Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Wohnungsleerstand, Zwangsgeld

Aktenzeichen  M 9 K 19.978

Datum:
12.3.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 17020
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Zweckentfremdungsgesetz § 4

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die Klage ist als Feststellungsklage gegen die Fälligkeitsmitteilungen vom 29. Januar 2019 und 15. März 2019 zulässig. Die Fälligkeitsmitteilung ist kein Verwaltungsakt, da keine Regelungswirkung i.S. des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG damit verbunden ist. Durch die Mitteilung weist die Behörde lediglich auf eine kraft Gesetz bestehende Rechtsfolge hin, Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG.
Die Klage ist als Feststellungsklage jedoch unbegründet, da die Zwangsgelder in Höhe von 7.500 € gemäß Fälligkeitsmitteilung vom 29. Januar 2019 und in Höhe von 15.000 € gemäß Fälligkeitsmittelung vom 15. März 2019 fällig geworden sind. Ziffer 2 des Grundbescheids vom 24. Oktober 2018 verpflichtet den Kläger dazu, die Wohnung … binnen einer Frist von drei Monaten ab Zustellung des Bescheids wieder Wohnzwecken zuzuführen. Unter Ziffer 4 wurde für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung ein Zwangsgeld in Höhe von 7.500 € angedroht. Der Bescheid ist bestandskräftig. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Fälligkeit des Zwangsgelds ist der Ablauf der jeweils durch die Zwangsgeldandrohung gesetzten Erfüllungsfrist, Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG (BayVGH B. vom 2.12.2019-9 ZB19.999). Mit Bescheid vom 24. Oktober 2018 wurde zur Erfüllung eine Frist von drei Monaten festgesetzt, die bei Erlass der Fälligkeitsmitteilung am 29. Januar 2019 abgelaufen war. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde durch die Klägerseite gegenüber der Beklagten nicht dargelegt, dass und welche Bemühungen unternommen wurden, um die Wohnung wieder Wohnzwecken zuzuführen bzw. welche Gründe dem entgegen standen.
Der Kläger hat auch nicht dargelegt, ob und dass er das Nutzungskonzept beendet habe; eine Abfrage bei Immoscout vom 29. Januar 2019 (Blatt 50 Behördenakte) ergab vielmehr, dass die Wohnung ab 17. April 2019 möbliert für 3.300 € mindestens für sechs Monate und maximal für 12 Monate vermietet werden sollte.
Auch die mit Bescheid vom 29. Januar 2019 angedrohten 15.000 € wurden zurecht mit Schreiben vom 15. März 2019 fällig gestellt, da der Kläger bis dahin weiterhin seiner Verpflichtung zur Wiederzuführung zu Wohnzwecken nicht fristgerecht nachgekommen ist. Auch zu diesem Zeitpunkt war unbekannt, ob und warum die Wohnung leer steht und ob der Kläger sein Nutzungskonzept der Vermietung zur Fremdenverkehrszwecken aufgegeben hat.
Der Kläger hat bis zum Ende der Frist und dem Eintritt der Fälligkeit weder dargelegt noch Nachweise dafür vorgelegt, dass nachweislich wegen Renovierung und Vermietungsbemühungen keine Zweckentfremdung vorliegt, § 4 Abs. 2 Nr.1 und Nr.2 der Zweckentfremdungssatzung (ZeS). Erstmals mit E-Mail vom 04. April 2019 teilte die Ehefrau des Klägers mit, dass die Wohnung renoviert wird. Dieses Schreiben war drei Wochen nach der Fälligkeitsmitteilung. Die von der Beklagten mit E-Mail vom 10. April 2019 von der Ehefrau des Klägers und dem Bevollmächtigten des Klägers erbetenen Belege wurden zu keinem Zeitpunkt vorgelegt. Die nach § 4 Abs. 2 Nr.1 und Nr.2 ZeS vorausgesetzte Nachweislichkeit fehlte.
Die Klägerseite hat es auch zunächst unterlassen, der Beklagten mitzuteilen, dass die Wohnung in Erfüllung des bestandskräftigen Bescheids vom 24. Oktober 2018 wieder Wohnzwecken zugeführt worden war und mit Datum vom 01. Mai 2019 eine langfristige Vermietung zu Wohnzwecken erfolgt ist. Die Beklagte hat davon erstmals aufgrund einer Ortseinsicht wegen des geänderten Klingelschilds und einer daraufhin eingeholten Melderegisterauskunft erfahren. Erst auf ihre Bitte hin wurde der Mietvertrag am 19. Juli 2019 vorgelegt. Nach dieser Sachlage hat der Kläger seine Verpflichtung erst deutlich nach Ablauf der Erfüllungsfrist erfüllt, Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers vorträgt, bereits seit der E-Mail der Ehefrau vom 04. April 2019 sei bekannt gewesen, dass die Wohnung renovierungsbedürftig sei und dafür Zeugen angeboten hat führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hat bei der Darlegung der nach außen erkennbaren Umstände, aus denen sich sowohl die Aufgabe des Nutzungskonzepts als auch die Wiederzuführung zu Wohnzwecken als auch ein Leerstand wegen Renovierung ergibt eine gesteigerte Mitwirkungsobliegenheit nach Art. 26 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. Art. 3 ZwEWG, § 4 ZeS. Aufgrund dieser gesteigerten Mitwirkungsobliegenheit bedarf es einer substantiierten Darlegung der Tatsachen aus denen sich die Erfüllung der Verpflichtung aus dem bestandskräftigen Grundbescheid ergibt. Gegenüber der Beklagten erfolgte innerhalb der Fristen keine substantiierte Darlegung mit entsprechenden Nachweisen. Auch die E-Mail vom 04. April 2019 enthält nur die Behauptung einer Renovierung und der Bemühungen um Wiedervermietung. Ungeachtet dessen, dass diese E-Mail der Ehefrau des Klägers erst nach Erlass der Fälligkeitsmitteilung geschickt wurde, haben weder der Kläger noch sein damaliger Bevollmächtigter trotz entsprechender Aufforderung durch die Beklagte irgendeinen Nachweis für die Renovierung vorgelegt oder angeboten. Es erschließt sich nicht, wieso eine angebliche Renovierung durch Handwerker über mehrere Monate durch Vernehmung der Ehefrau und nicht durch entsprechende Handwerkerrechnungen oder Auftragsbestätigungen belegt werden sollte, wenn tatsächlich eine umfangreiche Renovierung stattgefunden hat. Maßgeblicher Zeipunkt für die Rechtmäßigkeit der Fälligkeitsmitteilungen ist deren Erlass am 29. Januar 2019 und 15. März 2019. Beide Mitteilungen erfolgten vor Abschluss des Mietvertrags mit Herrn T vom 01. Mai 2019.
2. Gegen die Androhung weiterer Zwangsgelder in Höhe von 15.000 € mit Bescheid vom 29. Januar 2019 und 30.000 € mit Bescheid vom 15. März 2019 bestehen keine rechtlichen Bedenken. Die Androhung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 VwGO.
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 18 ff. VwZVG liegen vor. Der Grundbescheid vom 24. Oktober 2018 ist bestandskräftig. Die Pflicht, die Wohnung wieder Wohnzwecken zuzuführen ist deshalb vollziehbar. Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen für die erneuten Androhungen eines Zwangsgeldes liegen vor, Art. 31, 36 VwZVG. Insbesondere durfte wiederholt eine erneute Androhung nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG erfolgen, da die vorausgegangenen Androhungen erfolglos geblieben sind. Erfolglos bedeutet, dass die Behörde abzuwarten hat, bis das zunächst angedrohte Zwangsgeld fällig geworden ist und die Androhung auch weiterhin wie hier ohne Erfolge geblieben ist (VG München B. vom 09.05.2019-M 9 S 18.5843 mit weiteren Nachweisen). Maßgeblicher Zeitpunkt ist bei der erneuten Zwangsgeldandrohung dabei jeweils der Zeitpunkt des Bescheiderlasses (BayVGH B. vom 2.12.2019-M 9 S 18.5843 mit weiteren Nachweisen). Bei Erlass der Zwangsgeldandrohungen vom 29. Januar 2019 ebenso wie vom 15. März 2019 durfte die Beklagte weiterhin davon ausgehen, dass die Wohnung … entweder im Rahmen des Nutzungskonzepts weiterhin zu Zwecken der Fremdenbeherbergung genutzt werden soll oder aber ein ebenfalls zweckentfremdungsrechtlich unzulässiger Leerstand vorliegt mit der Folge, dass die jeweils vorhergehenden Zwangsgeldandrohungen erfolglos waren. Substantiierte Darlegungen des Klägers oder seines Bevollmächtigten zu Beendigung der Zweckentfremdung erfolgten nicht und waren auch nicht aus anderen Gründen offensichtlich. Die Vermietung am 01. Mai 2019 an Herrn T. erfolgte erst nach Erlass der Zwangsgeldandrohung und ist schon deshalb für die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohungen unbeachtlich. Die bloße Behauptung, die Wohnung werde renoviert, genügt bereits nicht der Darlegungslast für einen berechtigten Leerstand. Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass es Sache des Klägers ist, die entsprechenden Umstände darzulegen und seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nachzukommen. Ermessensfehler bei der Androhung des Zwangsgelds sind nicht ersichtlich oder vorgetragen. Die Höhe des Zwangsgelds orientiert sich am wirtschaftlichem Interesse, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG und ist angemessen.
3. Die Leistungsklage hat aus den unter 1) und 2) genannten Gründen keinen Erfolg. Da die Zwangsgelder nach Eintritt der Fälligkeit am 09. Mai 2019 beigetrieben wurden liegen die Voraussetzungen für eine Rückzahlung nicht vor. Unerheblich ist, dass Herr T. bereits seit dem 01. Mai 2019 einen Mietvertrag hatte, da erst durch Ortseinsicht am 26. Juni 2019 sein Name bekannt wurde, er erst seit dem 30. Mai 2019 dort gemeldet war und der Beklagten erst am 19. Juli 2019 durch die Klägerseite der Mietvertrag vorgelegt wurde. Es entspricht der Verwaltungspraxis und ist mit Blick auf Art. 37 Abs. 4 S.1 VwZVG rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei Erfüllung der zweckentfremdungsrechtlichen Verpflichtung nach Fälligkeit ab Kenntnis auf die weitere Beitreibung verzichtet, bereits vorher fällig gestellte und beigetriebene Zwangsgelder jedoch nicht zurückzahlt.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.


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