Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Trennungsgeld, Wohnungsmangel, Angemessenheit einer Wohnung, Berücksichtigung der Dienststellung, Umzugswilligkeit, Ausreichende eigene Bemühungen

Aktenzeichen  24 ZB 20.709

Datum:
14.2.2022
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 3144
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayTGV § 2 Abs. 1 S. 3
BayTGV § 3 Abs. 2 und 3

 

Leitsatz

Verfahrensgang

B 5 K 18.195 2020-03-09 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Gewährung von Trennungsgeld über den 1. Juli 2017 hinaus.
Die Universität B. … berief den Kläger zum 1. März 2017 zum Universitätsprofessor und sagte Umzugskostenvergütung zu. Der Kläger beantragte daraufhin die Bewilligung von Trennungsgeld sowie die Zuweisung einer Staatsbedienstetenwohnung. Mit einem Zeitungsinserat suchte er zugleich nach einem freistehenden Einfamilienhaus mit sechs Zimmern und Doppelgarage ab 160 m2. Ein ihm angebotenes älteres großes Einfamilienhaus lehnte er ohne Angabe von Gründen vor der Besichtigung ab. Im Internet interessierte er sich auf einer Immobilienplattform für ein Haus mit fünf Zimmern und 150 m2 Wohnfläche. Dieses Angebot verfolgte er wegen der Entfernung zur Innenstadt und des ungeeigneten Zuschnitts nicht weiter. Das Landesamt für Finanzen bot ihm zum Bezugstermin 1. Juli 2017 eine 75,70 m3 große 3-Zimmerwohnung mit Bad/Dusche/WC in der P. … Straße … in … B. … an und bewilligte mit Bescheid vom 27. Juni 2017 Trennungsgeld bis 1. Juli 2017. Den Bezug dieser Wohnung lehnte der Kläger ab.
Den gegen den Bescheid vom 27. Juni 2017 erhobenen Widerspruch wies das Landesamt für Finanzen mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2018 zurück. Die Wohnungsfürsorgestelle habe dem Kläger eine angemessene Wohnung mit Bezugstermin 1. Juli 2017 angeboten.
Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 9. März 2020 abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Trennungsgeld über den 1. Juli 2017 hinaus zu, denn der Wohnungsmangel habe an dem Tag geendet, da eine angemessene und zumutbare Wohnung zur Verfügung gestanden habe. Eine Wohnung sei angemessen, wenn ihr Bezug dem Beamten unter Berücksichtigung seiner berechtigten persönlichen Verhältnisse zugemutet werden könne und sie nach ihrer Größe und Lage, sowie nach Ausmaß und Zuschnitt der Räume den Anforderungen entspreche, die erfüllt sein müssten, um einer Familie ein Heim zu bieten, das eine gesunde Entwicklung der Familie und eine Entfaltung des Familienlebens gewährleistete. Daneben sei auch die Dienststellung des Berechtigten zu berücksichtigen. Hinsichtlich ihrer Lage sei eine Wohnung angemessen, wenn sie sich am neuen Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets befinde. Hinsichtlich der Ausstattung sei sie angemessen, wenn sie normalen Ansprüchen genüge. Für Ehegatten sei regelmäßig eine 2-Zimmerwohnung angemessen. Bei entsprechender Verfügbarkeit sei grundsätzlich auch eine 3-Zimmerwohnung möglich. Diese Anforderungen habe die angebotene Wohnung erfüllt. Sie sei lediglich 1,3 Kilometer von der Dienststelle entfernt. Dass sich in einer Entfernung von ca. 300 m Luftlinie eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge befinde und in einem anderen Wohnhaus in der P. … Straße Wohnungsprostitution betrieben werde, ändere daran nichts. Der Umstand, dass die Wohnung in einem nicht sehr attraktiven Stadtteil gelegen sei, berechtige nicht zu einer Ablehnung. Auch der Einwand, er habe zuvor mit seiner Ehefrau ein Haus bewohnt und er könne sein Mobiliar nicht in vollem Umfang unterbringen, führe nicht zur Unangemessenheit der angebotenen Wohnung. Der Kläger könne auch nicht verlangen, dass ihm wieder eine Wohnung mit Balkon, Terrasse oder Garten zugeteilt werde und möglicherweise eine Haustierhaltung nicht mehr möglich sei. Auch überhöhte gesellschaftliche Ansprüche an Größe und Ausstattung der Wohnung oder an die Schönheit ihrer Umgebung dürften nicht zur Verzögerung des Umzugs führen. Schließlich könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich berechtigterweise in einem vom Beklagten hervorgerufenen Irrtum befunden habe. Er sei seitens des Landesamts für Finanzen über die Voraussetzungen der Trennungsgeldgewährung ausführlich informiert worden.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt, macht der Kläger geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die Rechtssache weise besondere rechtliche Schwierigkeiten auf und habe grundsätzliche Bedeutung. Es sei grundsätzlich zu klären, ob der Begriff „Dienststellung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 BayTGV eine Differenzierung hinsichtlich der Anforderung einer Wohnung in Abhängigkeit vom Statusamt des Beamten erfordere. Zwar sei die Frage, ob eine Wohnung angemessen sei, eine Frage des Einzelfalls. Dagegen sei jedoch verallgemeinerungsfähig, inwieweit innerhalb dieser Einzelfallentscheidung Differenzierungen in Abhängigkeit vom Statusamt des Beamten vorzunehmen seien. Es genüge nicht, ausschließlich anhand der Vorgaben der BayWoVR zu prüfen, ob eine Wohnung angemessen sei. Diese liefere zwar Anhaltspunkte zur Beurteilung der zu berücksichtigenden familiären Bedürfnisse, enthalte aber keine Differenzierung in Bezug auf die Dienststellung des Berechtigten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 54), ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO) nicht.
1. Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist erforderlich, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72). Diese Voraussetzungen erfüllt die Begründung des Berufungszulassungsantrags nicht.
Das Verwaltungsgericht ist ausweislich des erstinstanzlichen Urteils davon ausgegangen, dass nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 der Bayerischen Trennungsgeldverordnung vom 15. Juli 2002 (BayTGV, GVBl S. 346), zuletzt geändert durch Verordnung vom 5. Februar 2018 (GVBl S. 64), die Dienststellung des Beamten bei der Prüfung der Angemessenheit einer Wohnung zu berücksichtigten und dabei eine Orientierung am Einkommen des Berechtigten zweckmäßig sei. Darüber hinaus sei die Bayerische Wohnungsvergaberichtlinie vom 27. Oktober 2004 (BayWoVR) heranzuziehen. Die Antragsbegründung setzt dem nur entgegen, dass es bei der Auslegung der Vorschriften möglich sei, den Begriff „Dienststellung“ als Obergrenze zu verstehen, sodass eine Wohnung unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Beamten leistbar sein müsse. Dagegen spreche jedoch der Wortlaut, wonach die Wohnung nicht nur „zumutbar“, sondern vielmehr „angemessen“ sein müsse. Damit ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dargelegt, denn es wird schon nicht herausgearbeitet, wie die Vorschrift nach Ansicht des Klägers verstanden werden sollte. Darüber hinaus ist auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen die formulierte Frage klärungsbedürftig und im vorliegenden Fall entscheidungserheblich sein soll, und inwiefern das Statusamt des Beamten zu berücksichtigen sein soll. Insbesondere ist mit der Begründung des Berufungszulassungsantrags nicht dargelegt, aus welchen Gründen die von der Wohnungsfürsorgestelle angebotene Wohnung unter Berücksichtigung der Dienststellung des Klägers nicht angemessen sein soll. Die Auffassung, eine Vorschrift könne auch anders verstanden werden, als das Verwaltungsgericht dies getan hat, reicht zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung nicht aus. Darüber hinaus ist auch das Verwaltungsgericht mit ausführlicher Begründung davon ausgegangen, dass eine Wohnung nicht nur zumutbar, sondern angemessen sein müsse und hat bei der Beurteilung der Angemessenheit zahlreiche Aspekte berücksichtigt. Die Begründung des Berufungszulassungsantrags zeigt demgegenüber nicht auf, dass hinsichtlich der Frage der Angemessenheit einer Wohnung darüber hinaus grundsätzlicher Klärungsbedarf besteht.
2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453.12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587.17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Dem wird die Antragsbegründung nicht gerecht.
Soweit der Kläger auf seine Ausführungen hinsichtlich des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung Bezug nimmt und ergänzend ausführt, das Verwaltungsgericht habe die Frage offengelassen, ob das Statusamt des Betreffenden bei der Frage der Angemessenheit der Wohnung zu berücksichtigten ist, sind damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht dargetan. Der Kläger setzt sich dabei nicht hinreichend mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinander, dass eine Orientierung am Einkommen des Beamten zweckmäßig sei, was angesichts der grundsätzlichen Verknüpfung von Statusamt und Einkommen regelmäßig zu einer indirekten Berücksichtigung des Statusamts führt.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Dazu müsste das Verfahren das normale Maß erheblich übersteigende Schwierigkeiten aufweisen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 15 ZB 17.635 – juris Rn. 37; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Solche Schwierigkeiten werden mit der Antragsbegründung nicht substantiiert aufgezeigt und liegen auch nicht vor.
4. Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, dass dem Kläger auch deshalb über den 1. Juli 2017 hinaus kein Trennungsgeld zustehen kann, da er nicht nachgewiesen hat, zu diesem Zeitpunkt uneingeschränkt umzugswillig zu sein. Uneingeschränkt umzugswillig ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BayTGV, wer sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten nachweislich und fortwährend um eine angemessene Wohnung bemüht. Dabei darf der Berechtigte seine Wohnungsbemühungen nicht nur auf die Erlangung dienstherrneigener Wohnungen beschränken, sondern ist verpflichtet, selbst eine angemessene Wohnung zu suchen (vgl. Uttlinger/Saller, Das Umzugskostenrecht in Bayern, § 2 BayTGV Rn. 30 ff.). Bei einem Universitätsprofessor mit einem 2-Personen-Haushalt ist dabei grundsätzlich eine aus drei Zimmern bestehende Wohnung angemessen (vgl. zu einem Universitätsprofessor mit einem 4-Personen-Haushalt: BVerwG, B.v. 19.4.2002 – 10 B 1.02 – juris Rn. 6) und im Einzelfall möglicherweise eine Vierzimmerwohnung. Zum Nachweis der Umzugswilligkeit wäre es daher erforderlich gewesen, dass der Kläger auch selbst Anstrengungen unternommen hätte, eine angemessene Wohnung mit drei oder vier Zimmern zu finden und anzumieten. Dies hat er nicht dargelegt, sondern er hat nur Bemühungen zur Anmietung von freistehenden Einfamilienhäusern mit fünf bis sechs Zimmern ab 150 bis 160 m2 Wohnfläche nachgewiesen, die offensichtlich über den angemessenen Bedarf hinausgehen und damit seine Umzugswilligkeit von Anfang an grundsätzlich in Frage stellen.
5. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 10.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Eyermann, VwGO, Anhang) und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag, dem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zugestimmt haben.
6. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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