Aktenzeichen 24 W (pat) 64/08
Tenor
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 306 63 312.4
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2010 unter Mitwirkung…
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent und Markenamts vom 23. März 2007 und vom 28. Mai 2008 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für folgende Waren zurückgewiesen worden ist:
“elektrische Dosenöffner; elektrische Geräte zum Reinigen und/oder Pflegen, insbesondere zum Bürsten, Polieren, Wischen oder Saugen, von Oberflächen, insbesondere von Böden oder textilen Belägen; Staubsauger, einschließlich batteriebetriebene Staubsauger; Zubehör für Staubsauger oder andere elektrische Bodenpflegegeräte, nämlich Saugmundstücke, Schläuche, Rohre, Staubfilter und Staubfilterbeutel; Geschirrspülmaschinen; sowie deren Teile, soweit in Klasse 7 enthalten;
elektrische Frisiergeräte, insbesondere elektrische Dauerwellengeräte, Dampffrisierstäbe; Photovoltaikgeräte und daraus zusammengestellte Anlagen; elektrische Bügeleisen; sowie deren Teile, soweit in Klasse 9 enthalten;
elektrische Händetrockner; elektrische Wäschetrockner; Kühl- und/oder Gefriergeräte, insbesondere Kühlschränke, Gefriergeräte oder kombiniertes Kühl- und Gefriergerät; elektrische Haartrockner; sowie deren Teile, soweit in Klasse 11 enthalten”.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Das Wortzeichen
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Auto-Kochen
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ist für die Waren
4
„
Klasse 7
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elektrische Geräte zum mechanischen Bearbeiten, insbesondere zum Mischen und/oder Rühren und/oder Schneiden und/oder Zerreiben und/oder Zerkleinern von Lebensmitteln, insbesondere Handrührgeräte oder Fleischwölfe oder Kaffeemühlen; elektrische Küchenmaschinen; elektrische Geräte zum Extrahieren von Flüssigkeiten aus Lebensmitteln, insbesondere aus Früchten; elektrische Entsafter; elektrische Saftzentrifugen; elektrische Dosenöffner; elektrische Geräte zum Reinigen und/oder Pflegen, insbesondere zum Bürsten, Polieren, Wischen oder Saugen, von Oberflächen, insbesondere von Böden oder textilen Belägen; Staubsauger, einschließlich batteriebetriebene Staubsauger; Zubehör für Staubsauger oder andere elektrische Bodenpflegegeräte, nämlich Saugmundstücke, Schläuche, Rohre, Staubfilter und Staubfilterbeutel; Geschirrspülmaschinen; mit elektrischer oder anderer Energie betriebene Maschinen zum Behandeln von Textilien und Wäsche, soweit in Klasse 7 enthalten, insbesondere in rotierender Trommel, einschließlich Waschmaschinen, Wäscheschleudern, kombinierten Wasch- und Trockenmaschinen, Bügelmaschinen und Bügelpressen; sowie deren Teile, soweit in Klasse 7 enthalten;
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Klasse 9
7
elektrische Frisiergeräte, insbesondere elektrische Dauerwellengeräte, Dampffrisierstäbe; Photovoltaikgeräte und daraus zusammengestellte Anlagen; elektrische und/oder elektronische und/oder digitale Schalt-, Steuer- und Regelgeräte sowie Datenverarbeitungsanlagen und Datenspeichermedien für Haushaltsgeräte; elektrische Bügeleisen; sowie deren Teile, soweit in Klasse 9 enthalten;
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Klasse 11
9
elektrische Händetrockner; elektrische Wäschetrockner; Kühl- und/oder Gefriergeräte, insbesondere Kühlschränke, Gefriergeräte oder kombiniertes Kühl- und Gefriergerät; elektrische Geräte zur Wärmebehandlung, insbesondere Kochen, Garen, Backen, Rösten, Braten und/oder Auftauen, von Lebensmitteln, einschließlich Herde, Garöfen, Kochstellen oder Toaster, insbesondere mit elektrischer, Induktions-, Mikrowellen-, Heißluft-, Dampf- und/oder Gas-Beheizung; elektrisch betriebene Raclettegeräte; elektrische Waffeleisen; elektrische Friteusen; elektrische Grillgeräte; Eierkocher; elektrischer Joghurtbereiter; elektrische, selbstbeheizte Kochtöpfe; elektrische Warmhalteplatten; elektrische Geräte zum Bereiten von warmen oder heißen Getränken, insbesondere von Kaffee oder Tee; Kaffeeautomaten oder -maschinen, insbesondere Filterkaffeeautomaten, Espressoautomaten und/oder Cappucinoautomaten; Lüftungs- und Entlüftungsgeräte, insbesondere Dunstabzugsgeräte und -hauben; elektrisch betriebene Geräte zum Erwärmen von Wasser und/oder Speichern und Bereitstellen von erwärmtem Wasser, insbesondere elektrische Wasserkocher für die Küche; elektrische Haartrockner; sowie deren Teile, soweit in Klasse 11 enthalten“
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zur Eintragung als Marke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden.
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Mit zwei Beschlüssen vom 23. März 2007 und vom 28. Mai 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 11 des DPMA die Anmeldung zurückgewiesen. Ihre Entscheidung hat sie hierbei – wie zuvor in ihrem Zwischenbescheid vom 30. Januar 2007 näher erläutert – auf die Schutzhindernisse der Freihaltebedürftigkeit und der fehlenden Unterscheidungskraft gestützt (§§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG).
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie räumt ein, dass die Worte „Auto“ und „Kochen“ in Alleinstellung zwei stark beschreibende Hinweise in Richtung „Kraftfahrzeug“ bzw. „Lebensmittelerhitzung“ böten. Im erweiterten Sinne könne der Begriff „Auto“ von den angesprochenen Verbrauchern auch als Hinweis auf einen Ablauf verstanden werden, der einen automatischen Charakter habe. Jedoch sei zu beachten, dass ein automatisch ablaufenden Kochvorgang nicht denkbar sei, da kein Kochvorgang ohne individuelle Eingaben an den entsprechenden Geräten ablaufe. Der Wortkombination „Auto-Kochen“ könne daher kein Hinweis auf eine bestimmte Eigenschaft von etwaigen so benannten Waren entnommen werden. Auch ein Freihaltebedürfnis dürfte somit bei der zusammengesetzten Wortmarke „Auto-Kochen“ überwunden sein.
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Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent und Markenamts vom 23. März 2007 und vom 28. Mai 2008 aufzuheben.
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Wegen den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat teilweise Erfolg. Der als Marke angemeldeten Bezeichnung „Auto-Kochen“ kann der Schutz nicht versagt werden, soweit es die beanspruchten Waren „elektrische Dosenöffner; elektrische Geräte zum Reinigen und/oder Pflegen, insbesondere zum Bürsten, Polieren, Wischen oder Saugen, von Oberflächen, insbesondere von Böden oder textilen Belägen; Staubsauger, einschließlich batteriebetriebene Staubsauger; Zubehör für Staubsauger oder andere elektrische Bodenpflegegeräte, nämlich Saugmundstücke, Schläuche, Rohre, Staubfilter und Staubfilterbeutel; Geschirrspülmaschinen; sowie deren Teile, soweit in Klasse 7 enthalten; elektrische Frisiergeräte, insbesondere elektrische Dauerwellengeräte, Dampffrisierstäbe; Photovoltaikgeräte und daraus zusammengestellte Anlagen; elektrische Bügeleisen; sowie deren Teile, soweit in Klasse 9 enthalten; elektrische Händetrockner; elektrische Wäschetrockner; Kühl- und/oder Gefriergeräte, insbesondere Kühlschränke, Gefriergeräte oder kombiniertes Kühl- und Gefriergerät; elektrische Haartrockner; sowie deren Teile, soweit in Klasse 11 enthalten“ betrifft. Hinsichtlich dieser Waren stehen der Anmeldung keine absoluten Schutzhindernisse, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
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Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren (oder Dienstleistungen), für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren (oder Dienstleistungen) von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 40) „Linde, Winward u. Rado“; GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 48) „Henkel“; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) „EUROHYPO“; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 18) „
FUSSBALL
WM 2006“; GRUR 2008, 71, 73 (Nr. 23) „Fronthaube“; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) „My World“). Ausgehend hiervon besitzt eine Wortmarke u. a. dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihr die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nrn. 81 u. 86) „Postkantoor“; GRUR 2008, 608, 611 (Nrn. 56 ff.) „EUROHYPO“; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 „marktfrisch“; GRUR 2006, 850, 854 (Nrn. 18 f.) „
FUSSBALL
WM 2006“; GRUR 2009, 952, 953 (Nr. 10) „
DeutschlandCard
“; GRUR 2009, 949, 951 (Nr. 20) „My World“). Dies trifft auf die Bezeichnung „Auto-Kochen“ – entgegen der Auffassung der Markenstelle – aber nur insoweit zu, als es jene vorliegend mit der Anmeldung beanspruchten Waren betrifft, die im Tenor dieses Beschlusses keine Berücksichtigung gefunden haben.
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Entgegen der Auffassung der Anmelderin handelt es sich bei der Wortkombination „Auto-Kochen“ für die einschlägigen Verkehrskreise ohne weiteres um eine in ihrem beschreibenden Gehalt erkenn- und verstehbare Wortkombination. Der Wortbestandteil „Kochen“ steht für das zum Sieden bringen von Wasser oder die Wärmezubereitung von Speisen, während der Wortbestandteil „Auto“ – wie die Anmelderin zu Recht festgestellt hat – grundsätzlich zwei Bedeutungen annehmen kann. Einerseits ist die Bedeutung im Sinne von „Kraftfahrzeug“ möglich (vgl. DUDEN – Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl., [CD-ROM] Mannheim 2007), andererseits liegt aber auch eine Bedeutung mit Inhalten wie „selbst“, „automatisch“, „autodynamisch“ nahe, wie sie aus dem zum deutschen Sprachschatz zählenden, griechischen Präfix „auto-“ folgt (vgl. Internet-Lexikon Wikipedia, Artikel „Liste griechischer Präfixe“; DUDEN – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., [CD-ROM] Mannheim 2006). Im Zusammenhang mit technischen Geräten, die der Wärmebehandlung von Lebensmitteln dienen können, wird jedoch die Wortkombination „Auto-Kochen“ ohne weiteres und nur im Sinne von „automatisch kochend“ verstanden. Nicht stichhaltig ist hierbei der Einwand der Anmelderin, dass Kochvorgänge stets individuelle Vorgaben benötigten und daher im eigentlichen Sinne nie automatisch ablaufen würden. Wie aus einer Reihe vom Senat im Internet ermittelten Unterlagen, die die Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung erhalten hat, ersichtlich wird, verwenden sowohl die Anmelderin selbst als auch einige ihrer Mitbewerber Begriffe wie „Auto-Kochen“ oder „Auto-Cooking“ u. dgl. als beschreibende Angaben für einen bestimmten Funktionsmodus von Küchengeräten, der eine computergesteuerte, vereinfachte Zubereitung von Speisen ermöglicht (vgl. Prospekt bzw. Artikel zum Kombigarer „Küppersbusch Convect-Air-Comfort Typ CCE 106“ und zu den „AEG Backöfen der 9er-Reihe“, wobei bei letzteren insgesamt „ganze 20 Automatik-Rezepte auf ihren Einsatz“ warten). Bei derart beschreibenden Angaben gibt es regelmäßig keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. EuGH GRUR 2004, 678, 674, (Nr. 86) „Postkantoor“; BGH GRUR 2009, 411 (Nr. 9) „
STREETBALL
“; GRUR 2009, 952, 953 (Nr. 10) „
DeutschlandCard
“; GRUR 2009, 949, 950 „My World“). Darüber hinaus ist es für das Vorliegen des Schutzausschlussgrundes der fehlenden Unterscheidungskraft bereits ausreichend, dass ein Wortzeichen wie „Auto-Kochen“ in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren bezeichnet (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, 147 „DOUBLEMINT“; BGH GRUR 2008, 900, 901 „SPA II“).
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Über die genannten Küchengeräte hinaus erfasst das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft auch die in Klasse 7 beanspruchten „Maschinen zum Behandeln von Textilien und Wäsche“, da auch diese über Vorrichtungen zur automatischen Steuerung von Kochvorgängen verfügen können.
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Bei den im Tenor genannten Waren ist dagegen ein enger beschreibender Bezug der Bezeichnung „Auto-Kochen“ nicht festzustellen, da diese bestimmungsgemäß nicht zur Wärmebehandlung von Lebensmitteln geeignet sind. Hieraus folgt, dass die Bezeichnung „Auto-Kochen“ bei diesen Waren in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise keinen hinreichend engen, sachbezogenen Begriffsgehalt mehr aufzuweisen vermag.
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Aus den dargelegten Gründen kann in dem Wort „Auto-Kochen“ bezogen auf die im Tenor dieses Beschlusses genannten Waren auch keine Bezeichnung erblickt werden, die ausschließlich aus warenbeschreibenden Angaben im Sinne des Schutzausschlussgrundes nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht und freihaltebedürftig wäre.
Parallelverfahren: 24 W (pat) 65/08