Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Kostenfolge bei Instandhaltungsmaßnahmen für eine Tiefgarage

Aktenzeichen  484 C 5477/17 WEG

Datum:
8.8.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 158539
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 23

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages
IV. Der Streitwert wird auf 17774,10 € festgesetzt

Gründe

Die Klage ist unzulässig. Es ist hier zwar das Wohnungseigentumsgericht zuständig. Es liegt aber eine unzulässige Teilanfechtung vor.
Es hätte hier die gesamte Beschlussfassung und damit auch die beiden Sanierungsbeschlüsse unter TOP 2 und TOP 3 mit angefochten werden müssen. Würde man hier der Beschlussanfechtungsklage statt geben und würde TOP 4 und Top 5 für ungültig erklärt werden, so wäre eine Sanierungsmaßnahme beschlossen ohne gleichzeitig Beschluss darüber zu fassen, wie die Sanierung und nach welchem Kostenverteilungsschlüssel zu finanzieren ist. Ein solcher Beschluss, ohne zu bestimmen, wie die Kosten finanziert werden, entspricht aber nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Sanierungskosten sind auch nicht derart geringfügig als dass man sagen könnte, sie können problemlos aus der Instandhaltungsrücklage finanziert werden. (Es stehen hier Sanierungskosten von über 300.000 Euro im Raum).
Es wurde hier auch lediglich eine Beschlussanfechtungsklage erhoben, ohne gleichzeitig eine Gestaltungsklage dahingehend, dass nur die Tiefgarageneigentümer die Kosten zu tragen haben. Nur bei gleichzeitiger Erhebung einer Gestaltungsklage würde eine Kostenregelung gegeben sein und es käme eine Teilanfechtung in Betracht.
Es kommt dann ohne Erhebung einer Gestaltungsklage nur eine einheitliche Beschlussanfechtung unter Einbeziehung von Top 2 und Top 3 in Betracht. Sollte TOP 4 und 5 für ungültig erklärt werden, müsste gleichzeitig auch TOP 2 und TOP 3 für ungültig erklärt werden. Eine Auslegung auf Beschlussanfechtung auch von Top 2 und Top 3 kann nur auf Antrag des Klägervertreters erfolgen, der hier aber trotz rechtlichen Hinweises nicht gestellt wurde (BGH ZWE 2013, 47).
Die Klagepartei kann auch nicht damit argumentieren, dass über die Instandsetzungsmaßnahme insgesamt die Gemeinschaft beschließen müsse, nicht jedoch über die Kostenfolge. Das Gericht kommt zu der Auffassung, dass nicht die Tiefgarageneigentümer alleine die Kosten der beschlossenen Sanierungsmaßnahmen zu tragen haben, sondern sämtliche Wohnungseigentümer.
Die beiden Beschlüsse unter Top 2 und Top 3 und die angefochtenen Finanzierungsbeschlüsse unter Top 4 und Top 5 betreffen Instandsetzungsmaßnahmen und deren Kostenverteilung, die für alle Verwaltungseinheiten von zentraler Bedeutung sind, nämlich die Wiederherstellung und die Sicherstellung der Tragfähigkeit bzw. der Fundaments-Funktion der Tiefgarage, auf der alle übrigen Gebäude stehen. Bereits insofern betreffen die Beschlüsse naturgemäß alle Verwaltungseinheiten.
Folgende Regelung auf S. 8 unten der Gemeinschaftsordnung: „Die Instandhaltung der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Teile des Gebäudes,… obliegt unter Ausschluss der Eigentümer der übrigen Verwaltungseinheiten ausschließlich den Eigentümern derjenigen Verwaltungseinheit, in deren Bereich die Instandhaltungsmaßnahme erforderlich ist“ ist grundsätzlich auszulegen. Die Instandhaltungs-Maßnahmen sind nämlich hier nicht nur für den Bereich der Tiefgarage erforderlich, sondern für sämtliche Wohnungseinheiten, die sich über der Tiefgarage befinden. Die Tiefgarage befindet sich unstreitig unter sämtlichen Häusern und hat damit grundsätzlich statische Fundaments-Funktion. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die zu sanierenden Teile der Tiefgarage eine Auswirkung insofern auf die Statik haben, als es sich um Gefahrenpunkte handelt, die die Statik gefährden könnten (unstreitiger Vortrag des Klägervertreters vom 12.6.2017 dort S. 3 unten). Unstreitig ist auch zwischen den Parteien, dass Sanierungsarbeiten erforderlich sind um auch die Stahl- und die Beton-Konstruktion zu schützen. Damit haben die hier unter TOP 2 und TOP 3 streitgegenständlichen Sanierungsmaßnahmen eine statische Funktion. Würden die Sanierungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden, so könnte dadurch in der Folge die Statik der Tiefgarage beeinträchtigt werden, was zu einer Beeinträchtigung sämtlicher darüber liegenden Wohnungen führen würde. Dies widerspricht auch nicht der Rechtsprechung des BGH vom 16.11.2012 in der Sache V ZR 9/12, denn dort ging es um Balkone, von deren Nutzung die anderen Wohnungseigentümer tatsächlich vollkommen ausgeschlossen waren und an denen die anderen Wohnungseigentümer auch aus Gründen der Statik keinerlei Interesse hatten.
Auch das Landgericht München I (Endurteil vom 25.06.2015, 36 S 18725/14) hat in einem ähnlichen Fall genauso argumentiert. Dort besagte die Regelung in der Teilungserklärung, dass die Instandhaltung und Instandsetzung sowie die Betriebskosten von Hausteilen, Anlagen und Einrichtungen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen, deren Nutzung jedoch nur einem oder einer bestimmten Anzahl von Wohnungseigentümern zusteht, den Nutzungsberechtigten alleine obliegt. Diese Regelung ist hier mit der vorliegenden Regelung in der Gemeinschaftsordnung vergleichbar. In dem Falle des Landgerichts München I wurden die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum dem Nutzungsberechtigten auferlegt, hier wurden diese Kosten angeblich einer Verwaltungseinheit auferlegt, in deren Bereich die Instandhaltungsmaßnahme erforderlich ist. Das LG München I hat hierzu ausgeführt, dass die Nutzung der Decken und Außenwände nicht nur einem einzigen Wohnungseigentümer zusteht, sondern sämtlichen Wohnungseigentümern als wesentlich für den Aufbau des Gebäudes, so dass diese Regelung nicht auf die vorliegende Konstellation anwendbar ist. Genauso kann hier argumentiert werden, dass die streitgegenständlichen Sanierungsmaßnahmen nicht nur für den Bereich der Tiefgarage durchgeführt werden, sondern für alle Bereiche und deshalb die zitierte Regelung auf S. 8 der Gemeinschaftsordnung hier nicht anwendbar ist.
Für diese Auslegung der Gemeinschaftsordnung spricht auch, dass auf Blatt 4 oben der Gemeinschaftsordnung geregelt ist, dass eine Kostentrennung nur insoweit zu erfolgen habe, „soweit dies tatsächlich und rechtlich möglich ist“. Hier ist aber gerade eine Kostentrennung nicht möglich, denn die Sanierung der Tiefgarage wird nicht nur für den Bereich der Tiefgarage durchgeführt, sondern hat wegen der statischen Funktion der Tiefgarage Auswirkungen auf die anderen Wohneinheiten.
Zudem wurde auch in der Gemeinschaftsordnung Teil II Nr. 2 die Tiefgarage nicht als eigene abgetrennte Verwaltungseinheit gebildet. Dort ist nämlich geregelt, dass 9 wirtschaftlich voneinander abgetrennte Verwaltungseinheiten, nämlich die Häuser 1 plus 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 und die Tiefgarage gebildet werden. Da mit den Häusern 1-9 bereits 9 wirtschaftlich voneinander abgetrennte Verwaltungseinheiten gebildet wurden, wurde die Tiefgarage gerade nicht als 10. Verwaltungseinheit ausgestaltet, denn ansonsten müsste in der dortigen Regelung stehen, dass 10 wirtschaftlich voneinander abgetrennte Verwaltungseinheiten gebildet werden. Damit wurde die Tiefgarage nicht als eigene Wirtschaftseinheit ausgebildet.
Aufgrunddessen muss über die Instandsetzungsmaßnahme und auch über die Kostenfolge die Gemeinschaft insgesamt beschließen, so dass die Klage als unzulässig abzuweisen war.
Der Beschluss ist auch nicht nichtig, denn dann würde sich die Frage der Teilanfechtung nicht stellen. Die Klägerin macht geltend, dass für die streitgegenständlichen Beschlüsse eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer fehle.
Eine Beschlusskompetenz ist aber deshalb gegeben, weil es sich hier um Instandsetzungsmaßnahmen und deren Kostenverteilung handelt, die für alle Verwaltungseinheiten von zentraler Bedeutung sind, denn dadurch soll die Ertragsfähigkeit und die Fundaments-Funktion der Tiefgarage sichergestellt werden, daher betreffend die Beschlüsse alle Verwaltungseinheiten.
Zudem ist in Ziff. 10 der Gemeinschaftsordnung gerade nicht geregelt, dass Teilversammlungen überhaupt zulässig sind und auch ein Stimmrechtsausschluss der übrigen Eigentümer anderer Verwaltungseinheiten wird nicht in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen. Damit verbleibt es bei den elementaren Mitgliedschaftsrechten aller Parteien, nämlich an jeder Eigentümerversammlung teilzunehmen und abstimmen zu dürfen und es besteht eine Beschlusskompetenz aller Wohnungseigentümer über die Instandhaltungsmaßnahmen zu beschließen.
Die Klage war daher als unzulässig abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 I S. 1 ZPO.
Hinsichtlich des Streitwertes wird auf die zutreffende Begründung in dem vorläufigen Streitwertbeschluss Bezug genommen.


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