Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Beschlagnahme von Handy

Aktenzeichen  M 7 K 20.2134

Datum:
17.6.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 18814
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 40 Abs. 1
GVG § 17a
StPO § 94, § 98 Abs. 2 S. 2, § 111b
POG Art. 12 Abs. 1
EGGVG § 23 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.
II. Der Rechtstreit wird an das Amtsgericht Starnberg verwiesen.
III. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme seines Smartphones vom 14. Mai 2020.
Der Kläger wurde am 14. Mai 2020 gegen 10:50 Uhr in der Ferdinand-von-Miller- Straße, in 8..2343 Pöcking durch Beamten der Polizeiinspektion Starnberg einer Verkehrskontrolle unterzogen. Im Rahmen dieser Verkehrskontrolle wurde das Smartphone des Klägers nach vorheriger Anordnung durch die Staatsanwaltschaft München II um 11:23 Uhr beschlagnahmt. Laut dem in der Behördenakte befindlichen Sicherstellungsprotokoll der Polizeiinspektion Starnberg vom 15. Mai 2020 wurde das mobile Kommunikationsgerät – Mobiltelefon, Samsung, Galaxy Note 9, Nr. … …, schwarz, Bemerkung: braune Lederhülle “ProCase“ am 14. Mai 2020 um 11:23 Uhr gemäß § 94, § 98, § 111b StPO zur Strafverfolgung beschlagnahmt. Das Sicherstellungsprotokoll enthält den Hinweis, dass der Betroffene gegen die Maßnahme jederzeit eine gerichtliche Entscheidung beantragen könne. Zuständig sei das Amtsgericht, in dessen Bezirk die für das Ermittlungsverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder Zweigstelle ihren Sitz habe. Der Antrag könne auch bei dem Amtsgericht eingereicht werden, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden habe. Zuständiges Amtsgericht sei das Amtsgericht Starnberg.
Hiergegen hat der Kläger am 19. Mai 2020 Klage erhoben und beantragt,
1.Es wird festgestellt, dass die Beschlagnahme vom 14. Mai 2020, angeordnet durch die Staatsanwältin H. 11:21 Uhr und ausgeführt um 11:23 Uhr durch die Polizeidienststelle Starnberg, durch den Polizeibeamten A.-., andauert und rechtswidrig ist.
2.Das beschlagnahmte Handy ist unverzüglich an den Kläger herauszugeben.
3.Der Beklagte wird
a) aufgegeben, mitzuteilen, ob das Handy durch spezielle Software aa) geöffnet und bb) ausgelesen wurde;
b) in Fall bb)
aa) welche Daten, insbesondere betreffend die Intimsphäre des Klägers sowie seiner Mandaten ausgelesen wurde und bb) wo diese gespeichert sind;
wer jeweils cc) die Software-Öffnung,
dd) das Auslesen und ee) Abspeichern angeordnet hat und ff) wer in die Daten Einsicht hatte;
c) in Fall bb)
aa) Löschung der Daten auf externen Datenträgern und bb) Bestätigung der Löschung und cc) Nennung des für die Löschung Verantwortlichen.
d) Im Falle, dass keine Daten ausgelesen wurden, Nennung der dies gewährleistenden Person.
Das Verwaltungsgericht hat den Beteiligten mit Schreiben vom 20. Mai 2020 Gelegenheit gegeben, sich zu einer in Betracht kommenden Verweisung an die ordentliche Gerichtsbarkeit zu äußern.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 4. Juni 2020 mitgeteilt, dass die Klagen unzulässig seien, da der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 8. Juni 2020 erklärt, dass er selbst davon ausgehe, dass eigentlich das Amtsgericht über die Beschlagnahme nach § 98 Abs. 2 StPO zu entscheiden habe. Er habe auch entsprechende Anträge bereits zwei Mal gestellt. Leider habe er feststellen müssen, dass das Amtsgericht seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht nachgekommen sei und nicht nachkommen wolle. Daher müsse er im Augenblick von einer Verweisung an das Amtsgericht absehen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Rechtsstreit ist gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO an das zuständige Amtsgericht – vorliegend das Amtsgericht Starnberg – zu verweisen, da der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht eröffnet ist.
Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
Bei Maßnahmen der Polizei ist hinsichtlich des Rechtswegs grundsätzlich entscheidend, in welcher Funktion die Polizei im konkreten Fall tätig geworden ist. Wird die Polizei zur Gefahrenabwehr (präventiv) tätig, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, da nach Art. 12 Abs. 1 POG für Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Polizei die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung gelten, soweit eine Zuständigkeit nach § 23 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz – EGGVG – nicht gegeben ist. Wurde die Polizei demgegenüber zum Zwecke der Strafverfolgung (repressiv) tätig, hat mithin funktional als Justizbehörde gehandelt, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, da nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG über die Rechtmäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen oder sonstiger Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebieten des bürgerlichen Rechts einschließlich des Handelsrechts, des Zivilprozesses, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Strafrechtspflege getroffen werden, auf Antrag die ordentlichen Gerichte entscheiden.
Die gerichtliche Überprüfung der streitgegenständlichen Maßnahme ist vorliegend nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO (ggf. analog, sofern § 94 Abs. 1 StPO und nicht § 94 Abs. 2 StPO einschlägig ist) der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugewiesen. Denn hinsichtlich des Rechtsschutzbegehrens des Klägers, der Überprüfung der Beschlagnahme seines Smartphones am 14. Mai 2020 auf ihre Rechtmäßigkeit, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gemäß § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO (analog), der§ 23 Abs. 1 EGGVG vorgeht, eröffnet. Denn nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO können Betroffene beim Amtsgericht die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme und – über den Wortlaut hinaus – anderer strafprozessualer Maßnahmen beantragen. Erfasst von § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO ist auch die nachträgliche gerichtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit bereits durch Vollzug erledigter Eingriffsmaßnahmen und -handlungen der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungspersonen (vgl. OVG Hamburg, B.v. 7.8.2018 – 4 So 24/18 – juris Rn. 16 m.w.N.). Damit ist vorliegend mit § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO (analog) eine nach § 23 Abs. 3 EGGVG gegenüber§ 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG vorrangige abdrängende Sonderzuweisung gegeben.
Somit war gem. § 173 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG festzustellen, dass der beschrittene Verwaltungsrechtsweg unzulässig ist, und das Verfahren an das Amtsgericht zu verweisen. Vorliegend ist das Amtsgericht Starnberg gemäß § 98 Abs. 2 Satz 3 analog, § 162 StPO i.V.m. Art. 5 Nr. 63 Gerichtsorganisationsgesetz – GerOrgG – zuständig.
Die Kostenentscheidung ist gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG dem zuständigen Gericht vorbehalten.


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