Medizinrecht

Wiedererteilung der Approbation als Arzt nach Widerruf wegen Unwürdigkeit

Aktenzeichen  M 16 K 15.4215

Datum:
14.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BÄO BÄO § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 S. 1, § 8

 

Leitsatz

Unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufes mit der Folge des Widerrufs der Approbation ist, wer ein Fehlverhalten gezeigt hat, das mit dem Berufsbild eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist und deshalb nicht mehr das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung dieses Berufes unabdingbar ist. Entsprechend setzt die Wiedererlangung der Würdigkeit zur Wiedererteilung der Approbation voraus, dass der Arzt das erforderliche Vertrauen zurückerlangt. (redaktioneller Leitsatz)
Im Wiedererteilungsverfahren sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung Art und Schwere des Fehlverhaltens, der zeitliche Abstand zu den die Unwürdigkeit begründenden Verfehlungen sowie die nach Abschluss des Widerrufs eingetretenen Umstände zur berücksichtigen. Erforderlich ist regelmäßig ein innerer Reifeprozess zur Kompensation der zu Tage getretenen charakterlichen Mängel. (redaktioneller Leitsatz)
Die Würdigkeit hat ein Arzt nicht wiedererlangt, wenn er nach dem Widerruf der Approbation wegen massiver Steuerhinterziehung, die zur Verurteilung zu einer Freiheitsstafe von zwei Jahren geführt hat, erneut straffällig wird, weil er unbefugt die Bezeichnung “Arzt” und “Facharzt für Innere Medizin” führt, Gerichtsgutachten erstattet und Patienten untersucht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht keinen Anspruch auf eine Wiedererteilung der Approbation als Arzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BÄO ist die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO weggefallen ist, also der Arzt oder die Ärztin sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt. Daraus folgt für die nach § 8 Abs. 1 BÄO vorgesehene Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedererteilung der Approbation zu stellen, dass dem Antragsteller mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG und das Verhältnismäßigkeitsgebot die Approbation nicht länger verwehrt werden kann, als es die den Widerruf tragenden Gründe erfordern. Hat er die Würdigkeit oder Zuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs zweifelsfrei wiedererlangt und liegt auch sonst kein Versagungsgrund vor, hat er einen Anspruch auf erneute Erteilung der Approbation (vgl. zuletzt BVerwG, B. v. 15.11.2012 – 3 B 36/12 – juris Rn. 6).
Ein Arzt ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unwürdig im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO, wenn er ein Fehlverhalten gezeigt hat, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist, und er daher nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufes unabdingbar nötig ist. Entsprechend setzt die Wiederherstellung der Würdigkeit voraus, dass sich die Sachlage „zum Guten geändert hat“, nämlich der Arzt das erforderliche Ansehen und Vertrauen zurückerlangt hat. Das ist der Fall, wenn bei Würdigung aller Umstände nicht mehr zu besorgen ist, dass dessen selbstständige Berufstätigkeit das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig erschüttern könnte. Im Wiedererteilungsverfahren sind daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung Art und Schwere des Fehlverhaltens – eine unzulässige „doppelte Berücksichtigung“ liegt daher nicht vor – sowie der zeitliche Abstand zu den die Unwürdigkeit begründenden Verfehlungen zu berücksichtigen, des Weiteren alle Umstände, die nach Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens eingetreten sind. Ein beanstandungsfreies Verhalten, insbesondere eine nachträgliche berufliche Bewährung, fällt hiernach positiv ins Gewicht, während umgekehrt etwaige neue Verfehlungen negativ zu Buche schlagen (vgl. zuletzt BVerwG, B. v. 15.11.2012 – 3 B 36/12 – juris Rn. 7). Erforderlich ist regelmäßig ein innerer Reifeprozess zur Kompensation der zu Tage getretenen charakterlichen Mängel (vgl. NdsOVG, U. v. 11.5.2015 – 8 LC 123.14 – juris Rn. 57; B. v. 29.7.2015 – 8 ME 33/15 – juris Rn. 21; SächsOVG, U. v. 13.3.2012 – 4 A 18.1/11 – juris Rn. 31 und 37; VG München, U. v. 12.4.2016 – M 16 K 15.3571 – juris Rn. 36 ff.; VG Augsburg, B. v. 29.7.2015 – 8 ME 33/15 – juris Rn. 21).
Dessen Erfolg ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit unter Einbeziehung der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Allein der bloße Zeitablauf ist kein maßgebender Faktor (vgl. BVerwG, B. v. 16.7.1996 – 3 B 44/96 – juris Rn. 4; SächsOVG, U. v. 13.3.2012 – 4 A 18.1/11 – juris Rn. 31; NdsOVG, B. v. 29.7.2015 – 8 ME 33/15 – juris Rn. 25).
Gemessen an diesen Grundsätzen geht das Gericht nach Prüfung der Umstände des Einzelfalls davon aus, dass die Voraussetzungen für die Wiedererteilung der Approbation an den Kläger derzeit nicht vorliegen, da er die Würdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs noch nicht wiedererlangt hat. Berücksichtigt und gewürdigt wurden dabei Art, Schwere und Zahl der Verfehlungen, die zur Annahme der Unwürdigkeit geführt haben, der zeitlichen Abstand zu den die Unwürdigkeit begründenden Verfehlungen sowie alle weiteren Umstände, die nach Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens eingetreten sind. Der Kläger hat kein Verhalten gezeigt, dass zur Annahme einer persönlichen Entwicklung im Sinne eines erfolgten inneren Reifeprozesses führen würde. Es kann daher dahinstehen, ob der Kläger derzeit die erforderliche Zuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs besitzt.
Das Gericht kam in seinem Urteil vom 24. Mai 2011 (M 16 K 10.6341) zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach einer Gesamtwürdigung seines Verhaltens jedenfalls unwürdig zur weiteren Ausübung des ärztlichen Berufs war, was bereits für sich genügte, den Approbationsentzug zu rechtfertigen. Maßgeblich für diese Bewertung war zur Überzeugung des Gerichts – auch bei Berücksichtigung aller geschilderten persönlichen Umstände – das über viele Jahre hinweg mittels strafgerichtlicher Verurteilungen geahndete Verhalten des Klägers, aus dem sich ein Gesamtbild seiner Person ableiten lies. Von entscheidender und erheblicher Bedeutung für die Gesamtbewertung war nach Überzeugung des Gerichts dabei der Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht München vom 4. Dezember 2006 zugekommen. Die von ihrer Höhe her massive Steuerhinterziehung war mit einer erheblichen Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen, mithin den Höchstsätzen der Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 Abs. 1 und 2 StGB) bzw. der Geldstrafen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 StGB), geahndet worden. Bereits dieses Strafmaß belegte, dass den Kläger, auch wenn die Verantwortung nur dem Steuerberater zugeschoben worden war, doch einen erheblichen Schuldvorwurf getroffen und er diesen durch Urteilsabsprache bzw. Verzicht auf Rechtsmittel letztlich auch akzeptiert hatte. Selbst wenn das im Jahre 2006 geahndete vorwerfbare Verhalten lediglich einen Teilaspekt für die Persönlichkeit des Klägers geliefert haben sollte, so war wegen der verwirklichten Abfolge strafgerichtlicher Verurteilungen – die beinahe im Fünfjahresrhythmus erfolgt waren – Unwürdigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO festzustellen. Der Kläger hatte über Jahre hinweg einen besonders leichtfertigen Umgang mit (straf)gesetzlichen Vorschriften an den Tag gelegt, die den Eindruck erwecken konnten, er halte sich für letztendlich darüberstehend. Auch hatte das strafrechtlich geahndete Verhalten des Klägers über die Jahre hinweg, insbesondere die insofern „schwerste“ Verurteilung aus dem Jahre 2006, Berufsbezug, als es dort um Abrechnungen gegangen war. Aber auch die übrigen Vorhalte wurzelten allesamt in der klägerischen Berufsausübung bzw. hatten einen Bezug hierzu. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 10. Mai 2012 (21 ZB 11.1883) die Auffassung des Gerichts geteilt, da sich der Kläger bei einer Gesamtbetrachtung seiner strafrechtlichen Verfehlungen eines schwerwiegenden Fehlverhaltens, wenn auch zum Teil mit einem größeren zeitlichen Abstand schuldig gemacht habe, aus dem sich seine Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergebe. Entscheidend sei, dass seine gravierenden strafrechtlichen Verurteilungen, auch wenn sie nicht den Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit beträfen und zum Teil längere Zeit zurücklägen, nicht mit der Vorstellung in Einklang gebracht werden könnten, die mit der Einschätzung der Persönlichkeit eines Arztes gemeinhin verbunden sei. Der im Entzug der Approbation liegende, in jeden Fall sehr schwerwiegende Eingriff in die Berufsfreiheit sei sachlich gerechtfertigt, ohne das es noch einer zusätzlichen Auseinandersetzung mit individuellen Umständen, wie z. B. dem Alter des Klägers oder der finanziellen Situation seiner Familie, bedurft hätte. Der Widerruf sei auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Zudem hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits im Einzelnen dargelegt, dass von einer Verwirkung der Befugnis zum Widerruf der Approbation durch den Beklagten keine Rede sein könne (vgl. im Einzelnen BayVGH, B. v. 10.5.2012 – 21 ZB 11.1883 – juris Rn. 11, 15, 16).
Nach dem bestandskräftigen Abschluss des Widerrufsverfahrens wurde der Kläger erneut straffällig, indem er weiterhin die Bezeichnungen „Arzt“, „Facharzt für Innere Medizin“ sowie „Facharzt für Arbeitsmedizin“ führte, obwohl er wusste, dass er hierzu nicht befugt war. Zudem erstattete er weiterhin zahlreiche Gerichtsgutachten und gab bei einer Anhörung als Sachverständiger vor Gericht zu Protokoll, dass er Arzt und Sachverständiger sei. Darüber hinaus führte er weiterhin auch Untersuchungen von Patienten durch. Gegen den Kläger wurde wegen dieser Straftaten mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts München eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 200 Tagessätzen verhängt.
Grundsätzlich können Behörden und Verwaltungsgerichte tatsächliche und rechtliche Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil oder auch Strafbefehl der Beurteilung der Unwürdigkeit im berufsrechtlichen Sinn zugrunde legen, ohne diese selbst auf ihre Richtigkeit überprüfen zu müssen. Anderes würde ausnahmsweise gelten, wenn sich gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergeben, insbesondere wenn etwa im Fall der Beibringung neuer Tatsachen oder Beweismittel Wiederaufnahmegründe im Sinn des § 359 StPO vorliegen oder wenn die Behörden und Verwaltungsgerichte den Sachverhalt nunmehr besser aufklären können als das Strafgericht. Es bedarf dabei der Darlegung substantiierter, nachprüfbarer Umstände, die eine Unrichtigkeit der im Strafurteil getroffenen Feststellungen belegen könnten (vgl. BVerwG, B. v. 18.8.2011 – 3 B 6/11 – juris Rn. 11; B. v. 13.2.2014 – 3 B 68/13 – juris Rn. 5; BayVGH, B. v. 10.5.2012 – 21 ZB 11.1883 – juris Rn. 14).
Solche gewichtigen Anhaltspunkte und eine entsprechende Darlegung substantiierter, nachprüfbarer Umstände sind hier jedoch im Wesentlichen nicht ersichtlich. So könnte den Kläger allenfalls entlasten, dass er (jedenfalls) nachweislich (erst) am 19. Mai 2016 Kenntnis vom Eintritt der Bestandskraft des Widerrufsbescheids erlangt hat, wie sich aus seiner E-Mail an die Regierung vom 31. Mai 2012 ergibt. Hieraus folgen jedoch in Bezug auf die in dem Strafbefehl getroffenen Feststellungen keine wesentlichen Änderungen. So würde sich lediglich der mehrere Monate umfassende Zeitraum, in dem der Kläger danach unbefugt die Berufsbezeichnung führte, um neun Tage verkürzen sowie allenfalls die Verwirklichung des Straftatbestands im Fall 13 (unter Nr. III.1. des Strafbefehls – Ausübung der Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein) in Zweifel stehen, wo als Tatzeitpunkt ein nicht näher bestimmter Zeitpunkt nach dem 10. Mai 2012 genannt wurde. Als Einzelstrafe wurden hierfür 20 Tagessätze angesetzt, was bei einer Summe von 530 Tagessätzen in Addition der insgesamt 18 Einzelstrafen nicht erheblich ins Gewicht fällt. Alle anderen Tatzeitpunkte lagen nach den Feststellungen des Strafbefehls ohnehin erst nach dem 24. Juni 2012. Bis dahin war selbst seit längerem die Frist abgelaufen, die von der Regierung mit Schreiben vom 11. Mai 2012 an den Bevollmächtigten des Klägers für die Rückgabe der Approbationsurkunde gesetzt worden war (bis 31. Mai 2012). Bereits der Widerrufsbescheid enthielt zudem entsprechende Hinweise zu den Rechtsfolgen der getroffenen Entscheidung nach Bestandskraft des Bescheids, auch zu den einschlägigen Straftatbeständen.
Im Übrigen hat der Kläger die Richtigkeit der tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen im Strafbefehl lediglich pauschal bestritten und allgemein vorgetragen, er hätte sich nach dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Mai 2012 nicht mehr als Arzt bezeichnet und nicht mehr als solcher gearbeitet, obwohl insoweit zugleich vorgetragen wurde, der Kläger könne sich an diesen Zeitpunkt nicht mehr erinnern. Soweit er sich erstmals in dem in der mündlichen Verhandlung durch seinen Bevollmächtigten vorgelegten Schreiben vom 8. Juni 2016 zu einzelnen Punkten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Strafbefehls äußert, handelt es sich hierbei schon um keine neuen Einwendungen. Diese hätten vielmehr bereits vor Rechtskraft des Strafbefehls in dem auf einen Einspruch hin weiter durchzuführenden strafrechtlichen Verfahren geltend gemacht werden können und müssen. Der Umstand, dass der Kläger, wie er hierzu angibt, seiner Familie keine medienträchtige Verhandlung vor dem Amtsgericht München habe zumuten wollen und er weiterhin geltend macht, es sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als den Strafbefehl anzunehmen, da ansonsten der Entzugszeitraum von der Regierung noch weiter verlängert worden wäre, kann nicht dazu führen, dass das rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren ohne gewichtige neue Erkenntnisse im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wieder aufgerollt würde. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass das Verwaltungsgericht den Sachverhalt nunmehr besser aufklären könnte als das Strafgericht. Im Übrigen sind auch keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen im Strafbefehl ersichtlich. Auch die zuletzt erfolgte Einlassung des Klägers setzt sich nicht substantiiert mit diesen Feststellungen auseinander. Auf die Erstellung der zehn Gerichtsgutachten als Sachverständiger (unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung „Facharzt für Innere Medizin“ und „Facharzt für Arbeitsmedizin“) geht er dabei überhaupt nicht ein. Diese sind teilweise auch in der Behördenakte dokumentiert, ebenso eine Lichtbildaufnahme des Praxisschilds vom 29. Oktober 2012. Eine weitere Sachaufklärung durch das Gericht war daher nicht erforderlich.
Da der Kläger nach dem bestandskräftigen Widerruf seiner Approbation erneut straffällig wurde, kann ihm eine berufliche Bewährungszeit bereits deshalb nicht anerkannt werden. Demnach ist in seinem Fall für die Annahme einer Wiedererlangung der Würdigkeit insbesondere eine außerberufliche Bewährungszeit erforderlich. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehen würde, dass dieser Zeitraum mit dem Einstellen des strafbaren Verhaltens (nach dem im Strafbefehl zuletzt genannten Tatzeitpunkt am 8. Januar 2013) begonnen hätte (vgl. VG München, U. v. 12.4.2016 – M 16 K 15.3571 – juris Rn. 52), könnte allein der Zeitablauf von bislang ca. 3,5 Jahren nicht dazu führen, dass der Kläger die Würdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs wiedererlangt hätte. Für den – unabhängig vom reinen Zeitablauf – vom Kläger zu fordernden inneren Reifeprozess zur Kompensation der zu Tage getretenen charakterlichen Mängel fehlen hier ausreichende Anhaltspunkte. Dem Kläger fehlt nach wie vor jegliche Schuldeinsicht, auch in Bezug auf die früheren strafrechtlichen Verurteilungen, wie sich aus seinem Klagevorbringen ergibt. So ist er auch weiterhin der Auffassung, dass der Widerruf der Approbation rechtswidrig gewesen sei und er lediglich u. a. fehlerhafterweise seinem Steuerberater vertraut habe. Bereits ab Ende Juni 2012 wandte sich der Kläger wegen der Wiedererteilung der Approbation an die Regierung und beantragte diese mehrfach schriftlich, erstmals mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 sowie mit Schreiben vom 2. Januar 2013, obwohl er zu diesen Zeitpunkten weiterhin von seiner widerrufenen Approbation in unzulässiger Weise Gebrauch machte. In Bezug auf die erneute Straffälligkeit leugnete er diese zunächst und machte dabei geltend nicht gewusst zu haben, wann ihm der Eintritt der Bestandskraft des Widerrufs der Approbation bekannt geworden sei. Diese Einlassung war nach der Vorlage der E-Mail des Klägers vom 31. Mai 2012 durch die Regierung widerlegt. Auch seine weiteren Ausführungen hierzu im Schreiben an seinen Bevollmächtigten vom 8. Juni 2016 lassen keinerlei Schuldbewusstsein erkennen. Vielmehr versucht er darin, seine Verfehlungen zu bagatellisieren. Letztlich lässt sich aus dem Verhalten des Klägers auch weiterhin auf einen leichtfertigen Umgang mit (straf)gesetzlichen Vorschriften schließen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger gerade noch unter dem Eindruck des kürzlich erst bestandskräftig abgeschlossenen Widerrufsverfahrens hätte stehen müssen. Gleichwohl hat er sich hiervon nicht abhalten lassen, gegen die ihn treffenden gesetzlichen Verpflichtungen zu verstoßen und weiterhin als Arzt und Facharzt, insbesondere auch als gerichtlicher Sachverständiger tätig zu werden.
Auch aus der geltend gemachten Erkrankung bzw. dem Recht auf bevorzugte berufliche Wiedereingliederung, einer erhöhten Fürsorgepflicht des Staats für Schwerbehinderte und aus dem Lebensalter lassen sich keine zuverlässigen Rückschlüsse darauf ziehen, dass der Kläger das erforderliche Ansehen und Vertrauen zurückerlangt hätte. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung dahingehend, dass – wie der Kläger geltend macht – die weiterhin nicht erfolgende Wiedererteilung der Approbation einem lebenslangen Berufsverbot gleichkommen könnte und deshalb aus überwiegenden privaten Interessen, auch im Hinblick auf die Schwerbehinderung, unzulässig wäre, ist hier nicht vorzunehmen, da die Wiedererteilung der Approbation nicht im Ermessen steht.
Da bislang der erforderliche innere Reifeprozess beim Kläger nicht festzustellen ist, könnte derzeit auch keine nähere Aussage darüber getroffen werden, nach Ablauf welchen Zeitraums von einer Wiedererlangung der Würdigkeit des Klägers ausgegangen werden könnte. Die (hilfsweise) Erteilung einer Erlaubnis gemäß § 8 BÄO hat der Kläger nicht beantragt.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. §§ 708ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 30.000,- festgesetzt.
(§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m.
Nr. 16.1 des Streitwertkatalogs.)
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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