.N.). Hinreichende Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr, die die Recht- bzw. Verhältnismäßigkeit der vorliegenden versammlungsrechtlichen Beschränkung(en) durchgreifend in Zweifel ziehen würden, liegen jedenfalls nicht vor.
2.2.4 Sofern sich die Antragsteller tatsächlich auch gegen Nr. 8 (Ordnerpersonal) des Bescheids der Antragsgegnerin vom 11. Februar 2022 wenden wollten (vgl. zur Auslegung des Antrags oben unter 2.2.1), bestehen auch gegen diese Anordnung keine rechtlichen Bedenken. Der Einsatz einer ausreichenden Zahl von Ordnern ist ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel für eine geordnete Durchführung der Versammlung und gerade auch die Sicherstellung der Beachtung der angeordneten Beschränkungen. Der Bevollmächtigte der Antragsteller macht in seiner Antragsbegründung insoweit auch keine Bedenken geltend.
2.3 Die beanstandeten behördlichen Anordnungen beruhen voraussichtlich auf einer pflichtgemäßen Ermessensausübung.
Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG sieht auf der Rechtsfolgenseite ein Ermessen der Versammlungsbehörde vor. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage steht die Anordnung von Beschränkungen der Versammlung im Ermessen der Behörde. Dieses ist von ihr im Rahmen des Art. 40 BayVwVfG auszuüben. Insoweit ist die Ermessensausübung der Versammlungsbehörde durch die Gerichte nach § 114 Satz 1 VwGO überprüfbar. Die Versammlungsbehörde hat das ihr auf Grundlage von Art. 15 Abs. 1 BayVersG zustehende Ermessen erkannt und richtig ausgeübt. Fehler beim Entschließungs- oder Auswahlermessen hinsichtlich der verhältnismäßigen Beschränkungen sind nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin hat insbesondere auch eine Abwägung der in den Art. 8 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 GG enthaltenen verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Antragsteller durchgeführt.
3. Im Übrigen wird entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO auf den streitgegenständlichen Bescheid und dessen Begründung Bezug genommen.
4. Auch bei isolierter, reiner Interessensabwägung überwiegt das private Aussetzungsinteresse der Antragsteller das öffentliche Vollzugsinteresse nicht. Hierbei ist dem Gericht bewusst, dass es im Rahmen des privaten Aussetzungsinteresses der Antragsteller zum einen die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit, als die für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierende Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe, und zum anderen den Umstand der Unabänderlichkeit des Vollzugs der versammlungsrechtlichen Beschränkungen zu berücksichtigen hat.
Zu berücksichtigen ist vorliegend zugunsten des öffentlichen Vollzugsinteresse, dass die Versammlung trotz einiger Modifizierungen in Gestalt der angegriffenen Auflagen weitgehend ermöglicht wird und ihr Charakter insoweit gewahrt wird, dass auch keine Beschränkung mit dem Gewicht eines faktischen Verbots vorliegt.
II. Die Kostenentscheidung des Gerichts beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Da die Entscheidung die Hauptsache im Wesentlichen vorwegnimmt, hält das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Anhebung des Streitwerts bis zur Höhe des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens für geboten (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013). Bei der Streitwertfestsetzung war zudem zu berücksichtigen, dass auf Antragstellerseite eine Personenmehrheit besteht (vgl. BayVGH, B.v. 28.1.2022 – 10 CS 22.233 – BA, S. 10). Dem Hilfsantrag wurde von der Kammer keine streitwerterhöhende Bedeutung zugemessen (vgl. Nr. 1.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GKG).