Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Pflichtangaben in einem Verbraucherdarlehensvertrag – hier: Kündigungsrecht

Aktenzeichen  19 U 4351/19

Datum:
20.11.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 45787
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5
BGB § 314

 

Leitsatz

Das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB gehört nicht zu den Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB (Rn. 8). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 O 14559/18 2019-07-12 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12.07.2019, Aktenzeichen 3 O 14559/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 30.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihre vermeintlichen Ansprüche auf Rückabwicklung eines Darlehensvertrages mit der Beklagten vom 18.08.2015 über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von EUR 10.169,35 zuzüglich einer Anzahlung i. H. v. EUR 16.190,00, abgeschlossen zur Finanzierung des Kaufes eines Fahrzeuges der Marke …, Typ …, weiter, den sie mit Schreiben vom 08.08.2018 widerrufen hat. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 12.07.2019, Aktenzeichen 3 O 14559/18, Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO). Das Landgericht München I hat die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung.
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:
Unter Abänderung des am 12.07.2019 verkündeten Urteils (Az. 3 O 14559/18) wird wie folgt erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 27.061,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen nach Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs … mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziff. 1 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 691,33 € freizustallen.
Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 09.10.2019 (Bl. 276 / 297 d.A.) wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 31.10.2019 (Bl. 298 / 301 d.A.) nahm die Klägerin dazu Stellung. Darauf wird jeweils Bezug genommen Im Übrigen und ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren eingegangenen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12.07.2019, Aktenzeichen 3 O 14559/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Der Senat hält das angefochtene Urteil für offensichtlich zutreffend und nimmt darauf Bezug. Bezug genommen wird ferner auf den Hinweis vom 09.10.2019. Auch der weitere Schriftsatz der Klägerin vom 31.10.2019 gab keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.
1. Der Senat hat im vorausgegangenen Hinweis bereits dargelegt, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag die von der Berufung bemängelten Pflichtangaben zutreffend und in hinreichend klarer und verständlicher Form enthält – und zwar bereits unabhängig davon, ob die „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“ (vorgelegt als Anlage K 2) Vertragsbestandteil geworden sind (was der Senat allerdings bejaht).
2. Soweit die Berufung erneut rügt, Ziff. 4.4 ADB der Beklagten sei unwirksam, sie würde mit der Textform eine besondere Wirksamkeitsvoraussetzung an die Kündigungserklärung des Darlehensnehmers stellen, vgl. Hinweis des Senats, S. 9.
Dazu, dass über das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB ohnehin nicht informiert werden muss, vgl. i. Ü. Pressemitteilung des BGH Nr. 143/2019 zu den Urteilen des BGH vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19. 
3. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO steht einer Entscheidung des Senats nach § 522 Abs. 2 ZPO entgegen der Auffassung der Berufung nicht entgegen.
1.1. Es liegt kein Fall des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO vor.
In der Entscheidung wird kein abstrakter Rechtssatz aufgestellt würde, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 10; Beschluss vom 29. Mai 2002 – V ZB 11/02, BGHZ 151, 42, 45; Beschluss vom 1. Oktober 2002 – XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 186; Beschluss vom 27. März 2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 293 mwN; Beschluss vom 9. Juli 2007 – II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074 Rn. 2).
Der Senat weicht in seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ab, vgl. dazu auch Pressemitteilung des BGH Nr. 143/2019 zu den Urteilen des BGH vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19.
Divergenzen zu oberlandesgerichtlichen Endentscheidungen sind nicht bekannt und werden auch von der Berufung nicht dargelegt. Die Berufung verweist lediglich zum „Tageszins“ auf die in ein obiter dictum gefasste Meinung des OLG Düsseldorf im Urteil vom 28.05.2019 – 9 U 77/18 -, das für die Entscheidung nicht tragend war. Das OLG Düsseldorf hat auch in diesem Falle die Berufung zurückgewiesen und selbst keine Veranlassung zu einer Zulassung der Revision gesehen, obwohl die ansonsten bekannte Meinung aller anderen damit befassten Oberlandesgerichte insoweit einen Belehrungsfehler verneint.
Der vorliegende Fall gibt auch keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 15; Beschluss vom 4. Juli 2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 225). Dies ist nach Ansicht des Senats und – soweit bekannt – erkennbar auch der überwiegenden Mehrheit der Oberlandesgerichte nicht der Fall.
1.2. Auch grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO liegt nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage im Übrigen nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 3 mwN). Dies ist bisher ersichtlich nicht der Fall.
Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren, denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 14; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 5).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 40, 47, 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO bestimmt, wobei Nettodarlehensbetrag und Anzahlung zu Grunde gelegt wurden.


Ähnliche Artikel


Nach oben