Patent- und Markenrecht

4 NI 66/17, 4 Ni 66/17

Aktenzeichen  4 NI 66/17, 4 Ni 66/17

Datum:
11.8.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:110820U4Ni66.17.0
Spruchkörper:
4. Senat

Leitsatz

Nockenwellenversteller
1. Die Anforderung von öffentlich beglaubigten Übersetzungen steht im Ermessen des Gerichts. Es kann daher auch im Patentnichtigkeitsverfahren eine anderweitige, insbe-sondere privatschriftliche Übersetzung einer Druckschrift für ausreichend erachten.
2. Der Beurteilung, die private Übersetzung ausreichen zu lassen, steht nicht entgegen, dass im gerichtlichen Schreiben, das den Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG erhalten hat, die Einreichung einer beglaubigten Übersetzung angefordert worden ist. Dies kann nämlich nicht als bindend angesehen werden in dem Sinne, dass der Senat sein ihm nach § 142 Abs. 3 ZPO zustehendes Ermessen endgültig ausgeübt habe und er hiervon nicht mehr abrücken könne.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das deutsche Patent DE 10 2013 212 942
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. August 2020 durch die Richterin Kopacek als Vorsitzende sowie die Richterin Püschel und die Richter Dr.-Ing. Krüger, Dipl.-Ing. Univ. Richter und Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder
für Recht erkannt:
I. Das deutsche Patent 10 2013 212 942 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 8 gestrichen wird.
II. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Nichtigerklärung des deutschen Patents DE 10 2013 212 942 (im Folgenden: Streitpatent). Die Beklagte ist Inhaberin des Patents, das am 3. Juli 2013 angemeldet worden ist. Die Patenterteilung wurde am 21. Januar 2016 veröffentlicht. Gegenstand des Streitpatents mit der Bezeichnung „Fluidversorgung, etwa eine Ölversorgung, für ein Zentralventilsystem für einen trockenen Riementrieb“ sind eine Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit (Ansprüche 1 bis 8) und ein Antriebsstrang für ein Kraftfahrzeug mit einer solchen Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit (Anspruch 9).
2
Der Kläger greift das Streitpatent sowohl in der erteilten Fassung im vollen Umfang der Patentansprüche 1 bis 9 wie auch nachfolgend in den von der Beklagten für eine hilfsweise Verteidigung eingereichten geänderten Fassungen an, jeweils wegen unzulässiger Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG), unzureichender Offenbarung (§ 21 Abs. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 4 PatG) sowie mangelnder Patentfähigkeit (fehlende Neuheit bzw. fehlende erfinderische Tätigkeit, § 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 4 PatG). Die Beklagte verteidigt das Streitpatent in seiner erteilten Fassung, zuletzt mit der Maßgabe, dass in der erteilten Fassung des Streitpatents Patentanspruch 8 gestrichen wird, sowie in geänderten Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3.
3
Die Patentansprüche 1 und 9 lauten in der erteilten Fassung mit hinzugefügter Gliederungsbezeichnung:
4
Anspruch 1:
5
M1 Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit (1)
6
M2 mit einem Nockenwellenversteller (2) des Flügelzellentyps,
7
M3 in dem ein ein Druckfluid, wie Öl, verteilendes Zentralventil (3)
8
vorhanden ist,
9
M4 und mit einem Verstellaktuator (4),
10
etwa nach Art eines elektrisch betätigbaren Zentralmagnetaktuators,
11
der auf das Zentralventil (3) die Druckfluidverteilung steuernd einwirkt,
12
M5 wobei der Nockenwellenversteller (2)
13
mittels eines trocken laufenden Zugmitteltriebes,
14
etwa mittels eines Riemens,
15
angetrieben oder antreibbar ist,
16
M6 und einen Stator (5) und einen drehbar darin gelagerten Rotor (6)
17
aufweist,
18
M7 und wobei ein über das Zentralventil (3) mit Druckfluid befüllbarer
19
Druckfluidverteilraum (8) vorhanden ist
20
M8 und wenigstens eine Druckfluidrückführleitung (40)
21
in den Rotor (6) eingebracht ist,
22
dadurch gekennzeichnet,
23
M9 dass die Druckfluidrückführleitung (40)
24
in Axialrichtung durchgängig durch den Rotor (6) verläuft
25
M10 und sich in radialer Richtung
26
beabstandet vom Zentralventil (3) im Rotor (6) erstreckt.
27
Anspruch 9:
28
A1 Antriebsstrang für ein Kraftfahrzeug,
29
mit einer Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit (1)
30
nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
31
A2 einer Nockenwelle (13), die zumindest im Betriebszustand
32
mit dem Rotor (6) des Nockenwellenverstellers (2) verbunden ist,
33
A3 sowie einem trocken laufenden Zugmitteltrieb, wie einem Riementrieb,
34
wobei der Zugmitteltrieb zumindest im Betriebszustand
35
den Stator (5) des Nockenwellenverstellers (2) antreibt.
36
Wegen des Wortlauts der übrigen Ansprüche 2 bis 8 wird auf die Streitpatentschrift DE 10 2013 212 942 B4 verwiesen. Wegen des Wortlauts der Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 3 wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 14. Februar 2020 verwiesen.
37
Mit seiner Nichtigkeitsklage macht der Kläger geltend, die jeweiligen Gegenstände der Ansprüche 1 bis 9 gingen über den Inhalt der Anmeldung hinaus. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 8 sieht er als nicht ausführbar offenbart. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu bzw. nicht erfinderisch gegenüber den Entgegenhaltungen D1, D2, D3, D4, D5, D6, D7, D8, D9, D10, D11 sowie D20; auch die jeweiligen Gegenstände der weiteren Ansprüche 2 bis 9 seien nicht neu und beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
38
Der Kläger hat mit der Nichtigkeitsklage folgende Dokumente zum Stand der Technik vorgelegt:
39
D1 JP 2011-196245 A
40
D1.1 Maschinenübersetzung zu D1
41
D2 EP 2 365 193 B1
42
D3 US 6,308,672 B1
43
D4 US 6,338,322 B1
44
D5 US 2011/0088645 A1
45
D6 US 2004/0154568 A1
46
D7 US 2011/0162601 A1
47
D8 JP 9-60508 A
48
D8.1 Übersetzung zu D8
49
D9 DE 10 2005 011 452 A1
50
D10 CN 101900005 B
51
D10.1 Übersetzung zu D10
52
D11 US 8,387,578 B2
53
D12 EP 1 371 819 A2
54
D13 EP 2 500 531 A1
55
D14 EP 1 731 722 B1
56
D15 DE 10 2010 023 863 A1
57
D16 US 2009/0159024 A1
58
D17 DE 10 2011 007 793 A1
59
D18 DE 10 2008 051 145 A1
60
D19 DE 10 2011 050 084 A1
61
D20 DE 10 2013 223 112 A1
62
D20a JP 2014-109260 A (Prioritätsdokument zu D20)
63
D20b Maschinenübersetzung zu D20a.
64
Anlage 29 Übersetzung zu D20a
65
Anlage 30 Übersetzung zu D1.
66
Er vertritt die Auffassung, das Ersetzen des (Gattungs-)Begriffs „Bausatz“ durch den Ausdruck „Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit“ in den erteilten Patentansprüchen 1 bis 9 stelle eine unzulässige Erweiterung dar, da der Ursprungsoffenbarung keine Hinweise auf eine „Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit“ zu entnehmen seien. Der ursprünglich beanspruchte „Bausatz“ könne nicht als eine „Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit“ ausgebildet sein, da ein Bausatz aus einer Vielzahl von Einzelteilen, welche keine unmittelbare Wirkverbindung aufwiesen, bestehe, während der erteilte Anspruch 1 auf eine Vorrichtung und somit auf ein Zusammenwirken dieser Einzelteile gerichtet sei.
67
Des Weiteren gehe die im kennzeichnenden Teil des erteilten Patentanspruchs 1 vorgenommene Streichung bzw. Änderung („die Druckfluidrückführleitung (40) in Axialrichtung durchgängig durch den Rotor (6) verläuft und sich in radialer Richtung beabstandet vom Zentralventil (3) im Rotor (6) erstreckt.“) über die ursprünglich eingereichte Fassung („sich die Druckfluidrückführleitung (40) im Wesentlichen in Axialrichtung erstreckt.“) hinaus, da sich der Ausdruck „Axialrichtung“ im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 klar auf einen Verlauf und somit auf eine geometrische Ausgestaltung der Druckfluidrückführleitung beziehe, während er im erteilten Anspruch 1 lediglich einer Richtungsangabe entspreche.
68
Zudem sei im erteilten Anspruch 1 eine Ausgestaltung der Druckfluidrückführleitung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Insbesondere könnten der Beschreibung des Streitpatents keine genauen Hinweise entnommen werden, in welchen Bereichen sich die Druckfluidrückführleitung erstrecke und/oder welche Bauteile durch sie miteinander verbunden würden. Insbesondere aus Absatz [0083] des Streitpatents werde nicht hinreichend klar, wie die Druckfluidrückführleitung und die Druckfluidabführleitung zusammenwirkten. Die erste Möglichkeit, dass die Druckfluidrückführleitung und die Druckfluidabführleitung dieselbe Leitung ausbildeten, führe zu einem Widerspruch gegenüber dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1, aus welchem klar hervorgehe, dass „sich die Druckfluidrückführleitung im Wesentlichen in Axialrichtung erstreckt“. Die zweite Möglichkeit, dass die Druckfluidrückführleitung lediglich einen Teil der Druckfluidabführleitung, insbesondere den sich durch den Rotor 6 erstreckenden Fluidkanal 40, ausbilde, führe zu einem Widerspruch gegenüber den erteilten Ansprüchen 2, 3, 5 und 6. Der Fachmann sei somit nicht in der Lage, die Erfindung in der gesamten beanspruchten Breite auszuführen.
69
Der erteilte Patentanspruch 8 sei ebenfalls nicht ausführbar offenbart, da aus dem Streitpatent nicht ersichtlich werde, wie der anspruchsgemäße Überdeckungsspeicher ausgestaltet, in der Vorrichtung angeordnet, an das Zentralventil angeschlossen sei und/oder funktional mit dem Zentralventil zusammenwirken könne.
70
Im Hinblick auf die Auslegung seien dem Streitpatent keine Hinweise zu entnehmen, wie der im Patentanspruch 1 enthaltene Begriff „Zentralventil“, welches nach Auffassung des Klägers nicht Teil der Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit sei, zu interpretieren sei, insbesondere, worauf sich der Ausdruck „zentral“ beziehe. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang auf den – auf Anspruch 1 rückbezogenen – Patentanspruch 4, dessen Merkmale das Zentralventil konkretisierten und damit beschränkten, woraus das Erfordernis einer breiteren Auslegung dieses Begriffs im erteilten Patentanspruch 1 folge, und zwar dahingehend, dass es sich um ein beliebiges, in einem Fahrzeug angeordnetes Ventil handeln könne. Soweit die Beklagte versuche, unter Heranziehung verschiedener „Fachveröffentlichungen“, dem Begriff „Zentralventil“ hinsichtlich Position und Ausrichtung Merkmale zuzuschreiben, hätten diese keinen Eingang in den erteilten Patentanspruch 1 gefunden und könnten auch nicht aus der ursprünglichen Offenbarung entnommen werden. Entsprechendes gelte für die von der Beklagten angeführten angeblichen Merkmale des „Druckfluidverteilraumes“, die sich nicht aus dem Patentanspruch 1 herleiten ließen. Auch der „Druckfluidverteilraum“ bilde keinen Bestandteil der Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit aus. Hier folge wiederum aus dem den Druckfluidverteilraum konkretisierenden Unteranspruch 7, dass dieser Begriff im erteilten Patentanspruch 1 breiter ausgelegt werden müsse, und zwar dahingehend, dass der Druckfluidverteilraum allgemein als ein dem Zentralventil nachgeschalteter Raum/Kanal für ein Druckfluid und damit auch als Teil der Druckfluidrückführleitung ausgebildet sein könne. Es sei auch nicht klar, um welchen Teil einer Druckfluidleitung es sich bei der in Patentanspruch 1 offenbarten „Druckfluidrückführleitung“ handle. Hinweise darauf, wie dieser Begriff zu interpretieren sei, insbesondere worauf sich die „Rückführung“ beziehe, seien dem Streitpatent nicht zu entnehmen. Der Begriff sei deshalb dahingehend auszulegen, dass es sich bei der „Druckfluidrückführleitung“ um eine beliebige, in Axialrichtung durchgängige und radial zu dem Zentralventil beabstandet angeordnete Druckfluidleitung handle, die in irgendeiner Form ein Druckfluid rückführe, wobei im Anspruch 1 offengelassen sei, von wo das Druckfluid wohin zurückgeführt werde und wie die Druckfluidrückführleitung verlaufe bzw. ausgerichtet sei.
71
Der „trocken laufende Zugmittelrieb“ gemäß Merkmal 5 sei entgegen der Argumentation der Beklagten kein Teil des Schutzumfanges des erteilten Patentanspruchs 1, da ein solcher dort lediglich fakultativ offenbart sei („mittels eines trocken laufenden Zugmitteltriebs … antreibbar ist“). Auch ein Kettenantrieb könne trocken betrieben werden.
72
Vor diesem Hintergrund sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung nicht neu gegenüber D1, D2, D3, D4, D5, D6, D7, D8, D9, D10, D11 und D20, welche jeweils sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 offenbarten. Jedenfalls sei die Lehre des Anspruchs 1 dem Fachmann durch D1 bis D11 nahegelegt und damit nicht erfinderisch.
73
Die D20 nehme die Priorität der japanischen Voranmeldung JP 2012-265 449 vom 4. Dezember 2012 wirksam in Anspruch, was aus dem DPMA-Register klar hervorgehe. Die Offenlegungsschrift D20a der japanischen Prioritätsanmeldung stimme im Wesentlichen mit der D20 überein, was sich insbesondere aus den Figuren 7 bis 9 ergebe. Die D20 offenbare in Figur 7 auch explizit eine Druckfluidrückführleitung gemäß den Merkmalen 8 bis 10 des erteilten Patentanspruchs 1.
74
Die Auffassung der Beklagten, die vom Kläger in den Anlagen 29 (zu D20) und 30 (zu D1) vorgelegten Übersetzungen durch die Übersetzerin R… Ltd. stelltenkeine ordnungsgemäß beglaubigten Übersetzungen der vorbezeichneten Schriften dar, sei unzutreffend. Die Form der Beglaubigungen entspreche den im Ermessen des Gerichts liegenden Anforderungen an die Beglaubigung. Zudem sei das Bestreiten der Richtigkeit der Übersetzung durch die Beklagte unsubstantiiert, denn sie mache keine konkreten Übersetzungsfehler geltend.
75
Auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 9 seien nicht geeignet, die Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents zu begründen, denn sie seien nicht neu bzw. beruhten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
76
Die von der Beklagten eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3 erachtet der Kläger für über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen hinausgehend und damit unzulässig erweitert, selbst bei unterstellter Zulässigkeit aber jedenfalls nicht für neu und nicht erfinderisch.
77
Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 25. November 2019 gemäß § 83 PatG einen qualifizierten Hinweis sowie einen weiteren rechtlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 11. August 2020 erteilt. Mit dem qualifizierten Hinweis wurde der Kläger zudem aufgefordert, beglaubigte Übersetzungen der Offenlegung der Prioritätsanmeldung zur D20 (JP 2012-265449) und der D1 (JP 2011-196245 A) einzureichen.
78
Der Kläger beantragt,
79
das Patent DE 10 2013 212 942 für nichtig zu erklären.
80
Die Beklagte beantragt,
81
die Klage abzuweisen mit der Maßgabe, dass in der erteilten Fassung des Streitpatents Patentanspruch 8 gestrichen wird, hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1-3, eingereicht mit Schriftsatz vom 14. Februar 2020, erhält.
82
Sie legt zur Stützung ihres Vortrags die folgenden Dokumente vor:
83
CBH 1 Selbststudienprogramm 246 Nockenwellenverstellung
84
CBH 2 Tanz der Ventile
85
CBH 3 EP 1 945 917 B1
86
CBH 4 DE 10 2008 051 145 A1
87
CBH 5 DE 10 2011 050 084 A1
88
CBH 6 Merkmalsanalyse des Anspruchs 1
89
CBH 7 Figur 1 des Streitpatents farbig mit Legende
90
CBH 8 Figur 9 des Streitpatents farbig
91
CBH 9 Auszug aus Ölkreislauf von Verbrennungsmotoren III
92
CBH 10 DE 10 2004 025 215 A1
93
CBH 11 EP 2 093 388 A1
94
CBH 12 DE 10 2008 030 057 A1
95
CBH 13 Figur 9 des Streitpatents mit gelber Markierung
96
CBH 14 „Koaxialitäts- und Konzentrizitätstoleranz“ Auszug aus einem
97
Sonderdruck „Anwendung der Normen über
98
Form- und Lagetoleranzen in der Praxis“
99
CBH 15 DIN EN ISO 1101:2017-09, Geometrische Produktspezifikation,
S. 106-109.
100
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass der Kläger nach wie vor keine ordnungsgemäß beglaubigten Übersetzungen der Anlagen D1 und D20 eingereicht habe. Die Beauftragung eines geeigneten Übersetzers obliege dem Kläger und sei vorliegend problemlos möglich gewesen. Dass der Kläger die R… Ltd., die nicht zu den für die japanische Sprache öffentlich bestellten bzw. beeidigten Übersetzern gehöre, beauftragt habe, sei eine Nachlässigkeit, die der Kläger zu vertreten habe. Die Beklagte bestreitet die Richtigkeit der in der Anlage 29 (zu D20) und Anlage 30 (zu D1) vorgelegten Übersetzungen, so dass die Priorität der D20 nach wie vor unbelegt sei. Soweit der Senat zu Beginn der mündlichen Verhandlung mitgeteilt habe, dass er die Übersetzungen in den Anlagen 29 und 30 als ordnungsgemäß anerkenne, sei ein Abrücken von dem im qualifizierten Hinweis niedergelegten Erfordernis der Vorlage beglaubigter Übersetzungen von D1 und D20, das vorliegend nicht erfüllt sei, nicht möglich. Da der Senat erst in der mündlichen Verhandlung seine vorläufige Auffassung bezüglich der Anerkennung der beglaubigten Übersetzungen mitgeteilt habe, sei die Beklagte ab diesem Zeitpunkt erstmals prozessual verpflichtet gewesen, sich mit der Übersetzung des Prioritätsdokuments – unter Verwahrung gegen die Darlegungslast – auseinanderzusetzen. Die Beklagte bestreitet zudem die Richtigkeit der vorgelegten Übersetzungen. Soweit die D20 ein viertes Ausführungsbeispiel zeige, bei dem ein Verbindungsdurchgang (37) existiere und mit einer Ölaufnahmekammer (90) verbunden sei, handle es sich um eine „unschädliche“ Leitung des „Typs X“. Im ersten Ausführungsbeispiel könne demgegenüber die Ölaufnahmekammer (90) zwar auch Druckfluid aus den Druckkammern über das Zentralventil aufnehmen; es fehle demgegenüber aber an einer Leitung (37).
101
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung gehe nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Der Fachmann könne den ursprünglichen Anmeldeunterlagen unmittelbar und eindeutig eine – wenn auch nicht wörtlich so benannte – „Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit“ entnehmen, da der in den Ursprungsunterlagen beschriebene „Bausatz“ offensichtlich aus einem Nockenwellenversteller und einem Verstellaktuator bestehe (vgl. Absätze [0001], [0061] bis [0063]) und diese beiden Bauteile eine Einheit bildeten (vgl. Fig. 1 bis 16). Unter dem Terminus „Bausatz“ verstehe man auch philologisch ein System von Bauteilen, die bestimmungsgemäß zu einer einheitlichen Vorrichtung verbunden würden, im vorliegenden Fall zu einer Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit.
102
Die in den erteilten Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmale 9 und 10 („die Druckfluidrückführleitung 40 in Axialrichtung durchgängig durch den Rotor (6) verläuft und sich in radialer Richtung beabstandet vom Zentralventil (3) im Rotor (6) erstreckt.“) seien wortidentisch im ursprünglichen Anspruch 6 offenbart, so dass auch insoweit eine unzulässige Erweiterung ausscheide.
103
Der Vortrag des Klägers zur unzureichenden Offenbarung sei unschlüssig, da er zu den vom BGH in ständiger Rechtsprechung formulierten Voraussetzungen für eine mangelnde Ausführbarkeit nichts vorgetragen habe.
104
Abgesehen davon sei die Ausgestaltung der Druckfluidrückführleitung gemäß Merkmal M8 des erteilten Patentanspruchs 1 hinreichend in Absatz [0085] offenbart. Da der dort genannte Fluidleitkanal 40 der Druckfluidrückführung diene, handle es sich hierbei um die patentgemäße Druckfluidrückführleitung. Entgegen der nicht weiter begründeten Ansicht des Klägers liege auch zwischen dem fachmännischen Verständnis des Teilmerkmals „Druckfluidrückführleitung“ und dem Sinngehalt der Ansprüche 2, 3, 5 und 6 kein Widerspruch vor.
105
Zur gebotenen Auslegung des Streitpatents trägt die Beklagte vor, bei dem „Zentralventil“ gemäß Merkmal M3 des erteilten Patentanspruchs 1 handle es sich entgegen den Ausführungen des Klägers nicht um ein beliebiges Ventil, vielmehr sei das technische Verständnis dieses Begriffs aus der – dem Fachwissen zuzurechnenden – Fachveröffentlichung gemäß Anlage CBH 9 zu entnehmen, wonach das Zentralventil in der Nockenwelle bzw. im Nockenwellenversteller angeordnet sei. Dieses Verständnis werde auch durch den Stand der Technik reflektiert (vgl. CBH 10, CBH 11 und CBH 12) und finde sich deckungsgleich zudem in der Streitpatentschrift (Absätze [0066], [0065] und [0063] i.V.m. den Figuren).
106
Soweit Merkmal M5 einen „trocken laufenden Zugmitteltrieb“ vorsehe, handle es sich zumeist um einen Riemenantrieb. Kettenantriebe kämen demgegenüber nicht in Betracht, da diese grundsätzlich nicht trocken, sondern nass liefen, da sie geschmiert werden müssten.
107
Im Hinblick auf Merkmal M7 treffe die Ansicht des Klägers, dass es sich bei dem Druckfluidverteilraum um einen „Druckfluidleitungsabschnitt“ handeln könnte, nicht zu, vielmehr werde der Druckfluidverteilraum in den Figuren des Streitpatents eindeutig als solcher dargestellt und nicht als Teil einer Druckfluidleitung. Zum anderen verbiete es sich aufgrund der unterschiedlichen technischen Funktionen, den Druckfluidverteilraum mit einer „Druckfluidleitung“ oder deren Abschnitt gleichzusetzen, weshalb auch der Anspruch 1 trennscharf zwischen einem Druckfluidverteilraum nach Merkmal 7 und einer Druckfluidrückführleitung nach den Merkmalen 8 bis 10 unterscheide.
108
Vor diesem Hintergrund sei die Lehre des erteilten Patentanspruchs 1 neu gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik:
109
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents unterscheide sich vom Stand der Technik gemäß D1 in den Merkmalen M5 (trocken laufender Zugmitteltrieb), M7 (Druckfluidverteilraum), sowie M8 bis M10 (durch den Rotor verlaufende Druckfluidrückführleitung), welche durch die vorgenannte Druckschrift nicht offenbart würden. Insbesondere könne ein Kettenantrieb niemals trocken betrieben werden, sondern nur nass bzw. mit Schmierung. Auch D2 sei nicht neuheitsschädlich. D3 nehme den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents ebenfalls nicht neuheitsschädlich vorweg, da dort die Merkmale M3 (Zentralventil), M7 (Druckfluidverteilraum) sowie M8 bis M10 (Druckfluidrückführleitung) nicht offenbart seien. Entsprechendes gelte für D6 und D8. Auch D4 und D7 offenbarten jeweils kein Zentralventil (Merkmal M3) und keinen Druckfluidverteilraum (Merkmal M7). Aus D5 seien die Merkmale M3 (Zentralventil), M5 (trocken laufender Zugmitteltrieb), M7 (Druckfluidverteilraum) und M8 (Druckfluidrückführleitung) nicht zu entnehmen. In D9 fehlten die Merkmale M3 (Zentralventil), M4 (Verstellaktuator), M5 (trocken laufender Zugmitteltrieb), M7 (Druckfluidverteilraum) sowie M8 bis M10 (Druckfluidrückführleitung). Entsprechendes gelte für D10, wobei die Beklagte insoweit die vom Kläger vorgelegte Übersetzung ins Englische als fehlerhaft rügt, und D11. Hinsichtlich D20, welche erst – nach dem Anmeldetag des Streitpatents – am 13. November 2013 angemeldet und am 05. Juni 2014 offengelegt worden ist, bestreitet die Beklagte, dass diese die Priorität der auf dem Deckblatt genannten japanischen Voranmeldung wirksam in Anspruch genommen habe. Ungeachtet dessen offenbare diese Druckschrift jedenfalls keine Druckfluidrückführleitung (Merkmale M8 bis M10).
110
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Bei D1 oder D2 handle es sich entgegen der klägerischen Ansicht nicht um den „nächstliegenden“ Stand der Technik, bei dem der einzige Unterschied in Merkmal M7, nämlich der räumlichen Positionierung des Druckfluidverteilraums gegeben sei. Die Argumentation des Klägers, es liege lediglich eine „konstruktive Ausgestaltung“ ohne jeglichen Vorteil vor, treffe nicht zu. Selbst wenn – was jedoch in Abrede zu stellen sei – das Merkmal M7 als allein fehlend gegenüber D1 und D2 gesehen würde – fehle es am klägerischen Vortrag zum Anlass, um ein Naheliegen zu begründen.
111
Auch die auf Anspruch 1 rückbezogenen angegriffenen Ansprüche 2 bis 9 seien neu und erfinderisch. Dasselbe gelte für die gemäß den zulässigen Hilfsanträgen 1 bis 3 verteidigten jeweiligen Anspruchsfassungen.
112
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und den weiteren Inhalt der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

113
Die Nichtigkeitsklage, mit der die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG), der unzureichenden Offenbarung (§ 21 Abs. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 4 PatG) sowie der mangelnden Patentfähigkeit (fehlende Neuheit bzw. fehlende erfinderische Tätigkeit, § 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 4 PatG) geltend gemacht werden, ist zulässig.
114
Die Klage ist insoweit begründet, als das Streitpatent, nachdem es jedenfalls auch in einer zulässigerweise eingeschränkten Fassung verteidigt wird, in dem Umfang, in dem es nicht mehr verteidigt wird, nämlich im Patentanspruch 8, ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären ist (st. Rspr., vgl. etwa BGH GRUR 2007, 404, Rdn. 15 – Carvedilol II; GRUR 2011, 707, Rdn. 8 – Dentalgerätesatz; Urteil vom 21. März 2017, X ZR 19/15, Rdn. 19 – juris).
115
Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Denn das Streitpatent erweist sich in der Fassung nach dem Hauptantrag als zulässig, ausführbar und auch patentfähig, nämlich neu gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend. Auf die Hilfsanträge 1 bis 3 kam es bei dieser Sachlage nicht mehr an.
I.
116
1. Gegenstand des Streitpatents ist gemäß dem Absatz [0001] der Streitpatent-schrift eine Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit mit einem Nockenwellenversteller des Flügelzellentyps, in dem ein Zentralventil vorhanden ist, wobei der Nockenwellenversteller von einem trocken laufenden Zugmitteltrieb angetrieben oder antreibbar ist. Gegenstand des Patents ist außerdem ein Antriebsstrang für ein Kraftfahrzeug mit einer solchen Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit.
117
Laut den Absätzen [0002] und [0004] kann es bei einer aus der DE 10 2008 051 145 A1 (im Verfahren als D18) bekannten Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit mit Zentralventil beim Einleiten des Druckfluids in das Zentralventil hinein und beim Ausleiten des Druckfluids aus dem Zentralventil heraus infolge einer zentrisch angeordneten Leitung und dadurch erhöhter Strömungswiderstände zu Druckspitzen kommen. Dadurch könnten Undichtigkeiten entstehen, die insbesondere dann nachteilig seien, wenn der Nockenwellenversteller von einem trocken laufenden Zugmitteltrieb wie z.B. einem Riementrieb angetrieben sei, der von dem Druckfluid beschädigt werden könne.
118
2. Im Absatz [0005] ist dementsprechend als Aufgabe der Erfindung angegeben, die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile zu beheben und ein Druckfluidfördersystem mit einer strömungsoptimierten Druckfluidzufuhr und -abfuhr zur Verfügung zu stellen.
119
3. Diese Aufgabe wird gemäß dem Absatz [0006] dadurch gelöst, dass die Druckfluidrückführleitung in Axialrichtung durchgängig durch den Rotor des Nockenwellenverstellers verläuft und sich in radialer Richtung beabstandet vom Zentralventil im Rotor erstreckt.
120
4. Als zur Problemlösung berufenen Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur oder Master des Maschinenbaus der Fachrichtung Fahrzeugtechnik/Verbrennungskraftmaschinen mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Nockenwellenverstellern.
121
5. Die Merkmale des Anspruchs 1 bedürfen der Erläuterung.
122
Gegenstand des Anspruchs 1 ist gemäß dem Merkmal M1 eine Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit (1). Wie sich auch aus dem Merkmal M2 ergibt, wonach diese Einheit einen Nockenwellenversteller (2) umfasst, handelt es sich bei der Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit (1) um eine Einheit aus einem Nockenwellenversteller und einem Aktuator, nicht dagegen lediglich um eine Aktuatoreinheit für einen Nockenwellenversteller. Die Einheit muss dazu geeignet und eingerichtet sein, eine Nockenwelle zu verstellen, die Nockenwelle ist jedoch nicht Teil des Anspruchsgegenstandes.
123
Bei dem Nockenwellenversteller (2) handelt es sich gemäß dem Merkmal M2 um einen Nockenwellenversteller des Flügelzellentyps, d.h. um einen von mehreren dem Fachmann geläufigen Typen hydraulisch betätigter Nockenwellenversteller.
124
Im Merkmal M3 ist angegeben, dass in dem Nockenwellenversteller (2) ein Druckfluid, wie Öl, verteilendes Zentralventil (3) vorhanden ist. Sowohl die Benennung des Ventils als Zentralventil als auch die Angabe, dass es in dem Nockenwellenversteller (2) vorhanden ist, bringen unabhängig voneinander zum Ausdruck, dass das Ventil in dem Nockenwellenversteller (2) angeordnet ist. Das grenzt aus Sicht des Fachmanns von einer anderen ihm geläufigen Ausführungsform von hydraulisch betätigten Nockenwellenverstellern ab, bei denen das Ventil nicht in dem Nockenwellenversteller, sondern außerhalb davon untergebracht und über Fluidleitungen mit dem Nockenwellenversteller verbunden ist.
125
Auch unter Berücksichtigung des Anspruchs 4 ergibt sich nichts anderes. Denn dass erst im Anspruch 4 verlangt wird, dass das Zentralventil (3) konzentrisch zur Drehachse des Nockenwellenverstellers (2) angeordnet ist, legt zwar den Umkehrschluss nahe, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheiten beschränkt sein soll, bei denen das Zentralventil (3) konzentrisch zur Drehachse des Nockenwellenverstellers angeordnet ist. Es erlaubt jedoch nicht die Schlussfolgerung, dass der Anspruch 1 auch Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheiten unter Schutz stellen solle, bei denen das Zentralventil (3) gar nicht in dem Nockenwellenversteller vorhanden ist, sondern außerhalb desselben angeordnet ist.
126
Gemäß dem Merkmal M4 umfasst die Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit (1) weiterhin einen Verstellaktuator (4), der auf das Zentralventil (3) die Druckfluidverteilung steuernd einwirkt. Aus der Bezeichnung des Aktuators als Verstellaktuator geht hervor, dass er ein Bestandteil des Zentralventils so verstellt, dass das eine Auswirkung auf die Druckfluidverteilung hat, also die Druckfluidverteilung steuert.
127
Die Angabe „etwa nach Art eines elektrisch betätigbaren Zentralmagnetaktuators“ ist lediglich fakultativ, auch andere, z.B. hydraulisch betätigbare Aktuatoren sind dadurch nicht ausgeschlossen.
128
Merkmal M5 verlangt, dass der Nockenwellenversteller (2) mittels eines trocken laufenden Zugmitteltriebes angetrieben oder antreibbar ist. Unter einem trocken laufenden Zugmitteltrieb versteht der Fachmann einen Zugmitteltrieb, der ohne Schmierung betrieben werden kann, wie z.B. einen Riemen, der auch im Merkmal M5 beispielhaft erwähnt ist. Der Zugmitteltrieb ist nicht Teil des Anspruchsgegenstandes, er dient vielmehr lediglich zur Beschreibung des Nockenwellenverstellers (2), der so gestaltet sein muss, dass er mittels eines trocken laufenden Zugmitteltriebes angetrieben oder wenigstens antreibbar ist. Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass dies nach dem Verständnis des Fachmanns für den Nockenwellenversteller bedeutet, dass dieser so gestaltet sein muss, dass ein ihn antreibender Zugmitteltrieb nicht mit aus dem Nockenwellenversteller austretenden Druckfluid benetzt wird.
129
Gemäß dem Merkmal M6 weist der Nockenwellenversteller (2) einen Stator (5) und einen drehbar darin gelagerten Rotor (6) auf. Als „Stator“ wird im Patent der von der Kurbelwelle mittels des Zugmitteltriebs angetriebene bzw. antreibbare Teil, mit „Rotor“ der gegenüber dem Stator durch Verdrehen verstellbare, mit der Nockenwelle verbundene bzw. verbindbare Teil des Nockenwellenverstellers bezeichnet.
130
Im Merkmal M7 ist angegeben, dass ein Druckfluidverteilraum (8) vorhanden ist.
131
Im Streitpatent wird das im Merkmal M3 eingeführte Fluid stets Druckfluid genannt, unabhängig davon, ob es unter Druck den Flügelzellen des Nockenwellenverstellers zugeführt wird, oder ob es nach verrichteter Verstellarbeit mehr oder weniger drucklos abgeführt/rückgeführt wird. Aus der Bezeichnung des Verteilraums als Druckfluidverteilraum (8) ergibt sich daher nicht, dass er unter Druck stehendes Fluid verteilt. In den Ausführungsbeispielen ist der Druckfluidverteilraum (8) vielmehr am Beginn der Druckfluidrückführleitung / Druckfluidabführleitung angeordnet.
132
Auch ergibt sich aus der Bezeichnung des Druckfluidraums als Verteilraum nicht, dass er Druckfluid zwingend verteilen muss, z.B. auf mehrere vom Druckfluidverteilraum (8) abzweigende, parallel geschaltete Druckfluidleitungen. Denn gemäß Zeilen 8 und 9 des Absatzes [0071] ist auch ein solcher Druckfluidverteilraum patentgemäß, der Druckfluid lediglich weiterleitet.
133
Weiter ist im Merkmal M7 angegeben, dass der Druckfluidverteilraum (8) über das Zentralventil (3) mit Druckfluid befüllbar sein muss. Aus der Formulierung „über das Zentralventil (3) befüllbar“ folgt, dass der Druckfluidverteilraum mit dem Zentralventil so verbunden sein muss, dass es von der Stellung des Zentralventils abhängt, ob der Druckfluidverteilraum befüllt wird oder nicht. In den Ausführungsbeispielen ist das dadurch gegeben, dass der Druckfluidverteilraum (8) stromabwärts des Zentralventils am Beginn der Druckfluidrückführleitung / Druckfluidabführleitung (54) angeordnet ist, so dass er über das Zentralventil (3) mit Druckfluid befüllbar ist, das aus den Druckräumen über das Zentralventil (3), den Druckfluidverteilraum (8) und weiter über die Druckfluidrückführleitung (40) zum Tank (T) zurückgeführt wird.
134
Gemäß dem Merkmal M8 ist wenigstens eine Druckfluidrückführleitung (40) in den Rotor (6) eingebracht. Angaben wie „hin“ und „zurück“ versteht der Fachmann in einem hydraulischen Kreislauf als auf den Ort bezogen, an dem das Druckfluid eine Arbeit verrichten soll. Für die Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit des Anspruchs 1, bei der Druckfluid mittels Leitungen von einem Tank (T) zu dem Nockenwellenversteller hingeführt wird, um dort die Nockenwellenverstellung zu bewirken, und von dort aus wieder zum Tank (T) zurückgeführt wird, bedeutet die Bezeichnung der Druckfluidleitung als Rückführleitung, dass sie Druckfluid vom Nockenwellenversteller zum Tank (T) zurückführt.
135
Nockenwellenversteller des Flügelzellentyps mit Zentralventil umfassen innerhalb des Nockenwellenverstellers angeordnete Leitungen, die das Zentralventil mit den gegensinnig wirkenden Druckräumen des Flügelzellenverstellers verbinden, um die Steuerung des Druckfluiddrucks in diesen Druckräumen zu ermöglichen, wobei in diesen Leitungen je nach Stellung des Zentralventils Druckfluid in Richtung vom Zentralventil zu den Druckräumen oder in umgekehrter Richtung von den Druckräumen zum Zentralventil fließen kann. Hinsichtlich dieser Steuerleitungen ist der Senat der Überzeugung, dass es sich dabei nach dem Verständnis des Fachmanns nicht um Druckfluidrückführleitungen handelt.
136
In der Beschreibung des Patents wird der Begriff „Druckfluidrückführleitung“, sowie auch der Begriff „Druckfluidabführleitung“, siehe Absatz [0083], mit dem Bezugszeichen 54 für die Gesamtheit aller Räume und Leitungen verwendet, die zur Rückführung des Druckfluids dienen; das Bezugszeichen 40 steht dagegen für einen Abschnitt der Druckfluidrückführleitung 54, nämlich für den Fluidleitkanal 40, siehe den letzten Satz des Absatzes [0085]. Jedoch kann jeder Abschnitt der Druckfluidrückführleitung 54 auch für sich in zutreffender Weise als eine Druckfluidrückführleitung bezeichnet werden. Somit entsteht durch das in Klammern im Merkmal M8 angegebene Bezugszeichen „40“ kein Widerspruch zur Beschreibung.
137
Aufgrund der Angabe des Merkmals M8, dass die Druckfluidrückführleitung (40) in den Rotor (6) eingebracht ist, muss die Druckfluidrückführleitung bzw. zumindest ein Abschnitt der Druckfluidrückführleitung als Hohlraum im Rotor ausgebildet sein.
138
Gemäß den Merkmalen M9 und M10 verläuft die Druckfluidrückführleitung (40) in Axialrichtung durchgängig durch den Rotor (6) und erstreckt sich in radialer Richtung beabstandet vom Zentralventil (3) im Rotor (6).
139
Hierzu entnimmt der Fachmann der Beschreibungseinleitung, dass damit eine Verbesserung gegenüber einem Stand der Technik erreicht werden soll, bei dem die das Druckfluid rückführende Leitung zentrisch angeordnet ist (Absatz [0004] Zeilen 1 bis 7), also konzentrisch zur Drehachse des Nockenwellenverstellers und in Richtung der Drehachse verlaufend bzw. sich erstreckend. Erfindungsgemäß soll die Druckfluidrückführleitung dagegen nicht konzentrisch, sondern exzentrisch angeordnet sein (Absatz [0007] Zeilen 1 bis 7). Im Absatz [0006] ist wie im Merkmal M10 des Anspruchs 1 außerdem angegeben, wie weit exzentrisch, d.h. radial beabstandet vom Zentrum, die Druckfluidrückführleitung angeordnet sein soll, nämlich so weit, dass sie sich in radialer Richtung beabstandet vom Zentralventil im Rotor erstreckt.
140
An der Richtung, in der die Druckfluidrückführleitung verläuft bzw. sich erstreckt, ändert sich dagegen im Vergleich zu dem im Anspruch [0004] beschriebenen Stand der Technik nichts. Die Druckfluidrückführleitung soll, wie im Absatz [0006] und im Merkmal M9 des Anspruchs 1 angegeben, in Axialrichtung durch den Rotor verlaufen, nur eben nicht konzentrisch, sondern parallel zur Drehachse des Nockenwellenverstellers. Die sowohl im Absatz [0006] als auch im Merkmal M9 benutzte Formulierung „in Axialrichtung durchgängig durch den Rotor“ stellt sich dem Fachmann in diesem Zusammenhang als Aufzählung von Merkmalen dar, dahingehend, dass die Druckfluidrückführleitung (40) sowohl in Axialrichtung als auch durchgängig, d.h. von einer Seite bis zur gegenüberliegenden Seite des Rotors (6) verläuft. Eine andere Möglichkeit zur Anordnung der Druckfluidrückführleitung (40) ist in der Patentschrift nicht offenbart, auch in sämtlichen in den 16 Figuren des Patents gezeigten 14 Ausführungsbeispielen verläuft die Druckfluidleitung sowohl in Axialrichtung als auch durchgängig durch den Rotor.
141
Zu der vom Kläger vertretenen Auslegung des Merkmals M9, wonach dieses lediglich verlange, dass die Druckfluidrückführleitung (40) von einer Seite des Rotors bis zur in axialer Richtung gesehen gegenüberliegenden Seite des Rotors (6) führen müsse, dabei jedoch in völlig beliebiger Richtung bzw. in völlig beliebigen Richtungen verlaufen bzw. sich erstrecken könne, konnte der Fachmann, der bei der Auslegung des Anspruchs den Inhalt der Patentschrift berücksichtigt, dagegen nicht gelangen.
II.
142
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 geht nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus.
143
1. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 geht nicht dadurch über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, dass im Merkmal M1 der Begriff „Bausatz“ durch „Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit“ ersetzt wurde.
144
Die Offenbarung für diese Änderung ergibt sich bereits aus dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1. Aus diesem ging bereits hervor, dass der Bausatz einen Nockenwellenversteller (2) und einen Aktuator (4) umfasste. Weiter ging aus dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 auch hervor, dass der Nockenwellenversteller und der Aktuator eine Einheit bildeten; dies ergab sich daraus, dass anspruchsgemäß der Aktuator (4) auf das Zentralventil (3) des Nockenwellenverstellers (2) einwirken sollte. Darüber hinaus offenbarten auch die in den 16 Figuren der Anmeldung dargestellten 14 Aufführungsbeispiele jeweils eine aus einem Nockenwellenversteller (2) mit einem Zentralventil (3) und einem Verstellaktuator (4) gebildete Einheit.
145
Die Behauptung des Klägers, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gehe deshalb über den Inhalt der Anmeldung hinaus, weil er im Gegensatz zur ursprünglich angemeldeten Erfindung, die einen Aktuator und einen Nockenwellenversteller umfasste, nunmehr lediglich auf einen Aktuator gerichtet sei, steht im Widerspruch zum erteilten Anspruch 1, der im Merkmal M2 mit der Formulierung „mit einem Nockenwellenversteller“ eindeutig – und im Übrigen wörtlich übereinstimmend mit der entsprechenden Angabe im ursprünglichen Anspruch 1 – angibt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 einen Nockenwellenversteller umfasst.
146
Der Kläger hat weiter ausgeführt, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gehe deshalb über den Inhalt der Anmeldung hinaus, weil die Formulierung „Einheit“ des erteilten Anspruchs 1 ein Zusammenwirken des Aktuators mit dem Nockenwellenversteller verlange, das aber beim Bausatz des ursprünglichen Anspruchs 1 nicht möglich gewesen sei, da ein Einwirken des Aktuators auf den Nockenwellenversteller nicht unmittelbar, sondern lediglich mittels des Zentralventils möglich sei, das jedoch nicht Gegenstand des ursprünglichen Anspruchs 1 gewesen sei. Diese Argumentation geht am Wortlaut des ursprünglichen Anspruchs 1 vorbei, der – wörtlich übereinstimmend mit der entsprechenden Angabe im Merkmal M3 des erteilten Anspruchs 1 – ausdrücklich aussagt, dass in dem Nockenwellenversteller ein Zentralventil vorhanden ist. Auch der Hinweis des Klägers darauf, dass laut dem vorletzten Satz in Absatz [0061] der Offenlegungsschrift (OS) das Zentralventil in dem Nockenwellenversteller „vorhanden“, aber auch „angeordnet“ sein könne, führt zu nichts anderem, da sich auch aus der Formulierung, dass das Zentralventil in dem Nockenwellenversteller „angeordnet“ ist, entgegen der vom Kläger vertretenden Auffassung, gerade nicht ergibt, dass in dem Nockenwellenversteller kein Zentralventil vorhanden ist.
147
2. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 geht nicht dadurch über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, dass in den kennzeichnenden Teil anstelle der Formulierung des ursprünglichen Anspruchs 1:
148
„dadurch gekennzeichnet, dass sich die Druckfluidrückführleitung (40) im Wesentlichen in Axialrichtung erstreckt“
149
nunmehr in den erteilten Anspruch 1 die Merkmale M9 und M10 aufgenommen wurden. Diese sind im ursprünglichen Anspruch 6 offenbart.
150
Zwar ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass sich aus dem kennzeichnenden Teil des ursprünglichen Anspruchs 1 als wesentliches Merkmal der erfinderischen Lösung ergab, dass die Druckfluidrückführleitung (40) sich (im Wesentlichen) in axialer Richtung erstreckt bzw. dass sie in axialer Richtung verläuft. Dasselbe ergibt sich jedoch, wie zum Verständnis der Merkmale M9 und M10 bereits ausgeführt, auch aus den Merkmalen des kennzeichnenden Teils des erteilten Anspruchs 1, der somit hinsichtlich der Richtung des Verlaufs der Druckfluidrückführleitung nicht mehr umfasst als die Erfindung gemäß dem ursprünglichen Anspruch 1.
151
Weiter ist mit der Formulierung des ursprünglichen Anspruchs 1, dass sich die Druckfluidrückführleitung (40) „im Wesentlichen in Axialrichtung erstreckt“ bzw., wie im Absatz [0005] OS angegeben, „im Wesentlichen in Axialrichtung/axialer Richtung der Drehachse des Nockenwellenverstellers erstreckt“, entgegen der Behauptung des Klägers eine in Axialrichtung/axialer Richtung der Drehachse des Nockenwellenverstellers parallel zur Drehachse verlaufende Druckfluidrückführleitung nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr ist diese Anordnung ausdrücklich ursprünglich offenbart: Im Absatz [0006] ist die Angabe des Absatzes [0005], dass sich die Druckfluidrückführleitung „im Wesentlichen in Axialrichtung/axialer Richtung der Drehachse des Nockenwellenverstellers erstreckt“ durch die weitere Angabe präzisiert, dass die Druckfluidrückführleitung nicht konzentrisch, sondern „exzentrisch vom Zentralventil beabstandet“ positioniert ist, also zwar in Richtung der Drehachse, aber nicht in der Drehachse, sondern parallel zur Drehachse verläuft.
III.
152
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist im Patent so deutlich und vollständig offenbart, dass er für den Fachmann ausführbar ist.
153
Eine Unklarheit darüber, in welcher Beziehung die Druckfluidrückführleitung zur Druckfluidabführleitung steht, besteht nicht, da sich aus dem vorletzten Satz im Absatz [0083] der Streitpatentschrift ergibt, dass es sich um zwei synonym benutzte Ausdrücke für ein und dieselbe Leitung handelt, siehe dort die „Druckfluidrückführleitung/-abführleitung 54“.
154
Ebenso ist im Patent klar und verständlich erläutert, dass es sich bei dem sowohl als „Fluidleitkanal 40“ wie auch als „Druckfluidrückführleitung (40)“ bezeichneten Leitungsabschnitt um einen Abschnitt der Druckfluidrückführleitung/-abführleitung 54 handelt, siehe den letzten Satz des Absatzes [0085]:
155
„Druckfluidverteilraum 8, Hohlraum 31, Fluidleitkanal 40, Umfangskanal 42 und Abführkanal 43 sind somit miteinander fluidleitend verbunden und bilden die Druckfluidabführleitung 54“.
IV.
156
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist neu gegenüber den Entgegenhaltungen D1, D2, D3, D4, D5, D6, D7, D8, D9, D10, D11 und D20.
157
1. Die Entgegenhaltungen D3, D4, D5, D6, D7, D8, D10 und D11 offenbaren kein in einem Nockenwellenversteller vorhandenes Zentralventil entsprechend dem Merkmal M3 des erteilten Anspruchs 1.
158
D3 offenbart Nockenwellenversteller (phaser) 12, bei denen das Ventil (control valve) 14 jeweils außerhalb des Nockenwellenverstellers 12 angeordnet ist, siehe Spalte 3 Zeilen 14 bis 17 und die mit einem diesseits hinzugefügten Oval markierten Ventile 14 in den Figuren 1 und 3 der D3:
159
D4 und D5 offenbaren ebenfalls Nockenwellenversteller (D4: valve timing control device; D5: valve timing adjuster), bei denen das Ventil (D4 Spalte 3 Zeilen 3 ff: control valve 100; D5 Absatz 0044: phase control valve 80) jeweils außerhalb des Nockenwellenverstellers angeordnet ist, siehe die mit einem ebenfalls diesseits hinzugefügten Oval markierten Ventile 100 bzw. 80 in Figur 1 der D4 (links) und Figur 1 der D5 (rechts):
160
 D4
161
 D5
162
Auch D6 und D7 offenbaren Nockenwellenversteller (D6: valve timing adjusting devices 10, 40, 70; D7: valve timing control apparatus 1), bei denen das Ventil (D6 Absätze 0084, 0090, 0098: hydraulic control valve / oil control valve OCV 20, 50, 80; D7 Absatz 0095: phase control valve 80) jeweils außerhalb des Nockenwellenverstellers angeordnet ist, siehe die mit einem hinzugefügten Oval markierten Ventile 20, 50, 80 in Figur 8 der D6 (links) und das Ventil 80 in Figur 1 der D7 (rechts):
163
 D6
164
D7
165
Figur 8 der D6 bezieht sich auf das dritte Ausführungsbeispiel der D6. In den Figuren zu den ersten zwei Ausführungsbeispielen ist das Ventil nicht gezeigt, aus den Figuren 2 und 3 und dem jeweils letzten Satz der zugehörigen Beschreibungsabsätze [0043] bzw. [0050] ergibt sich jedoch, dass das Ventil auch bei diesen Ausführungsbeispielen nicht in dem Nockenwellenversteller vorhanden ist.
166
Auch bei dem in der D8 offenbarten Nockenwellenversteller ist das Ventil außerhalb des Nockenwellenverstellers angeordnet, siehe das mit einem hinzugefügten Oval markierte Ventil 49 in Figur 1 der D8, das entsprechend auch in den Figuren 5, 6, 8, 9 und 10 angeordnet ist:
167
D8
168
In den ebenfalls Nockenwellenversteller betreffenden Entgegenhaltungen D10 und D11 ist den Schnittzeichnungen zu entnehmen, dass in dem Nockenwellenversteller kein Zentralventil entsprechend dem Merkmal M3 vorhanden ist. Dort ist jeweils zentral im Nockenwellenversteller kein Ventil, sondern eine Schraube 22 bzw. 112 angeordnet, siehe Figur 2 in D10 (links) und Figur 3 in D11 (rechts):
169
D10
170
D11
171
2. Die Entgegenhaltungen D1 und D2 offenbaren Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheiten mit Nockenwellenverstellern, die entgegen dem Merkmal M5 weder mittels eines trocken laufenden Zugmitteltriebes angetrieben noch mittels eines trocken laufenden Zugmitteltriebes antreibbar sind.
172
2.1 Der Berücksichtigung der D1 steht nicht entgegen, dass der Kläger zu dieser Druckschrift als Anlage 30 eine deutsche Übersetzung eingereicht hat, die – anders als die Anforderung im gerichtlichen Schreiben vom 25. November 2019 – nicht beglaubigt ist, sondern von einem privaten Übersetzungsinstitut stammt.
173
2.1.1 Mit der Anforderung einer „beglaubigten“ Übersetzung ist zwar grundsätzlich eine Übersetzung im Sinne von § 142 Abs. 3 ZPO gemeint. Diese Vorschrift ist für fremdsprachige Entgegenhaltungen im Patentnichtigkeitsverfahren anwendbar nach § 99 Abs. 1 PatG, als Maßnahme zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung auch über § 87 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 273 Abs. 2 Nr. 5 ZPO. Nach § 142 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann das Gericht anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Die Anforderung von öffentlich beglaubigten Übersetzungen steht demnach im Ermessen des Gerichts. Es kann daher auch eine anderweitige, insbesondere privatschriftliche Übersetzung für ausreichend erachten (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, ZPO, 78. Aufl., § 142 Rdn. 20; Prütting/Gehrlein, ZPO, 10. Aufl., § 142 Rdn. 15). Dies gilt auch im Patentnichtigkeitsverfahren (vgl. Bacher/Nagel, Fremdsprachige Urkunden im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem BGH, GRUR 2001, 873, unter III.3.; entgegen der Auffassung der Beklagten besitzt der Aufsatz weiterhin Relevanz, da die Änderung der Vorschrift des § 142 ZPO im Jahr 2008 die vorliegende Thematik nicht betraf).
174
2.1.2 Hiervon ausgehend hält der Senat die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 14. Februar 2020 eingereichte Übersetzung der D1 für ausreichend. Sie stammt zwar nicht von einem nach Landesrecht ermächtigten, öffentlich bestellten oder einem diesen gleichgestellten Übersetzer im Sinne des § 142 Abs. 3 ZPO, aber von einem international tätigen, anerkannten Sprachen- und Übersetzungsinstitut mit Sitz in London (R…), das u. a. auch auf dem Gebiet des Patentrechts tätig ist, mitder Versicherung, dass die Übersetzung aus der japanischen Sprache in die deutsche Sprache nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt ist. Es liegt damit ein anderer Fall vor, als etwa beim 5. Senat des Bundespatentgerichts, in dem eine Übersetzung nicht berücksichtigt worden ist, weil weder zweifelsfrei hervorging, dass es sich um eine beglaubigte Übersetzung handelte noch aus welcher eindeutig nachvollziehbaren Quelle diese stammte (s. BPatG, Urteil vom 17. Juli 2019, 5 Ni 53/16 (EP), Gründe A.II.1.2, juris Tz. 70). Dagegen ist vorliegend nicht nur die Quelle der Übersetzung bekannt, sondern es bestehen auch im Übrigen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass diese von professionellen Übersetzern stammende Übersetzung nicht sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen erstellt worden ist. Abgesehen davon, dass die Beklagte die Richtigkeit der Übersetzung gemäß der Anlage 30 schriftsätzlich lediglich pauschal bestritten hat, hat sie den Senat auch in der mündlichen Verhandlung nicht davon zu überzeugen vermocht, dass die Übersetzung keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Patentfähigkeit bietet, zumal der Text stets im Zusammenhang mit den Figuren zu lesen ist. Es besteht damit kein Grund, die Übersetzung wegen der fehlenden Beglaubigung im Verfahren nicht zu berücksichtigen. Ob nicht ohnehin auch eine anwaltliche Bestätigung der Richtigkeit der Übersetzung anzunehmen ist, weil der Klägervertreter im Schriftsatz vom 14. Februar 2020 bei Einreichung der Übersetzung explizit angegeben hat, dass „eine beglaubigte Übersetzung der Druckschrift D1 als Anlage 30 beigefügt“ werde (was jedenfalls im Bereich von § 14 PatV einer anwaltlichen Beglaubigung gleichkommt, vgl. BGH GRUR 2012, 91, Tz. 18 – Polierendpunktbestimmung; BPatG, Beschluss vom 23. September 2020, 20 W (pat) 1/19, II.2. juris Tz. 47; s. zur anwaltlichen Beglaubigung als Mittel zur Qualitätssicherung der Übersetzung auch BGH, Beschluss vom 14. Juli 2020, X ZB 4/19, Tz. 50 aE – Druckstück), kann hier dahingestellt bleiben.
175
2.1.3 Der Beurteilung, die private Übersetzung der D1 ausreichen zu lassen, steht nicht entgegen, dass im gerichtlichen Schreiben vom 25. November 2019, das den Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG enthalten hat, mit Verfügung der stellvertretenden Vorsitzenden die Einreichung einer beglaubigten Übersetzung von D1 angefordert worden ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dies nämlich nicht als bindend dergestalt angesehen werden, dass der Senat damit sein ihm nach § 142 Abs. 3 ZPO zustehendes Ermessen endgültig ausgeübt habe und er hiervon nicht mehr abrücken könnte.
176
Die Anforderung einer Übersetzung nach § 142 Abs. 3 ZPO beinhaltet nämlich keine Entscheidung im Rechtssinne, ist weder Urteil noch Beschluss des Gerichts, an den das Gericht gebunden ist, sondern ist eine verfahrensleitende Verfügung ohne Entscheidungscharakter im Sinne des § 87 Abs. 2 PatG bzw. § 273 ZPO. Solche Verfügungen haben den Zweck, den Termin zur mündlichen Verhandlung umfassend vorzubereiten (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 273 Rdn. 1). Unabhängig davon, dass für sie keine Einschränkungen ihrer Abänderbarkeit bestehen (vgl. Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, Bd. 1, 5. Aufl., § 273 Rdn. 17; Mertens, MDR 2001, 666, 667, unter II.2), tritt eine Bindung des Gerichts schon deswegen nicht ein, weil verfahrensleitende Verfügungen im Sinne des § 87 Abs. 2 PatG bzw. § 273 ZPO durch den Vorsitzenden oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Spruchkörpers getroffen werden, nicht vom Gericht selbst; es ist vielmehr Aufgabe des voll besetzten Gerichts, nach mündlicher Verhandlung darüber zu beraten, wie eine derartige Vorbereitungsmaßnahme zu beurteilen ist (vgl. Zöller/ Greger, a. a. O., § 273 Rdn. 4; Münchener Kommentar zur ZPO, a. a. O., § 273 Rdn. 9). Der Senat ist daher nicht gehindert gewesen, die Erforderlichkeit einer Beglaubigung anders als im Schreiben vom 25. November 2019 zu sehen, zumal sich danach auch die zugrundeliegende Sachlage geändert hat. Die Anforderung der beglaubigten Übersetzung im gerichtlichen Schreiben vom 25. November 2019 ist vor dem Hintergrund erfolgt, dass der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt zu der D1, einer japanischen Offenlegungsschrift, nur eine Maschinenübersetzung eingereicht hatte. Mit der durch den Kläger mit Schriftsatz vom 14. Februar 2020 eingereichten Anlage 30 liegt nunmehr die Übersetzung eines Sprachen- und Übersetzungsinstituts vor. Die Frage, ob es angesichts dessen noch einer beglaubigten Übersetzung bedarf, ist damit neu zu beurteilen gewesen, wobei der Senat sein Ermessen nach § 142 Abs. 3 PatG dahin ausgeübt hat, dass dies unter den gegebenen Umständen nicht mehr, etwa zu einer weiteren Qualitätsverbesserung der Übersetzung, für erforderlich erachtet wurde.
177
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Anforderung einer beglaubigten Übersetzung als Teil des qualifizierten Hinweises nach § 83 Abs. 1 PatG ergangen ist. Selbst wenn die Anordnung bezüglich der Übersetzung nicht nur als Aufforderung an den Kläger, sondern auch als Hinweis darauf zu verstehen sein könnte, unter welchen Bedingungen eine Berücksichtigung der D1 stattfinden kann, folgt daraus aus den oben genannten Gründen keine Bindungswirkung, zumal im qualifizierten Hinweis, wie üblich, ausdrücklich angegeben ist, dass dies nur die vorläufige Ansicht des Senats darstellt. Der qualifizierte Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG bindet das Gericht nur insoweit, als es von seiner darin geäußerten Rechtsauffassung grundsätzlich nicht ohne Erteilung eines weiteren Hinweises abweichen darf (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl., § 83 Rdn. 10; Benkard/Hall/Nobbe, PatG, 11. Aufl., § 83 Rdn. 3). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, wonach das Gericht von einer in einem gerichtlichen Hinweis geäußerten Rechtsauffassung in der Endentscheidung nur abweichen darf, wenn dies für die Verfahrensbeteiligten – sei es durch den Verlauf der mündlichen Verhandlung, sei es durch einen ausdrücklichen weiteren Hinweis des Gerichts – erkennbar wird (vgl. BGH GRUR 2011, 851 – Werkstück; NJW 2014, 2796), ist vorliegend jedoch gewahrt. Denn in der mündlichen Verhandlung hat die Vorsitzende bei der Einführung in den Sach- und Streitstand darauf hingewiesen, dass der Senat die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 14. Februar 2020 eingereichte Übersetzung für ausreichend hält. Die Beklagte hatte im Rahmen der mündlichen Verhandlung somit ausreichend Gelegenheit, die vom Senat geäußerte Rechtsauffassung anzugreifen, wovon sie auch Gebrauch gemacht hat.
178
2.1.4 Ebenso wenig greift die Rüge der Beklagten, mit der Anerkennung der vom Kläger mit Schriftsatz vom 14. Februar 2020 eingereichten Übersetzung zu D1, worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erstmals ausdrücklich hingewiesen worden sei, werde der Grundsatz auf ein faires Verfahren, hier der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, verletzt. Da, wie oben ausgeführt, der Anforderung einer beglaubigten Übersetzung im qualifizierten Hinweis vom 25. November 2019 keine Bindungswirkung zukommt, ist nicht erkennbar, dass für die Beklagte eine Situation eingetreten wäre, mit der sie in der mündlichen Verhandlung nicht hatte rechnen können. Der vorliegende Fall liegt nicht anders als sonst bei einer Abweichung von der in einem qualifizierten Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG geäußerten vorläufigen Beurteilung, die den Parteien in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt wird.
179
2.2 Die in D1 offenbarte Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit mit einem als Vorrichtungshauptteil 10 bezeichneten Nockenwellenversteller und einem als Antriebsvorrichtung/Solenoidventil 30 bezeichneten Aktuator, siehe dazu in Figur 2 und auch 12 die Bezugszeichen 10, 30 und den Absatz [0033] der Übersetzung gemäß Anlage 30, ist über eine Kette 95 und ein Kettenrad/Zahnkranz 11 angetrieben, siehe Figur 2 und Absatz [0029]. Unabhängig davon, ob eine solche Kette so ausgeführt werden könnte, dass sie trocken, d.h. ohne Schmierung, laufen könnte, kann die Kette 95 des Nockenwellenverstellers der D1 schon deshalb nicht trocken laufen, weil sie in demselben, von dem Gehäuseteil/Verbrennungsmotorabdeckung 99 begrenzten, den Kettenkasten bildenden Raum läuft, durch den hindurch auch das Druckfluid des Nockenwellenverstellers rückgeführt wird.
180
Je nach Schaltstellung des Ventils 40 tritt das rückzuführende Druckfluid entweder wie in Figur 9 mit dem gestrichelten Pfeil dargestellt durch den Ringraum 47 nach links stirnseitig aus dem Nockenwellenversteller heraus in den Kettenkasten, oder es tritt wie in Figur 5 mit dem dortigen gestrichelten Pfeil dargestellt über den Anschluss 46 und wie in Figur 1 zu erkennen weiter über den Ringraum 76 und die Leitung 77 ebenfalls nach links stirnseitig aus dem Nockenwellenversteller heraus in den Kettenkasten, in dem sich auch das Kettenrad 11 der Kette 95 befindet.
181
Dass die beiden in Figur 1 und 12 der D1 dargestellten strichpunktierten Pfeile 78 und 79, die den Weg des rückzuführenden Druckfluids durch den Kettenkasten und weiter bis zum Tank 5 andeuten, mit Begriffen bezeichnet sind, die in den eingereichten Übersetzungen gemäß D1.1 (Absatz [0034]) und Anlage 30 (Absatz [0034]) die Wortbestandteile „… piping“ bzw. „…rohr“ enthalten, steht dem nicht entgegen, weil die Darstellung der Figuren bezüglich des Austritts des rückzuführenden Druckfluids in den Kettenkasten eindeutig ist. Der Fachmann bezieht diese Begriffe daher auf die weitere Rückführung des Druckfluids vom Kettenkasten bis zum Tank 5.
182
2.3 Die Entgegenhaltung D2 offenbart eine weitere Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit für eine Brennkraftmaschine, mit einem Nockenwellenversteller, der gemäß Absatz [0002] mit dem Motoröl der Brennkraftmaschine als Druckfluid betätigt wird. Der Antrieb erfolgt über ein Antriebsrad 4, das laut Absatz [0038] Zeile 18 beispielsweise als Kettenrad ausgebildet sein kann. Das vom Kläger als dem Anspruch 1 entgegenstehend angeführte Ausführungsbeispiel gemäß Figur 6 weist eine als Rückführung 7a bezeichnete Druckfluidrückführleitung auf, die den Merkmalen M9 und M10 entspricht. Das rückgeführte Druckfluid tritt jedoch aus der an die Reservoiranschlüsse TA und TB und die Rückführung 7a sich anschließenden weiterführenden Rückführung 4a so in das Maschinengehäuse aus, dass es das Kettenrad 4 und eine das Kettenrad 4 antreibende Kette benetzt, siehe Figur 6 mit Beschreibung im Absatz [0057]. Auch dieser Nockenwellenversteller ist daher entgegen dem Merkmal M5 weder mittels eines trocken laufenden Zugmitteltriebes angetrieben noch mittels eines trocken laufenden Zugmitteltriebes antreibbar.
183
3. Die Entgegenhaltung D9 offenbart keine Druckfluidrückführleitung entsprechend den Merkmalen M9 und M10.
184
D9 beschreibt einen Nockenwellenversteller mit einem als Steuerschieber 5 bzw. Hülse 12 bezeichneten Zentralventil, das hydraulisch betätigt wird. Dazu wird, siehe den Absatz [0013] und die Figur 2, wahlweise entweder die im ersten Ringraum 16 angeordnete stirnseitige Kolbenfläche 18 des Steuerschiebers 5 mit einem ersten Öldruck I oder, zur Verstellung in die entgegengesetzte Richtung, die im zweiten Ringraum 17 angeordnete stirnseitige Kolbenfläche 19 des Steuerschiebers mit einem zweiten Öldruck II beaufschlagt. Dazu sind entsprechende Leitungen vorgesehen, die durch den Rotor 3 zu den Ringräumen 16 bzw. 17 führen. Diese Leitungen sind in Figur 2 dargestellt, jedoch nicht mit Bezugszeichen versehen.
185
Die in der oberen Hälfte der Figur 2 dargestellte, mit einem hinzugefügten Pfeil gekennzeichnete Leitung, die zu der im Ringraum 17 angeordneten Kolbenfläche 19 führt, erstreckt sich in radialer Richtung beabstandet vom Zentralventil im Rotor 3. Sie verläuft außerdem durchgängig und zumindest im Wesentlichen in Axialrichtung (in der Figur 2 im Wesentlichen waagerecht) durch den Rotor 3. Sie entspricht jedoch deshalb nicht den Merkmalen M9 und M10, weil es sich bei dieser Leitung nicht um eine Druckfluidrückführleitung, sondern um eine Leitung zur Beaufschlagung der Kolbenfläche 19 mit dem Steueröldruck II handelt.
186
Das gilt entsprechend auch für die in der unteren Hälfte der Figur 3 dargestellte, bei diesem Ausführungsbeispiel zu der Kolbenfläche 31 des als Steuerschieber 27 bzw. Hülse 26 bezeichneten Zentralventils führenden Leitung ohne Bezugszeichen, bei der es sich gemäß Absatz [0015] ebenfalls nicht um eine Druckfluidrückführleitung, sondern um eine Leitung zur Beaufschlagung der Kolbenfläche 31 mit dem ersten Öldruck I handelt.
187
4. Die Entgegenhaltung D20 offenbart keinen über das Zentralventil mit Druckfluid befüllbaren Druckfluidraum entsprechend dem Merkmal M7.
188
D20 lehrt, siehe die Absätze [0017] bis [0019] und die Figuren 1 bis 3, eine als Ventilzeiteinstellungssteuerungsgerät 1 bezeichnete Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit mit einem – mittels eines trocken laufenden Zugmitteltriebs in Form eines Antriebsriemens 17 – über eine Riemenscheibe 15 angetriebenen Nockenwellenversteller des Flügelzellentyps, einem als Zentralventil ausgeführten Hydraulikdrucksteuerungsventil 40 und einem als Solenoid 50 bezeichneten Verstellaktuator.
189
Der Nockenwellenversteller weist, siehe Absätze [0020] bis [0022], einen als Gehäuse 20 bezeichneten Stator und einen drehbar darin gelagerten Rotor 30 mit Flügeln 32, 33, 34 auf. Zwischen Stator 20 und Rotor 30 sind Druckkammern 60 – 62 und 63 – 65 gebildet, die bei entsprechender Druckbeaufschlagung mit Druckfluid (Öl) durch die Leitungen 70 – 72 oder 73 – 75 eine Verdrehung des Flügelrotors 30 gegenüber dem Stator 20 in Voreilrichtung oder Nacheilrichtung bewirken, siehe dazu die Figur 2.
190
Da der Flügelrotor 30 gegenüber dem Stator 30 drehbar ist, sind die Druckkammern 60 – 65 durch zwischen dem Rotor und dem Stator gebildete Spalte begrenzt und deshalb nicht völlig druckdicht abschließbar. Vielmehr entsteht – unerwünscht aber unvermeidbar – eine Leckage von Öl, das durch diese Spalte aus den Druckkammern austritt und weiter durch einen Spalt 110 in die Ölaufnahmekammer 90 gelangt. Dies ist im Absatz [0055] mit Bezug auf die Figur 4 beschrieben, die einen Ausschnitt aus dem Nockenwellenversteller gemäß dem ersten Ausführungsbeispiel der D20 zeigt.
191
Es betrifft jedoch, wie der Fachmann versteht, sämtliche Ausführungsbeispiele, die deshalb auch alle eine mit dem Bezugszeichen 90 bezeichnete Ölaufnahmekammer zur Aufnahme des Leckageöls aufweisen, siehe die Figuren 5, 6 und 7 zum zweiten, dritten und vierten Ausführungsbeispiel. Da der Ölaufnahmekammer 90 im Betrieb ständig Leckageöl zugeführt wird, muss sie auch einen Ablauf zum Tank 4 besitzen.
192
Beim ersten Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 und 4, und entsprechend auch beim zweiten und dritten Ausführungsbeispiel gemäß Figur 5 und 6, ist der Ablauf von der Ölaufnahmekammer 90 zum Tank dadurch bewerkstelligt, dass in dem Kolben 42 des Zentralventils 40 stirnseitig ein Loch 421 vorgesehen ist. Das Loch 421 verbindet die Ölaufnahmekammer 90 über einen im Kolben 42 vorgesehenen Durchgang 47 und einen weiteren, in der Buchse 41 des Zentralventils 40 vorgesehenen Durchgang 45 mit der in D2 als erster Ölabgabedurchgang 131 bezeichneten Druckfluidrückführleitung zum Tank 4, wie im Abschnitt (4) des Absatzes [0065] beschrieben und in Figur 4 und 1 dargestellt.
193
Es kann dahinstehen, ob es im Betrieb des Nockenwellenverstellers gemäß dem ersten, zweiten und dritten Ausführungsbeispiel zu einem Druckfluidfluss in umgekehrter Richtung von dem Durchgang 47 im Zentralventil 40 durch das Loch 421 in die Ölaufnahmekammer 90 kommt, und ob das dem Merkmal M7 entspräche, so dass die Ölaufnahmekammer 90 als ein über das Zentralventil 40 mit Druckfluid befüllbarer Druckfluidverteilraum bezeichnet werden könnte. Denn bei dem ersten, zweiten und dritten Ausführungsbeispiel des Nockenwellenverstellers gibt es keine Druckfluidrückführleitung entsprechend den Merkmalen M9 und M10.
194
Beim vierten Ausführungsbeispiel gemäß Figur 7 ist dagegen der Ablauf von der Ölaufnahmekammer 90 zum Tank 4 dadurch bewerkstelligt, dass die Ölaufnahmekammer 90 über einen Verbindungsdurchgang 37 mit einer zusätzlichen, in D2 als zweiter Ölabgabedurchgang 132 bezeichneten Druckfluidrückführleitung zum Tank 4 verbunden ist, wie im Absatz [0078] beschrieben und in Figur 7 dargestellt.
195
Die Anordnung des in Figur 7 dargestellten Verbindungsdurchgangs 37 im Rotor 30 entspricht derjenigen, die in den Merkmalen M9 und M10 des Anspruchs 1 für die Druckfluidrückführleitung vorgesehen ist. Es kann jedoch dahinstehen, ob der Verbindungsdurchgang 37 aufgrund seiner Funktion, Leckageöl rückzuführen, eine Druckfluidrückführleitung entsprechend dem Merkmal M8 ist, da jedenfalls die Ölaufnahmekammer 90 nicht dem Merkmal M7 des Anspruchs 1 entspricht. Denn die Ölaufnahmekammer 90 kann lediglich Leckageöl aufnehmen, das wie im Absatz [0055] beschrieben aus den Druckkammern durch Spalte in die Ölaufnahmekammer 90 dringt. Sie kann dagegen nicht über das Zentralventil 40 mit Druckfluid befüllt werden.
196
Für die Berücksichtigung der als Anlage 29 eingereichten Übersetzung der Prioritätsanmeldung zu D20 gelten die Ausführungen zu der als Anlage 30 eingereichten Übersetzung von D1 entsprechend (s. unter IV.2.1). Aus der Prioritätsanmeldung D20a ergibt sich für den Fachmann nichts anderes als aus D20. Die Inhalte der Absätze [0017], [0018] und [0019] bis [0022] der D20 finden sich in der D20a in den Absätzen [0007] und [0008]; die Inhalte des Absatzes [0055] und des vierten Teils des Absatzes [0065] der D20 finden sich in der zweiten Hälfte des Absatzes [0019] und im Absatz [0031] der D20a, der Inhalt des Absatzes [0078] der D20 findet sich im Absatz [0037] der D20a.
197
Die im Absatz [0055] der D20 beschriebene Leckage durch den zwischen dem Gehäuse 20 und dem Flügelrotor 30 ausgebildeten Spalt in die Ölaufnahmekammer 90 ist im Absatz [0019] der D20a in gleicher Weise beschrieben. Dass im Absatz [0055] und in Figur 4 der D20 dieser Spalt zusätzlich mit einem Bezugszeichen (110) versehen wurde, führt zu keinem anderen Sachverhalt.
198
Auch die in der deutschen Übersetzung der D20a gemäß Anlage 29 von dem Wortlaut der D20 teilweise geringfügig abweichenden Bezeichnungen der einzelnen Bestandteile des Nockenwellenverstellers können nicht zu einem unterschiedlichen Verständnis durch den Fachmann führen, da es sich bei den relevanten Absätzen lediglich um die Beschreibung dessen handelt, was in den insoweit übereinstimmenden Figuren der D20 und der D20a dargestellt ist, und es daher für den Fachmann angesichts des Informationsgehalts der Figuren nicht darauf ankommt, welche Begriffe zu ihrer Beschreibung verwendet werden.
V.
199
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ergibt sich auch nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik gemäß D1, D2, D3, D4, D5, D6, D7, D8, D9, D10, D11 und D20.
200
1. Die Entgegenhaltungen D3, D4, D5, D6, D7, D8, D10 und D11 betreffen Nockenwellenversteller, bei denen das Ventil außerhalb des Nockenwellenverstellers angeordnet ist. Hier führen dementsprechend lediglich die zwei Leitungen, die das außerhalb angeordnete Ventil mit den gegensinnig wirkenden Druckräumen innerhalb des Nockenwellenverstellers verbinden, in den Nockenwellenversteller hinein. Eine innerhalb des Nockenwellenverstellers angeordnete Druckfluidrückführleitung gibt es bei dieser Nockenwellenverstellerbauart nicht. Diesen Druckschriften kann der Fachmann daher nichts dazu entnehmen, wie bei einem Nockenwellenversteller mit Zentralventil eine Druckfluidrückführleitung innerhalb des Nockenwellenverstellers angeordnet werden kann.
201
2. Die Entgegenhaltung D9 befasst sich mit der hydraulischen Betätigung des als Steuerschieber 5 bzw. Hülse 12 bezeichneten Zentralventils des Nockenwellenverstellers. Auch der D9 kann der Fachmann nichts dazu entnehmen, wie eine Druckfluidrückführleitung innerhalb des Nockenwellenverstellers angeordnet werden kann.
202
3. Die Entgegenhaltungen D1 und D2 offenbaren wie ausgeführt Nockenwellenversteller mit Druckfluidrückführleitungen (Leitung 77 in Figur 1 und 12 der D1, Leitung 7a in Figur 6 der D2), die zwar den Merkmalen M9 und M10 des Anspruchs 1 entsprechen, aus denen jedoch das Druckfluid in den den Nockenwellenversteller umgebenden Raum austritt, in dem sich der den jeweiligen Nockenwellenversteller antreibende Zugmitteltrieb befindet, der daher entgegen dem Merkmal M5 nicht trocken laufen kann. Diesen Druckschriften kann der Fachmann daher nichts zu der Frage entnehmen, wie eine Druckfluidrückführleitung so angeordnet werden kann, dass sie sowohl den Merkmalen M9 und M10 entspricht als auch darüber hinaus das Druckfluid so rückführt, dass es nicht entgegen dem Merkmal M5 in den den Nockenwellenversteller umgebenden Raum austritt.
203
Entgegen der Darstellung des Klägers bestand auch kein Anlass für den Fachmann, einen der Nockenwellenversteller aus D1 oder D2 so umzukonstruieren, dass der jeweilige Zugmitteltrieb nicht von dem austretenden Druckfluid benetzt wird. Denn sowohl Nockenwellenversteller mit nass laufendem Zugmitteltrieb, z.B. mittels einer Kette wie in D1 und D2, als auch Nockenwellenversteller mit trocken laufendem Zugmitteltrieb, z.B. mittels eines Zahnriemens, waren seit Jahrzehnten bekannte und verbreitete Alternativen. Für einen Fachmann, der sich für einen Nockenwellenversteller mit trocken laufendem Zugmitteltrieb interessierte, bestand daher kein Anlass, statt nach einem Nockenwellenversteller mit trocken laufendem Zugmitteltrieb nach einem mit nass laufenden Zugmitteltrieb zu recherchieren, um dann zu versuchen, diesen umzukonstruieren.
204
Ein solcher Anlass ergibt sich entgegen der Darstellung des Klägers auch nicht aus Absatz [0009] der D1 bzw. der Übersetzung Anlage 30. Denn in diesem Absatz geht es nicht darum, ein Austreten von Druckfluid in den den Nockenwellenversteller umgebenden Raum zu verhindern, sondern darum, gemäß der in der D1 vorgestellten Erfindung das Zentralventil 40 so zu gestalten, dass es die die Verstellung bewirkenden gegenseitig wirkenden Druckräume, in D1 Frühverstellkammern 61-63 und Spätverstellkammern 64-66 genannt, sowohl von der Druckfluidzuführleitung als auch von den Druckfluidrückführleitungen komplett trennen und somit dicht abschließen kann, so dass ein Betrieb des Nockenwellenverstellers nicht nur in den durch die Endanschläge gegebenen Stellungen, sondern auch in einer mittleren Stellung möglich ist. Dieser Betriebsmodus, in D1 „Dritter Modus“ genannt, ist beschrieben im Absatz [0014] Seite 13 oben, im Absatz [0015] Zeilen 28 bis 31 und in der ersten Hälfte des Absatzes [0070]. Die entsprechende Stellung des Zentralventils 40 ist in Figur 7 dargestellt und im Absatz [0063] beschrieben.
205
4. Die nachveröffentlichte ältere Anmeldung D20 ist bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.
VI.
206
Die Gegenstände der Unteransprüche 2 bis 7 und des auf einen Antriebsstrang gerichteten Anspruchs 9 werden vom Anspruch 1 getragen, da sie jeweils eine Nockenwellenversteller-Aktuator-Einheit umfassen, die zumindest die Merkmale des Anspruchs 1 aufweist.
VII.
207
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit im Urteilstenor in der Kostenentscheidung unter Ziffer 3 die Parteibezeichnung in der weiblichen Form „Die Klägerin“ statt „Der Kläger“ verkündet wurde, lag eine offenbare Unrichtigkeit vor, die nach § 319 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu berichtigen war.
208
Dem Kläger waren trotz des geringfügigen Teilunterliegens der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in vollem Umfang aufzuerlegen.
209
Denn der dem Streitpatent aufgrund des verbleibenden Patentgegenstandes ohne den Unteranspruch 8 zukommende wirtschaftliche Wert ist gegenüber dem der erteilten Fassung nur unwesentlich verringert.
210
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.


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