Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Grundstücksbegriff im Straßenausbaubeitragsrecht

Aktenzeichen  AN 3 K 15.01340

Datum:
26.1.2017
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG BayKAG Art. 5 Abs. 1
VwGO VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
WEG WEG § 3

 

Leitsatz

1 Maßgebend für die Frage der Beitragspflicht ist das Buchgrundstück (formeller Grundstücksbegriff.) (redaktioneller Leitsatz)
2 Interne Absprachen über die Benutzbarkeit eines Grundstücks haben nur schuldrechtlichen Charakter und entfalten Bindungswirkung nur zwischen den Vertragsparteien. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Beitragsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Da der Kläger ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden ist, konnte trotz seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden, § 102 Abs. 2 VwGO.
Rechtsgrundlage für die Erhebung des Beitrags für den Ausbau der … Straße ist Art. 5 Abs. 1 KAG i.V.m. der Ausbaubeitragssatzung (ABS) der Beklagten vom 9. November 2011.
Der Kläger macht geltend, er habe aufgrund der notariellen Vereinbarung vom 21. August 1995 und der baulichen Trennung der Grundstückshälften rechtlich und tatsächlich keinen Vorteil von der Ausbaumaßnahme, da er den von ihm genutzten Grundstücksteil von der … Straße aus nicht betreten bzw. befahren dürfe und könne. Der Zugang zu seinem Grundstücksteil erfolge ausschließlich über die Bahnhof Straße.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit für das Buchgrundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … und damit die Beitragspflicht für einen Teil des Grundstücks entfallen zu lassen.
Denn maßgebend für die Frage der Beitragspflicht ist das Buchgrundstück (formeller Grundstücksbegriff; vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2008, § 35 Rn. 6; Matloch/Wiens, Erschließungsbeitragsrecht, Stand Januar 2016, Rn. 801). Die Beitragspflicht erstreckt sich, da das Grundstück an die … Straße angrenzt und von dort betreten und befahren werden kann, auf das ganze Buchgrundstück.
Interne Absprachen über die Benutzbarkeit eines Grundstücks haben nur schuldrechtlichen Charakter und entfalten Bindungswirkung nur zwischen den Vertragsparteien (hier den Wohnungseigentümern). Auch wäre es mit der Gerechtigkeit der Beitragserhebung für alle Grundstückseigentümer im Abrechnungsgebiet nicht vereinbar, wenn interne Vereinbarungen zum Wegfall der Beitragspflicht für Teilflächen von Buchgrundstücken führen könnten. Denn dies würde zur Verringerung von Beizugsflächen und zur Erhöhung der Beitragssätze für die verbleibenden Flächen führen. Zudem ist es der veranlagenden Behörde nicht zumutbar, in jedem Einzelfall die schuldrechtlichen Verhältnisse hinsichtlich der Nutzung des Buchgrundstücks zu ermitteln und der Beitragsberechnung zugrunde zu legen.
Dass die Fl.Nr. … durch bauliche Maßnahmen so getrennt ist, dass der Kläger tatsächlich nur über die …straße zu seinem Sondereigentum gelangen kann, ist für die beitragsrechtliche Betrachtung unerheblich. Selbstgeschaffene Hindernisse führen nicht zu einem Wegfall der Vorteilslage (BayVGH, B.v. 16.10.2012 – 6 CS 12.1594).
Auch hinsichtlich der persönlichen Inanspruchnahme des Klägers als Miteigentümer zu 50/100 des beitragspflichtigen Grundstücks bestehen keine Rechtmäßigkeitsbedenken, Art. 5 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz KAG.
Die Beklagte hat zunächst den Beitrag für die gesamte Grundstücksfläche berechnet und in einem zweiten Schritt den so berechneten Betrag auf die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer entsprechend ihrem Anteil verteilt (BayVGH, U.v. 12.1.1990 – 23 B 88.01295; Driehaus a.a.O. § 38 Rn. 22), vgl. auch § 4 Satz 2 ABS der Beklagten. Nachdem der Kläger Miteigentum zu 50/100 an der Fl.Nr. 151/3 hat, erweisen sich sowohl die Beitragsfestsetzung als auch das entsprechende Leistungsgebot über 5.101,68 EUR gegenüber dem Kläger als rechtmäßig.
Demnach war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.


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