Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Verkehrsunfall, Mietwagenkosten, Reparaturkosten, Berufung, Revision, Haftpflichtversicherung, Schadensminderungspflicht, Fahrzeug, Normaltarif, Schadensbeseitigung, Wirtschaftlichkeitsgebot, Ablehnung, Mietfahrzeug, Zulassung, Zulassung der Revision, Co KG, keinen Erfolg

Aktenzeichen  042 S 2769/21

Datum:
11.3.2022
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 7952
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

2 C 141/21 2021-07-07 Endurteil AGDILLINGENADDONAU AG Dillingen

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Dillingen a.d. Donau vom 07.07.2021, Az. 2 C 141/21, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Dillingen a.d. Donau ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.265,13 € festgesetzt.

Gründe

A.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Dillingen vom 07.07.2021, Aktenzeichen 2 C 141/21.
Hintergrund des Rechtsstreits ist ein Verkehrsunfall vom 26.04.2019 in Dillingen, bei dem das Fahrzeug der Klägerin, ein VW Tiguan, beschädigt wurde. Bei der Beklagten handelt es sich um die Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeugs. der Klage wurden von der Klägerin weitere Reparaturkosten in Höhe von 56,23 € und weitere Mietwagenkosten in Höhe von 1.265,13 € geltend gemacht.
Das Amtsgericht Dillingen hat die klägerische Forderung in Höhe von 56,23 € nebst Zinsen zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung verwies das Amtsgericht unter anderem darauf, dass es sich aufgrund der Anmietung erst ab 04.05.2019 nicht mehr um eine unfallbedingte Sofortanmietung gehandelt habe, was die Einholung von Vergleichsangeboten erforderlich gemacht hätte. Das Amtsgericht ging aufgrund der Identität von Reparaturwerkstatt und Vermietunternehmen von einem Werkstattersatzwagen aus und setzte dafür einen Tagespreis von bis zu 30,00 € an, sodass mit der bereits vorgerichtlichen Zahlung durch die Beklagte in Höhe von 540,00 € bei Ansatz von 18 Tagen Mietzeit die erforderlichen Mietwagenkosten abgegolten waren.
Die Berufung der Klägerseite richtet sich gegen die Ablehnung der geltend gemachten weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 1.265,13 €. Das Amtsgericht sei fälschlicherweise von einer Verpflichtung zur Einholung von Vergleichsangeboten ausgegangen; eine solche Verpflichtung bestünde allein bei der Anmietung zu erhöhten Mietpreisen – nicht jedoch bei Anmietung zum Normaltarif. Außerdem seien nicht die Preise für einen Werkstattersatzwagen anzusetzen; die Klägerin als Geschädigte könne nicht feststellen, ob es sich um einen Werkstattersatzwagen oder ein Mietfahrzeug handele.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,
1.Das Urteil des Amtsgerichts Dillingen an der Donau vom 07.07.2021, Az.: 2 C 141/21, wird aufgehoben.
2.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Betrag in Höhe von 1.321,36 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.04.2021 zu bezahlen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.
B.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. doch keinen Erfolg.
Das Amtsgericht Dillingen hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht einen Anspruch der Klägerin in Höhe von 1.265,13 € nebst Zinsen abgewiesen.
Grundsätzlich sind Mietwagenkosten vom Schädiger nach § 249 S. 2 BGB insoweit zu ersetzen, als sie tatsächlich und objektiv zur Herstellung des Zustandes erforderlich sind, der ohne Schädigung bestehen würde. Erforderlich sind dabei nur die Aufwendungen, die ein wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage der Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Ein Geschädigter ist unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht sowie durch das Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen (vgl. BGH, Urteil vom 24.06.2008, ZR 204/07).
Aus der vorgelegten Mietwagenrechnung ergibt sich, dass das Vermiet-Unternehmen identisch ist mit der Reparaturwerkstatt. Aus der vorgelegten Anlage K5 ist ersichtlich, dass als Vermieterin die A. K. GmbH & Co. KG aufgetreten ist, die gleichfalls auch das Fahrzeug repariert hat (vergleiche Anlage K2). Soweit die Klägerin darauf verweist, dass sich auf dem als Anlage K5 vorgelegten Formular auch noch der Aufdruck „Euromobil Rent-A-Car“ befindet, ergibt sich daraus keine andere Vertragspartnerin des Mietvertrags als die bereits erwähnte A. K. GmbH & Co. KG.
Zutreffend ging das Amtsgericht Dillingen davon aus, dass die Klageseite aufgrund des Vortrags und des Bestreitens der Beklagtenseite beweispflichtig dafür gewesen wäre, dass es sich bei dem während der Reparaturdauer zur Verfügung gestellten Fahrzeug nicht um einen Werkstattersatzwagen gehandelt habe. Die Klageseite hat hiergegen nur argumentiert, dass die geschädigte Klägerseite nicht unterscheiden könne, ob es sich um einen Werkstattersatzwagen oder ein klassisches Mietfahrzeug handele. Damit hat die Klageseite nicht substantiiert vorgetragen und entsprechend Beweis für die Eigenschaft des Ersatzfahrzeugs als Selbstfahrervermietfahrzeug angeboten, sondern versucht, damit zu argumentieren, dass es darauf nicht ankomme, weil der geschädigten Klägerin der Unterschied nicht erkennbar sei.
Daher hatte das Amtsgericht davon auszugehen, dass es sich bei dem von der Klägerseite angemieteten Fahrzeug um einen sogenannten Werkstattersatzwagen handelte.
Bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist § 287 ZPO anzuwenden. § 287 ZPO gibt die Art der heranzuziehenden Schätzgrundlage nicht vor.
1. Bei einem Werkstattersatzwagen kann jedoch nicht abschließend auf Listen wie die Schwacke-Liste oder den Fraunhofer-Mietspiegel abgestellt werden. Die diesen Listen zugrundliegenden Daten beziehen sich nicht auf Werkstattfahrzeuge, sondern auf Selbstfahrervermietfahrzeuge. Für Werkstattersatzwagen sind die Kosten für die Vorhaltung geringer als für einen gewerblichen Mietwagen (vgl. dazu LG Erfurt, Urteil vom 20.11.2019, 10 O 783/19). Bei Mietwägen sind bsplw. die Versicherungsprämien höher und bei einem Verkauf ist mit höheren Abschlägen zu rechnen.
Die Tarife für Werkstattersatzfahrzeuge liegen in der Regel deutlich unterhalb denen der üblichen Autovermietungen.
2. Die über den wirtschaftlich angemessenen Preis hinausgehenden Kosten kann ein Geschädigter aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten und der ihm zumutbaren Anstrengung auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war (vgl. BGH, NJW 2013, 1539). Denn insoweit geht es nicht um die Verletzung einer Schadensminderungspflicht, für die grundsätzlich der Schädiger die Beweislast trägt, sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen hat.
3. Gemessen an diesen Voraussetzungen hat die Klägerseite die Erforderlichkeit der von ihr geltend gemachten Mietwagenkosten nicht in voller Höhe nachgewiesen.
a. Vortrag, inwieweit Vergleichsangebote eingeholt wurden oder auch, dass eine Nachfrage zu günstigeren Tarifen erfolgte, ergibt sich nicht. Die Ausnahme, dass eine Not- oder Eilsituation vorlag, greift hier angesichts des Zeitablaufs zwischen Verkehrsunfall (26.04.2019) und Anmietungsdatum (ab 04.05.2019) nicht.
b. Die daraufhin erfolgte Schätzung des Amtsgerichts Dillingen auf 30,00 € pro Tag, für 18 Tage auf 540,00 €, ist im Ergebnis zutreffend.
(1) der Rechtsprechung werden teilweise prozentuale Abschläge von bis zu 50% von den Tarifen für Selbstfahrervermietfahrzeuge vorgenommen; teilweise wird auch mit festen Tagessätzen von 30,00 € bis 40,00 € gearbeitet (vgl. LG Erfurt, Urteil vom 20.11.2019, 10 O 783/19 und AG Regensburg, Endurteil vom 29.03.2018, 3 C 2946/17; Burmann/Heß ua, Straßenverkehrsrecht, 26. Auflage, § 249 Rn. 221c m.w.N.)
(2) Im Rahmen des Berufungsverfahrens legte die Klageseite dann mit Schriftsatz vom 07.12.2021 eine Bestätigung des bereits geladenen Zeugen T. S., Geschäftsführer der A. K. GmbH & Co. KG, vom 24. 11. 2021 vor, wonach sich die Werkstattersatzwagenkosten des Unternehmens A. K. GmbH & Co. KG im Jahr 2019 pro Tag auf 29,60 € inklusive 50 km belaufen haben.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nummer 10, 713 ZPO.
D.
Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Rücksicht darauf, dass die Entscheidung ein Einzelfall betrifft, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.


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