Patent- und Markenrecht

29 W (pat) 522/20

Aktenzeichen  29 W (pat) 522/20

Datum:
7.3.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2022:070322B29Wpat522.20.0
Spruchkörper:
29. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2017 100 335
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 7. März 2022 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und den Richter kraft Auftrags Posselt
beschlossen:
1. Der Antrag des Markeninhabers auf Aussetzung des Verfahrens wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde des Markeninhabers wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die angegriffene, farbig (schwarz, weiß, grün) ausgestaltete Wort-/Bildmarke 30 2017 100 335
2
ist am 16. Januar 2017 angemeldet und am 13. April 2017 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 10 und 35, nämlich unter anderem für die Waren und Dienstleistungen der
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Klasse 03: Cremereiniger, ausgenommen für medizinische Zwecke; Einwegtücher getränkt mit Reinigungspräparaten zur Anwendung im Gesicht; Fensterreiniger; Fensterreiniger [Poliermittel]; Feuchte Kosmetiktücher; Feuchtreinigungstücher für hygienische Zwecke sowie für die Körper- und Schönheitspflege; Handreinigungspräparate; Haushaltreinigungsmittel; Hygienepräparate als Körperpflegemittel; Imprägnierte Reinigungstücher für den persönlichen Gebrauch [nicht für medizinische Zwecke]; Körperpflegemittel; Körperreinigungs- und Körperpflegepräparate; Kosmetische Haarpflegeprodukte; Kosmetische Hautpflegeprodukte; Kosmetische Präparate für die Körperpflege; Lotionen für die Gesichts- und Körperpflege; Mit Hautreiniger getränkte Tücher; Reiniger für die Hände; Reiniger für Haushaltszwecke; Reinigungscremes; Reinigungsflüssigkeiten; Reinigungsgele; Reinigungslotionen; Reinigungsmilch für die Hautpflege; Reinigungsmilch für die Körper- und Schönheitspflege; Reinigungsmittel; Reinigungsöle; Reinigungsschaum; Sprühreiniger für Haushaltszwecke; Toilettemittel [Körperpflege]; Toilettenreiniger; Saunaöle; ätherische Öle; Massageöle;
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Klasse 35: Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Artikel für veterinärmedizinische Zwecke; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Ausrüstung zum Garen von Nahrungsmitteln; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Ausrüstung zum Kühlen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Autozubehör; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Bekleidung; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Bekleidungsstücke und Bekleidungsaccessoires; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Bräunungsapparate; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf diätetische Erzeugnisse; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Einrichtungsgegenstände; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Einweg- Papiererzeugnisse; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Feinkostwaren; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geräte für Hygienezwecke für Menschen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geräte für Hygienezwecke für Tiere; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geräte für Schönheitszwecke für Menschen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geräte zur physikalischen Therapie; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Lebensmittel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf medizinische Apparate; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf medizinische Instrumente; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Mittel für veterinärmedizinische Zwecke; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Nahrungsmittel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Präparate für die Zubereitung von Getränken; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Reinigungsartikel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Reinigungsmittel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Schmuckwaren; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Sportartikel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Sportwaren; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Tierpflegemittel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Toiletteartikel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug Heizgeräte; Einzelhandels- oder Großhandelsdienstleistungen für pharmazeutische, veterinärmedizinische Artikel, Hygienepräparate sowie medizinische Artikel; Geschäftsführung von Einzelhandelsgeschäften; Geschäftsführung von Großhandels- und Einzelhandelsgeschäften; Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Reinigungsartikel; Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Reinigungsmittel; Online-Einzelhandelsdienstleistungen bezüglich Kosmetika und Schönheitsprodukte,
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eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 19. Mai 2017.
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Gegen die Eintragung hat die Beschwerdegegnerin beschränkt gegen die oben aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 35 Widerspruch erhoben aus ihrer Unionsmarke UM 013 517 611
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Diese genießt Schutz für die Waren und Dienstleistungen der
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Klasse 03: Seifen; Parfümeriewaren; Ätherische Öle; Kosmetika; Mittel zur Pflege und Behandlung der Haare; Cremes, Lotionen, Gel und Balsame für kosmetische Zwecke; Deodorants für den persönlichen Gebrauch; Badekristalle; Zahnputzmittel;
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Klasse 08: Scheren; Nagelfeilen; Pinzetten; Maniküre- und Pediküreetuis; Manikürinstrumente; Pedikürinstrumente; Wimpernzangen; Wimperntrenner; Nagelzangen; Nagelpolierer; Nagelscheren [elektrisch oder nicht elektrisch]; Rasierapparate;
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Klasse 09: Computersoftware, -programme; Anwendungssoftware; Software-Applikationen für Mobiltelefone;
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Klasse 16: Kosmetikspitzer; Abschminktücher (trocken) aus Papier;
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Klasse 18: Kulturbeutel ohne Inhalt; Kosmetiktaschen ohne Inhalt; Kosmetikkoffer; Kosmetiktaschen (ohne Inhalt); Unterarmtaschen; Gepäckstücke; Geldscheintaschen; Freizeittaschen; Rucksäcke;
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Klasse 20: Taschenspiegel zum Schminken; Kosmetikbehälter;
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Klasse 21: Kosmetische Geräte; Geräte zum Auftragen von Kosmetik; Kosmetische Spatel; Tropfflaschen (leer) für kosmetische Zwecke; Kosmetikpinsel; Rasierpinsel; Schminkschwämmchen für das Gesicht; Toilettenschwämme; Puderquaste; Applikationsstäbchen zum Auftragen von Make-up; Nagelbürsten; Augenbrauenbürsten; Wimpernkämme; Bürsten zur Körper- und Schönheitspflege; Kämme; Parfümzerstäuber; Kosmetik-Puderdosen; Seifenhalter, -schalen; Seifenspender; Kosmetiktaschen mit Inhalt; Etuis für kosmetische Geräte; Aufbewahrungsboxen; Zehenspreizer aus Schaumstoff für die Pediküre;
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Klasse 35: Verkaufsförderung und Werbung; Marketing; Geschäftsführung in Bezug auf Kundentreue-, Prämien- oder Verkaufsförderungsprogrammen; Einzelhandelsverkauf, einschließlich Online-Verkauf, in Bezug auf Seifen, Parfüms, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Mittel zur Behandlung und Pflege der Haare, Cremes, Lotionen, Gel und Balsame für kosmetische Zwecke, Deodorants zum persönlichen Gebrauch, Badesalze, Zahnputzmittel, Scheren, Nagelfeilen, Pinzetten, Maniküre- und Pedikürenessessärs, Maniküre- und Pediküregeräte; Einzelhandelsverkauf, einschließlich Online-Verkauf, in Bezug auf Wimpernzangen, Wimperntrenner, Nagelzangen, Nagelpolierer, Nagelscheren (elektrisch oder nicht elektrisch), Rasierapparate, Computer-Software und Computerpro-gramme, Anwendungssoftware, Software-Anwendungen für Mobiltelefone, Kosmetikspitzer, Abschminktücher (trocken) aus Papier, Kulturbeutel (leer), Kosmetiktaschen (leer); Einzelhandelsverkauf, einschließlich Online-Verkauf, in Bezug auf Kosmetikkoffer, Kosmetiktaschen (leer), Kosmetiktaschen (ohne Zubehör), Unterarmtaschen, Beutel (Taschen), Brieftaschen, Taschen, Rucksäcke, Taschenspiegel zum Schminken, Kosmetikbehälter, kosmetische Geräte, Applikatoren für Kosmetika, Spatel für kosmetische Zwecke, Tropfflaschen (leer) für kosmetische Zwecke, Kosmetikpinsel, Rasierpinsel; Einzelhandelsverkauf, eineinschließlich Online-Verkauf, in Bezug Schminkschwämmchen für das Gesicht, Toilettenschwämme, Puderquasten, Applikationsstäbchen zum Auftragen von Make-up, Nagelbürsten, Augenbrauenbürsten, Wimpernkämme, Bürsten zur Körper- und Schönheitspflege, Kämme, Parfümzerstäuber, Puderdosen, Seifenhalter, -schalen, Spender für Seife, Kosmetiktaschen mit Zubehör, Etuis für kosmetische Geräte, Dosen (Tiegel); Einzelhandelsverkauf, einschließlich Online-Verkauf, in Bezug Zehenspreizer aus Schaumgummi zur Verwendung bei der Pediküre.
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Mit Beschluss vom 18. November 2019 hat die Markenstelle für Klasse 35 auf den Widerspruch die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke für den größten Teil der angegriffenen Waren und Dienstleistungen angeordnet. Insofern bestehe zwischen den Vergleichsmarken eine klangliche Verwechslungsgefahr. Im Übrigen – nämlich bezüglich der oben fett gedruckten Dienstleistungen der Klasse 35 „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Autozubehör“ – hat die Markenstelle den Widerspruch zurückgewiesen, weil es diesbezüglich schon an einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit fehle.
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Die Widerspruchsmarke verfüge von Haus aus über durchschnittliche Kennzeichnungskraft, denn die enthaltenen Buchstaben „K“ und „K“ wiesen in Bezug zu den Angeboten aus dem kosmetischen Bereich keinen beschreibenden Gehalt auf. Anhaltspunkte, die für eine Schwächung oder Stärkung der Marke eine Rolle spielen könnten, seien nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Die Vergleichsmarken stünden sich als Wort-/Bildmarken gegenüber. Eine optische bzw. (schrift-)bildliche Verwechslung der Marken sei wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung der Widerspruchsmarken nicht zu erwarten. Allerdings werde der Verkehr beide Marken phonetisch identisch als „ka-ka“ benennen. Die grafische Ausgestaltung beider Marken sei nicht derart prägnant, dass die Marken jeweils von ihr beherrscht würden. Da die Ausgestaltung nicht eigenständig benannt werden könne, die Buchstaben in den beiden Marken gut erkennbar seien und keinen beschreibenden Sinngehalt aufwiesen, sei der Ausgestaltung bei der phonetischen Betrachtung kein Vorrang einzuräumen. Zwar könne nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu „Bogner B/Barbie B“ bei grafisch ausgestalteten Einzelbuchstaben nicht auf eine isolierte Benennung des Lautwertes abgestellt werden, weil nähere Spezifizierungen zu erwarten seien. Vorliegend handele es sich jedoch nicht um Einzelbuchstaben, sondern um Buchstabenkombinationen, die ohne weiteres als „ka-ka“ ausgesprochen werden könnten. In Anbetracht der klanglich identischen Marken und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei mit Verwechslungen der Marke bei allen Waren und Dienstleistungen zu rechnen, deren Berührungspunkte zu einer markenrechtlich relevanten Ähnlichkeit führten, wobei auch eine nur entfernte Ähnlichkeit ausreiche.
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Bei den Widerspruchswaren „Seifen“ in Klasse 3 handle es sich um ein meist in Form von handlichen Stücken einer festen Substanz, auch in flüssiger oder pastenartiger Form hergestelltes wasserlösliches Mittel zum Waschen, das besonders in der Körperpflege verwendet werde, mithin um ein Mittel zur Körper- und Schönheitspflege mit reinigendem Zweck. Entsprechend finde sich der Begriff in der „TMclass“ als europäisch harmonisierter Klassifikationsdatenbank unter dem Pfad „Klasse 03: Körperpflegemittel/ Körperreinigungs- und Körperpflegepräparate/Seifen und Gele“. Die Formulierung „meist“ im Duden weise jedoch bereits darauf hin, dass auch andere Arten von Seifen möglich seien. So fänden sich in der „TMclass“ Waren wie „Seifenpads, Seifen für Haushaltszwecke, Seifenstücke für Reinigungszwecke im Haushalt“, die dem Pfad „Reinigungs- und Duftpräparate“ zugeordnet seien. Im Ergebnis müsse daher beim Begriff „Seifen“ in Klasse 3 sowohl von Körperreinigungsprodukten, als auch von (sonstigen) Haushaltsreinigungsprodukten ausgegangen werden und damit einer Ware sowohl der Kosmetik- als auch der Reinigungsmittelindustrie. Bei einer Auslegung als „Haushaltsseifen“ stünden sich daher in Bezug auf „Fensterreiniger; Fensterreiniger [Poliermittel]; Haushaltsreinigungsmittel; Reiniger für Haushaltszwecke; Sprühreiniger für Haushaltszwecke; Toilettenreiniger“ der angegriffenen Marke identische oder zumindest hochgradig ähnliche Waren gegenüber. Es bestünden Überschneidungen im Zweck der Haushaltsreinigung, in den verwendeten Rohstoffen und in den Darreichungsformen. Im Übrigen sei ohne weiteres von identischen oder hochgradig ähnlichen Waren auszugehen. In Klasse 35 finde sich die „Geschäftsführung in Bezug auf Kundentreue-, Prämien- oder Verkaufsförderungsprogramme“ in den weiter gefassten Angaben „Geschäftsführung von Einzelhandelsgeschäften; Geschäftsführung von Großhandels- und Einzelhandelsgeschäften“ der angegriffenen Marke wieder, was zur Ähnlichkeit führe.
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Bei den sich gegenüberstehenden Einzelhandelsdienstleistungen bemesse sich die Ähnlichkeit nach der Frage, ob bei den betroffenen Warensegmenten Überschneidungen beim üblichen Vertriebsweg bestünden. Im Hinblick auf die Handelsdienstleistungen der Widerspruchsmarke sei daher eine Ähnlichkeit für alle Warensegmente anzunehmen, die zum typischen Sortiment von Drogerien gehörten. Dies könne mit Ausnahme der „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Autozubehör“, die regelmäßig nicht in Drogerien angeboten würden, für alle gehandelten Warensegmente der angegriffenen Marke festgestellt werden.
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Unter Würdigung der Gesamtumstände sei daher von einer Verwechslungsgefahr der Marken nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG für alle im Identitäts- oder Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren und Dienstleistungen auszugehen, für die die angegriffene Marke somit gemäß § 43 Abs. 2 MarkenG zu löschen sei.
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Hiergegen hat der Markeninhaber Beschwerde eingelegt.
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Zutreffend sei die Markenstelle zwar von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Die für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren „Seifen“ wiesen allerdings nur einen sehr geringen Ähnlichkeitsgrad zu den Waren „Fensterreiniger; Fensterreiniger [Poliermittel]; Haushaltsreinigungsmittel; Reiniger für Haushaltszwecke; Sprühreiniger für Haushaltszwecke; Toilettenreiniger“ auf. Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 35 bestehe nur insofern eine durchschnittliche Ähnlichkeit mit solchen Einzelhandelsdienstleistungen, welche zum Sortiment von Drogerien gehörten. Deshalb bestehe keine Ähnlichkeit in Bezug zu gehandelten „Ausrüstungen zum Garen von Nahrungsmitteln, Ausrüstungen zum Kühlen, Geräte zur physikalischen Therapie, Heizgeräte, Heizungen und Artikel für veterinärmedizinische Zwecke“. Entgegen der Auffassung der Markenstelle bestehe zudem keine Zeichenähnlichkeit. Zutreffend sei zwar eine (schrift)bildliche Ähnlichkeit sowie eine Ähnlichkeit im Sinngehalt verneint worden. Den Wortbestandteilen der Zeichen komme allerdings keine prägende Bedeutung für den klanglichen Vergleich zu. So seien die Buchstaben der Widerspruchsmarke nicht ohne weiteres erkennbar. Bei der bloßen Betrachtung der Widerspruchsmarke lasse sich ohne weiteres die Buchstabenfolge „I-H-I“ erkennen, wobei das „H“ schräg zwischen den beiden „I“ angeordnet sei. Wie bei grafisch ausgestalteten Einzelbuchstaben würden aber ohnehin auch vorliegend die Zeichen nicht benannt werden. Es bestehe keine Gewohnheit des Verkehrs in der Branche der Widersprechenden das Zeichen mit einem Lautwert „ka-ka“ ohne weitere Zusätze zu benennen. Vielmehr werde der Verkehr die vollständige Kennzeichnung „KiKo“ wählen, zumal das Zeichen auch ausschließlich im Zusammenhang und in unmittelbarer Nähe zu der Firmenbezeichnung „KiKo“ verwendet werde. Selbst wenn man aber mit der Markenstelle von einer klanglichen Ähnlichkeit ausgehen würde, wäre dies nicht ausreichend. Denn die Vergleichszeichen würden von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht nur phonetisch, sondern auch visuell wahrgenommen, so dass eine klangliche Ähnlichkeit nicht ausreiche. Wegen der fehlenden Markenähnlichkeit sei eine Verwechslungsgefahr daher nicht zu bejahen.
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Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. November 2019 aufzuheben und den Widerspruch vollständig zurückzuweisen.
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Die Beschwerdegegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, die sich gegenüberstehenden Zeichen seien hochgradig ähnlich. Hinsichtlich der prägenden Wortelemente „KK“ und „KK“ bestehe sogar Identität, nicht nur in schriftbildlicher, sondern auch in klanglicher Hinsicht. Die vom Bundesgerichtshof zu grafisch ausgestalteten Einzelbuchstaben aufgestellten Grundsätze seien auf die vorliegende Fallgestaltung einer Buchstabenkombination nicht anwendbar. Zwischen den Vergleichswaren und -dienstleistungen bestehe hochgradige Ähnlichkeit bzw. Identität. Angesichts der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und klanglich identischen Marken bzw. hochgradig ähnlichen Marken bestehe im Übrigen selbst im Bereich gering ähnlicher Waren und Dienstleistungen, wie sie der Markeninhaber zugestehe, Verwechslungsgefahr. Die Beschwerde sei daher offensichtlich unbegründet.
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Der Senat hat unter Beifügung von Rechercheunterlagen (Anlagen 1-6, Bl. 51-76 d. A.) mit gerichtlichem Schreiben vom 22. Dezember 2021 als Termin zur Entscheidung den 23. Februar 2022 mitgeteilt und darauf hingewiesen, dass vorbehaltlich weiterer Stellungnahmen, deren Eingang bis 1. Februar 2022 erwartet werde, die Löschungsanordnung der Markenstelle wegen Verwechslungsgefahr zutreffend erscheine.
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Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 18. Februar 2022, über das elektronische Postfach beA eingegangen beim Bundespatentgericht am gleichen Tag sowie sodann mit qualifizierter Signatur am 21. Februar 2022, die Aussetzung des Beschwerdeverfahrens aus Gründen der Vorgreiflichkeit gemäß § 148 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG beantragt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Markeninhaber beim DPMA per Fax am 17. Februar 2022 einen Löschungsantrag gegen die Widerspruchsmarke wegen seines älteren Unternehmenskennzeichens gestellt und die Gebühr entrichtet habe. Die Eintragung der Widerspruchsmarke als Unionsmarke sei im April 2015 erfolgt. Der hiesige Beschwerdeführer und Inhaber der angegriffenen Marke sei auch Inhaber der Firma K… und führe diesenNamen als Unternehmenskennzeichen bereits seit 1989. Unter diesem Unternehmenskennzeichen vertreibe der Beschwerdeführer im geschäftlichen Verkehr ähnliche Produkte wie die Widersprechende (u. a. auch in den Waren- und Dienstleistungsklassen 03 und 35). Belege für die deutlich frühere Nutzung des Unternehmenskennzeichens als die Eintragung der Widerspruchsmarke seien dem DPMA mit dem Löschungsantrag vorgelegt worden. Beendete man die Beschwerde mit der angekündigten Entscheidung ohne Aussetzung bis zur Entscheidung über den Löschungsantrag, würde man dem Widerspruchsführer ein Recht zugestehen, welches ihm im Falle der Löschung gar nicht zugestanden hätte. In dem Löschungsverfahren werde über ein Rechtsverhältnis – Nichtbestehen einer eingetragenen Marke (hier: der Widerspruchsmarke) – entschieden, dessen Nichtbestehen für den vorliegenden Rechtsstreit präjudizielle Bedeutung habe. Der Ausgang des markenrechtlichen Beschwerdeverfahrens hänge vom Bestand der Widerspruchsmarke ab. Nach summarischer Prüfung bestehe eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Widerspruchsmarke zu löschen sei. Da die für die Aussetzung sprechenden Umstände das Interesse des Widerspruchführers und Beschwerdegegners deutlich überwögen, sei das Beschwerdeverfahren wegen des anhängigen Löschungsantrags auszusetzen. Wegen des beachtlichen Interesses des Beschwerdeführers an der Klärung des Bestands der Widerspruchsmarke komme nämlich der Prognose, ob eine rechtskräftige Entscheidung in absehbarer Zeit zu erwarten sei, nicht die maßgebliche Bedeutung zu, wie es der 28. Senat des Bundespatentgerichts in einem vergleichbaren Fall (BPatG, Beschluss vom 10.07.2017, 28 W (pat) 35/16) entschieden hatte.
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Mit gerichtlichem Schreiben vom 21. Februar 2022 (Bl. 93/94 d. A.) ist den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt worden, dass der Senat eine Aussetzung aus formalen wie inhaltlichen Gründen nicht in Betracht ziehe.
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Mit nachgereichtem Schriftsatz vom 6. März 2022 hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass nunmehr ein Löschungsantrag beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gestellt worden sei und der Aussetzungsantrag wegen Gefahr der Vorgreiflichkeit aufrechterhalten bleibe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG zulässige Beschwerde des Markeninhabers hat in der Sache keinen Erfolg.
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Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat die Markenstelle im beschwerdegegenständlichen Umfang die Gefahr von unmittelbaren Verwechslungen gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2, 125b Nr. 1 MarkenG zwischen den Vergleichsmarken bejaht und insoweit die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet,
35
§ 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.
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A) Eine Aussetzung des beschwerdegegenständlichen Widerspruchsverfahrens war nicht veranlasst.
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1. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht sind nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG die Vorschriften der §§ 140 ff ZPO grundsätzlich anwendbar (vgl. hierzu Knoll in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 82 Rn. 57 ff). Nach § 148 ZPO kann die Aussetzung des Verfahrens angeordnet werden, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Die Entscheidung über die Aussetzung des Beschwerdeverfahrens liegt, wenn die Voraussetzungen des § 148 ZPO erfüllt sind, im Ermessen des Gerichts (vgl. BGH GRUR 2015, 1201 Rn. 18).
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Eine Aussetzung des Verfahrens kann danach auch veranlasst sein, wenn in einem Kollisionsverfahren der Widerspruch aus einer Unionsmarke eingelegt worden ist und diese Unionswiderspruchsmarke mit einem Löschungsverfahren vor dem EUIPO angegriffen wird (vgl. BPatG, Beschluss vom 22.01.2019, 27 W (pat) 98/16 – Schuh mit x-förmiger Gestaltung).
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2. Im vorliegenden Streitfall kommt es – da der Senat die Marken im beschwerdegegenständlichen Umfang für verwechslungsfähig hält – zwar auf die Bestandsfähigkeit der Widerspruchmarke UM 013 517 611 entscheidend an, denn im Fall ihrer Löschung würde sie der angegriffenen Marke nicht mehr entgegenstehen, wie der Markeninhaber zutreffend ausführt.
40
a) In Bezug auf das vom Markeninhaber mit Antrag vom 17. Februar 2022 beim DPMA eingeleitete Löschungsverfahren zur Erklärung der Nichtigkeit der Widerspruchsmarke wegen älterer Rechte besteht schon keine Vorgreiflichkeit im Sinne von § 148 ZPO, die nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts eine Aussetzung des Verfahrens rechtfertigen könnte. Denn mit dem Verfahren vor dem DPMA nach §§ 51, 53 MarkenG können Unionsmarken nicht angegriffen werden.
41
b) Der Beschwerdeführer hat zwar nunmehr mit Schriftsatz vom 6. März 2022 auf die Einreichung seines Antrags auf Nichtigerklärung der Widerspruchsmarke aus relativen Gründen nach Art. 60 UMV beim EUIPO hingewiesen. Trotz Vorgreiflichkeit eines solchen Verfahrens ist eine Aussetzung gleichwohl nicht veranlasst, weil die gegen eine Aussetzung sprechenden Umstände das Interesse des Markeninhabers auf Aussetzung des Beschwerdeverfahrens überwiegen.
42
Dies zum einen deshalb, weil sowohl die Erfolgsaussichten – anders als der Beschwerdeführer meint – als auch der Zeitpunkt einer rechtskräftigen Entscheidung eines solchen Verfahrens nicht vorhersehbar sind. Zum anderen spricht für die Nichtaussetzung des Beschwerdeverfahrens, dass die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke durch eine Eintragungsbewilligungsklage nach § 44 MarkenG, die grundsätzlich als Korrektiv der sachlich beschränkten Prüfung im Widerspruchsverfahren zur Verfügung steht, rückgängig gemacht werden könnte, was auch für den Fall eines Widerspruchs aus einer Unionsmarke gegen eine nationale Eintragung gilt (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 44 Rn. 6).
43
Ein Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren gegen die Widerspruchsmarke ist daher nicht angezeigt.
44
c) Soweit der Beschwerdeführer auf eine Entscheidung des 28. Senats (AZ: 28 W (pat) 35/16) verweist, gibt dies keinen Anlass für eine andere Beurteilung. Denn dort war das Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit der Widerspruchsmarke bereits beim Gericht der Europäischen Union anhängig und es bestand angesichts der Ausführungen in der Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Nichtigerklärung Bestand haben würde. Zudem handelte es sich um ein Nichtigkeitsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse, so dass die Möglichkeit der Eintragungsbewilligungsklage nach § 44 MarkenG nicht zur Verfügung stand. Der dortige Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich von dem hiesigen Streitfall und ist damit nicht vergleichbar.
45
Der Aussetzungsantrag des Markeninhabers war daher zurückzuweisen.
46
B) Im Laufe des Widerspruchsverfahrens haben sich mit Wirkung vom 14. Januar 2019 die Vorschriften des Markengesetzes geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht. Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für den gegen diese Eintragung erhobenen Widerspruch gemäß § 158 Abs. 3 MarkenG in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung (MarkenG n. F.) weiterhin § 42 Abs. 1 und 2 MarkenG in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung (im Folgenden „MarkenG“) anzuwenden.
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C) Die Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur EuGH GRUR 2020, 52 Rn. 41 – 43 – Hansson [Roslags Punsch/ROSLAGSÖL]; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – Barbara Becker; BGH GRUR 2020, 870 – INJEKT/INJEX; GRUR 2019, 1058 Rn. 17 – KNEIPP; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – OXFORD/Oxford Club; WRP 2017, 1104 ff. – Medicon-Apotheke/Medico Apotheke; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; GRUR 2016, 283 Rn. 7 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE).
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Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze ist eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken zu besorgen.
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1. Da Benutzungsfragen vom Markeninhaber nicht aufgeworfen wurden, ist für die Beurteilung der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen die Registerlage maßgeblich.
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a) Nicht verfahrensgegenständlich sind die durch den Widerspruch angegriffenen Dienstleistungen der Klasse 35 „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Autozubehör“, weil nur der Markeninhaber Beschwerde eingelegt hat.
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b) Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH GRUR Int. 2009, 397 Rn. 65 – Les Éditions Albert René Sàrl/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH MarkenR 2016, 157 Rn. 21 – BioGourmet; GRUR 2015, 176 Rn. 16 – ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488 Rn. 12 – DESPERADOS/DESPERADO). Angesichts der fehlenden Körperlichkeit von Dienstleistungen sind für die Beurteilung ihrer Ähnlichkeit in erster Linie Art und Zweck, also der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistungen sowie die Vorstellung des Verkehrs maßgeblich, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortlichkeit erbracht werden (BGH GRUR 2018, 79 Rn. 11 – OXFORD/Oxford Club). Bei Einzelhandelsdienstleistungen, die auf nicht substituierbare Waren bezogen sind, kann eine Ähnlichkeit bestehen, wenn der Verkehr wegen Gemeinsamkeiten im Vertriebsweg, etwa Überschneidungen in den jeweiligen Einzelhandelssortimenten, also bezogen auf solche Waren, die „unter einem Dach“ angeboten werden, davon ausgeht, dass die jeweiligen Einzelhandelsdienstleistungen unter gleicher unternehmerischer Verantwortung erbracht werden (vgl. BGH GRUR 2016, 382 – BioGourmet).
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Von einer absoluten Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit kann nur dann aus-gegangen werden, wenn die Annahme einer Verwechslungsgefahr trotz (unterstellter) Identität der Marken wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH a. a. O. Rn. 17 – ZOOM/ZOOM; GRUR 2012, 1145 Rn. 34 – Pelikan; GRUR 2009, 484 Rn. 25 – METROBUS).
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c) Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen stehen sich im beschwerdegegenständlichen Umfang teilweise identische und teilweise mindestens mittelgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen gegenüber.
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(1) Die Waren der angegriffenen Marke aus Klasse 3 „Cremereiniger, ausgenommen für medizinische Zwecke; Einwegtücher getränkt mit Reinigungspräparaten zur Anwendung im Gesicht; Feuchte Kosmetiktücher; Feuchtreinigungstücher für hygienische Zwecke sowie für die Körper- und Schönheitspflege; Handreinigungspräparate; Hygienepräparate als Körperpflegemittel; Imprägnierte Reinigungstücher für den persönlichen Gebrauch [nicht für medizinische Zwecke]; Körperpflegemittel; Körperreinigungs- und Körperpflegepräparate; Kosmetische Haarpflegeprodukte; Kosmetische Hautpflegeprodukte; Kosmetische Präparate für die Körperpflege; Lotionen für die Gesichts- und Körperpflege; Mit Hautreiniger getränkte Tücher; Reiniger für die Hände; Reinigungscremes; Reinigungsflüssigkeiten; Reinigungsgele; Reinigungslotionen; Reinigungsmilch für die Hautpflege; Reinigungsmilch für die Körper- und Schönheitspflege; Reinigungsmittel; Reinigungsöle; Reinigungsschaum; Toilettemittel [Körperpflege]; Saunaöle; ätherische Öle; Massageöle“ werden von den Widerspruchswaren aus dieser Klasse – nämlich von den weiten Warenbegriffen „Parfümeriewaren; Ätherische Öle; Kosmetika“ – umfasst und sind daher identisch. Dagegen erinnert im Übrigen selbst der Beschwerdeführer nichts.
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(2) Die weiteren Waren der Klasse 3 „Fensterreiniger; Fensterreiniger [Poliermittel]; Haushaltreinigungsmittel; Reiniger für Haushaltszwecke; Sprühreiniger für Haushaltszwecke;
Toilettenreiniger“ sind – wovon die Markenstelle zutreffend ausgegangen ist – identisch oder zumindest hochgradig ähnlich zu den Widerspruchswaren „Seifen“. Denn unter den Warenbegriff „Seifen“ können, weil er nicht auf kosmetische Zwecke spezifiziert ist, auch „Fensterseifen“, „WC-Seifen“ oder „Kern-, Gall- oder Schmierseifen“ fallen, bei denen es sich um Reinigungsmittel u. a. für den Haushalt handelt (vgl. Anlage 1 der mit dem gerichtlichen Hinweis übermittelten Rechercheunterlagen).
56
(3) Die Dienstleistungen der Klasse 35 „Geschäftsführung von Einzelhandelsgeschäften; Geschäftsführung von Großhandels- und Einzelhandelsgeschäften“ zeigen hinsichtlich Art und Zweck der Dienstleistungen deutliche Überschneidungen zu den Widerspruchsdienstleistungen „Geschäftsführung in Bezug auf Kundentreue-, Prämien- oder Verkaufsförderungsprogrammen“, so dass unter Anwendung der oben genannten Kriterien ohne weiteres eine hohe Dienstleistungsähnlichkeit gegeben ist.
57
(4) Die weiteren beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 35 „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Bekleidung; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Bekleidungsstücke und Bekleidungsaccessoires; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf diätetische Erzeugnisse; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Einrichtungsgegenstände; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Einweg-Papiererzeugnisse; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Feinkostwaren; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geräte für Hygienezwecke für Menschen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geräte für Hygienezwecke für Tiere; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geräte für Schönheitszwecke für Menschen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Lebensmittel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf medizinische Apparate; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf medizinische Instrumente; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Nahrungsmittel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Präparate für die Zubereitung von Getränken; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Reinigungsartikel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Reinigungsmittel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Schmuckwaren; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Sportartikel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Sportwaren; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Tierpflegemittel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Toiletteartikel; Einzelhandels- oder Großhandelsdienstleistungen für pharmazeutische Artikel, Hygienepräparate sowie medizinische Artikel; Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Reinigungsartikel; Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Reinigungsmittel; Online-Einzelhandelsdienstleistungen bezüglich Kosmetika und Schönheitsprodukte“ sind (mindestens) mittelgradig ähnlich zu den Handelsdienstleistungen der Widerspruchsmarke. Denn diese gehandelten Waren gehören zum üblichen Sortiment eines Drogeriemarktes, worauf bereits die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat.
58
(5) Soweit der Beschwerdeführer, nämlich hinsichtlich der „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Mittel für veterinärmedizinische Zwecke
;
Einzelhandels- oder Großhandelsdienstleistungen für veterinärmedizinische Artikel;
Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Ausrüstung zum Garen von Nahrungsmitteln; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Ausrüstung zum Kühlen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geräte zur physikalischen Therapie; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug Heizgeräte“ in seiner Beschwerdebegründung eine Ähnlichkeit in Zweifel zieht, kann dem in Anbetracht der Rechercheergebnisse des Senats nicht gefolgt werden. Denn bezüglich der Handelsdienstleistungen im Bereich der veterinärmedizinischen Mittel bzw. Artikel ist festzustellen, dass Drogeriemärkte vielfach Tierpflegemittel anbieten (vgl. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis). Bei den „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Ausrüstung zum Garen von Nahrungsmitteln“ kann es sich um Folienbeutel fürs Garen handeln, die in Drogerien erhältlich sind (vgl. Anlage 3 zum gerichtlichen Hinweis). Bei den „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Ausrüstung zum Kühlen“ kann es sich um Eiswürfelbeutel, Kühltaschen oder Gefrierpads (vgl. Anlage 4 zum gerichtlichen Hinweis), bei den „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geräte zur physikalischen Therapie“ kann es sich um (kleine) Infrarotlampen (vgl. Anlage 5 zum gerichtlichen Hinweis) und bei den „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug Heizgeräte“ kann es sich schließlich um Heizkissen oder beheizbare Einlegesohlen handeln (vgl. Anlage 6 zum gerichtlichen Hinweis). Ob neben Selbstbräuner-Produkten kleinere Apparate wie z. B. Höhensonnen, Gesichtsbräuner bzw. Gesichtssolarien zum üblichen Sortiment eines Drogeriemarkes gehören, kann dahingestellt bleiben, denn die Dienstleistungen „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Bräunungsapparate“ sind jedenfalls identisch zu den konkret aufgeführten Widerspruchsdienstleistungen „Einzelhandelsverkauf, einschließlich Online-Verkauf, in Bezug auf … kosmetische Geräte“, weil ein Bräunungsapparat unter den Begriff „kosmetisches Gerät“ subsumiert werden kann.
59
2. Die Widerspruchsmarke verfügt von Haus aus über durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen normalen Schutzumfang (vgl. BGH GRUR 2013, 833, 838, Rn. 55 – Culinaria/ Villa Culinaria, zu den Graden der Kennzeichnungskraft). Ausreichende Anhaltspunkte für eine Schwächung oder Steigerung der Kennzeichnungskraft sind weder vorgetragen worden noch ansonsten erkennbar.
60
3. Die hier relevanten Vergleichswaren aus der Klasse 3 sowie die Einzelhandelsdienstleistungen der Klasse 35 richten sich an den Endverbraucher. Die Großhandelsdienstleistungen und Geschäftsführungsdienstleistungen richten sich dagegen an den Fachhandel bzw. unternehmerische Kreise, so dass insoweit von einer etwas erhöhten Aufmerksamkeit auszugehen ist.
61
4. Den bei dieser Ausgangslage – identische oder jedenfalls durchschnittlich ähnliche Vergleichswaren bzw. –dienstleistungen, durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und zumindest teilweise erhöhte Aufmerksamkeit des angesprochenen Publikums – erforderlichen Markenabstand hält die angegriffene Marke zur Widerspruchsmarke nicht ein.
62
Denn die Vergleichsmarken und sind in klanglicher Hinsicht identisch, so dass eine unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr nicht verneint werden kann.
63
Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (EuGH GRUR Int. 2010, 129 Rn. 60 – Aceites del Sur-Coosur [La Espagnola/Carbonelle]; BGH GRUR 2016, 382 Rn. 37 – BioGourmet). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (EuGH GRUR 2007, 700 Rn. 35 – HABM/Shaker [Limoncello/LIMONCHELO]; BGH GRUR 2017, 1104 Rn. 27 – Medicon-Apotheke/Medico Apotheke).
64
a) Eine Markenähnlichkeit im Bedeutungsgehalt ist zu verneinen. Denn die Kollisionsmarken verfügen über keinen konkreten Sinngehalt.
65
b) Auch in schriftbildlicher Hinsicht liegt keine hinreichende Ähnlichkeit vor; die Marken zeigen zwar jeweils die Buchstaben „kk“. Diese sind aber völlig anders gestaltet. So ist insbesondere bei der älteren Marke der zweite Buchstabe spiegelverkehrt wiedergegeben. Die bildlichen Unterschiede sind sehr deutlich.
66
c) In klanglicher Hinsicht ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Zeichen jeweils von ihren Buchstabenkombinationen „kk“ geprägt werden.
67
Eine Ähnlichkeit im Klang scheidet zwar dann aus, wenn die Zeichen nicht benannt werden, wie dies etwa bei (reinen) Bildzeichen regelmäßig der Fall ist (vgl. BGH GRUR 2006, 60 Rn. 24 – coccodrillo). Im Streitfall stehen sich jedoch zwei Wort-/Bildmarken gegenüber. Wenngleich das Unionsmarkenrecht formal die Kategorie „Wort-/Bildmarke“ nicht kennt, so ist im Unionsmarkenregister bei den Angaben zur Marke die Buchstabenkombination „KK“ aufgeführt. Zudem kommt es entscheidungserheblich auf die Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise an. Diese werden den Marken einen Buchstabencharakter beimessen und jeweils von einer Wort-/Bildkombination – nämlich der grafischen Ausgestaltung der Buchstaben „kk“ – ausgehen. Auch das ältere Zeichen weist im Übrigen aus sich heraus einen Buchstabencharakter auf. Denn die Buchstabenfolge „kk“ der Widerspruchsmarke wird trotz oder sogar wegen der ohne weiteres erkennbaren spiegelverkehrten Anordnung des zweiten Buchstabens als solche wahrgenommen.
68
Bei der Feststellung des klanglichen Gesamteindrucks von Wort-/Bildmarken ist regelmäßig von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Wortbestandteil – sofern er, wie im vorliegenden Fall, kennzeichnungskräftig ist – den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. BGH GRUR 2014, 378 Rn. 39 – OTTO CAP). Zudem ist für den phonetischen Zeichenvergleich maßgeblich, wie die Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen mündlich wiedergegeben werden, wenn sie diese in ihrer registrierten Form vor sich haben. Sind verschiedene Aussprache- oder Benennungsmöglichkeiten einer Marke naheliegend und wahrscheinlich, sind diese beim klanglichen Zeichenvergleich zu berücksichtigen (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 291, 297, 298).
69
Bei beiden Marken ist danach mit einer identischen Wiedergabe im Sinne von „ka-ka“ zu rechnen. Ob die Widerspruchsmarke gegebenenfalls auch mit „ka-ha-ka“ benannt wird, kann dahinstehen, denn jedenfalls ist die Benennung mit „ka-ka“ wahrscheinlich und naheliegend.
70
Für die Auffassung des Beschwerdeführers, der Verkehr werde die Widerspruchsmarke mit „kiko“ mündlich wiedergeben, gibt es in Bezug auf die allein maßgebliche Registerlage keinerlei Anhaltspunkte.
71
Anders als der Beschwerdeführer meint, können die Erwägungen aus der BGH-Entscheidung Bogner B/Barbie B (BGH GRUR 2021, 930 Rn. 47) zu grafisch ausgestalteten Einzelbuchstaben nicht herangezogen werden. Denn für die hier relevante Branche kann – anders als in der oben genannten BGH-Entscheidung – keine Gewohnheit des Verkehrs festgestellt werden, aus zwei Buchstaben gebildete Marken nicht nur mit dem Lautwert der Buchstabenfolge, sondern mit weiteren spezifizierenden Zusätzen zu benennen. Entsprechende Anhaltspunkte vermochte der Beschwerdeführer jedenfalls nicht aufzuführen.
72
d) Schließlich wird die klangliche Übereinstimmung der Marken auch nicht durch die Abweichungen im Bild neutralisiert. Denn diese von der europäischen Rechtsprechung entwickelte Neutralisierungstheorie kommt nach der Rechtsprechung des BGH nur ausnahmsweise zur Anwendung (vgl. BGH GRUR 2011, 824 – Kappa). Danach kann von einer sog. Neutralisierung nur dann ausgegangen werden, wenn die damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen regelmäßig nur auf Sicht gekauft bzw. in Anspruch genommen werden. Im Streitfall kann hiervon aber nicht ausgegangen werden. Denn beim Kauf bzw. der Inanspruchnahme der hier relevanten Waren und Dienstleistungen gehen durchaus mündliche Nachfragen, Empfehlungen und Gespräche unter (Fach)Verbrauchern voraus, bei denen es – wie auch bei der akustischen Werbung – zu klanglichen Verwechslungen kommen kann (vgl. hierzu Hacker in Ströbele/Hacker/ Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 276).
73
Bei Gesamtwürdigung aller für die Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren ist von einer Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht auszugehen. Die Markenstelle hat daher zu Recht im beschwerdegegenständlichen Umfang die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
74
Die Beschwerde des Markeninhabers musste nach alledem erfolglos bleiben.
75
D) Zu einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.
76
E) Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, denn weder war eine solche von den Verfahrensbeteiligten beantragt worden noch war sie aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG. Auch die (Nicht)Aussetzungsentscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, zumal ohnehin nichts gegen eine entsprechende Anwendung des § 248 Abs. 2 ZPO spricht (Knoll in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 82 Rn. 62).


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