Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Keine Kenntnis einer Kontamination bei Wissen um Bodenauffüllung mit Bauschutt

Aktenzeichen  74 O 2444/14

Datum:
22.2.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 35396
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 434, § 437 Nr. 3, § 444

 

Leitsatz

1. Hinsichtlich der fehlenden Offenbarung eines bekannten Mangels muss zunächst der Verkäufer nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast die Erfüllung der Aufklärungspflicht vortragen und dann der Käufer diese ausräumen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Durch das Auffüllen des Bodens mit Fremdstoffen wie Gleisschotter, Asche, Ziegelbruch, Holzreste, Pflanzenreste, Beton, Asphalt, Metall und anderem gemischten Bauschutt muss der Verkäufer nicht wissen, dass das Füllmaterial kontaminiert ist. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist für den Beklagten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrags.
IV. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 144.941,39 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig, auch im Feststellungsantrag Ziffer 2.. Da sich bereits aus dem Sachverständigengutachten ergibt, dass der Schadensbeseitigungsaufwand noch nicht absehbar ist, besteht ein Feststellungsinteresse hinsichtlich zukünftig möglicherweise entstehenden Schadensbeseitigungsaufwandes. Somit ist der Feststellungsantrag zulässig.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die Kläger haben gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB oder aus §§ 434, 437 Nr. 3, 444, 280 BGB.
Im notariellen Kaufvertrag (Anlage K 1) zwischen den Parteien ist der Ausschluss der Gewährleistung wirksam vereinbart. Der Haftungsausschluss ist auch nicht nach § 444 BGB wegen arglistigem Verschweigen oder Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie unwirksam.
Die Käufer konnten nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass der Beklagte arglistig gehandelt hat.
Auch einen Betrug nach § 263 StGB konnten die Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen.
Der Käufer trägt die Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich arglistiges Verschweigen ergibt, nämlich Kenntnis des Mangels zum Zeitpunkt der Vereinbarung und fehlende Offenbarung. Hinsichtlich der fehlenden Offenbarung muss aber zunächst der Verkäufer nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast die Erfüllung der Aufklärungspflicht vortragen und dann der Käufer diese ausräumen (vgl. Palandt, § 444 BGB, Rz. 4; BGH NJW 11, 1280).
Die Kläger konnten hier zur Überzeugung des Gerichts bereits die Tatsachen, aus denen sich ein arglistiges Verschweigen ergibt, nicht nachweisen.
Die Kläger konnten nicht zur Überzeugung des Gerichts eine Kenntnis des Beklagten von der Kontaminierung des Grundstücks nachweisen.
Zwar hat der Sachverständige – in seinem widerspruchsfreien und für das Gericht vollumfänglich nachvollziehbaren Gutachten festgestellt, dass sich auf dem Grundstück durchgängig ein Auffüllungshorizont befindet, in dem in Teilbereichen auch Fremdstoffe wie Gleisschotter, Asche, Ziegelbruch, Holzreste, Pflanzenreste, Beton, Asphalt, Metall und anderer gemischter Bauschutt anzutreffen ist. Die Kontamination ergebe sich aus der Belastung des Auffüllungsmaterials über die einschlägigen Richt- und Hilfswerte hinaus. Das Antreffen von Fremdstoffen allein lasse noch nicht eine Einstufung des Auffüllungsmaterials als kontaminiert zu. Der Sachverständige stellte dar, dass auf den Flurstücken A) und B) kontaminiertes Material der Schadstoffklassen Z 1.2 und Z 2 abgelagert sei. Als Gesamtkosten für die Entsorgung schätzte der Sachverständige minimal 23.000,- € und maximal 218.800,- €.
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass auf dem Grundstück kontaminiertes Auffüllungsmaterial aufgefüllt wurde. Der Sachverständige stellte jedoch dar, dass alleine durch das Antreffen von Fremdstoffen wie Gleisschotter, Asche, Ziegelbruch, Holzreste, Pflanzenreste, Beton, Asphalt, Metall und anderer gemischter Bauschutt sich noch nicht eine Einstufung des Auffüllungsmaterials als kontaminiert ergebe.
Daraus folgt für das Gericht, dass allein durch die Auffüllung mit Fremdstoffen sich noch nicht ergibt, dass das Auffüllmaterial kontaminiert ist. Somit konnte der Beklagte auch nicht allein durch das Auffüllen mit Fremdmaterial wissen, dass dies kontaminiert sei und musste dies auch nicht wissen.
Der Beklagte trägt vor, dass er Kenntnis von der Auffüllung des Grundstücks hatte. Er habe jedoch keinerlei Kenntnis von einer Kontaminierung des Auffüllmaterials gehabt.
Aufgrund der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass auch den Klägern vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages die umfangreichen Auffüllungen auf dem Grundstück bekannt waren. Hiervon ist das Gericht aufgrund der Angaben der Zeugen H. und S. überzeugt.
Der Zeuge S. gab an, dass er 2004 das Elternhaus der Kläger abgebrochen habe und den Bauschutt auf dem streitgegenständlichen Grundstück abgekippt habe. Dies hätten die Kläger auch gewusst.
Somit war den Klägern zumindest grundsätzlich eine Auffüllung des Grundstücks bekannt.
Der Zeuge H. gab widerspruchsfrei und für das Gericht äußerst nachvollziehbar und glaubwürdig an, dass er sich für den Beklagten um den Verkauf von dessen Immobilien kümmern sollte. Es habe ein Treffen mit den Klägern und dem Beklagten gegeben. Dabei sei auch über die Auffüllung des Grundstücks gesprochen worden. Der Zeuge gab an, dass die Kläger vom Beklagten einen Auffüllungsplan bei der Besichtigung des Grundstücks bekommen hätten. Dies sei ein großer DIN-A3-Plan gewesen.
Somit ergibt sich auch aus den glaubwürdigen Angaben des Zeugen H., dass die Kläger von den Auffüllungen am Grundstück vor dem Kaufvertrag wussten. Dabei übersieht das Gericht nicht, dass der Zeuge H. selbst angab, dass er den Beklagten privat kannte.
Der Zeuge H. gab für das Gericht vollumfänglich glaubhaft an, dass ein paar Tage vor der Beurkundung beim Notar der Kläger eine Probebaggerung auf dem Grundstück gemacht habe und in einem Loch zwei Stück Bretter und 1 qm PVC-Boden gefunden habe. Dies habe der Zeuge selbst gesehen. Der Zeuge gab an, dass er daraufhin den Beklagten angerufen habe und diesen gefragt habe, was da drin sei. Der Beklagte habe angegeben, dass er dies nicht wisse. Der Zeuge H. gab von sich aus ohne spezielle Frage des Gerichts noch an, dass ihm damals auch bekannt gewesen sei, dass Notarverträge immer diese Klausel hinsichtlich der Altlasten enthalten würden und dass er deswegen den Beklagten darauf angesprochen habe. Der Beklagte habe daraufhin geantwortet, dass das Grundstück eigentlich für seine Kinder bestimmt gewesen sei und er doch auf einem Grundstück, das für seine Kinder bestimmt gewesen sei, niemals irgendwelche Altlasten aufgefüllt hätte.
Diese Angaben des Zeugen H. waren für das Gericht sehr überzeugend.
Somit steht aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass vor Abschluss des Kaufvertrages beiden Parteien bekannt war, dass auf dem Grundstück umfangreiche Auffüllungen stattgefunden hatten. Insbesondere aus der Tatsache aber, dass auch der Sachverständige darstellte, dass das Antreffen von Fremdmaterial allein noch nicht auf eine Einstufung des Auffüllmaterials als kontaminiert schließen lasse, führt dazu, dass es aus Sicht des Gerichts keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beklagten bei Abschluss des Kaufvertrags bekannt war, dass das Auffüllmaterial auf dem Grundstück kontaminiert war.
Zudem war der Klagepartei nach den Angaben des Zeugen H. bereits vor der notariellen Beurkundung infolge der Probebaggerung bekannt, dass dort auch Bretter und PVC-Boden, zumindest in geringem Umfang, aufgefüllt worden sei. Die Angaben des Zeugen H. dazu, dass er sich sicher sei, dass dies vor der Beurkundung sei, sind für das Gericht sehr glaubhaft. Dies folgt daraus, dass der Zeuge angab, dass der Beklagten sehr verärgert gewesen sei, weil der Kläger vor der Beurkundung und vor Bezahlung schon auf dem Grundstück das Baggern angefangen habe. Dies ist für das Gericht äußerst nachvollziehbar und sehr glaubhaft.
Somit besteht für das Gericht außer der Tatsache, dass tatsächlich kontaminiertes Material aufgefüllt wurde, kein Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte von der Kontaminierung wusste und diese den Klägern arglistig verschwiegen hat. Dies insbesondere auch deshalb, weil das Gericht nach der Beweisaufnahme davon überzeugt ist, dass den Klägern die umfangreiche Auffüllung des Grundstücks selbst tatsächlich bekannt war.
Mangels Arglist bleibt der Gewährleistungsausschluss im notariellen Kaufvertrag wirksam.
Es fehlt auch am Nachweis einer für den Betrugstatbestand nach § 263 StGB erforderlichen Täuschung.
Somit scheidet ein Gewährleistungsanspruch aus.
III.
Da die Kläger gegenüber dem Beklagten keinerlei Gewährleistungsansprüche und somit auch keinerlei Schadensersatzansprüche haben, ist auch der Feststellungsantrag auf Feststellung hinsichtlich höherem Schadensbeseitigungsaufwand unbegründet.
IV.
Ebenso steht den Klägern kein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich des restlichen Kaufpreisanspruches von 40.000,- € zu, da die Haftung für Sachmängel wirksam ausgeschlossen wurde.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Verkündet am 22.02.2018


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