Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Cosmetics” – keine Unterscheidungskraft – zukünftiges Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  27 W (pat) 148/09

Datum:
13.7.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Leitsatz

Cosmetics
Da die Verwendung von kosmetischen Substanzen in Textilbekleidung und Schuhen Gegenstand der Forschung ist, besteht an “Cosmetics” zumindest ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis.

Tenor

BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 307 31 082.5
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Anmeldung der Wortmarke
2
Cosmetics
3
für die Waren
4
“Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen”
5
hat die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Erstbeschluss vom 22. August 2007 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren werde die Anmeldemarke nur in dem Sinne verstanden werden, dass diese kosmetische Eigenschaften besäßen, d. h. mit entsprechenden Kosmetika ausgestattet seien. Die angemeldete Bezeichnung “Cosmetics” sei das Pluralwort des englischen Begriffs “Cosmetic”, der lexikalisch mit der Bedeutung “Kosmetikum, kosmetisches Mittel, Schönheitsmittel” übersetzt werde. Seit langem seien mit kosmetischen Produkten ausgestattete Bekleidungsstücke – insbesondere solche, die hautnah getragen würden – als auch Schuhe auf dem Markt. Dies werde durch dem Beschluss beigefügte Berichte belegt.
6
Für den angesprochenen Verbraucher liege es daher ohne weitere analytische Schritte nahe, die Anmeldemarke, wenn sie ihr mit Bekleidung, Schuhen und Kopfbedeckungen begegneten, nur als schlichten (schlagwortartigen) Sachhinweis auf deren Ausstattung mit Kosmetika zu verstehen. Damit sei die angemeldete Bezeichnung auch geeignet, die zugrunde liegenden Waren unmittelbar zu beschreiben. Bei diesem Verständnis werde den Käuferkreisen der Gedanke, dass die angemeldete Bezeichnung die Herkunft der gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Betrieb angeben solle, erst gar nicht kommen.
7
Die gegen diese Entscheidung eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle durch Beschluss vom 26. Januar 2009 zurückgewiesen. Auch die Erinnerungsprüferin hält die angemeldete Bezeichnung für nicht unterscheidungskräftig. Bezogen auf die beanspruchten Waren werde “Cosmetics” von den maßgeblichen Verkehrskreisen als eine anpreisend – beschreibende Sachangabe aufgefasst werden. In Bezug auf die beanspruchten Waren werde der Verbraucher in erster Linie an pflegende Kosmetik denken; dies deshalb, weil ein wachsender Bereich des Zukunftsmarktes der intelligenten Textilien die Kosmetiktextilien seien, auch Kosmetotextilien genannt. Die Markenstelle stützt sich insoweit auf drei Zeitungsartikel und diverse Internetausdrucke, wonach bestimmte Textilien der kosmetischen Pflege dienten.
8
Von den Verkehrskreisen werde das Anmeldezeichen vordergründig auch als werbliche Anpreisung im Sinn eines Qualitätsversprechens empfunden werden, nämlich dass die Waren mit kosmetischen Bestandteilen versehen seien bzw. es sich um entsprechende kosmetische Bekleidungsstücke, kosmetische Schuhwaren oder kosmetische Kopfbedeckungen handle oder diese Waren im Bereich der Kosmetik Einsatz fänden. Für diese Waren stelle der kosmetische Aspekt eine wesentliche Produkteigenschaft dar; es würden kosmetische Bedürfnisse angesprochen und in den Vordergrund gerückt. Das Anmeldezeichen gebe schlagwortartig einen Hinweis auf Merkmale der beanspruchten Waren.
9
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
10
die Beschlüsse der Markenstelle vom 22. August 2007 und vom 26. Januar 2009 aufzuheben.
11
Die Anmelderin hält die Marke für unterscheidungskräftig. Die Aussage sei überraschend, ungewöhnlich und überaus phantasievoll. Damit hebe sie sich von Standard-Marken im Bekleidungssektor deutlich ab. Sie werde deswegen gut erinnert.
12
Die dem Erinnerungsbeschluss beigefügten Anlagen würden keine unmittelbar beschreibende Wirkung der Marke belegen. Auch eine Bezeichnung, wie “Diamant” oder “Stone”, sei für Bekleidung und Schuhwaren nicht unmittelbar beschreibend, obwohl es Schuhe und Bekleidung gebe, an denen Diamanten oder Brasssteine angebracht seien.
13
Eine unmittelbare Beschreibung der Anmeldewaren sei schon deshalb nicht gegeben, weil Kosmetika und Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen wesensverschieden seien. Sie seien daher auch in verschiedenen Klassen niedergelegt (Klassen 3 und 25). Niemand komme auf die Idee, in der Angabe “Cosmetics” einen Hinweis auf Bekleidung zu sehen. Das mache den überraschenden und phantasievollen Aspekt der Anmeldemarke aus. Ein Bezug zu in Forschungskreisen möglicherweise diskutierten Kosmetotextilien sei nur den in diesem Bereich forschenden Experten zuzutrauen. Auf ihr Verständnis komme es jedoch bei den hier zu betrachtenden Waren des täglichen Lebens, die von jedermann erworben würden, nicht an. Die Entscheidung der Erinnerungsprüferin beruhe letztlich auf langem gezielten Suchen nach einer irgendwie denkbaren beschreibenden Wirkung und orientiere sich nicht mehr am Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise.
14
Eine ausschließlich werbeanpreisende Bezeichnung sei die Anmeldemarke “Cosmetics” in Bezug auf Bekleidung sicher nicht.
15
In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.
II.
16
Die Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die beschwerdegegenständlichen Waren die Schutzhindernisse der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und eines Freihaltungsbedürfnisses (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegen.
17
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Die Hauptfunktion einer Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Rn. 27 – BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006). Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss – seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz – streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rn. 50 – Libertel; GRUR 2004, 674, Rn. 123 – Postkantoor). Enthält eine Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Rn. 50 – Henkel) ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erkannt wird, so ist ihr die Registrierung als Marke zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass sie als Unterscheidungsmittel wirken (BGH GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; 2005, 417 – BerlinCard). Dies gilt auch für fremdsprachige Bezeichnungen, die aus gängigen Ausdrücken einer Welthandelssprache oder der einschlägigen Fachsprache gebildet sind (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rn. 110).
18
Nach diesen Grundsätzen weist das angemeldete Zeichen nicht die für eine Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft auf. Wegen der Ähnlichkeit mit dem deutschen Wort “Kosmetik” werden die von den Waren angesprochenen inländischen Verkehrskreise keine Schwierigkeiten haben, den angemeldeten englischsprachigen Begriff “Cosmetics” im Sinn von Kosmetika zu übersetzen. In Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren wird der inländische Verbraucher der Marke lediglich einen sachbezogenen beschreibenden Hinweis entnehmen, nämlich dass diese mit Kosmetika ausgestattet sind.
19
Für ein entsprechendes Verständnis sprechen auch die von der Markenstelle ermittelten Internetausdrucke, die ausreichend belegen, dass es im Bereich der Bekleidungsstücke und Schuhe bereits Produkte gibt, die Kosmetika enthalten. So existieren beispielsweise sog. Kosmetiktextilien mit Aloe Vera, wie den Anlagen 4 und 5 zum Erinnerungsbeschluss zu entnehmen ist, in denen von Aloe Vera Socken die Rede ist (www. comfortschuh.de/artikel/Strümpfe-Zubehoer-Pflegemittel-01-AA- htm). In Schuhen gibt es Deo-Einlegesohlen mit ätherischen Ölen für wohlriechende Füße (www.shopzilla.de/8N-cat id).
20
2. Darüber hinaus ist die angemeldete Bezeichnung auch wegen eines Freihaltungsbedürfnisses von der Eintragung ausgeschlossen. Diese Vorschrift verbietet es, Zeichen als Marke einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Bestimmung einer Ware oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale von Waren dienen können. Der Ausschluss solcher zur Beschreibung geeigneter Zeichen oder Angaben dient dazu, dass sie jedermann frei verwenden kann. Es ist daher nicht erlaubt, solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorzubehalten (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25 – Windsurfing Chiemsee; GRUR Int. 2003, 632, Rn. 73 – Linde).
21
Aufgrund der von der Markenstelle ermittelten Internetbelege spricht bereits einiges für ein aktuell bestehendes Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Bezeichnung, da Kosmetika im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren dort beschreibend verwendet werden. Der Senat hält jedenfalls aufgrund der Recherchen der Markenstelle ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Marke für gegeben. Dafür spricht insbesondere die dem Erinnerungsbeschluss beigefügte Anlage 4, wonach die Verwendung von Kosmetik auf dem Textilsektor Gegenstand der Forschung ist.
22
Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG die Eintragung zu Recht versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.


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