Patent- und Markenrecht

29 W (pat) 36/20

Aktenzeichen  29 W (pat) 36/20

Datum:
23.2.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Spruchkörper:
29. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 105 577.2
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Februar 2022 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Seyfarth und den Richter k. A. Posselt
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Das Wort-/Bildzeichen
2
ist am 29. April 2019 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:
3
Klasse 35: Einzel- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Werkzeuge für die Zubereitung von Lebensmitteln, Küchenmesser und Schneidewerkzeuge sowie Essbestecke, Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 08 enthalten, Kochgeschirr, Kochutensilien, Geschirr, Gläser, Trinkgefäße und Barzubehör, Behälter für Haushalt und Küche, Flaschen, Flaschenöffner, Gefäße für Haushalt oder Küche, Kühlflaschen, Kühlpackungen zum Kühlhalten von Speisen und Getränken, Tabletts, Tragbare Kühltaschen und -boxen, Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 21 enthalten, Suppen und Brühen, Dips, zubereitet für Nahrungszwecke, Snacks aus Sojazubereitungen, Fertiggerichte, Snacks und Dessert, zubereitet für Nahrungszwecke, vorwiegend aus Gemüse, Snacks und Beilagen aus Kartoffeln, Suppen und Zubereitungen hierfür, Eintöpfe, Fonds und Brühen, Fertiggerichte und pikante Snacks, nämlich Snacks auf der Basis von Mais, Getreide, Mehl und Sesam, Kekse und Kräcker, Reis und Getreidespeisen, Würzmittel, Gewürze, verarbeitetes Getreide und Stärken für Nahrungsmittel sowie Waren hieraus, Biere, alkoholfreie Getränke, Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte, Sirupe für die Zubereitung von Getränken, alkoholfreie Präparate für die Zubereitung von Getränken, Alkoholische Getränke [ausgenommen Biere], alkoholische Präparate für die Zubereitung von Getränken; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten;
4
Klasse 41: Ausbildungsdienstleistungen im Bereich der Önologie; Ausbildung in Bezug auf den Umgang mit Lebensmitteln; Ausbildung und Weiterbildung; Durchführung von Weinproben, soweit in Klasse 41 enthalten; Organisation und Durchführung von Kursen; Organisation und Durchführung von Seminaren; Organisation und Veranstaltung von Workshops;
5
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen.
6
Mit Beschluss vom 21. Oktober 2019 und 20. April 2020, letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen, hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.
7
Die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise verstünden den angemeldeten Begriff ohne Weiteres als bloßen Hinweis auf eine Angebots- bzw. Erbringungsstätte für Waren und Dienstleistungen mit thematischem Bezug zu Wein, z. B. Handel mit Wein und Weinzubehör; Weinseminare; Weinverkostungen.
8
Die um Schutz nachsuchende Marke setze sich klar erkennbar aus der Bezeichnung „Vino“ und der Angabe „WEINLOFT“ zusammen. Das ursprünglich italienischsprachige Wort “vino” sei längst in die deutsche Umgangssprache für “Wein” eingegangen und den Verbrauchern z. B. aus Speisekarten in deutschen Lokalen (vino rosso, vino bianco) bekannt und geläufig.
.
9
Der Begriff „Weinloft“ sei in diesem Sinne nachweisbar auch im Zusammenhang mit Bewirtung und Beherbergung verwendet worden, wie den Anlagen des Beanstandungsbescheids vom 02.07.2019 zu entnehmen sei.
10
Soweit Handelsdienstleistungen mit Waren wie z. B. Küchenmessern, Geschirr und diversen Lebensmittel beansprucht würden, welche nicht unmittelbar mit Wein zu tun hätten, vermittele das Anmeldezeichen in begrifflicher Hinsicht jedenfalls einen engen beschreibenden Bezug. Es handele sich insoweit sämtlich um Waren, die mit dem Konsum von Wein etwa im Kontext der mediterranen Küche unmittelbar im Zusammenhang stehen könnten. Hierbei gelte der Grundsatz, dass ein Zeichen, das für eine Ware beschreibend sei (bzw. einen engen beschreibenden Bezug vermittele) – hier also für Wein (bzw. damit eng zusammenhängende Produkte) –, in der Regel auch in Bezug auf diesbezügliche Handelsdienstleistungen schutzunfähig sei. Denn zwischen diesen Tätigkeiten und den Waren, mit denen Handel betrieben werde, bestehe eine hierfür ausreichende funktionale Nähe.
11
Die als werbeüblich zu bewertende grafische Gestaltung der angemeldeten Marke begründe keinen über die vorgenannten Aspekte hinausgehenden markenschutzfähigen Gesamteindruck.
12
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem sinngemäßen Antrag,
13
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 vom 21. Oktober 2019 und 20. April 2020 aufzuheben.
14
Sie hat ihre Beschwerde nicht begründet. Auch im Amtsverfahren hat sie nichts vorgetragen.
15
Der Senat hat mit Schreiben vom 18. Januar 2022 weitere Recherchebelege übersandt und seine vorläufige Rechtsauffassung dargelegt.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere den Hinweis des Senats vom 18. Januar 2022, Bezug genommen.
II.
17
Die nach § 66 MarkenG wirksam eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
18
1. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
19
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? II, GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 15 – Pippi Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 – for you; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).
20
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 – SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 – grill meister).
21
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2020, 411 Rn. 11 – #darferdas? II; GRUR 2016, 934 Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 16 – Gute Laune Drops).
22
2. Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt das angemeldete Zeichen nicht. Es weist hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen in den Klassen 35, 41 und 43 lediglich darauf hin, dass diese in Zusammenhang mit Wein stehen und in oder von einem (Wein)Loft aus erbracht werden.
23
a. Von den beanspruchten Dienstleistungen werden sowohl der inländische Fachverkehr als auch der allgemeine inländische Verbraucher angesprochen.
24
b. Das Zeichen setzt sich aus den Begriffen „Vino“ und „WEINLOFT“ zusammen, die zweizeilig in unterschiedlichen Schriftarten sowie den Farben Rot bzw. Hellgrau dargestellt sind. Das in der ersten Zeile stehende Wort „Vino“ ist zudem deutlich größer gehalten.
25
Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Zeichen ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 – BioID). Dieser Vorgabe ist die Markenstelle in ihrer Begründung gefolgt.
26
„Vino“ stammt aus der italienischen bzw. spanischen Sprache und wird jeweils mit „Wein“ übersetzt (siehe Anlagenkonvolut 1, Bl. 16 ff. d. A.; PONS, Wörterbuch, Italienisch/Deutsch und Spanisch/Deutsch, Vino). Wie die Markenstelle zutreffend mit Verweis auf die hierzu ergangene Rechtsprechung festgestellt hat, versteht der inländische Verkehr das Wort problemlos, da es in die deutsche Umgangssprache eingegangen ist. Den angesprochenen Verkehrskreisen ist es nicht zuletzt von Speisekarten, der Verwendung in Weinhandlungen oder aus der Werbung bekannt (vgl. hierzu u. a. BPatG, Beschluss vom 09.09.2013, 27 W (pat) 527/13 – SardoVINO; Beschluss vom 27.02.2008, 26 W (pat) 57/06 – VINOCAP). Zudem stellen Italien und Spanien extrem beliebte Reiseländer der Deutschen und zugleich „Weinnationen“ dar, in denen der Begriff „Vino“ umfassend im Alltag präsent ist. Das Wort ist auch als Bestandteil des im Inland immer häufiger verwendeten Begriffs „Vinothek“ bekannt (vgl. Duden, Onlinewörterbuch, Vinothek; siehe Anlagenkonvolut 1, Bl. 18 f. d. A.).
27
Auch die Feststellung der Markenstelle, der Verkehr werde „LOFT“ nur als Hinweis auf eine Angebots-, Erbringungs- und Vertriebsstätte mit Bezug zu Wein auffassen, ist zutreffend. Zwar steht der Begriff „Loft” in erster Linie für eine “aus der Etage einer Fabrik o. Ä. umgebauten (Großraum)wohnung” (vgl. Anlagenkonvolut 2, Bl. 25 ff. d. A.; Duden/Onlinewörterbuch/Rechtschreibung/Loft). Der Begriff ist aber nicht nur für Räume gebräuchlich, die ausschließlich Wohnzwecken dienen, sondern hat sich mittlerweile auch auf gewerbliche Tätigkeiten ausgedehnt (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 09.02.2010, 27 W (pat) 511/10 – Sneakerloft). Es ist seit längerer Zeit üblich, mit diesem Begriff in Alleinstellung oder in Verbindung mit einzelnen Warengruppen/Sportarten (wie bike-, wine-, Küchen-, fitness-, Game-, Tango-, Boulder+loft vgl. https://corpora.uni-leipzig.de/de/res?corpusId=deu _news_2020&word=*loft) die jeweiligen Vertriebs- bzw. Sportstätten zu bezeichnen. Hierfür hat die Markenstelle bereits dem Beanstandungsbescheid Belege beigefügt. Dass der Begriff daneben auch den „Neigungsgrad der Schlagfläche eines Golfschlägers“ (vgl. Duden, a. a. O.) bezeichnet, ist hinsichtlich der hier zu betrachtenden Dienstleistungen nicht relevant. Auch die Verbindung der beiden beschreibenden Begriffe „Wein“ und „Loft“ in einem Wort in durchgängiger Großschreibung führt von der oben beschriebenen Bedeutung nicht weg. Der angesprochene Verkehr versteht daher die sprachübliche Wortkombination „Weinloft“ im Sinne eines Hinweises auf eine Erbringungsstätte für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Wein. Zudem gibt es Unternehmen, die diesen Begriff bereits vor dem hier relevanten Anmeldetag als Hinweis auf ihren Wein- und Lebensmittelhandel, ihr Kochatelier, ihr Ladengeschäft bzw. ihre Vinothek entsprechend verwendet haben (vgl. Anlagenkonvolut 3, Bl. 34 ff. d. A., wie z. B. Rieger Weinloft; Weinloft Staufen; WINE&GLORY weinloft.kochatelier.; STERNS – Kochatelier und Weinloft; Das neue WEINLOFT HAMBURG; Pieroth Wine Loft München)
28
Diese Bedeutung wird durch den vorangestellten schlagwortartigen Begriff „Vino“ noch verstärkt. Auch die Verdopplung des Begriffes „Wein“ in unterschiedlichen Sprachen führt nicht zur Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens. Diese Doppelung, die in der Literatur synonymer Parallelismus genannt wird, wird der Verkehr lediglich für ein Stilmittel der Werbepsychologie halten, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen (vgl. u. a. auch BPatG, Beschluss vom 18.01.1995, 29 W (pat) 198/92 – FalzFalz; Beschluss vom 11.12.1996, 29 W (pat) 148/95 – Leute LEUTE).
29
Dass einer der Zeichenbestandteile als italienisches bzw. spanisches Wort und der andere als Kombination eines deutschen mit einem ursprünglich englischen – mittlerweile im Deutschen aber üblichen – Begriff aufgefasst wird, führt nicht zur Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens. Der Verkehr wird von einer Kombination eines italienischen bzw. spanischen und eines zusammengesetzten deutschen Begriffes ausgehen. Zwar kann sich die Kombination von Worten aus verschiedenen Sprachen im Einzelfall als ungewöhnlich und originell darstellen. (BPatG, Beschluss vom 01.03.2018, 30 W (pat) 543/16 – Natura Balance). Vorliegend werden jedoch Worte kombiniert, in deren Kontext italienische/spanische Begriffe nicht verwundern, sondern eher die Norm sind. Insbesondere im Weinsektor sind italienische oder spanische Worte gängig. Beides sind Länder mit langer und bekannter Weinkultur und regem Export nach Deutschland. Das italienische bzw. spanische Flair wird in diesem Umfeld gerne genutzt.
30
c. Bezüglich der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 41 und 43 gibt das Anmeldezeichen nur einen üblichen Sachhinweis auf die Vertriebs- und Erbringungsstätte und deren Art.
31
Die Ausbildungs-, Weiterbildungs-, Veranstaltungs- und Seminardienstleistungen der Klasse 41 werden themenbezogen erbracht. Es existieren vielfältige Schulungen, Seminare, Ausbildungen und Workshops auf dem Gebiet bzw. mit Bezug zu Wein. Diese werden auch regelmäßig an besonderen Orten, wie z. B. im Weinberg, im Weinkeller oder in einem Loft angeboten. Der Verkehr wird dem Zeichen daher nur entnehmen, dass es sich dabei um Veranstaltungen mit Bezug zu Wein handelt, die in oder von einem Loft aus angeboten und erbracht werden. Teils ist hierfür auch die Bezeichnung „Weinloft“ bereits beschreibend in Gebrauch (s. o., vgl. Anlagenkonvolut 3, Bl. 34 ff. d. A.).
32
Hinsichtlich der Beherbergungs- und Verpflegungsdienstleistungen der Klasse 43 wird der Verkehr dem Zeichen ebenfalls lediglich entnehmen, dass diese in engem Bezug zu Wein stehen und in oder von einem Weinloft aus erbracht werden. Wie die Markenstelle zutreffend belegt hat, werden teilweise Übernachtungsmöglichkeiten in Weinlofts bereits angeboten. Auch werden dort häufig Wein und Speisen u. a. auch als Teil einer Halb- oder Vollpension gereicht bzw. von dort aus im Wege des „Catering“ angeboten.
33
Auch in Bezug auf die beanspruchten Einzelhandels- oder Großhandelsdienstleistungen in Klasse 35 gilt, dass jedenfalls ein enger funktionaler und beschreibender Bezug besteht. Der Verkehr wird dem Zeichen lediglich einen Sachhinweis auf das Sortiment und die Vertriebsstätte entnehmen, da diese Dienstleistungen in engem Bezug zu Wein und dem Handel mit Weinen bzw. der Verkostung von Weinen stehen und in oder von einem Weinloft aus erbracht werden. Hinzu kommt, dass sich bei Einzel- und Großhandelsdienstleistungen mit Waren der beschreibende Begriffsinhalt für Waren in der Regel auch auf die entsprechenden Einzel- und Großhandelsdienstleistungen der Klasse 35 bezieht (vgl. BPatG, Beschluss vom 27.05.2014, 29 W (pat) 41/12 – CAMOMILLA; Beschluss vom 18.01.2012, 29 W (pat) 525/10 – fashion.de; Beschluss vom 23.11.2011, 29 W (pat) 196/10 – Küchenzauber). Zwischen diesen Tätigkeiten und den Waren, mit denen Handel getrieben werden soll, besteht eine funktionelle Nähe (vgl. für das Folgende Anlagenkonvolut 4 und 5, Bl. 50 ff. bzw. Bl. 72 ff. d. A.).
34
So können „Alkoholische Getränke und Präparate für die Zubereitung von Getränken sowie Sirupe“ Wein sein, diesen beinhalten oder aus diesem hergestellt sein. „Gläser, Trinkgefäße und Barzubehör, Behälter für Haushalt und Küche, Flaschen, Flaschenöffner, Gefäße für Haushalt oder Küche“ können alle einen engen Zusammenhang mit Wein aufweisen, da es speziell für den Genuss von Wein hergestellte Waren gibt, wie z. B. Weingläser, -gefäße, Weinbehälter wie Dekanter oder Aufbewahrungsgefäße wie Weinballons, Weinflaschen oder Öffner für Weinflaschen, Flaschenöffner, Korkenzieher, etc. Ferner werden spezielle Kühlbehältnisse wie Weinkühler, z.T. auch Weine im Set mit Kühltaschen oder Kühlelementen vertrieben. Weintabletts werden wiederum z. B. mit passenden Vertiefungen und integrierten Weinflaschenhaltern angeboten.
35
Sämtliche Suppen und Brühen, Snacks, Desserts, Dips, Eintöpfe, Speisezubereitungen und Fertiggerichte können entweder Wein als Zutat enthalten oder zu diesem serviert werden. Somit besteht zumindest noch ein enger beschreibender Bezug.
36
Gewürze können wiederum für Wein bestimmt sein, um damit z. B. einen Glühwein herzustellen. Würzmittel können aus Wein bestehen, da unter diesen Begriff auch Essenzen (z. B. Weinessenz) und Extrakte fallen. Auch für „verarbeitetes Getreide und Stärken für Nahrungsmittel sowie Waren hieraus“ ist ein ausreichend enger Bezug anzunehmen. Als Süßungsmittel ist Stärke in Wein zwar nicht zulässig, jedoch findet sie Verwendung in Weincremes etc. Waren aus Stärke und verarbeiteten Getreide wie z. B. Chips oder Brot werden zudem als gängige Beilage zu Wein oder dessen Verkostung serviert.
37
„Schneidewerkzeuge“ sind auch solche, die für das Entfernen der Kapsel von Weinflaschen z. B. in Form eines Kellner- bzw. Sommeliermessers oder Weinmessers Verwendung finden.
38
Selbst der Begriff „Geschirr“ wird im Zusammenhang mit Wein verwendet. So gibt es passendes Trinkgeschirr, das z. B. Weinkelche oder –trinkbecher wie auch Weinkrüge aus Ton oder Metall umfasst. Da es sich bei Wein um ein Lebensmittel handelt, können „Werkzeuge für die Zubereitung von Lebensmitteln“ auch solche sein, die wie Filter, Pipetten, Alkoholometer, Weinheber, Vinometer, Oechslewaage, Weinschläuche, etc. für die Weinzubereitung verwendet werden.
39
Betreffend die „Einzel- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Küchenmesser sowie Essbestecke, Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 08 enthalten, Kochgeschirr, Kochutensilien“ ist dem Verkehr bekannt, dass Vinotheken und Weinhandlungen neben Weinen auch regelmäßig Koch- und Tafelgegenstände zum Verkauf anbieten. Er wird daher davon ausgehen, dass die Einzel- und Großhandelsdienstleistungen mit den eben genannten Gegenständen von einem Weinloft aus erbracht oder in einem solchen erworben werden können.
40
„Biere, alkoholfreie Getränke, Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte“ werden regelmäßig als Alternativen bzw. als Ergänzung zu Wein angeboten. Daher wird das Publikum im angemeldeten Zeichen auch hier nur einen anpreisenden Hinweis auf das Thema und den Angebots- bzw. Erbringungsort sehen. Gleiches gilt für „alkoholfreie Präparate für die Zubereitung von Getränken“.
41
Hinsichtlich „Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten“ und den beanspruchten Informations- und Beratungsdienstleistungen wird das angesprochene Publikum lediglich davon ausgehen, dass ein Bezug zu Wein besteht und die Dienstleistungen in oder von einem (Wein)Loft aus erbracht werden. Typischerweise kann man beim Kauf von Getränken z. B. für Partys, Hochzeiten und Feste die benötigten Utensilien wie Gläser, Geschirr, Barzubehör etc. mitmieten.
42
d. Auch die grafische Ausgestaltung der angegriffenen Marke ist nicht geeignet, ihr bezüglich der oben genannten Dienstleistungen das notwendige Maß an Unterscheidungskraft zu vermitteln.
43
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die grafische Ausgestaltung einer Wortmarke in einer naheliegenden Form umso weniger die erforderliche Unterscheidungskraft begründen kann, je deutlicher ein unmittelbarer Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren erkennbar ist (vgl. BGH GRUR 2001, 1153, 1154 antiKALK; früher schon BPatG GRUR 1996, 410, 411 – Color COLLECTION; s. auch BPatG 2007, 324, 326 Kinder (schwarz-rot)).
44
Zutreffend hat die Markenstelle festgestellt, dass sich die grafischen Gestaltungselemente im Rahmen des in der modernen Werbegrafik absolut Üblichen und Gebräuchlichen halten, so dass diese die Wortelemente lediglich illustrierende Ausgestaltung dem Verkehr kein Anlass gibt, darin einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen. Insbesondere ist eine mehrzeilige Anordnung werbeüblich (vgl. u. a. auch BPatG, Beschluss vom 28. Februar 2012, 27 W (pat) 22/11 – MEHR WISSEN MEHR TUN !, Beschluss vom 09.07.2020, 25 W (pat) 537/18 – Team Business IT). Die Verwendung von Versalien wie bei „Weinloft“ gehört zu den einfachsten Mitteln der Werbegrafik. Auch die rote Farbgebung bei „Vino“ liegt gerade in Verbindung mit Wein nahe und wird bereits umfassend auf diesem Gebiet für Waren und Dienstleistungen genutzt. Aus der Kombination dieser einfachen grafischen Mittel ergibt sich keine andere Bewertung. Es handelt sich nicht um eine vom Üblichen abweichende charakteristische Ausgestaltung.
45
3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus freihaltungsbedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.
46
4. Die Beschwerdeführerin hat keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Eine solche war auch nicht sachdienlich, weshalb im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann (§ 69 MarkenG).


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