Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zweckentfremdung von Wohnraum, Nutzungskonzept Kurzzeitvermietung durch gewerblichen Zwischenmieter, Projektbezogene Wohnnutzung/Arbeiterunterkunft

Aktenzeichen  M 9 K 19.4581

Datum:
12.3.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19817
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZwEWG Art.1 Satz 2 Nr. 1, Art. 3 Abs. 2
ZeS § 13, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr.1, Nr. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die erhobene Anfechtungsklage ist mit Blick auf Ziffer 1 und 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 6. August 2019 nach wie vor zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an der Klagebefugnis bzw. am Rechtsschutzbedürfnis. Zwar haben die Beteiligten schriftsätzlich sowie in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2021 vorgetragen, dass das streitgegenständliche Objekt in der P.straße seit spätesten Oktober/November 2020 dauerhaft vermietet ist (s.o.), ein dem Zweckentfremdungsrecht widersprechender Tatbestand mithin unstreitig nicht mehr vorliegt. Dieser Umstand berührt die Zulässigkeit der vorliegenden Klage mit Blick auf Ziffer 1 und 3 des Bescheids jedoch schon deshalb nicht, weil die Grundverfügung in Ziffer 1 des Bescheides vom 6. August 2019 nach wie vor die Grundlage für die ebenfalls im Verfahren M 9 K 20.4338 beklagte Vollstreckungsmaßnahme – Fälligstellung des Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 Euro – darstellt und die Beklagte auf die Beitreibung des Zwangsgeldes wegen Verstoßes gegen die in Ziffer 1 festgesetzte Unterlassungspflicht in Höhe von 5.000 Euro nicht verzichtet hat. Die in Ziffer 3 verfügte Zwangsgeldandrohung stellt für sich genommen den Rechtsgrund für das Behaltendürfen des beizutreibenden Zwangsgeldes dar (M 9 K 20.4338), weshalb auch insofern die Zulässigkeit der Klage unberührt bleibt.
2. Soweit sich die Anfechtungsklage gegen Ziffer 2 des Bescheids vom 6. August 2019 richtet, ist diese weiterhin zulässig. Zwar haben die Beteiligten sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2021 übereinstimmend erklärt, dass das streitgegenständliche Objekt spätestens seit Oktober/November 2020 langfristig an eine anerkannte Asylbewerberfamilie mit Aufenthaltserlaubnis vermietet wurde (Bl. 246b ff. BA). Die streitgegenständliche Wiederzuführungsanordnung hat sich gleichwohl nicht erledigt, da der Kläger zum einen als Zwischenmieter nach wie vor die Zugriffsmöglichkeit auf die Wohneinheit hat (vgl. dazu und zum sog. Wirksamkeitsverlust auf andere Weise, Art. 43 Abs. 2 Var. 5 BayVwVfG – VG München, U.v. 18.10.2017 – M 9 K 16.5977 – juris; U.v. 28.8.2019- M 9 K 18.5489 – juris; U v. 15.2.2017 – M 9 K 16.4641 – juris) und damit grundsätzlich weiterhin die rechtliche Möglichkeit besteht, das bisher praktizierte Nutzungskonzept zu verwirklichen. Eine Kündigung des Vertrages zwischen dem Kläger und dem Vermieter bzw. Eigentümer des Objekts wurde nicht vorgetragen. Zum anderen ist die Kammer aufgrund der Ausführungen des Klägers sowie seines Bevollmächtigten in den eingereichten Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2021 zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger auch zukünftig nicht beabsichtigt, das in Streit stehende Nutzungskonzept gänzlich aufzugeben. Die Klägerseite hat mehrfach vorgetragen soweit wie rechtlich möglich an dem Geschäftsmodell festhalten zu wollen.
3. Soweit sich die Anfechtungsklage weiterhin gegen Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides richtet, ist die Klage bereits unzulässig. Die Beklagte hat ausweislich der schriftsätzlichen Ausführungen sowie der Einlassung in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass etwaige Zwangsgelder mit Blick auf die in Ziffer 2 festgesetzte Pflicht nicht beigetrieben werden. Das Rechtsschutzbedürfnis gegen diese Zwangsgeldandrohung ist mithin entfallen. Eine Umstellung der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage in einer Fortsetzungsfeststellungsklage ist weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung erfolgt.
4. Unabhängig davon ist die Klage auch unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 3 Abs. 2 ZwEWG i.V.m. § 13 Abs. 1 und 2 ZeS.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 6. August 2019 Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO.
Ergänzend ist Folgendes anzuführen:
4.1 Das Vorliegen eines zweckentfremdungsrechtlichen Tatbestandes, hier in Gestalt der Fremdenbeherbergung/Kurzzeitvermietung, ist gegeben. Dies ergibt sich aus den umfangsreichen Ermittlungen der Beklagten. Insbesondere die Ortsermittlungen, die bereits über 3 Jahre anhaltende, weitgehend aktenkundige „Vermietungshistorie“ des streitgegenständlichen Objekts, die Zwischenmieterstellung des Klägers, sein durch Internetrecherchen, die vorlegten Mietverträge sowie die tatsächlichen Umstände gelebtes und umgesetztes Geschäfts- und Nutzungskonzept bestätigen eindeutig, dass die streitgegenständliche Wohneinheit hauptsächlich zu Kurzzeitvermietungen bzw. zweckgebundenen Vermietungen genutzt wurde und wird. Vorliegend war zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses durch die Vermietungspraxis des Klägers der zweckentfremdungsrechtliche Tatbestand der gewerblichen Fremdenbeherbergung i.S.d. Art. 1 Satz 2 Nr. 1 ZwEWG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 3 ZeS erfüllt.
Fremdenbeherbergung im Sinne des Zweckentfremdungsrechts bezeichnet die Überlassung von Wohnraum an Personen, die am Beherbergungsort nur vorübergehend unterkommen und die ihre (eigentliche) Wohnung typischerweise an einem anderen Ort haben (BayVGH, Beschluss vom 7.12.2015 – 12 ZB 15.2287 -, juris). Für einen derartigen Aufenthalt ist ein lediglich beherbergungsartiges Unterkommen ohne Verlegung des Lebensmittelpunktes prägend. Es fehlt an einer „auf Dauer“ angelegten Häuslichkeit im Sinne einer „Heimstatt im Alltag“ (BayVGH, Beschluss vom 7.12.2015, a.a.O., m.w.N.). Der Aufenthalt zeichnet sich vielmehr durch ein übergangsweises, nicht alltägliches Wohnen bzw. ein provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen aus (BayVGH, Beschluss vom 26.11.2015 – 12 CS 15.2269 -, juris). Letzteres ist regelmäßig der Fall, wenn ein Objekt für die Dauer eines vorübergehenden Zwecks zum Aufenthalt zur Verfügung gestellt wird. Wenn wie vorliegend ein Objekt mit den zur Verfügung stehenden Zimmern (hier 5 bis 6) sowie der zur Verfügung stehenden Ausstattung mit Möbeln, Küche etc. dafür geeignet ist, dass die Benutzer in den jeweiligen Räumen ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können, kommt es maßgeblich auf das jeweils zu Grunde liegende Nutzungskonzept des Vermieters sowie sein konkretes Geschäftsmodell im Einzelfall an (VG München, B.v. 12.2.2020 – M 9 K 19.1799 – juris, Rn. 23); eine bestimmte Mindest- oder Höchstaufenthaltsdauer der jeweiligen Bewohner kann insoweit nicht festgelegt werden (BayVGH, B. v. 5. 5. 2021 – 12 CS 21.564 -, Rn. 4, juris m.w.N.). Die Länge des Aufenthalts kann dafür lediglich als Indiz berücksichtigt werden (OVG Berlin Brandenburg, B.v. 26.4.2019 – OVG 5 S 24.18 – juris, Rn.12), macht aber nicht den Nachweis entbehrlich, dass bereits das Nutzungskonzept erkennbar und nachprüfbar auf eine dauerhafte Verlegung des Lebensmittelpunktes ausgelegt sein und diese auch sicherstellen muss. Insbesondere muss auch sichergestellt sein, dass der Wohnraum nicht nur der Überwindung einer vorübergehenden Mangelsituation dient oder nur im Zusammenhang mit einen Aufenthaltszweck steht, der nicht typischerweise mit einer Verlegung des Lebensmittelpunktes einhergeht.
Gemessen an diesen Grundsätzen war das Nutzungskonzept des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses vorliegend darauf ausgerichtet, seinen (Unter-) Mietern eine flexible, vorübergehende, möblierte Unterkunft zu bieten. Das durch den Kläger angebotene und gelebte Nutzungskonzept ist nach Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung der vorgelegten Akten, Internetrecherchen und Mietverträge nicht von vornherein zwingend auf eine längere Aufenthaltsdauer ausgelegt und stellt diese auch nicht in ausreichendem Umfang sicher.
Vorliegend weist schon der im Zusammenhang mit dem Bescheiderlass vorgelegte Mietvertrag des Klägers mit den aus Großbritannien stammenden Personen bzw. deren Vorgesetzten eine Mietzeit von lediglich 7 bzw. 8 Monaten aus, was schon per se eine vorübergehende Nutzung nahelegt. Der Umstand, dass der Kläger sowie sein Bevollmächtigter schriftsätzlich sowie in der mündlichen Verhandlung wiederholt darauf hingewiesen haben, dass die Personen von Anfang an 1 bis 1,5 Jahre hätten bleiben wollen, was diese auch vor Gericht bezeugen könnten, steht schon in offenem Widerspruch zu der schriftlich fixierten Mietvertragsdauer und der schriftlichen Aussage der Bewohner, dass sie den Mietvertrag für 9 Monate geschlossen hätten mit der Option auf Verlängerung (Bl. 91 BA). Den Widerspruch, warum in dem vorgelegten Mietvertrag eine Mietdauer von 7 bzw. 8 Monaten fixiert wurde, wenn ein Aufenthalt der Bewohner von 1,5 Jahren von vornherein beabsichtigt war, konnten weder der Kläger noch sein Bevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung mit nachvollziehbaren Erklärungen auflösen. In offenem Widerspruch steht auch, weshalb der Mietvertragsbeginn auf den 2. April 2019 datiert und bei einer Ortermittlung der Beklagten am 4. April 2019 weder die Namen der britischen Bewohner angebracht waren noch das Haus im Übrigen einen bewohnten Eindruck machte. Vielmehr konnte festgestellt werden, dass die letzten Bewohner vermutlich vor kurzer Zeit das Haus verlassen hatten, da verschiedene Müllberge im Anwesen standen (Bl. 21 BA). Ungeachtet dessen zeichnet die gesamte Objekthistorie ein Bild von tatsächlich erfolgten Kurzzeitvermietungen und dies unabhängig von den verschriftlichten Vertragsinhalten. Das streitgegenständliche Objekt wurde ausweislich der vorgelegten Akten auf unterschiedlichen Platformen (Immobilienscout, Wunderflats etc.) u.a. unter der Rubrik „Wohnen auf Zeit“ angeboten. Der Kläger betreibt eine Relocation Firma, deren Geschäftsmodell es ist, Objekte in guter, attraktiver Lage möbliert und, soweit gewünscht, mit Teilserviceleitungen zu flexiblen Konditionen und flexibler Mietvertragslaufzeit zur Verfügung zu stellen. Dass insofern stets auf der Internetseite des Klägers auf eine Mindestmietzeit von 6 Monaten hingewiesen wird, führt zu keinem anderen Ergebnis. Schon die Mietverträge spiegeln das Nutzungskonzept des Klägers, als gewerblicher Zwischenvermieter eine flexible Unterkunft angepasst an vorübergehende Bedarfe zur Verfügung zu stellen, eindeutig wieder. Auch die im Internet abrufbaren Referenzen und Angebotsdetails etwa auf der Internetseite des Klägers bestätigen das Konzept. Dass das Geschäftsmodell des Klägers darauf basiert, als Zwischenmieter flexibel Wohnraum zur Verfügung stellen können, angepasst an vorübergehend entstehende Bedürfnisse, nicht aber – zumindest nicht ausschließlich bzw. nicht für eine Mehrzahl der Personen – eine Wohnung als Grundlage für eine „auf Dauer“ angelegte Häuslichkeit zur Verfügung zu stellen, wird zudem durch die in dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Mietvertrag vereinbarte Pauschalmonatsmiete in Höhe von 3487,07 Euro bzw. Gesamtmiete in Höhe von 27.687,34 Euro für ca. 130 qm Wohnfläche (für einen Zeitraum von 2. April 2019 bis 29. November 2019), in welcher Nebenleistungen wie Internetzugang/WiFi enthalten sind, gestützt. Eine Kalt- und Warmmiete wurde nicht vereinbart, was ebenfalls auf einen häufigen und spontanen Mieterwechsel hindeutet (Bl. 53 BA) (vgl. in diesem Zusammenhang auch VG Berlin, U.v. 4.3.2020 – 6 K 420.19 – juris, Rn. 50 ff.). Dass eine Monatsmiete von 3487, 07 Euro für 130 qm im Übrigen die üblichen Beträge für Mietwohnraum in diesem Zusammenhang übersteigt ergibt sich bereits ohne konkrete Mietspiegelerhebung aus dem seitens des Klägers später vorgelegten Wohnraummietvertrag mit einer anerkannten Asylbewerberfamilie, in welchem für die gleiche Wohnfläche (ca. 130 qm) eine Kaltmiete in Höhe von 1700 Euro, plus Heizkosten 270 Euro und Betriebskosten 70 Euro ausgewiesen sind (Bl. 246b BA). Ein Pauschalpreis für eine Endreinigung in Höhe von 150 Euro (vgl. Bl. 53 b BA) findet sich in dem später abgeschlossenen Wohnraummietvertrag ebenfalls nicht mehr. Auch der Umstand, dass der dem Grundbescheid zugrundeliegende Mietvertrag nicht mit den britischen Bewohnern selbst, sondern deren Vorgesetzten abgeschlossen wurde spricht für das Geschäftsmodell des Klägers, kurzfristige Wechsel zu ermöglichen. Das Nutzungskonzept des Klägers stellt eine längere Aufenthaltsdauer in keiner Weise sicher. Insbesondere wenn entscheidende Parameter wie hier die zeitliche Befristung des Vertrages von Anfang an (2. April 2019 bis 29. November 2019), die Anmietung des Objekts durch den Vorgesetzten der Bewohner – der ausweislich der angebrachten Klingelschilder offenbar selbst nicht in dem Objekt wohnte (Bl. 67, 67a BA) – sowie eine vereinbarte Gesamtmiete für 8 Monate eine Kurzzeitanmietung bzw. Anmietung zu einem vorübergehenden Zweck nahelegen bzw. wahrscheinlich erscheinen lassen, reichen Hinweise durch den Vermieter im Mietvertrag auf das Zweckentfremdungsrecht sowie eine erforderliche längere Aufenthaltsdauer allein nicht aus, um den insofern erforderlichen Sicherstellungspflichten nachzukommen. Die Anmietung durch den Vorgesetzten allein und nicht durch die einzelnen Bewohner ist überdies Anzeichen genug, dass die Nutzung des Objekts darauf angelegt ist bzw. es nahe liegt, auf kurzfristigen Unterbringungs- und Wechselbedarf ggf. projektbedingt reagieren zu können. Selbst wenn der Vorgesetzte der Bewohner ebenfalls in dem Objekt mitgewohnt hat, was ausweislich des Vortrags des Bevollmächtigten in den Schriftsätzen unklar bleibt, so legt auch eine Nutzung des Objekts der Bewohner projektbezogen gemeinsam mit dem Vorgesetzten nahe, dass lediglich eine vorübergehende Nutzung, nicht auf Dauer und nicht im Sinne einer „Heimstatt im Alltag“ angestrebt ist. Bereits diese Umstände lösen eine gesteigerte Sicherstellungsverpflichtung des Vermieters mit Blick auf „ein Dauerwohnen“ aus, welcher der Kläger nicht nachgekommen ist. Auch eine im Vertrag verwendete unklare Terminologie „Mieter“, „Wohnraumnutzer“ und eine in der Regel nicht gestattete Überlassung des Objekts an Dritte (§ 7 des maßgeblichen Mietvertrages vom 1 bzw. 2. April 2019 – Bl. 96 af der BA) genügen dem Sicherstellungserfordernis nicht. Denn die im Übrigen bestehenden (Vertrags-)modalitäten (Mietdauer, Anmietung durch den Vorgesetzten und tatsächliche und wissentliche Nutzung durch mehr als nur eine Person) sind bereits dem äußeren Anschein nach darauf angelegt, den jeweiligen Arbeitgebern oder Vorgesetzten einen flexiblen und schnellen Wechsel der erforderlichen Arbeitskräfte zu ermöglichen bzw. die Nutzung des Objekts flexibel zu gestalten. Eine „Heimstatt im Alltag“ für die konkreten Bewohner ist dabei nicht primäres Ziel. Prägend für den jeweiligen Aufenthalt sind zeitgebundene Zwecke (projektbezogene Unterbringung von Mitarbeitern). Die Überlassung von Wohnraum zur Deckung eines Sonderbedarfs befriedigt jedoch keinen allgemeinen Wohnbedarf (VG Berlin, U.v. 4.3.2020 – 6 K 420.19 – juris, Rn. 52 ff.). Dass sich in Einzelfällen eine längere Aufenthaltsdauer beispielsweise in Abhängigkeit vom jeweiligen Projektfortschritt ergibt, kann in diesen Zusammenhang in Anlehnung an die obergerichtliche Rechtsprechung in den sog. Medizintourismusfällen nicht ausreichend sein, um eine Zweckentfremdung zu verneinen (vgl. in diesem Zusammenhang BayVGH, B.v. 7.12.2015 – 12 ZB 15.2287 – juris). Denn die von Sinn und Zweck des Zweckentfremdungsrechts erfasste Gefahr, dass dem allgemeinen Wohnungsmarkt Wohnraum verloren geht, der ansonsten zum „Dauerwohnen“ zur Verfügung stünde, wird durch das in der oben beschriebenen Weise gelebte und verwirklichte Nutzungskonzept eines gewerblichen Zwischenvermieters, welcher eine bestimmte Wohneinheit mit diesem „bindet“, realisiert. Eben dieses soll und muss durch eine entsprechende Anordnung basierend auf dem ZwEWG bzw. der Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München unterbunden werden können, um die Balance des Wohnungsmarktes mit Blick auf das „Dauerwohnen“ erhalten zu können.
4.2 Gegen die Auswahl des Klägers als Handlungsstörer gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG bestehen mit Blick auf seine Eigenschaft als gewerblicher Zwischenmieter bzw. -vermieter in der o.g. Art und Weise sowie unter Berücksichtigung des verwirklichten Nutzungskonzepts keine rechtlichen Bedenken.
4.3. Die Zweckentfremdung ist auch nicht nachträglich genehmigungsfähig, § 13 Abs. 2 ZeS. Vorrangige öffentliche oder private Interessen, die das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraumes überwiegen sind weder vorgetragen noch ersichtlich, §§ 5 Abs. 2, 6 ZeS, Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwEWG.
5. Schließlich begegnet auch die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides mit der darin enthaltenen Frist sowie die Höhe des Zwangsgeldes keinen rechtlichen Bedenken. Die im Bescheid gesetzte Erfüllungsfrist zur Nutzungsaufgabe ist zwar kurz, jedoch angesichts dessen, dass die Nutzungsuntersagung eine Unterlassungspflicht (Aufgabe des Nutzungskonzepts) darstellt, zumutbar, Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass der Kläger ausweislich der Akten den damaligen Bewohnern unmittelbar nach Bescheiderlass nach Aussage der Bewohner gekündigt hat und diese tatsächlich auch innerhalb der gesetzten Frist ausweislich des Vortrags des Klägerbevollmächtigten (Schriftsatz vom 27.9.2019) ausgezogen sind. Unabhängig davon hätte die gesetzte Frist auch jederzeit verlängert werden können, Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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