Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Streit um den Fortbestand von Prämiensparverträgen

Aktenzeichen  19 C 8054/19

Datum:
19.2.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 37957
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 119, § 133, § 157, § 696 Abs. 1, § 700

 

Leitsatz

Eine Bank kann einen Prämiensparplan einseitig ordentlich kündigen, wenn die höchste Prämiensparrate erreicht ist. (Rn. 22 – 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen. 
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.  
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.  
Beschluss 
Der Streitwert wird auf 4.294,92 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist überwiegend zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Klage ist überwiegend zulässig. Das Amtsgericht Nürnberg ist gemäß §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 23, 71 GVG i.V.m. § 9 ZPO, da hier die Feststellung des Fortbestehens eines Dauerschuldverhältnisses begehrt wird. Insoweit ist der 3,5-fache Jahresbezug der Zinsen maßgeblich, wovon wegen der Feststellungsklage ein 20%-iger Abschlag vorzunehmen ist. Dies ergibt – wie das LG im Beschluss vom 30.10.2019 ausgeführt hat -einen Wert von 4.294,92 €. Auf den Beschluss wird Bezug genommen.
Unzulässig ist allerdings der Freistellungsantrag. Die freizustellende Forderung muss hinreichend konkret nach Grund und Höhe bezeichnet werden (BGH NJW 1980, 1450 = FamRZ 1980, 654; BGHZ 79, 76 (77 f.) = NJW 1981, 870; BGH, Urteil vom 22. Mai 2012, Az. II ZR 14/10 Rn. 47, zitiert nach juris). Bei vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann dies typischerweise durch Bezugnahme auf die konkrete Rechnung (§ 10 RVG) erfolgen. Es genügt aber nicht, lediglich die Höhe des Anspruchs zu benennen, denn es bleibt unklar, auf welche vorgerichtliche Tätigkeit sich die Forderung bezieht.
Soweit Feststellung begehrt wird, liegt ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO vor, da infolge der Kündigungserklärung durch die Beklagte ein Interesse besteht, Klarheit über den Bestand oder Nichtbestand des Vertrages zu erhalten.
II.
Die Klage ist – soweit sie zulässig ist – unbegründet. Infolge der Kündigungen vom 24.06.2019 wurden die Prämiensparverträge zum 16.10.2019 wirksam beendet.
II.
Die beiden zwischen den Parteien bestehenden Prämiensparverträge sind als unregelmäßige Verwahrung gemäß §§ 700, 696 Abs. 1 BGB zu qualifizieren.
Nach der Rechtsprechung des BGH erfolgt die Abgrenzung danach, ob die vereinbarte monatliche Sparrate als vertragliche Zahlungspflicht oder nicht ausgestaltet war, ob also ein klagbarer Anspruch auf Zahlung der Sparrate seitens der Sparkasse gegen den Sparer bestand (BGH, Urteil vom 14.05.2019, Az.: XI ZR 345/18, Rn. 26, zitiert nach juris).
Ausweislich der Anlagen K1 und K2 ist zwar unter Nr. 1 geregelt, dass der Sparer bis zum 15. eines Monats die Sparrate „einzahlen wird“. Allerdings regelt bereits Nr. 1 S. 2 der Verträge, dass auch eine Herabsetzung der Sparrate möglich ist und damit der Sparer die Entscheidungsbefugnis hat, in welcher Höhe er Sparraten erbringen will oder nicht. Denn bei Nichtzahlung der Sparraten ergeben sich aus Nr. 4.3 die vertraglichen Konsequenzen. Zum einen können sie innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit nachgezahlt werden. Zum anderen führt die Nichtnachzahlung zur sofortigen Beendigung des Vertrages. Nach dem Parteiwillen, der nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen ist, §§ 133, 157 BGB, soll also keine Pflicht zur Einzahlung begründet werden. Bei Nichtzahlung soll unter bestimmten Voraussetzungen der Vertrag beendet sein, weswegen auch die Sparkasse kein Interesse an ggf. nachträglicher Zahlung hat. Sie will sich dann genauso vom Vertrag lösen wie es der Sparer auch will, weil er offenbar die Raten nicht mehr zahlen will oder kann (vgl. dazu ausführlich BGH, aaO, Rn. 27-31).
II.
Zwischen den Parteien wurde auch die Einbeziehung der AGBSp vereinbart. Die Einbeziehung ist ausdrücklich in Nr. 5.2 der Formulare vorgesehen. Nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB werden AGB Vertragsbestandteil, wenn auf ihre Gültigkeit hingewiesen wird, der Kunde die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat und mit ihrer Einbeziehung einverstanden ist.
Auf die Einbeziehung wurde ausdrücklich im Vertrag hingewiesen. § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Inwieweit die Klägerin die Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte, § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB, ist zwar nicht ausdrücklich thematisiert worden. Bei lebensnaher Sachverhaltsinterpretation ist aber davon auszugehen, dass – auch damals – in jeder Filiale die AGB aushingen, im Internet abrufbar waren oder u.U. der Klägerin sogar ausgehändigt wurden. Jedenfalls oblag es insoweit der Klägerin, ihr bloß pauschales Bestreiten der Gültigkeit der AGB im Hinblick auf Nr. 5.2 der von ihr selbst vorgelegten Vertragsurkunde näher zu substantiieren, was nicht erfolgt ist. Vielmehr wurde die Einbeziehung lediglich pauschal und damit unwirksam bestritten, § 138 Abs. 3 ZPO.
II.
Aus Nr. 26 Abs. 1 AGBSp ergibt sich ein ordentliches Kündigungsrecht, welches auch hier Anwendung findet (vgl. BGH, aaO, Rn. 33ff).
II.
Das ordentliche Kündigungsrecht nach Nr. 26 Abs. 1 AGBSp ist – nur – bis zum Erreichen der höchsten Prämiensparrate konkludent ausgeschlossen (BGH, aaO., Rn. 38ff).
Nach der vertraglichen Vereinbarung war der Prämienzins gestaffelt und erhöhte sich ab dem dritten bis zum 15. Jahr auf 50% der Jahressparleistung. Abgedruckt waren zwar auch die Jahre 16-20, wobei hier ebenfalls „nur“ ein Prämienzins von 50% ausgewiesen war. Entgegen der Auffassung der Klägerseite lässt sich daraus aber kein weitergehender Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts rechtfertigen. Insoweit kommt es auch nicht auf die von der Beklagtenseite ausgeführten Gründe an, wonach der Abdruck der Jahre 16-20 technisch bedingt gewesen sei und ein Rechtsbindungswille der Beklagten nicht bestanden habe. Denn die Bestimmung des Rechtsbindungswillens erfolgt gemäß §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont und damit grds. frei von internen subjektiven Vorstellungen. Eine solche Fehlvorstellung mag u.U. eine Anfechtung wegen Willensmängeln nach § 119 Abs. 1 BGB rechtfertigen. Mangels Anfechtung ist im Umkehrschluss aber davon auszugehen, dass nur der objektivierte Wille maßgeblich ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerseite ergibt sich aus dem Abdruck ein solcher Wille aber gerade nicht. Denn der BGH stellt in seiner Entscheidung maßgeblich auf das Kriterium des Erreichens des höchsten Prämiensparzinses ab. Denn ab dem 21. Jahr erfolgte hier der Abdruck nur noch als „FJ“, was für „Folgejahr“ stehen sollte. Es macht aber keinen signifikanten Unterschied, ob die „Folgejahre“ nur als solche oder konkret mit Zahlen bezeichnet werden. Denn der Ausschluss des Kündigungsrechts knüpft nicht an die aufgelisteten Jahreszahlen, sondern ausschließlich an das Erreichen des höchsten Prämienzinssatzes an.
Selbst wenn man hier eine Bindung bis zum 20. Jahr annehmen würde, wäre die Klage auch nur teilweise begründet, weil dann die Kündigung der Beklagten zwar nicht zum 15.10.2019 aber zum 16.11.2021 wirken würde
II.
Auch die weiteren Kündigungsvoraussetzungen liegen vor. Denn der nach Nr. 26 Abs. 1 AGBSp erforderliche sachliche Grund soll nach der Entscheidung des BGH in dem veränderten Zinsgefüge und den erschwerten Refinanzierungsmöglichkeiten zu sehen sein (BGH, aaO, Rn. 45ff, zustimmend Stöhr NJW 2019, S. 2902ff).
II.
Die Kündigungsfrist von 3 Monaten nach Nr. 4 S. 1 der Bedingungen für Sparverträge ist eingehalten.
II.
Die Kündigungserklärung ist unstreitig der Klägerin auch zugegangen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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