Patent- und Markenrecht

7 Ni 60/19 (EP)

Aktenzeichen  7 Ni 60/19 (EP)

Datum:
19.4.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:190421U7Ni60.19EP.0
Spruchkörper:
7. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache
betreffend das europäische Patent 2 107 032
(DE 60 2008 012 337)
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 19. April 2021 durch die Richterin Püschel als Vorsitzende, die Richterin Dr. Schnurr sowie die Richter Dipl.-Ing. Wiegele, Dr.-Ing. Schwenke und Dipl.-Ing. Univ. Gruber
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 2 107 032 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 8, 15 und 16 sowie der Patentansprüche 11 bis 13, soweit letztere nicht auf Patentanspruch 9 oder 10 rückbezogen sind, für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 1.000.000,- € Euro festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des in englischer Verfahrenssprache mit Wirkung auch für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 107 032 (Streitpatent) mit der Bezeichnung “Device and method for handling containers and set comprising said device” (Vorrichtung und Verfahren zur Handhabung von Behältern und Set mit dieser Vorrichtung). Das Streitpatent geht auf eine internationale Anmeldung vom 11. Januar 2008 zurück und nimmt die Prioritäten dreier spanischer Voranmeldungen – ES 200700113 vom 11. Januar 2007 sowie ES 200701013 U und ES 200701012 U, jeweils vom 16. Mai 2007 – in Anspruch. Im Deutschen Patent- und Markenamt wird das Streitpatent unter dem Aktenzeichen 60 2008 012 337.5 geführt. Es umfasst 17 Patentansprüche, von denen mit der vorliegenden Teilnichtigkeitsklage die Patentansprüche 1 bis 8, 15 und 16 sowie die Patentansprüche 11 bis 13 insoweit angegriffen werden, als letztere nicht auf Patentanspruch 9 oder 10 rückgezogen sind. Die abhängigen Patentansprüche 2 bis 6, 8 bis 14 und 17 sind auf vier nebengeordnete Patentansprüche rückbezogen. Von ihnen betreffen Patentanspruch 1 eine Vorrichtung zum Handhaben von Behältern, Patentanspruch 7 ein Set mit einer Vorrichtung zum Handhaben von Behältern, Patentanspruch 15 einen Tragegriff zum Handhaben von Lasten mit einer Vorrichtung zum Handhaben von Behältern und Patentanspruch 16 ein Verfahren zum Handhaben von Behältern.
2
Durch Beschluss vom 5. Juni 2018 hat der damals zuständige Senat den Streitwert des vorliegenden Patentnichtigkeitsverfahrens vorläufig entsprechend der Angabe in der Klageschrift auf 1.000.000,- € festgesetzt.
3
Die Klägerin macht mit ihrer Teilnichtigkeitsklage den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 54, 56 EPÜ) geltend, wofür sie sich auf eine Reihe von Vorveröffentlichungen bezieht (Anlagen E1 bis E7).
4
Die Klägerin beantragt,
5
das europäische Patent 2 107 032 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 8, 15 und 16 sowie der Patentansprüche 11 bis 13, soweit letztere nicht auf den Patentanspruch 9 oder 10 rückgezogen sind, für nichtig zu erklären.
6
Die Beklagte, die nach fristgerechtem Widerspruch und Begründung des Widerspruchs zunächst die Abweisung der Nichtigkeitsklage beantragt hat, hat mit Schriftsatz vom 4. Januar 2021 erklärt, dass sie
7
das Klagebegehren in vollem Umfang anerkenne.
8
Mit Schreiben vom 15. Januar 2021 – mit Gelegenheit zur Stellungnahme auch zu einem Übergang ins schriftliche Verfahren und zum Streitwert – hat der Senat darauf hingewiesen, dass das mit der Teilnichtigkeitsklage angegriffene Streitpatent, nachdem es im angegriffenen Umfang nicht mehr verteidigt werde, ohne weitere Sachprüfung in diesem Umfang für nichtig zu erklären sein werde. Nachdem beide Parteien ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben, hat der Senat den ursprünglich anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben und den Übergang ins schriftliche Verfahren angeordnet. Von der vom Senat zur abschließenden Stellungnahme gesetzten Frist von zwei Wochen hat nur die Klägerin Gebrauch gemacht, indem sie ihren Antrag präzisiert und angeregt hat, den Streitwert auf 1.000.000,- € festzusetzen.
9
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
10
Die Teilnichtigkeitsklage, mit der der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ i. V. m. Art. 54 Abs. 1, 2 und Art. 56 EPÜ) im Umfang der Patentansprüche 1 bis 8, 15 und 16 sowie der Patentansprüche 11 bis 13, soweit letztere nicht auf Patentanspruch 9 oder 10 rückgezogen sind, geltend gemacht wird, ist zulässig und begründet.
11
Die Erklärung der Beklagten, das Klagebegehren in vollem Umfang anzuerkennen und damit das Streitpatent im angegriffenen Umfang nicht mehr zu verteidigen, stellt nach ständiger Rechtsprechung eine wirksame Begrenzung des Streitstoffs im Patentnichtigkeitsverfahren dar. Nachdem das Streitpatent im angegriffenen Umfang nicht mehr verteidigt wird, ist es insoweit ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr.; vgl. etwa BGH GRUR 2007, 404 – Carvedilol II; BGH GRUR 1996, 857, 858 – Rauchgasklappe; BPatG GRUR 2010, 137 – Oxaliplatin m. w. N.; Schulte/Voit, PatG, 10. Aufl., § 81 Rdn. 128).
12
Die mit der Nichtigkeitsklage nicht angegriffenen Patentansprüche 9, 10 und 14 bleiben im Übrigen mit ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Rückbezug auf Patentanspruch 7 in seiner erteilten Fassung in Kraft, ebenso Patentanspruch 17 in seinem Rückbezug auf Patentanspruch 16 in seiner erteilten Fassung. Entsprechendes gilt, soweit die Patentansprüche 11 bis 13 auf die Patentansprüche 9 und 10 Bezug nehmen.
13
Mit Zustimmung beider Parteien konnte der Senat über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, § 82 Abs. 3 Satz 2 PatG.
II.
14
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
III.
15
Die Festsetzung des Streitwerts für das Patentnichtigkeitsverfahren erfolgt gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 PatKostG i. V. m. § 51 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG nach billigem Ermessen. Nach ständiger Rechtsprechung ist hierfür im Allgemeinen der gemeine Wert des Patents bei Erhebung der Nichtigkeitsklage zuzüglich des Betrags der bis dahin entstandenen Schadensersatzforderungen maßgeblich (vgl. Schulte/Schell, PatG, 10. Aufl., § 2 PatKostG Rdn. 38 m. w. N.). Der Senat hält den schon in der Klageschrift genannten Betrag in Höhe von 1.000.000,- €, gegen den die Beklagte keine Einwände erhoben und den die Klägerin in ihrer letzten Eingabe wieder genannt hat, für angemessen. Der Streitwert ist daher in dieser Höhe festzusetzen.


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