Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Berufung, Rechtsanwaltskosten, Annahmeverzug, Fahrzeug, Pkw, Auslegung, Rechtsmittel, Herausgabe, Berufungsverfahren, Berichtigung, Kostenentscheidung, Schriftsatz, verwerfen, Anspruch, Zug um Zug

Aktenzeichen  2 U 1306/21

Datum:
15.9.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 54809
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

19 O 5436/20 2021-03-29 LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.03.2021, Aktenzeichen 19 O 5436/20, wird verworfen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.435,27 € festgesetzt.

Gründe

I.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.03.2021 Bezug genommen. Das Landgericht hat die gegen die Ad. GmbH gerichtete Klage als unbegründet abgewiesen.
Gegen das am 06.04.2021 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29.04.2021, bei Gericht eingegangen am 30.04.2021, Berufung eingelegt. Das Passivrubrum dieses Schriftsatzes, dem eine Abschrift des erstinstanzlichen Urteils beigefügt war, lautet „A. GmbH (ehemals Ad. GmbH)“. Die Berufungsbegründungsschrift vom 30.05.2021, bei Gericht eingegangen am 31.05.2021, trägt das Passivrubrum „A. GmbH“. Im Schriftsatz ist ausgeführt, das streitgegenständliche Fahrzeug sei von der Beklagten, der Ad. GmbH bzw. deren Rechtvorgängerin, der Ad. AG, hergestellt und in den Verkehr gebracht worden. Die Berufungsbeklagte sei somit verantwortlich für die Entwicklung und Inverkehrgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Weiter wird vorgetragen, das gesamte operative Geschäft der Beklagten Ad. GmbH sei − im Wege der Einzelrechtsnachfolge − im Sommer 2017 auf die A. GmbH übertragen worden. Die Beklagte diene nunmehr lediglich der Verwaltung von Vermögen und von Beteiligungen; sie diene somit als reine Holdinggesellschaft.
Die Beklagte hat − unter dem Passivrubrum „A. GmbH“ − namens und in Vollmacht der Ad. GmbH die Zulässigkeit der Berufung gerügt, da sie nicht gegen die Beklagte des erstinstanzlichen Verfahrens, die Ad. GmbH, sondern gegen die mit dieser nicht konzernverbundene A. GmbH eingelegt worden sei. Diese habe ihren heutigen Geschäftsbetrieb 2017 lediglich im Wege der Einzelrechtsnachfolge (Asset Deal) erworben, während die Ad. GmbH weiterhin als eigenständiger Rechtsträger fortbestehe. Der Kläger habe sich unter falscher rechtlicher Würdigung dafür entschieden, die Berufung nicht gegen die erstinstanzliche Beklagte und Herstellerin des Fahrzeugs, sondern gegen die mit dieser nicht konzernverbundene A. GmbH zu richten.
Nach gerichtlichem Hinweis auf Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels hat der Kläger vorgetragen, in der Berufungsbegründung sei versehentlich ein Fehler in der Parteibezeichnung aufgetreten, selbstverständlich sei dieselbe Beklagte wie in der ersten Instanz hier Berufungsbeklagte, die Ad. GmbH.
Der Kläger beantragt,
1.Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an die Klagepartei 17.435,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit Rechtshängigkeit zu bezahlen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Pkw 2.0 xyz, FIN …00000000 an die Beklagte.
2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Rücknahme des im Klageantrags Ziff. 1 genannten Pkw im Annahmeverzug befindet.
3.Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.744,64 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt
Verwerfung,
hilfsweise Zurückweisung der Berufung.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien, die vorgelegten Unterlagen und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
II.
Die Berufung war als unzulässig zu verwerfen.
Berufungsbeklagter kann nur die im erstinstanzlichen Urteil bezeichnete Gegenpartei sein (vgl. Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., § 511 Rndr. 30). Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels genügt es nicht, dass der Rechtsmittelführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist; erforderlich ist vielmehr zusätzlich, dass das Rechtsmittel dazu dient, diese Beschwer zumindest teilweise zu beseitigen (vgl. Wulf, in: BeckOK ZPO, 41. Edition, Stand 01.07.2021, § 511 Rdnr. 12 m. w. N.). Daher kann der Rechtsmittelkläger nicht allein einen neuen Anspruch verfolgen oder eine Klageerweiterung oder Klägeänderung vornehmen, sondern muss sein vorinstanzliches Begehren mindestens teilweise weiterverfolgen. Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist erforderlich, dass mit ihm die Beseitigung gerade der durch das angefochtene Urteil geschaffenen Beschwer erstrebt wird. Daran fehlt es, wenn der erstinstanzlich unterlegene Kläger gar nicht die Abweisung seines ursprünglichen Klagebegehrens angreifen will, sondern mit dem Rechtsmittel im Wege der Klageänderung einen neuen, bisher nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt (BGH, Urteil vom 09.05.1990 − VIII ZR 237/89, juris, Rdnr. 8). Ein als Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandelnder Parteiwechsel setzt eine zulässige Berufung voraus (BGH, Beschluss vom 18.12.2014 − IX ZB 77/13, juris, Rdnr. 6 m. w. N.).
Daran fehlt es bei der Berufung des Klägers. Durch die Formulierung des Passivrubrums im Berufungsschriftsatz mit „A. GmbH (ehemals Ad. GmbH)“ lässt der Kläger erkennen, dass er Ansprüche im Hinblick auf das von ihm erworbene Fahrzeug nunmehr nicht mehr gegen die Ad. GmbH geltend macht, sondern gegen die A. GmbH. Es handelt sich auch nicht um eine irrtümliche Bezeichnung der eigentlich gemeinten erstinstanzlichen Beklagten; in diesem Fall könnte aus dem mit der Berufungseinlegung vorgelegten Ersturteil im Wege der Auslegung die Ad. GmbH als gewollte Berufungsbeklagte ermittelt werden (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 24.07.2013 − XII ZB 56/13, NJW-RR 2013, 1278). Die Verwendung des Wortes „ehemals“ lässt demgegenüber eindeutig erkennen, dass sich die Berufung ausdrücklich gerade nicht gegen die Ad. GmbH richten soll, sondern gegen die A. GmbH. Durch eine Berufung gegen die A. GmbH, mit der nunmehr Ansprüche gegen diese geltend gemacht werden, kann der Kläger aber nicht die Beseitigung der durch die Abweisung der Klage gegen die Ad. GmbH erreichen. Das erstinstanzliche Urteil hat dahin erkannt, dass dem Kläger wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts keine Ansprüche gegen die Ad. GmbH zustehen. Dadurch, dass der Kläger die Berufung nicht mehr („ehemals“) gegen die Ad. GmbH richtet, sondern gegen eine andere Rechtspersönlichkeit, gibt es zu erkennen, dass er die Abweisung der Klage gegen die Ad. GmbH akzeptiert und nunmehr nur noch die A. GmbH in Anspruch nehmen will. Damit verfolgt der Kläger Ansprüche gegen die erstinstanzliche Beklagte mit der Berufung auch nicht teilweise weiter; dem Rechtsmittel fehlt es somit an der für die Zulässigkeit erforderlichen Beschwer.
Auch aus der − nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangen − Berufungsbegründungsschrift wird deutlich, dass der Kläger keine Ansprüche mehr gegen die erstinstanzliche Beklagte verfolgt. Zum einen enthält das Passivrubrum des Schriftsatzes nur noch die A. GmbH; zum anderen führt der Kläger darin aus, das gesamte operative Geschäft der Ad. GmbH sei im Sommer 2017 (also lange vor Klageerhebung) im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die A. GmbH übertragen worden.
Darin, dass der Kläger die Berufung von vornherein nicht mehr gegen die erstinstanzliche Beklagte, sondern nunmehr ausschließlich gegen die A. GmbH gerichtet hat, unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch vom dem, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.12.1997 (VI ZR 279/96, juris) zugrunde lag. Dort hatte der in erster Instanz erfolglose Kläger die Berufung zulässig gegen die erstinstanzliche Beklagte eingelegt und mit der Berufungsbegründung einen (rechtsirrig als Berichtigung bezeichneten) Parteiwechsel auf Beklagtenseite angeregt, zu dem es dann aber nicht gekommen war. Daher bestand das Prozessrechtsverhältnis zwischen Kläger und erstinstanzlicher Beklagter auch im Berufungsverfahren weiter, so dass die Berufung zulässig war. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger schon von vornherein die Berufung eindeutig nicht mehr gegen die erstinstanzliche Beklagte gerichtet, sie war daher bereits unzulässig. Ein vom Kläger beabsichtigter Parteiwechsel auf Beklagtenseite hätte aber zunächst eine zulässige Berufung vorausgesetzt, so dass es für die Entscheidung nicht darauf ankommt, dass der Kläger nunmehr das Berufungsverfahren doch wieder gegen die erstinstanzliche Beklagte durchführen will.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


Ähnliche Artikel


Nach oben