Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Wirksamkeit einer Betriebkostenabrechnung bei unterschiedlichem Abrechnungszeitraum für Heizkosten und sonstige Betriebskosten

Aktenzeichen  23 C 4565/18

Datum:
16.5.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 31936
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 259, § 556 Abs. 3 S. 1 Hs. 1

 

Leitsatz

Eine Betriebskostenabrechnung ist nicht formell unwirksam, wenn der Abrechnungszeitraum für die Nebenkosten von dem für die Heizkosten abweicht. Solche zeitlichen Abweichungen des nach § 556 Absatz 3 S. 1 1 Hs. 1 BGB maßgeblichen mietvertraglichen Abrechnungszeitraums von dem jährlichen Abrechnungsturnus für verbrauchsabhängige Betriebskosten – hier Heizkosten -, die der Vermieter in seiner Abrechnung zu berücksichtigen hat, sind zulässig. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 1.728,32 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
I. Erneute Rechnungslegung
Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Rechnungslegung gem. §§ 556, 259 BGB. Dem Kläger wurden für die eingeklagten Zeiträume bereits formell wirksame Abrechnungen erstellt. Insoweit ist der Anspruch des Klägers durch Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB.
Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Betriebskostenabrechnung formell ordnungsgemäß, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Dabei sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Entscheidend ist allein, ob es die Angaben in der Betriebskostenabrechnung dem Mieter ermöglichen, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen. Soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, sind daher in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: die Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und – soweit erforderlich – die Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen (BGH Urteil vom 19.7.2017 – VIII ZR 3/17 m.w.N.). Etwaige Fehler – zu hoch oder zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen, Ansatz der Soll – statt der Ist-Vorauszahlungen – stellen (nur) materielle Fehler der Abrechnung dar, die nicht zur Unwirksamkeit der Abrechnung aus formellen Gründen führen, weil der Mieter anhand seiner Unterlagen ohne Weiteres nachprüfen kann, ob der Vermieter die geleisteten Zahlungen korrekt berücksichtigt hat (BGH Urteil vom 15.2.2012, Az. VIII ZR 197/11 m.w.N.).
Diesen Anforderungen werden die streitgegenständlichen Betriebskosten- und Heizkostenabrechnungen des Beklagten gerecht. Die vorbenannten Nebenkostenabrechnungen weisen die einzelnen angesetzten Posten (Müll, Reinigung, Wasser usw.) nacheinander aus und listen für jeden dieser Posten die Gesamtkosten in €, den Verteiler und den Anteil in € aus. Der Umstand, dass der Verteiler in den Abrechnungen lediglich als Zahl benannt und nicht genauer bestimmt ist, steht der formellen Wirksamkeit nicht entgegen. Die Parteien haben in den Mietverträgen vereinbart, dass der Verteilerschlüssel sich grds. nach der Gesamtfläche richtet, wenn nicht nach Verbrauch abgerechnet wird (§ 3 Ziff. 4 Anlage K 1 und K 2). Aufgrund der getroffenen Parteivereinbarung war keine weitere Erläuterung des Verteilerschlüssels in den Abrechnungen erforderlich. Soweit in der Abrechnung für das 1. OG für das Jahr 2015 (Anlage K 6) in der Verteilerspalte ein €-Zeichen ausgewiesen ist, handelt es sich offensichtlich um einen Tippfehler, welcher für die formelle Wirksamkeit irrelevant ist.
Soweit sich der Kläger gegen die Abrechnung der Heizkosten wendet, können auch die diesbezüglichen Einwände nicht zur formellen Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Abrechnungen führen. Zunächst kann der Kläger nicht einwenden, die Abrechnungen seien formell unwirksam, da der Abrechnungszeitraum für die Nebenkosten von dem für die Heizkosten abweicht. Solche zeitlichen Abweichungen des nach § 556 Absatz III 1 Halbs. 1 BGB maßgeblichen mietvertraglichen Abrechnungszeitraums von dem jährlichen Abrechnungsturnus für verbrauchsabhängige Betriebskosten – hier Heizkosten -, die der Vermieter in seiner Abrechnung zu berücksichtigen hat, sind zulässig (BGH Urteil vom 30.4.2008 – VIII ZR 240/07).
Auch im Hinblick darauf, dass in der Abrechnung für die Heizkosten nur der jeweils zu zahlende Anteil ausgewiesen wird und nicht die Gesamtkosten, hat das Gericht keine Bedenken im Hinblick auf die formelle Wirksamkeit. Die Parteien sind sich einig, dass die Heizkostenabrechnungen der Heizungsfirma mit der jeweiligen Nebenkostenabrechnung mitgesandt wurden. Die mitgesandten Abrechnungen der Heizungsfirma – soweit der Kläger diese dem Gericht überhaupt vorgelegt hat – weisen, wie auch im Mietvertrag vereinbart, den Verbrauch für die jeweils angemietete Fläche aus. Von diesem abgelesenen und in der Rechnung ausgewiesenen Verbrauch hat der Beklagte dann die geleisteten Vorauszahlungen abgezogen und so den in der Abrechnung ausgewiesenen Endbetrag ermittelt. Es wurde demnach vorgegangen wie im Mietvertrag vereinbart. Die zusätzlichen Informationen zum Gebrauch konnten der Heizkostenabrechnung entnommen werden. Soweit der Kläger behauptet es sei nicht nachvollziehbar, welche Vorauszahlungen für welchen Zeitraum abgezogen wurde, kann dies das Gericht nicht nachvollziehen. Der Zeitraum ist in der Überschrift der Abrechnung ausgewiesen und betrug für die Jahre 2014 und 2015 jeweils 12 Monate (auch wenn Heizung und Betriebskosten vom Zeitraum divergierten) und für das Jahr 2016 die anteiligen Vorauszahlungen. Es handelt sich dabei um Rechenschritte, die dem Kläger als gewerblichen Mieter durchaus zuzumuten und zuzutrauen sind. Auch an dieser Stelle führen einzelne Rechenfehler nicht dazu, dass eine formelle Unwirksamkeit vorliegt.
II. Urkundenvorlage/Versicherung an Eides statt/Fristsetzung und Entschädigungszahlung
Da der Kläger bereits keinen Anspruch auf erneute Rechnungslegung hat, besteht auch kein Anspruch auf eine diesbezügliche Urkundenvorlage und Versicherung an Eides statt. Gleiches gilt für die beantragte Fristsetzung und Entschädigungszahlung.
III. Hilfsantrag
Der Hilfsantrag wurde von dem Kläger nach Ende der mündlichen Verhandlung gestellt und war bereits deswegen unzulässig. Daran ändert auch die in der mündlichen Verhandlung eingeräumte Schriftsatzfrist nichts (BGH, Beschluss vom 07.11.2017 – XI ZR 529/17).
IV. Nebenforderungen
Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
V. Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO
VI. Vorläufige Vollstreckbarkeit
Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 BGB.


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