Patent- und Markenrecht

26 W (pat) 573/20

Aktenzeichen  26 W (pat) 573/20

Datum:
21.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:210621B26Wpat573.20.0
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2020 002 220.7
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. Juni 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Dr. von Hartz und der Richterin kraft Auftrags Dr. Rupp-Swienty
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Das Wortzeichen
2
BLUMENMEER
3
ist am 4. Februar 2020 unter der Nummer 30 2020 002 220.7 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Waren der
4
Klasse 3: Waschmittel; Wäscheeinweichmittel; Wäscheweichspülmittel; Waschmittelflüssigkeiten; Waschmittel enthaltende Waschkugeln; flüssige Waschmittel; duftende Wäschesprays; Weichspüler für Wäsche; Bleichmittel für Wäsche; Waschzusätze zur Wasserenthärtung; Duftstoffe für die Wäsche; Putzmittel; Reinigungsmittel; Geschirrspülmittel; Spülmaschinenreiniger; Fleckenentfernungsmittel; Pflegemittel für die Wäsche; Textilpflegemittel; Allzweckreiniger; Glasreiniger; WC-Reiniger; Badreiniger.
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Mit Beschluss vom 10. Juni 2020 hat die Markenstelle für Klasse 3 des DPMA durch eine Tarifbeschäftigte die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das sprachüblich gebildete Anmeldezeichen werde nur als werbliche Anpreisung ohne betriebskennzeichnenden Charakter aufgefasst. Mit dem Begriff „Meer“ als eine „sich weithin ausdehnende, das Festland umgebende Wassermasse, die einen großen Teil der Erdoberfläche bedeckt“ werde in gehobener Sprache „eine sehr große Anzahl, Menge von etwas; Fülle“ beschrieben, wie z. B. in den Wörtern „Fahnenmeer, Häusermeer, Lichtermeer, Sandmeer, Trümmermeer“. Darauf, dass die angemeldete Bezeichnung lexikalisch nicht nachweisbar sei, komme es nicht an, weil der Verkehr daran gewöhnt sei, waren- und dienstleistungsbezogene Angaben werbemäßig, in komprimierter Form und auch mit Hilfe mehr oder weniger einprägsam neuer Begriffe vermittelt zu bekommen. Sie reihe sich in die oben genannten Wortkombinationen nahtlos ein, so dass der Verkehr sie im Sinne einer großen Menge bzw. Fülle an Blumen oder eines Meers von Blumen verstehe. Die beanspruchten Waren, zu deren Herstellung üblicherweise Duftstoffe verwendet bzw. beigemischt werden würden, würden häufig mit dem Hinweis auf die Inhaltsstoffe, insbesondere das verwendete Aroma, auf die Duftrichtung, z. B. Rose, und in Bezug auf die Natur, z. B. Frühlingsgarten, Blumenwiese oder auch Blumenmeer, beworben, wie eine Internetrecherche gezeigt habe. Die angesprochenen breiten Verkehrskreise werteten das Anmeldezeichen daher lediglich als beschreibenden Hinweis auf die Beschaffenheit der so gekennzeichneten Waren, nämlich auf die darin enthaltenen Aromastoffe, die an ein Blumenmeer erinnerten. Eine gewisse sprachliche Unschärfe führe zu keiner anderen Beurteilung, weil sich die Werbung häufig neuer plakativer Wortzusammensetzungen bediene.
6
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, der Verkehr könne dem Anmeldezeichen mangels lexikalischer Nachweisbarkeit keinen fest definierten Sinngehalt entnehmen, weil Blumen nicht im Meer wüchsen und es keine vorstellbare Mischung von Blumen- mit Meeresduft gebe. Der Durchschnittsverbraucher werde das Anmeldezeichen daher als Fantasiebegriff auffassen. Die beanspruchten Waren enthielten weder ein „Meer“ im Sinne einer Wassermasse, noch würden sie in Mengen angeboten, die mit einem „Meer“ gleichzusetzen seien. Mit dem Sinngehalt einer Fülle von Blumen werde beim Verkehr lediglich eine positive Assoziation zu einer sehr großen Blumenwiese hergestellt, ohne dass klar sei, um welche Blumen es sich dabei handele und ob diese einen wohlriechenden Duft oder einen unangenehmen Geruch verbreiteten. Denn das Wort „Blume“ bezeichne keine bestimmte Duftrichtung. Allein die Tatsache, dass bei der Herstellung von Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln auch blumige Duftstoffe verwendet würden, reiche nicht aus, um einen wie auch immer gearteten beschreibenden Zusammenhang zu den angemeldeten Produkten zu konstruieren. Die Beispiele der Markenstelle zeigten eine ähnliche Benutzung nur als Duftnotenbezeichnung unterhalb der jeweiligen Kernmarken. Die Prüfung sei daher nicht unter Berücksichtigung sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsformen vorgenommen worden. Zudem seien die Wortmarken „Duftblumen“ (399 019 154), „FRUEHLINGSERWACHEN“ (IR 878247), „WILD ROSE“ (UM 009 552 464), „FRÜHLINGSBLÜTE“ (399 77 281) und „Bergfrühling“ (2008234) ebenfalls für Waren der Klasse 3 eingetragen worden.
7
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
8
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des DPMA vom 10. Juni 2020 aufzuheben.
9
Mit gerichtlichem Schreiben vom 10. März 2021 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 11, Bl. 18 – 42 GA) darauf hingewiesen worden, dass das Anmeldezeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.
10
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
11
Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
12
1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „BLUMENMEER“ steht in Bezug auf die beanspruchten Waren das absolute Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
13
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
14
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24– Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
15
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – #darferdas? I; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32– DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16– DüsseldorfCongress).
16
b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das Wortzeichen „BLUMENMEER“ nicht, weil es von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 4. Februar 2020, nur als eine werblich anpreisende Sachaussage über die Beschaffenheit und Wirkung der beanspruchten Waren und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen worden ist.
17
aa) Von den vorgenannten Produkten der Klasse 3 werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Fachhandel für Wasch-, Putz-, Reinigungs- und Wäschepflegemittel angesprochen.
18
bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Wörtern „BLUMEN“ und „MEER“ zusammen.
19
aaa) Das Substantiv „Blumen“ ist der Plural des Begriffs „Blume“ mit den Bedeutungen „Pflanze, die größere, ins Auge fallende Blüten hervorbringt; einzelne Blüte einer Blume mit Stiel; umgangssprachliche Kurzform für Blumenstock; (von Wein) Bukett, Duft; Schaum auf dem gefüllten Bierglas; Schwanz des Hasen in der Jägersprache“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Blume).
20
bbb) Das Nomen „Meer“ bezeichnet eine „sich weithin ausdehnende, das Festland umgebende Wassermasse, die einen großen Teil der Erdoberfläche bedeckt“, also die See, den Ozean oder in gehobener Sprache eine „sehr große Anzahl, Menge von etwas; Fülle“ wie z. B. ein Meer blühender Rosen oder ein Meer von Blumen (https://www.duden.de/rechtschreibung/Meer).
21
cc) Auch die Wortkombination „Blumenmeer“ mit der Bedeutung „große Menge, Fläche blühender Blumen“ ist entgegen der Auffassung der Anmelderin lexikalisch nachweisbar (https://www.duden.de/rechtschreibung/Blumenmeer; Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis) und in der Alltagssprache gebräuchlich. Sie wird z. B. verwendet in den Sätzen „sein Grab/sein Garten war ein Blumenmeer“, „die Stufen vor dem Ehrenmal verwandelten sich in ein Blumenmeer“ oder in dem Ausdruck „das ganze üppige Tal: ein Blumenmeer“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Blumenmeer; Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis).
22
aaa) Viele Blumen sondern aromatische Düfte ab, um Insekten anzulocken, weil sie unbeweglich und bei der Fortpflanzung darauf angewiesen sind, von ihnen bestäubt zu werden. Diese Düfte lösen auch beim Menschen über die Riechschleimhaut in der Nase Impulse aus, die über Nervenbahnen direkt in die Bereiche des Gehirns transportiert werden, die unsere Emotionen verarbeiten. Blumendüfte, die Wohlgeruch verbreiten, lösen schnell positive Emotionen beim Menschen aus, z. B. können sie entspannend wirken. Viele Blüten werden daher zur Herstellung von Duftölen verwendet, wie beispielsweise Lavendelöl und Rosenöl (https://www.buhk-blumen.de/wie-das-duftet-welche-wirkung-haben-blumenduefte/; https// de.wikipedia.org/wiki/Blüte). Blumendüfte werden der Duftfamilie „floral“ zugeordnet (Seifen & Düfte, 2000, S. 109, 111, Anlage 6 zum gerichtlichen Hinweis).
23
bbb) Seit den 1950er Jahren werden Duftstoffe in Waschmitteln verwendet, um den typischen und häufig unangenehmen Geruch der Waschlauge zu unterdrücken und der Wäsche und dem Waschmittel einen angenehmen Duft zu verleihen (Wagner, Waschmittel, 5. Aufl., S. 143, Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis; Stache/ Großmann, Waschmittel, 2. Aufl., S. 74, Anlage 3 zum gerichtlichen Hinweis). Diese Duftstoffe können natürlichen Ursprungs sein, also z. B. aus Pflanzenteilen gewonnen werden, oder auch industriell künstlich hergestellt werden. Sie sind nicht nur in Waschmitteln, sondern auch in Reinigungsmitteln enthalten (Bundesumweltamt, Duftstoffe, 12. Mai 2016, Anlage 4 zum gerichtlichen Hinweis). Letztere werden mit einem angenehmen Duft von Zitrone, Orange, aber auch mit exotischen Düften wie Mango oder Granatapfel versetzt (www.ruja.de, Parfum und Duftstoffe in Reinigungsmitteln, 28. Januar 2019, Anlage 5 zum gerichtlichen Hinweis; vgl. auch BPatG 24 W (pat) 503/11 – PARFÜMPERLEN; 24 W (pat) 333/03 – KokoVanille; 24 W (pat) 140/05 – Zitrus-Zauber). Reinigungsmittel für einen hygienisch sauberen Raum und ein angenehmer Raumduft tragen entscheidend zum Wohlbefinden bei (Anlage 7 zum gerichtlichen Hinweis).
24
ccc) Sowohl die Internetrecherche der Markenstelle als auch diejenige des Senats haben gezeigt, dass in der Werbung häufig in schlagwortartiger, beschreibender und emotional ansprechender Weise auf den natürlichen und/oder floralen Duft von Wasch- und Reinigungsmitteln hingewiesen wird:
25
– „Ecover: Weichspüler „Auf der Blumenwiese“ … Herrlich frischer Duft auf Pflanzenbasis … Dieser Öko-Weichspüler … bringt eine natürlich frische Brise in Ihren Kleider- und Wäscheschrank … mit bezauberndem Wiesenduft auf pflanzlicher Basis, …“;
26
– „Lenor Weichspüler Frühlingsgarten“;
27
– „Sofin Fresh & Care BLUMENMEER Weichspüler“ und
28
– „Vernel Weichspüler Wild-Rose“
29
(Anlagen zum Beanstandungsbescheid des DPMA vom 4. März 2020).
30
– „Sofin Full of Freshness – Summer Flower“ (Anlage 8 zum gerichtlichen Hinweis);
31
– „Ajax Reiniger Spring Flower“;
32
– „Ajax Allesreiniger „Rote Blumen“;
33
– „Ajax Hibiskusblüten Allzweckreiniger“;
34
– „Ajax Frühlingsblumen“;
35
– „Coral Dufterlebnis Weichspüler Kirschblüte und Pfirsich für frische Wäsche“
36
(Anlage 11 zum gerichtlichen Hinweis).
37
Gerade auf dem Sektor der Wasch-, Putz-, und Reinigungsmittel ist für den Verkehr ein angenehmer Duft, der an typische Gerüche der Natur erinnert, sehr wichtig (vgl. BPatG 24 W (pat) 108/04 – MEERESFRISCHE).
38
c) Daher hat das Anmeldezeichen den angesprochenen Verkehrskreisen zum Anmeldezeitpunkt, dem 4. Februar 2020, nur den werblich anpreisenden, schlagwortartigen Sachhinweis vermittelt, dass die beanspruchten Waren der Klasse 3 nach einer Fülle von Pflanzen mit größeren, ins Auge fallende Blüten, also nach einem Blumenmeer duften.
39
aa) Bei den angemeldeten Wasch-, Putz-, Reinigungs- und Wäschepflegemitteln
40
„Waschmittel; Wäscheeinweichmittel; Wäscheweichspülmittel; Waschmittelflüssigkeiten; Waschmittel enthaltende Waschkugeln; flüssige Waschmittel; duftende Wäschesprays; Weichspüler für Wäsche; Bleichmittel für Wäsche; Waschzusätze zur Wasserenthärtung; Putzmittel; Reinigungsmittel; Geschirrspülmittel; Spülmaschinenreiniger; Fleckenentfernungsmittel; Pflegemittel für die Wäsche; Textilpflegemittel; Allzweckreiniger; Glasreiniger; WC-Reiniger; Badreiniger“
41
weist die angemeldete Bezeichnung „BLUMENMEER“ darauf hin, dass diese selbst mit dem Duftstoff einer großen Menge an Blumen versetzt sind bzw. die „Waschkugeln“ ein entsprechend aromatisiertes Waschmittel enthalten, so dass entweder das florale Aroma einer bestimmten Blumenart ganz besonders stark wirkt oder dieses sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Blumensorten zusammensetzt.
42
bb) Die in Rede stehenden „Duftstoffe für die Wäsche“ werden durch das Anmeldezeichen unmittelbar beschrieben, weil es deren Duftnote angibt.
43
d) Soweit dem Anmeldezeichen nicht entnommen werden kann, um welche Blumenart in großer Menge oder um welche unterschiedlichen Blumensorten es sich handelt, vermag dieser Umstand keine Schutzfähigkeit zu begründen, Die Annahme einer beschreibenden Bedeutung eines Begriffs setzt nämlich nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich damit eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auch auszugehen sein, wenn das Zeichenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren beschreibt (BGH GRUR 2017, 520 Rdnr. 32 – MICRO COTTON; GRUR 2014, 872 Rdnr. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569, Rdnr. 18 – HOT; GRUR 2013, 522, Rdnr. 13– Deutschlands schönste Seiten). Der allein durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand der angesprochenen Verkehrskreise reicht für die Bejahung einer Unterscheidungskraft nicht aus (BGH a. a. O., Rdnr. 24 – HOT; GRUR a. a. O. Rdnr. 28 – Gute Laune Drops).
44
e) Da das Anmeldezeichen sprachüblich aus zwei Substantiven zu einem einheitlichen Wort zusammengesetzt ist, fehlt es an Besonderheiten in syntaktischer oder semantischer Hinsicht, die die gewählte Kombination als ungewöhnlich erscheinen lassen und eine Unterscheidungskraft begründen könnten (EuGH a. a. O. Rdnr. 98 – 100 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rdnr. 39 – 41 – BIOMILD; BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 13 – My World). Die angemeldete Kombination beschränkt sich lediglich auf die bloße Summenwirkung beschreibender Bestandteile. Von einer unüblichen, fantasievollen Wortverbindung, die erst nach analysierender Betrachtungsweise als beschreibende Angabe verstanden wird, kann daher entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht ausgegangen werden.
45
f) Auch die durchgehende Großschreibung des angemeldeten Wortzeichens „BLUMENMEER“ kann ihm keine Schutzfähigkeit verleihen, weil der Verkehr an die willkürliche und nicht den grammatikalischen Regeln folgende Groß- und Kleinschreibung von Wörtern in der Werbung gewöhnt ist (BGH GRUR 2008 710 Rdnr. 20 – VISAGE; BPatG 30 W (pat) 56/12 – IRLAB; 26 W (pat) 528/17 – EASYQUICK).
46
2. Die Schutzunfähigkeit des Anmeldezeichens besteht unabhängig vom Anbringungsort.
47
a) Bei der Prüfung, ob das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Warensektor abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2019, 1194 Rdnr. 24 und 33 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH GRUR 2020, 411 Rdnr. 13 – #darferdas? II; GRUR 2018, 932 Rdnr. 18 – #darferdas? I, m. w. N.;). Hierzu rechnen die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet, und insbesondere die Stelle, an der sie angebracht werden. Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Ware angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft oder als bloß beschreibendes oder dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren (vgl. BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – #darferdas? I, m. w. N.). Dabei muss die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der angemeldeten Marke, geprüft werden (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 33 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – #darferdas? II). Sind in der maßgeblichen Branche mehrere Verwendungsarten praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen Verwendungsarten berücksichtigt werden, um zu klären, ob der Durchschnittsverbraucher der erfassten Waren oder Dienstleistungen das Zeichen als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrnehmen kann (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 25 – AS/DPMA [#darferdas?; BGH a. a. O. – #darferdas? II]).
48
b) Auch unter Berücksichtigung sämtlicher praktisch bedeutsamer und daher wahrscheinlicher Verwendungsarten bei den beanspruchten Wasch-, Putz-, Reinigungs- und Wäschepflegemitteln wird das Anmeldezeichen von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen wegen seines produktbeschreibenden Charakters nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel aufgefasst.
49
3. Schließlich führen auch die von der Anmelderin genannten Voreintragungen nicht zu einer anderen Einschätzung. Wegen der Einzelheiten wird auf den ausführlichen gerichtlichen Hinweis vom 10. März 2021 Bezug genommen.
50
4. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Ab. 2 Nr. 2 MarkenG für die in Rede stehenden Waren freihaltebedürftig ist.


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