Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Klage gegen Leistungsbescheid zur Einforderung von Kaminkehrergebühren

Aktenzeichen  M 1 K 15.2571

Datum:
18.3.2016
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SchfHwG SchfHwG § 1 Abs. 3 S. 1, § 15 S. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 2 S. 4, Abs. 3 S. 1
KÜO KÜO § 6 Abs. 2 S. 2
BGB BGB § 823 Abs. 2, § 839 Abs. 1, Abs. 3, § 387
StGB StGB § 186

 

Leitsatz

1 Die Abrechnung einer Arbeitsleistung von 240 Minuten für die anlassbezogene Überprüfung eines fünfstöckiges Haus mit 13 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten gemäß § 15 SchfHwG ist nicht unangemessen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Behauptung eines gegenüber dem Schornsteinfeger erteilten Hausverbots ist ohne Belang, da nach § 1 Abs. 3 S. 1 SchfHwG Eigentümer verpflichtet sind, den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern für die Durchführung der Tätigkeiten des § 15 SchfHwG Zutritt zu den Räumen und Grundstücken zu gestatten. (redaktioneller Leitsatz)
3 Gemäß § 20 Abs. 2 S. 4 SchfHwG haften mehrere Eigentümer eines Grundstücks als Gesamtschuldner. Der Einwand der wirtschaftlichen Selbstständigkeit der übrigen Eigentumsanteile trägt nicht, da er bei rechtlicher Betrachtung der Eigentumssituation und der daraus folgenden rechtlichen Gebührensituation nicht ausschlaggebend ist. (redaktioneller Leitsatz)
4 Eine aufrechnungsfähige Ersatzpflicht der Behörde nach Amtshaftungsrecht liegt bei behaupteten strafbewehrten und unter diesem Gesichtspunkt schadensersatzbegründenden Erklärungen des Bezirksschornsteinfegermeisters in der Öffentlichkeit jedenfalls nicht vor, wenn der Betroffene es schuldhaft unterlassen hat, den behaupteten Schaden im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
1. Rechtsgrundlage für den Erlass eines Leistungsbescheids für Schornsteinfegergebühren eines Bezirksschornsteinfegers ist § 20 Abs. 3 Satz 1 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG). Danach werden rückständige Gebühren, die trotz Mahnung nicht entrichtet worden sind, von der zuständigen Behörde auf Antrag des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers durch Bescheid festgestellt. Mit Rechnung vom 30. Dezember 2013 hatte der bevollmächtige Bezirksschornsteinfeger von der Klägerin die Bezahlung von Schornsteinfegergebühren verlangt. Dieser Zahlungsaufforderung war die Klägerin trotz Mahnung nicht nachgekommen.
2. Die im angefochtenen Bescheid festgesetzten Gebühren in Höhe von 239,90 € sind rechtlich nicht zu beanstanden.
2.1 Der Bezirksschornsteinfeger durfte für die am 2. Dezember 2013 am Anwesen „…-straße …“ durchgeführte anlassbezogene Überprüfung gemäß § 15 SchfHwG eine Arbeitsleistung von 240 Minuten abrechnen. In Anbetracht des Umstands, dass auf dem Anwesen ein fünfstöckiges Haus mit 13 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten steht, ist diese Arbeitszeit für die vom Bezirksschornsteinfeger geleistete Arbeit nicht unangemessen. Durch Hinweise von Mietern in diesem Anwesen lagen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass durch unsachgemäßes Entfernen bzw. Verschließen von Schornsteinen auf dem Dach des Anwesens die Betriebs- und Brandsicherheit der in diesem Anwesen vorhandenen Feuerungsanlagen nicht gewährleistet sein könnte im Sinne von § 15 Satz 1 Nr. 1 SchfHwG. Das ergibt sich nicht zuletzt auch aus der vom Bezirksschornsteinfeger am 3. Dezember 2013 erstellten Mängelliste, auf die Bezug genommen wird (Blatt 20 BA). Die Einwände der Klägerin widerlegen die dort enthaltenen Feststellungen nicht. Insbesondere ist die behauptete Erteilung von Hausverbot gegenüber dem Bezirksschornsteinfeger ohne Belang, da nach § 1 Abs. 3 Satz 1 SchfHwG Eigentümer verpflichtet sind, den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern für die Durchführung der Tätigkeiten des § 15 SchfHwG Zutritt zu den Räumen und Grundstücken zu gestatten.
2.2 Auch die Höhe der der Klägerin in Rechnung gestellten Summe ist nicht zu beanstanden. Die vom Bezirksschornsteinfeger für die anlassbezogene Überprüfung angesetzte Arbeitszeit von 240 Minuten ist gemäß § 6 Kehr- und Überprüfungsordnung (KÜO) in Verbindung mit Nr. 3.7 der Anlage 3 zur KÜO mit 192 Arbeitswerten zu bemessen. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 KÜO ist pro Arbeitswert ein Betrag von 1,05 € zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer festzusetzen, bei 192 Arbeitswerten also 239,90 €.
2.3 Die Beklagte durfte auch die Klägerin als Adressatin des Leistungsbescheids auswählen. Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 4 SchfHwG haften mehrere Eigentümer eines Grundstücks als Gesamtschuldner. Der Umstand, dass die Klägerin mit 758/10000 am Eigentum des Grundstücks FlNr. 5852/1 den größten Miteigentumsanteil hält, spricht für die Angemessenheit der Auswahlentscheidung der Beklagten, die Klägerin zur Begleichung der Gesamtrechnung des Bezirksschornsteinfegers … in Höhe von 239,90 € heranzuziehen. Gemessen am rechnerischen Miteigentumsanteil der Klägerin am Anwesen „…-straße …“ von 7,58% sind das Gebühren in Höhe von 18,19 €, die anteilig auf ihren Miteigentumsanteil entfallen. Den darüber hinausgehenden Teil der Gebührenrechnung ist grundsätzlich von den übrigen Miteigentümern des Anwesens zu tragen. Auf diese kann die Klägerin anteilig die Rechnungskosten umlegen. Der Einwand der wirtschaftlichen Selbstständigkeit der übrigen Eigentumsanteile trägt nicht, da jedenfalls bei rechtlicher Betrachtung der Eigentumssituation und der daraus folgenden rechtlichen Gebührensituation dieser Einwand nicht ausschlaggebend ist. Er kann dem im Leistungsbescheid festgestellten Betrag nicht entgegengehalten werden.
3. Auch die von der Klägerin geltend gemachte Aufrechnung im Wege eines Amtshaftungsanspruchs gegenüber der Beklagten steht der Gebührenforderung nicht entgegen. Voraussetzung für eine solche Aufrechnung ist nach § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass zwei Personen einander gleichartige Leistungen schulden. Die Beklagte schuldet jedoch der Klägerin nichts, insbesondere nicht Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 186 Strafgesetzbuch (StGB) als Amtshaftungsanspruch im Sinne von § 839 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat es bislang zumindest fahrlässig unterlassen, den von ihr behaupteten Schaden gegenüber der Beklagten im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Als Grund für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch hat sie das Verhalten des Bezirksschornsteinfegers genannt, der sich durch seine Erklärungen in der Öffentlichkeit strafbar gemacht habe, weshalb sie von ihm Schadensersatz fordern könne. Die Klägerin hat jedoch in der mündlichen Verhandlung erklärt, bislang ihm gegenüber keine Schadensersatzforderungen geltend gemacht zu haben. Dann aber tritt gemäß § 839 Abs. 3 BGB eine Ersatzpflicht der Beklagten nach Amtshaftungsrecht nicht ein.
4. Aus diesen Gründen ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 239,90 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz – GKG -).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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