Patent- und Markenrecht

28 W (pat) 549/19

Aktenzeichen  28 W (pat) 549/19

Datum:
17.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2022:170122B28Wpat549.19.0
Spruchkörper:
28. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Januar 2022 unter Mitwirkung der Richter Schödel und Hermann sowie der Richterin kraft Auftrags Berner
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des DPMA vom 16. November 2018 wird aufgehoben.

Gründe

I.
1
Das Zeichen
2
Lise-Meitner-Gesellschaft
3
ist am 17. Oktober 2017 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
4
Klasse 16: Abziehbilder; Zeitschriften; alle vorgenannten Waren mit Inhalten betreffend die Förderung der Gleichstellung von Frauen in den Naturwissenschaften und der Mathematik innerhalb und außerhalb der akademischen Laufbahn;
5
Klasse 38: Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale betreffend die Förderung der Gleichstellung von Frauen in den Naturwissenschaften und der Mathematik innerhalb und außerhalb der akademischen Laufbahn;
6
Klasse 41: Organisation und Durchführung von Seminaren; Organisation und Durchführung von Workshops; Wissenschaftliche, wissenschaftspolitische und kulturelle Veranstaltungen; Audio-, Video- und Multimedia-produktionen sowie Fotografieren; Veröffentlichung von Postern; Veröffentlichung von Magazinen; Veröffent-lichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Druckerzeugnissen, auch in elektronischer Form; alle vorgenannten Dienstleistungen ausschließlich betreffend die Förderung der Gleichstellung von Frauen in den Naturwissenschaften und der Mathematik innerhalb und außerhalb der akademischen Laufbahn.
7
Die Anmeldung wird beim DPMA unter der Nummer 30 2017 110 535.9 geführt.
8
Mit Beschluss vom 16. November 2018 hat die Markenstelle für Klasse 41 des DPMA durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Zeichen nehme Bezug auf die bedeutende österreichische Kernphysikerin L…, die an der Seite des bekannten Chemikers O… in Berlin tätig gewesen sei. Das Wort „Gesellschaft“ bezeichne üblicherweise eine Vereinigung mehrerer Personen mit einem bestimmten Ziel oder gemeinsamen Interessen, die sich z. B. der Aufgabe verschrieben habe, das Werk und das Andenken berühmter Persönlichkeiten zu wahren. Somit weise das Anmeldezeichen nur auf irgendeine Personenvereinigung hin, deren Ziel oder gemeinsames Interesse im Zusammenhang mit der bekannten Person L… stehe. Der sachliche Zusammenhang könne dabei auch allein in ihrer Person begründet sein, da sie neben ihrer Forschungstätigkeit auch auf anderen Gebieten, insbesondere der Gleichberechtigung von Frauen in der Wissenschaft engagiert gewesen sei. Mit dieser Thematik sei ihr Name unmittelbar verbunden. Hiermit könnten sich die in Klasse 16 beanspruchten Zeitschriften inhaltlich befassen. Der beschreibende Begriffsinhalt des Zeichens könne sich auch auf die Dienstleistungen der Klasse 41 beziehen, die zur Entstehung der Druckschriften führten. Da entsprechende Informationen nicht nur in Printmedien, sondern auch in elektronischer Form verbreitet und abgerufen würden, bestehe das Eintragungshindernis auch hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 38. Der positiv formulierte Disclaimer „betreffend die Förderung der Gleichstellung von Frauen in den Naturwissenschaften und der Mathematik innerhalb und außerhalb der akademischen Laufbahn“ beschreibe inhaltlich gerade die Themen, für die der Name „Lise Meitner“ eine titelartige Sachangabe darstellen könne. Die Voreintragungen vergleichbarer Marken, die Namen berühmter Persönlichkeiten sowie den Zusatz „Gesellschaft“ enthielten, entfalteten keine Bindungswirkung.
9
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er vertritt die Ansicht, L… sei keine Frauenrechtlerin gewesen, sondern habe ihre Berühmtheit allein aufgrund ihrer außergewöhnlichen Leistungen in Chemie und Physik erlangt, wie die 48 Nominierungen für einen Nobelpreis belegten. Ihre Publikationsliste zeige, dass sie sich ihr Leben lang mit Naturwissenschaften und nicht mit der Gleichberechtigung von Frauen befasst habe. Sie sei in nur wenigen Veröffentlichungen auf die Bedingungen ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit als Frau eingegangen und habe nur in einem Interview ihre persönliche Einstellung zum Frauenstudium in Deutschland beschrieben. Aus ihrer persönlichen Meinung lasse sich kein ausreichendes Engagement in Gleichstellungsfragen ableiten, das einen engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen herstelle, denn wegen der strukturellen Benachteiligung von Frauen in naturwissenschaftlichen Berufen sei Gleichberechtigung praktisch für alle Frauen ein Thema. Eine Vielzahl von Schulen, Straßen und Plätzen sei nur wegen ihres Weltruhms als Naturwissenschaftlerin nach ihr benannt. Die angesprochenen Verkehrskreise assoziierten mit ihrem Namen daher eher Themen aus der Kernphysik als der Gleichstellung von Frauen. Im Übrigen seien in der Vergangenheit etliche Marken mit dem Bestandteil „Gesellschaft“ in Verbindung mit dem Namen einer berühmten Persönlichkeit in das Register eingetragen worden.
10
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
11
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des DPMA vom 16. November 2018 aufzuheben.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
13
Die gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig und begründet.
14
1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „Lise-Meitner-Gesellschaft“ als Marke steht nicht das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
15
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198, Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932, Rdnr. 7 – #darferdas?; GRUR 2018, 301, Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934, Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228, Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, Rdnr. 53 – Henkel; BGH, a. a. O., Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
16
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376, Rdnr. 11 – grill meister).
17
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH, a. a. O., Rdnr. 8 – #darferdas?; GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH, a. a. O. – #darferdas?; a. a. O., Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872, Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH, a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke).
18
Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt das angemeldete Wortzeichen.
19
b) Von den fraglichen Waren und Dienstleistungen werden in erster Linie die breiten, allgemeinen Verkehrskreise der Verbraucher angesprochen.
20
c) Das Anmeldezeichen setzt sich aus dem Namen „L…“ und dem Wort „Gesellschaft“ zusammen.
21
Der Begriff „Gesellschaft“ bezeichnet einen Zusammenschluss von Personen zu einem gemeinsamen Zweck (BPatG 30 W (pat) 181/05 – Deutsche Gesellschaft für Präventivmedizin).
22
Personennamen sind wegen ihrer Eignung, den Namensträger individuell zu bezeichnen und damit von anderen Personen zu unterscheiden, ein klassisches Kennzeichenmittel (vgl. BGH GRUR 2018, 301 Rdnr. 12 – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ob ein Personenname eine auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen hinweisende Funktion hat, ist allerdings nach den für sämtliche Marken geltenden – oben aufgeführten – Grundsätzen zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 2004, 946 Rdnr. 25 – Nichols plc/Registrar of Trade Marks [Nichols]; BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; BPatG 29 W (pat) 508/20 – Helmut Rahn; 29 W (pat) 510/17 – Max Schmeling; 26 W (pat) 539/17 – Harald Juhnke; BPatG GRUR 2014, 79, 80 – Mark Twain; GRUR 2008, 512, 513 – Ringelnatz). Versteht der Verkehr demnach eine Personenbezeichnung lediglich als eine Waren oder Dienstleistungen beschreibende Aussage oder nur als reines Werbemittel, so fehlt es an der für die Unterscheidungskraft erforderlichen Funktion, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; BPatG a. a. O. – Harald Juhnke). Die Auffassung der Verkehrskreise bei der Einordnung eines Personennamens als Sachangabe, als rein werbemäßige Verwendung oder als betrieblicher Herkunftshinweis wird durch die jeweilige Warenbranche und das Marktgeschehen innerhalb der in Frage stehenden Branche geprägt (BPatG 29 W (pat) 77/13 – Georg Meistermann; 29 W (pat) 37/13 – Pippi Langstrumpf; BPatG a. a. O. – Mark Twain; a. a. O. Rdnr. 23 – Ringelnatz). Dabei ist nicht zu differenzieren, ob es sich um den Namen einer in der Öffentlichkeit bekannten und in den Medien häufig genannten – lebenden oder verstorbenen – Person handelt oder einer Person, die keine öffentliche Aufmerksamkeit genießt. Grundsätzlich können die Namen beider Personengruppen als betrieblicher Herkunftshinweis im markenrechtlichen Sinne eingesetzt werden. Bei bekannten Personen ergibt sich jedoch die Besonderheit, dass der Verkehr mit dem Namen nicht nur die Person selbst, sondern regelmäßig auch den Lebenserfolg verbindet, auf dem die Bekanntheit beruht. Bei Schriftstellern, Komponisten, Schauspielern und anderen Kreativen ist dies in der Regel die schöpferische bzw. künstlerische Leistung, bei Sportlern der sportliche Erfolg, bei Fernsehmoderatoren der regelmäßige Auftritt in einer bestimmten Sendung, bei Politikern und Würdenträgern die ausgeübte Funktion. In Abhängigkeit von den jeweiligen Umständen, die der Verkehr über die Person hinaus mit einem Personennamen und den konkreten Waren und Dienstleistungen verbindet, kann der Name daher einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen (BPatG a. a. O. Rdnr. 25 – Ringelnatz; 29 W (pat) 21/19 – Fritz Walter).
23
L… (1878 – 1968) war eine österreichische Kernphysikerin. Da Frauen zu der Zeit in Preußen noch nicht studieren durften, hörte sie Vorlesungen bei Max Planck und wurde schließlich dessen inoffizielle Assistentin. 1918 erhielt sie erstmals eine eigene radiophysikalische Abteilung und wurde Leiterin der physikalisch-radioaktiven Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie in Berlin. 1926 wurde sie außerordentliche Professorin für experimentelle Kernphysik an der Berliner Universität, Deutschlands erste Professorin für Physik. 1938 emigrierte sie nach Stockholm, wo sie ihre Forschungen am Nobel-Institut fortsetzte. Sie stand in engem Kontakt zu O… und begleitete ihn von dort aus bei seinen Experimenten an Urankernen. Ihm gelang die Auslösung einer Kernspaltung und deren Nachweis mit radiochemischen Methoden. Dafür wurde O… 1945 der Nobelpreis für Chemie für das Jahr 1944 verliehen. L… und O2… wurden dabei nicht berücksichtigt. Die Nichtvergabe an L… und O2… ist aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar, vor allem weil die beiden in Stockholm die physikalisch-theoretische Erklärung für das Phänomen verfassten. Außerdem baute O… die berühmte Versuchsanordnung nach einer Anweisung von L… auf. Wesentliche Beiträge lieferte L… auch zum Verständnis des Aufbaus der Atomkerne sowie der Energiefreisetzung beim radioaktiven Zerfall. Gemeinsam mit O2… veröffentlichte sie eine Reihe von Werken, die die physikalischen Grundlagen der Kernphysik erklärten und beleuchteten. L… wurde insgesamt 48-mal für den Nobelpreis nominiert, aber eine Auszeichnung blieb ihr versagt. Seit einigen Jahren wird von der amerikanischen Chemikerin und Feministin Ruth Lewin Sime die Ansicht vertreten, O… habe den Nobelpreis nicht oder nicht allein verdient, habe L… sogar bewusst ausgebootet, um ihn nicht mit ihr teilen zu müssen. Diese Unterstellungen entfachten einen Sturm der Empörung unter den mit den historischen Fakten vertrauten Experten, werden aber nach wie vor in der heutigen Literatur immer wieder einmal zitiert und kontrovers diskutiert (https://de.wikipedia.org/wiki/Lise_Meitner).
24
Nach der Überzeugung des Senats ist L… den angesprochenen… Verkehrskreisen nur für ihre Leistungen in Physik bekannt. Ihr Lebenserfolg, auf dem ihre Bekanntheit beruht, liegt allein in ihren wissenschaftlichen Forschungen im Bereich der Kernphysik. Sie ist den angesprochenen Verkehrskreisen nach der Recherche des Senats nicht dafür bekannt, dass sie sich für die Gleichstellung von Frauen engagiert hat. In ihrer umfangreichen Publikationsliste findet sich lediglich ein einziger fünfseitiger Aufsatz zu dieser Thematik (The Status of Women in the Professions, Physics Today, August 1960, s. Anlage E1 zum Schriftsatz vom 16. Oktober 2020). Zwar werden ihre Leistungen häufig unter dem Aspekt herausgehoben, dass L… als Frau zur damaligen Zeit unter erheblich schwierigeren Bedingungen arbeiten und forschen musste als ihre männlichen Kollegen. Es ist aber nichts dafür erkennbar, dass sie im Rahmen der Frauenbewegung gleichsam als Symbolfigur für die Frauenförderung dient oder ihr Name als Synonym für die Gleichberechtigung von Frauen verwendet wird. Die gelegentliche Verwendung ihres Namens für die Förderung von Frauen wie das „L…-Stipendium“ des Landes Nordrhein-Westfalen für habilitierende Frauen oder das „L…-Exzellenzprogramm“ des Max-Planck-Instituts, das Wissenschaftlerinnen fördern soll, ist jedenfalls nicht maßgeblichen Teilen der hier angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise bekannt.
25
Unter Berücksichtigung der Einschränkung „betreffend die Förderung der Gleichstellung von Frauen in den Naturwissenschaften und der Mathematik innerhalb und außerhalb der akademischen Laufbahn“ hinsichtlich aller beanspruchter Waren und Dienstleistungen verstehen die angesprochenen Verkehrskreise den Namen „L…“ nicht als sachliche Angabe. Er eignet sich insoweit in Kombination mit dem weiteren Zeichenbestandteil „Gesellschaft“ nicht als beschreibender Hinweis bezüglich des Inhalts oder der Thematik der Druckwerke der Klasse 16, der Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 oder der Veranstaltungs- und Publikationsdienstleistungen der Klasse 41.
26
d) Die genannte Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses entspricht dem Gebot der Rechtssicherheit (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 114ff. – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 778 Rdnr. 9 – Willkommen im Leben). Dieses gebietet, dass der Umfang des Markenschutzes für Dritte und insbesondere Konkurrenten aus dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis klar und eindeutig hervorgehen muss (EuGH GRUR 2012, 822 Rdnr. 46ff. – Ip Translator). Dazu muss die Einschränkung die allgemeinen und objektiven Eigenschaften und Zweckbestimmungen der Waren und Dienstleistungen in einer wirtschaftlich nachvollziehbaren und damit rechtlich abgrenzbaren Weise betreffen, wobei es auf dauerhafte charakteristische Kriterien ankommt (BGH GRUR 2002, 340 Rdnr. 29 – Fabergé; GRUR 2013, 725 Rdnr. 33 – Duff Beer). Nicht zulässig ist es, sich darauf zu beschränken anzugeben, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen (BPatG 26 W (pat) 513/18 – Popcorn).
27
Der Zusatz „betreffend die Förderung der Gleichstellung von Frauen in den Naturwissenschaften und der Mathematik innerhalb und außerhalb der akademischen Laufbahn“ ist mit seiner gesellschaftspolitischen Thematik noch geeignet, eine objektive Eigenschaft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beschreiben und von anderen Waren und Dienstleistungen, insbesondere mit einer physikalischen Thematik, für die dem Namen „Lise Meitner“ eine Sachangabe entnommen werden könnte, rechtlich abzugrenzen.
28
2. Für ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an der freien Verwendbarkeit des Anmeldezeichens ist nichts erkennbar (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).


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