Patent- und Markenrecht

30 W (pat) 31/20

Aktenzeichen  30 W (pat) 31/20

Datum:
27.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2022:270122B30Wpat31.20.0
Spruchkörper:
30. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Wortmarke 30 2015 001 077
(hier: Löschungsverfahren S 37/19)
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. Januar 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Dr. Weitzel und des Richters Merzbach beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 6. Juli 2020 aufgehoben, soweit darin die Löschung der Marke 30 2015 001 077 für die Waren und Dienstleistungen
“Klasse 28: Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Kasinoausrüstung, nämlich Roulettetische, Rouletteräder; Ziehungsgeräte für Gewinn- und Lotteriespiele, Ausspielungen oder Verlosungen;  Spieltische insbesondere für Tischfußball, Billard, Gleitkörperspiele; Wurfscheiben (Spielzeug) und Wurfpfeile; elektrische, elektronische oder elektromechanische Geräte zur Durchführung von Bingospielen, Lotteriespielen oder Video Lottery Spielen und für Wettbüros, vernetzt oder unvernetzt; Wettautomaten (Maschinen); jegliche vorgenannte Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb
Klasse 35: Werbung, Werbung durch Werbemittel, Marketing; Werbung, Marketing, Sponsoring in Form von Werbung zur Förderung von Verkauf, Vermietung und Nutzung von Unterhaltungsautomaten, Spielautomaten, Sportautomaten, Informationsautomaten, Musikautomaten, elektronischen Spielen, Spielgeräten, Sportgeräten, Kasinoautomaten, Roulettetischen, Kartenspieltischen; Werbung, Marketing, Sponsoring durch den Einsatz von Unterhaltungsautomaten, Spielautomaten, Sportautomaten, Informationsautomaten, Musikautomaten, elektronischen Spielen, Spielgeräten und Sportgeräten; betriebswirtschaftliche Beratung bei der Einrichtung von Gaststätten, Spielstätten, Sportstätten und Kasinos”
angeordnet worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die am 12. Februar 2015 angemeldete Wortmarke
2
Fruit
3
wurde am 30. Juni 2015 u.a. für die Waren und Dienstleistungen
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“Klasse 09: Computer; Computersoftware; Software für Computer- und Videospiele; Spielesoftware zur Verwendung mit beliebigen computergestützten Plattformen einschließlich Unterhaltungselektronik und Spielkonsolen; Spielprogramm für Computer; Computerspiele; Videospiele (Software); Computerspiele, bereitgestellt über ein weltweites Computernetz oder mittels elektronischer Multimediaausstrahlung oder durch Telekommunikation oder elektronische Übertragung oder über das Internet; Computerspiele, Software für Freizeit und Erholung, Videospiele und Computersoftware, alles bereitgestellt in Form von Speichermedien; Programme zum Betreiben von elektrischen und elektronischen Apparaten für Spiel-, Vergnügungs- und/oder Unterhaltungszwecke; Computersoftware für Computerspiele im Internet; Online-Spiele (Software), insbesondere für Online-Geldspiele, Online-Gewinnspiele, Online-Glücksspiele, Online-Geschicklichkeitsspiele und Online-Kasinospiele; Computersoftware in Form einer Applikation für mobile Geräte und Computer; Computerhardware und -software für Kasino- und Spielhallenspiele, für Spielautomaten bzw. Slotmaschinen, Video Lottery Spielautomaten oder Glücksspiele über das Internet; Datenverarbeitungsgeräte und Computer, einschließlich Datenverarbeitungsgeräte und Computer als Bestandteile von Datennetzen und zur Teilnahme an der Kommunikation in Datennetzen
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Klasse 28: Spiele; Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Spielgeräte (auch geldbetätigt); geld- oder münzbetätigte Spielautomaten (Maschinen); Spiele für Spielhallen (soweit in Klasse 28 enthalten); münzbetätigte Videospielapparate; Videospiele als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; Kasinoausrüstung, nämlich Roulettetische, Rouletteräder; geldbetätigte Glücksspielautomaten (Maschinen) und Glücksspielmaschinen, insbesondere für Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; elektronische oder elektrotechnische Glücksspielgeräte, Glücksspielautomaten, Glücksspielmaschinen, Slotmaschinen, welche durch Einwurf von Münzen, Jetons, Banknoten, Tickets oder mittels elektronischen, magnetischen oder biometrischen Speichermedien betätigt werden, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Kasinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Kasinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; geldbetätigte Spielautomaten und/oder elektronische Geldspielapparate (Maschinen) mit oder ohne Gewinnmöglichkeit; angepasste Gehäuse für durch Einwurf von Münzen, Jetons, Tickets oder mittels elektronischen, magnetischen oder biometrische Speichermedien betätigte Spielautomaten, Glücksspielgeräte, Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Kasinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; elektronische Spiele; Apparate für elektronische Spiele und Zubehör; Spielautomaten mit Videoausgabe; Ziehungsgeräte für Gewinn- und Lotteriespiele, Ausspielungen oder Verlosungen; an münzbetätigte Automaten angepasste Gehäuse aus Metall, Kunststoff und/oder Holz; Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; elektropneumatische und elektrische Ziehmaschinen (Spielautomaten); Spieltische insbesondere für Tischfußball, Billard; Gleitkörperspiele; Wurfscheiben (Spielzeug) und Wurfpfeile; elektrische, elektronische oder elektromechanische Geräte zur Durchführung von Bingospielen, Lotteriespielen oder Video Lottery Spielen und für Wettbüros, vernetzt oder unvernetzt; LCD-Spielekonsolen; Wettautomaten (Maschinen); jegliche vorgenannte Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb
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Klasse 35: Werbung, Werbung durch Werbemittel, Marketing; Werbung, Marketing, Sponsoring in Form von Werbung zur Förderung von Verkauf, Vermietung und Nutzung von Unterhaltungsautomaten, Spielautomaten, Sportautomaten, Informationsautomaten, Musikautomaten, elektronischen Spielen, Spielgeräten, Sportgeräten, Kasinoautomaten, Roulettetischen, Kartenspieltischen; Werbung, Marketing, Sponsoring durch den Einsatz von Unterhaltungsautomaten, Spielautomaten, Sportautomaten, Informationsautomaten, Musikautomaten, elektronischen Spielen, Spielgeräten und Sportgeräten; betriebswirtschaftliche Beratung bei der Einrichtung von Gaststätten, Spielstätten, Sportstätten und Kasinos”
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in das Markenregister eintragen.
8
Mit einem am 27. Februar 2019 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin die Löschung dieser Marke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG beantragt.
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Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag, der ihr mittels am 14. März 2019 versandten Übergabeeinschreibens zugestellt worden war, mit am 30. April 2019 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem Schriftsatz widersprochen.
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Mit Beschluss vom 6. Juli 2020 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts die Marke 30 2015 001 077 teilweise, und zwar für die unter Ziff. I genannten Waren und Dienstleistungen, gelöscht sowie den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen.
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Zur Begründung ist ausgeführt, dass der zulässige Löschungsantrag in der Sache teilweise begründet sei, da der angegriffenen Marke in Bezug auf die entsprechenden Waren und Dienstleistungen sowohl im Anmeldezeitpunkt als auch im Entscheidungszeitpunkt das Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe. Bei der angegriffenen Marke Fruit handele es sich um eine Angabe, die einen engen beschreibenden Bezug zu den gelöschten Waren und Dienstleistungen aufweise und daher von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde.
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Der inländische Verkehr erfasse Fruit ohne weiteres als englisches Wort für “Frucht”. Es handele sich um ein geläufiges Wort des englischen Grundwortschatzes. In Verbindung mit Spielautomaten und Dienstleistungen, die Spielautomaten zum Gegenstand hätten, beziehe sich die angegriffene Marke mit ihrer Bedeutung “Frucht” darauf, dass diese Automaten mit Früchten verziert seien bzw. Früchte wesentliche Elemente des Spiels darstellten. Wie sich aus den beigefügten Rechercheergebnissen ergebe, handele es sich bei Früchten um eine der häufigsten Ausschmückungen und Themenangaben für Spielautomaten. Den angesprochenen Verkehrskreisen sei dies bekannt. Deshalb könne davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Angabe Fruit in Verbindung mit diesen Produkten nicht als Herkunftshinweis verstünden.
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Mithin fehle der angegriffenen Marke bei allen Waren, die üblicherweise mit Früchten verziert würden, die Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Unterscheidungskraft fehle auch bezüglich der Dienstleistungen, die sich direkt auf mit Früchten verzierte Spielautomaten bezögen. Unterscheidungskräftig sei die Marke hingegen für alle Waren, die nicht mit Früchten versehen würden, z.B. weil sie in keinem erkennbaren Zusammenhang mit Fruchtsymbolen ständen oder weil sie in andere Waren verbaut seien und daher in der Regel keine besondere äußere Gestaltung aufwiesen.
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Gegen die Teillöschung ihrer Marke durch die Markenabteilung 3.4 wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde.
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Sie ist der Auffassung, die angegriffene Marke weise auch im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen keinen engen beschreibenden Bezug auf. Zwar sei es richtig, dass bei Spielen, die mittels eines Gewinnspielautomaten gespielt würden, zeichnerische Darstellungen von Früchten als Gewinnsymbole Verwendung fänden. Das betreffe aber nur sog. “Walzenspiele”, bei denen mehrere Walzen rotieren und bei Stillstand in einer Reihe angeordnete Gewinnsymbole einen Gewinn anzeigten. Nicht betroffen seien aber andere Spiele für Gewinnspielautomaten sowie klassische Casinospiele (z.B. Kartenspiele wie Poker, Black Jack etc. oder Roulette). Daneben gebe es eine Vielzahl von Spielautomaten, die keine Gewinnspielautomaten seien, wie z.B. Flipperautomaten.
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Zudem würden Gewinnspielautomaten seit vielen Jahren nicht mehr als mechanische Walzengeräte angeboten, sondern in der Regel als bildschirm-basierte Geräte, bei denen mittels eines Auswahl-Menüs aus einer Vielzahl unterschiedlicher Gewinnspiele ausgewählt werden könne.
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Darüber hinaus wiesen die auf einem Gewinnspielautomaten abspielbaren Walzenspiele eine grenzenlose Vielfalt von Themenwelten wie “Zoo” oder “Weltraum” sowie davon abgeleitete Gewinnsymbole auf. Der Verkehr schließe deshalb nicht von Gewinnsymbolen, also auch nicht von Früchten, auf das jeweilige Gewinnspiel. Eine Verzierung von Spielautomaten mit entsprechenden Symbolen wie Früchten sei zudem unüblich, da die jeweils ausgewählten Gewinnspiele nur auf dem Bildschirm angezeigt würden.
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Nach alldem werde der Verkehr einen beschreibenden Begriffsgehalt von Fruit für (Gewinn-)Spielautomaten nicht ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassen. Er müsse nämlich (1) Fruit mit “Frucht” übersetzen, dann (2) von einer möglichen Darstellung eines Gewinnsymbols auf das Walzenspiel selbst und (3) von dem Walzenspiel auf den Gewinnspielautomaten schließen, auf dem u.a. ein derartiges Walzenspiel ausgewählt werden könne.
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Unabhängig davon sei die Begründung der Markenabteilung nicht für alle gelöschten Waren und Dienstleistungen korrekt. So treffe die Prämisse der Markenabteilung, Spielautomaten könnten mit Früchten verziert sein bzw. Früchte wesentliche Elemente des Spiels darstellen – wenn überhaupt – nur auf Gewinnspielautomaten mit Walzenspielen zu.
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Zudem handele es sich bei der entsprechenden Spiele-Software nicht um “Computersoftware”, weil die Software, die in einem Spielautomaten installiert sei, nicht austauschbar sei. So seien Gewinnspielautomaten gemäß § 33 c GewO nur aufstellbar, wenn deren Bauart zuvor von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassen worden sei. Vor diesem Hintergrund sei diese spezifische Software nicht unter den Warenbegriff “Computersoftware” zu subsumieren. Überdies seien EDV-Hardware und Software Komponenten vieler Waren, ohne dass die Waren selbst als “Computer” oder “Software” angesehen würden. Das treffe gerade für Gewinnspielautomaten zu.
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Auch im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 28 und 35 trage die Begründung der Markenabteilung nicht. Ihre Behauptung, Spiele, Spielgeräte sowie Spielautomaten würden häufig mit Fruchtsymbolen versehen oder Früchte seien Inhalt des Spiels, sei zu pauschal und reiche nicht aus, um einen engen beschreibenden Bezug zu den Waren und Dienstleistungen zu begründen.
22
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juli 2020 aufzuheben, soweit darin die teilweise Löschung der Marke 30 2015 001 077 angeordnet worden ist, und den Antrag auf Löschung insgesamt zurückzuweisen.
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Die Beschwerdegegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
26
Sie trägt vor, entgegen der Auffassung der Markenabteilung habe das angegriffene Zeichen nicht nur einen engen beschreibenden Bezug zu den von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen. Es handele sich vielmehr um eine unmittelbar beschreibende Sachangabe in Bezug auf die beanspruchten und mit Glücksspiel in Verbindung stehenden Waren und Dienstleistungen. Die Bezeichnung Fruit erschöpfe sich nämlich in dem Hinweis, dass Waren angeboten oder Dienstleistungen erbracht würden die sich auf Glücksspiele beziehen, in denen Früchte dargestellt würden. Noch heute werde der Begriff “fruit machine” von Übersetzungstools mit “Spielautomat” übersetzt.
27
Die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Aufteilung der Spielautomaten in “Walzenspiele” einerseits und Spielautomaten mit anderen Spielen (wie klassischen Casinospielen) andererseits sei willkürlich. Im Übrigen sei die Unterscheidung zwischen Spieleautomaten mit und ohne Gewinnmöglichkeiten rein öffentlich-, gewerbe- und steuerrechtlicher Natur. Auch sei die Verzierung von Spielautomaten mit Fruchtsymbolen überaus gebräuchlich.
28
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei der beschreibende Begriffsgehalt von Fruit für den Verkehr sofort erkennbar. Die dargelegten Gedankenschritte seien künstlich aufgespalten.
29
Im Hinblick auf die Klasse 09 könnten Spielautomaten als “Computer” bezeichnet werden und die Spielsoftware falle unter “Computersoftware”. In Bezug auf die Waren der Klasse 28 und die Dienstleistungen der Klasse 35 erläutere die Beschwerdeführerin nicht konkret, inwiefern die Entscheidung der Markenabteilung fehlerhaft sei.
30
Der Senat hat den Parteien mit der Terminsladung vom 23. September 2021 Rechercheergebnisse übersandt.
31
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
32
Die gemäß § 66 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist teilweise, und zwar für die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen, erfolgreich.
33
A. Der Antrag auf Löschung gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG ist nach dem 14. Januar 2019 gestellt worden – nämlich am 27. Februar 2019 -, so dass § 50 MarkenG in seiner neuen Fassung anzuwenden ist, vgl. § 158 Abs. 8 MarkenG.
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Dem auf die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 MarkenG gestützten und auch ansonsten zulässigen Löschungsantrag der Beschwerdegegnerin hat die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist des hier im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung noch anzuwendenden § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG a.F. (bis zum 30. April 2020 geltende Fassung) widersprochen, so dass die Voraussetzungen zur Durchführung des Löschungsverfahren gemäß § 54 Abs. 2 S. 3 MarkenG a. F. vorliegen.
35
B. Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 MarkenG gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von Schutzhindernissen zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Wird geltend gemacht, die Eintragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 Abs. 2 MarkenG verstoßen, kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das Eintragungshindernis sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke bestanden hat (BGH GRUR 2014, 565, Rn. 10 –  smartbook ; GRUR 2014, 483, Rn. 22 – test; GRUR 2013, 1143, Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) als auch – soweit es um die Tatbestände nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-13 MarkenG geht – im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Ist eine solche Feststellung, auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen, nicht möglich, muss es – gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen – bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (BGH GRUR 2014, 565, Rn. 18 –  smartbook , BPatG GRUR 2006, 155 – Salatfix).
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C. In Beachtung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für die Löschung der Marke Fruit nach §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen – mit Ausnahme der im Tenor genannten – vor.
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1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2015, 1198, Rn. 59 – Kit Kat; BGH GRUR 2020, 411, Rn. 10 – #darferdas? II; GRUR 2018, 301, Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934, Rn. 9) – OUI; jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2014, 373, Rn. 20 –  KORNSPITZ ; GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Vorsprung durch Technik; BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung nicht nur umfassend, sondern auch streng sein muss, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 12.09.2019, C-541/18, Rn. 28 – #darferdas?); entsprechendes gilt im Löschungsverfahren. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O., Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376, Rn. 11 – grill meister).
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Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. EuGH GRUR 2013, 519, Rn. 46 – Deichmann; GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2017, 186, Rn. 30 und 32 – Stadtwerke Bremen; GRUR 2014, 1204 Rn. 12 –  DüsseldorfCongress ; GRUR 2014, 569, Rn. 14 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat).
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2. Diesen vorgenannten Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt die angegriffene Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen – mit Ausnahme der im Tenor genannten – nicht, da die angesprochenen Verkehrskreise dem Wortzeichen diesbezüglich lediglich einen ohne weiteres erkennbaren Hinweis auf Inhalt, Gegenstand, Zweckbestimmung oder Ausgestaltung der entsprechenden Waren entnehmen werden.
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a) Bei der Beurteilung des Verständnisses der beschwerdegegenständlichen Marke ist hinsichtlich eines Teils der Waren wie “Spiele, Spielzeug” auf den durchschnittlichen Endverbraucher abzustellen. Im Hinblick auf zahlreiche Waren, die mit Glücks- und Casinospielen zu tun haben, ist auf den sachverständigen Endverbraucher abzustellen, der z.B. eine Spielesoftware nutzt oder Spiele in Spielhallen spielt. Zudem richten sich Waren und Dienstleistungen wie z.B. “Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Kasinos und Glücksspielhallen (…)” oder “Werbung” an den Fachverkehr, der die Hardware bzw. die Automaten und Maschinen für Spielhallen, Kasinos oder andere Vergnügungsstätten einkauft bzw. letztere bewirbt (vgl. zum Parallelverfahren EuG T-2017, 345 Rn. 25-28 –  MULTI   FRUITS ).
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b) Die Streitmarke besteht aus dem englischen Begriff “Fruit”. Das für den inländischen Verkehr zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörende Substantiv bedeutet “Frucht” oder auch “Früchte”.
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c) Mit diesem, den angesprochenen Verkehrskreisen bereits zum Anmeldezeitpunkt ohne weiteres verständlichen Sinngehalt weist das Wortzeichen Fruit zu den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen – mit Ausnahme der im Tenor genannten –  einen die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließenden engen beschreibenden Bezug auf.
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aa) Ein Schutzhindernis besteht, wie die Markenabteilung zu Recht angenommen hat, für die folgenden Waren der Klasse 28:
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“Spiele; Spielzeug; Spielgeräte (auch geldbetätigt); geld- oder münzbetätigte Spielautomaten (Maschinen); Spiele für Spielhallen (soweit in Klasse 28 enthalten); münzbetätigte Videospielapparate; Videospiele als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; geldbetätigte Glücksspielautomaten (Maschinen) und Glücksspielmaschinen, insbesondere für Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; elektronische oder elektrotechnische Glücksspielgeräte, Glücksspielautomaten, Glücksspielmaschinen, Slotmaschinen, welche durch Einwurf von Münzen, Jetons, Banknoten, Tickets oder mittels elektronischen, magnetischen oder biometrischen Speichermedien betätigt werden, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Kasinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Kasinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; geldbetätigte Spielautomaten und/oder elektronische Geldspielapparate (Maschinen) mit oder ohne Gewinnmöglichkeit; angepasste Gehäuse für durch Einwurf von Münzen, Jetons, Tickets oder mittels elektronischen, magnetischen oder biometrische Speichermedien betätigte Spielautomaten, Glücksspielgeräte, Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Kasinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; elektronische Spiele; Apparate für elektronische Spiele und Zubehör; Spielautomaten mit Videoausgabe; an münzbetätigte Automaten angepasste Gehäuse aus Metall, Kunststoff und/oder Holz; Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; elektropneumatische und elektrische Ziehmaschinen (Spielautomaten); LCD-Spielekonsolen, jegliche vorgenannte Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb”.
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In Bezug auf “Spiele” und “Spielzeug” versteht der Verkehr eine Kennzeichnung mit Fruit als beschreibenden Hinweis auf den Gegenstand des Spiels bzw. die Art des Spielzeugs. Früchte können nämlich die wesentlichen Elemente eines (Gesellschafts-)Spiels darstellen (vgl. dazu die Internetseite https://die-besten-familienspiele-gesellschaftsspiele.de/obstgarten/https://die-besten-familienspiele-gesellschaftsspiele.de/obstgarten/). So gab es schon zum dem https://die-besten-familienspiele-gesellschaftsspiele.de/obstgarten/). So gab es schon zum dem Anmeldezeitpunkt beispielsweise Plastik oder Holzfrüchte als Kaufladenzubehör (vgl. dazu die Internetseite https://.skadic.de/Erzi-Kaufladenzubehoer-Sortiment-Obst-klein-2831-1847.htmlhttps://.skadic.de/Erzi-Kaufladenzubehoer-Sortiment-Obst-klein-2831-1847.html) oder Brettspiele rund um das Thema Früchte (vgl. https://.skadic.de/Erzi-Kaufladenzubehoer-Sortiment-Obst-klein-2831-1847.html) oder Brettspiele rund um das Thema Früchte (vgl. Google Suchergebnis zur Abfrage: “Brettspiel  früchte “).Im Hinblick auf die Waren, die mit Glücks- und Casinospielen zu tun haben, wird der Verkehr eine Kennzeichnung mit Fruit als Themenangabe für Spiele und Automaten und damit nicht als Herkunftshinweis verstehen. So gibt es zahlreiche Computerspiele mit dem Thema “Früchte”. Beispielweise wird ein Online-Denkspiel angeboten, bei dem man Früchte verbinden soll (https://www.spiele-kostenlos-online.de/puzzlespiele/denkspiele/fruechte-verbinden/https://www.spiele-kostenlos-online.de/puzzlespiele/denkspiele/fruechte-verbinden/). Bereits im Jahr https://www.spiele-kostenlos-online.de/puzzlespiele/denkspiele/fruechte-verbinden/). Bereits im Jahr 2002 konnte man ein Online-Spiel spielen, in dem es darum ging, die richtigen Früchte zu erraten und in einen Korb zu legen (www.lojol.de/html/frucht/html).Überdies gehören “Früchtespiele” zu den klassischen Automatenspielen (vgl. dazu die Internetseite http://www.spielothek-online.com/fruechteslot/). In einem Artikel zu Automatenspielen werden auch die sogenannten “Früchte-Spielautomaten” beschrieben und die “populärsten Früchtespiele” vorgestellt (https://automatenspielex.com/types/fruechte-spielautomaten). Bereits im Anmeldejahr 2015 veröffentlichte der Spiele-Anbieter “Spielothek Online” eine “Umfassende Liste aller Früchte-Spiele” (http://www.spielothek-online.com/fruechteslot/http://www.spielothek-online.com/fruechteslot/).http://www.spielothek-online.com/fruechteslot/).Dabei ist zu berücksichtigen, dass es insbesondere in der (Online- und Casino-) Spielbranche üblich ist, Früchte-Spiele mit englischen Namen und dem Bestandteil “Fruit(s)” zu bezeichnen, so z.B. ” Fantasic  Fruit”, “Happy/Fancy/Crazy Fruits” (vgl. Google-Suchergebnis zu “fruit-spiele casino”).
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Zudem weisen und wiesen die Spielautomaten häufig selbst thematische Bezeichnungen der angebotenen Spiele auf, um dem Publikum einen leichten Überblick zu verschaffen und die Automaten-/Spieleauswahl zu erleichtern. Dass eine entsprechende Kennzeichnung der Spielautomaten auf die Art bzw. das Thema des Spiels hinweisen kann, zeigen auch die M-Box Editionen “Fruits” und “Egypt” die Beschwerdeführerin.  In der Beschreibung dazu heißt es “Ruft der Spielgast das Menü auf, findet er (…) die thematisch zur jeweiligen Sonderedition passenden Spiele” (https://www.automatenmarkt.de/produkte/artikel/m-box-editions-fruits-und-egypt/https://www.automatenmarkt.de/produkte/artikel/m-box-editions-fruits-und-egypt/). Unter die Überschrift “Spielautomaten nach Themen” https://www.automatenmarkt.de/produkte/artikel/m-box-editions-fruits-und-egypt/). Unter die Überschrift “Spielautomaten nach Themen” führt ein anderer Anbieter aus, dass Spielautomaten schon in der Spielhalle – also quasi auf den ersten Blick – Unterhaltung und Gewinnaussicht kombinieren sollen. Wichtig sei dabei die “thematische Einteilung” der Spielautomaten, die praktisch unbegrenzt sei (https://www.casino-spiele.guru/spielautomaten-nach-themen/). Die jeweiligen Themen werden, wie bei der Sonderedition “Fruits” und “Egypt”, häufig durch die wörtliche Benennung auf dem Spielautomaten angezeigt. Ein weiteres Beispiel ist ein bereits im Jahr 2012 existierender Spielautomat mit der Bezeichnung “Pompeji”, bei dem es nach der Spielebeschreibung “um die Geschichte der antiken römischen Stadt geht, die durch den Ausbruch des Vulkans zerstört wurde” (https://www.slotsadviser.com/de/slots/reviews/pompeii/).
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Im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen Waren “elektropneumatische und elektrische Ziehmaschinen (Spielautomaten)” besteht ebenfalls ein enger beschreibender Zusammenhang des Zeichens Fruit, weil es sich dabei – laut dem Klammerzusatz – ebenfalls um “Spielautomaten” handelt.
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bb) Im Hinblick auf die Klasse 09 besteht ein Schutzhindernis für alle beschwerdegegenständlichen Waren. Auch insoweit hat die Markenabteilung die Löschung deshalb zu Recht angeordnet.
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Soweit es sich bei den genannten Waren um Soft- und Hardware für Computer- und Videospiele bzw. Spielesoftware handelt, weist eine Kennzeichnung mit Fruit beschreibend darauf hin, dass es sich bei den mittels der entsprechenden Software zu spielenden Spielen um sogenannte “Früchte-Spiele” handelt. In einem Artikel zu “Früchte-Spielen” wird die Wichtigkeit einer gut entwickelten Software hervorgehoben: “Was die Strukturen und die Funktionen betrifft, so sind den Softwareentwicklern kaum Grenzen gesetzt” (https://automatenspielex.com/types/fruechte-spielautomaten). Insofern besteht zwischen dem Sinngehalt der Marke und der Software ein unmittelbarer und konkreter enger Bezug, so dass dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, es handele sich nur um eine Produktkomponente, nicht gefolgt werden kann.
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Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, die Software, die in einem Spielautomaten installiert sei, sei deshalb keine “Computersoftware”, weil sie im Hinblick auf § 33 c GewO nicht ausgetauscht werden dürfe, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. So ist zum einen davon auszugehen, dass die auf einem Spielautomaten installierte Software, technisch gesehen, durchaus, z.B. bei Fehlern, ausgetauscht und verändert werden kann. Überdies ist Software der Oberbegriff für “ausführbare Programme und die zu diesen gehörenden Daten”, (http://www.softselect.de/business-software-glossar/software), wozu auch Spielesoftware zählt. Außerdem beansprucht die streitgegenständliche Marke unter anderem “Computerhardware und –software für Kasino- und Spielhallenspiele (…)”, so dass die Beschwerdeführerin offenbar selbst davon ausgegangen ist, dass die Software für Spielautomaten “Computersoftware” ist.
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Ebenfalls nicht gefolgt werden kann dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, Gewinnspielautomaten seien keine “Computer”, da von einem Computer erwartet werde, dass der Benutzer verschiedene Anwendungen darauf installieren könne, was bei Gewinnspielautomaten ausgeschlossen sei. Zum einen können die Spielhallenbetreiber durchaus verschiedene Anwendungen installieren, z.B. neue Spiele oder Versionen. Überdies handelt es sich bei einem (Früchte)Spielautomat um einen Computer, weil er über dafür typische Eigenschaften verfügt: Der Nutzer tätigt über Tasten eine Eingabe, die eine elektrische Datenverarbeitung anstößt, aufgrund der ein Ergebnis (Gewinn oder Verlust) ermittelt wird.
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Wegen des engen beschreibenden Bezugs fehlt der Wortmarke gegenwärtig und bereits zum Anmeldezeitpunkt für die vorgenannten Waren der Klassen 28 und 09 die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
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3. Anders ist die Situation für die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen. Für diese fehlt der angegriffenen Marke Fruit zum Anmelde- und zum Entscheidungszeitpunkt weder die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch war sie freihaltebedürftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
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a) Das gilt für die folgenden Waren der Klasse 28:
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“Klasse 28: Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Kasinoausrüstung, nämlich Roulettetische, Rouletteräder; Ziehungsgeräte für Gewinn- und Lotteriespiele, Ausspielungen oder Verlosungen;  Spieltische insbesondere für Tischfußball, Billard, Gleitkörperspiele; Wurfscheiben (Spielzeug) und Wurfpfeile; elektrische, elektronische oder elektromechanische Geräte zur Durchführung von Bingospielen, Lotteriespielen oder Video Lottery Spielen und für Wettbüros, vernetzt oder unvernetzt; Wettautomaten (Maschinen); jegliche vorgenannte Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb”,
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bei denen zwar eine Verzierung mit Fruchtsymbolen möglich ist, aber kein Zusammenhang mit “Früchte-Spielen” erkennbar ist. Ein hinreichend naheliegender und ohne weiteres verständlicher sachbeschreibender Zusammenhang mit der angegriffenen Marke Fruit und den entsprechenden Waren liegt nicht vor. Zu Recht weist die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine mögliche Verzierung der Waren mit Früchte-Symbolen nicht ausreicht, um der Wortmarke Fruit die Unterscheidungskraft abzusprechen.
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Im Hinblick auf “Ziehungsgeräte für Gewinn- und Lotteriespiele, Ausspielungen, und Verlosungen” hat die Recherche keine Praxis dahingehend ergeben, dass bei den bekannten Früchte-Spielen Ziehungsgeräte eingesetzt werden, da die Früchte-Spiele nicht in der Art einer Lotterie gespielt werden. Eine Früchte-Lotterie, die ein beschreibendes Verständnis von Fruit nahelegen könnte, war nicht recherchierbar. Es ist insofern davon auszugehen, dass der Sinngehalt von Fruit im Zusammenhang mit den vorgenannten Ziehungsgeräten zu diffus bleibt, um einen hinreichend konkreten engen beschreibenden Bezug herstellen zu können.
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Auch im Hinblick auf “elektrische, elektronische oder elektromechanische Geräte zur Durchführung von Bingospielen, Lotteriespielen oder Video Lottery Spielen und für Wettbüros, vernetzt oder unvernetzt” hat die Markenabteilung die Löschung zu Unrecht angeordnet, weil es sich bei den betreffenden Spielen nicht um typische “Früchte-Spiele” handelt, die in der Regel nicht als Bingospiele, Lotteriespiele und Wetten veranstaltet werden (anderer Ansicht: EuG, T.355/16, Rn. 38 – MULTI FRUITS, wonach “Lotteriespiele” alle möglichen Glücksspiele umfassen). Es ist insofern davon auszugehen, dass der Sinngehalt von Fruit auch für den Fachverkehr im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotterien zu diffus bleibt, um einen hinreichend konkreten engen beschreibenden Bezug herstellen zu können.
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 b) Auch im Hinblick auf die folgenden Dienstleistungen der Klasse 35 hat die Markenabteilung die Löschung zu Unrecht angeordnet:
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“Klasse 35: Werbung, Werbung durch Werbemittel, Marketing, Werbung, Marketing, Sponsoring in Form von Werbung zur Förderung von Verkauf, Vermietung und Nutzung von Unterhaltungsautomaten, Spielautomaten, Sportautomaten, Informationsautomaten, Musikautomaten, elektronischen Spielen, Spielgeräten, Sportgeräten, Kasinoautomaten, Roulettetischen, Kartenspieltischen; Werbung, Marketing, Sponsoring durch den Einsatz von Unterhaltungsautomaten, Spielautomaten, Sportautomaten, Informationsautomaten, Musikautomaten, elektronischen Spielen, Spielgeräten und Sportgeräten; betriebswirtschaftliche Beratung bei der Einrichtung von Gaststätten, Spielstätten, Sportstätten und Kasinos”.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht es im Allgemeinen nicht den Branchengewohnheiten, Werbedienstleistungen und betriebswirtschaftliche Beratungsdienstleistungen durch das beworbene Produkt zu charakterisieren. Üblich zur Beschreibung der vorgenannten Dienstleistungen ist eine Bezeichnung nach Art des Mediums oder der Branchen, auf die Leistungen bezogen sind, während eine Festlegung auf ein bestimmtes Themengebiet regelmäßig nicht erfolgt (BGH GRUR 2009, 949, Rn. 24 – My World; BPatG 29 W (pat) 523/12 – myJobs; BPatG 29 W (pat) 34/13 – Yukon). Vorliegend ergaben sich weder aus dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin noch aus den Recherchen des Senats Belege dafür, dass sich das Markenzeichen Fruit zur Beschreibung von Werbe- und betriebswirtschaftlichen Beratungsdienstleistungen grundsätzlich eignet.
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D. Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.


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