Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “family day” – keine Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  27 W (pat) 201/09

Datum:
19.1.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
betreffend die angemeldete Marke 30 2008 069 253.7
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. Januar 2010 durch…
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 20. März 2003 die Anmeldung der Wortmarke
2
family day
3
für die Waren und Dienstleistungen
4
„Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Webstoff und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“
5
nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen, weil die als „Familientag“ verständliche Anmeldemarke vom angesprochenen Publikum lediglich als beschreibende Angabe dahingehend verstanden würde, dass die vorgenannten Waren und Dienstleistungen für die ganze Familie besonders geeignet seien.
6
Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 5. Juni 2009 aus denselben Gründen zurückgewiesen.
7
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, welche sie – wie bereits zuvor ihre Erinnerung vor der Markenstelle – innerhalb der ihr hierzu eingeräumten Stellungnahmefrist nicht begründet hat.
II.
8
A. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt.
9
1. Mit der Markenstelle geht auch der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist.
10
a) Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geht auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurück, der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortidentisch ist. Da die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen nach Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten ist, ist auch für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Unterscheidungskraft“ in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließlich dessen Rechtsprechung maßgeblich und für alle nationalen Gerichte bindend. Danach ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] – SAT. 2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] – BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] – SAT. 2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT. 2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] – Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] – Das Prinzip der Bequemlichkeit).
11
b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] – Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] – DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] – POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] – BIOMILD).
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c) Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, werden die angesprochenen Verkehrskreise – dies sind wegen der Art der beanspruchten Waren und Dienstleistungen alle inländischen Verbraucher – die aus den einfachsten Wörtern des englischen Grundwortschatzes zusammengesetzte Anmeldemarke ohne Weiteres in der Bedeutung „Familientag“ verstehen. Dem ist die Anmelderin auch nicht entgegen getreten. Gleiches gilt auch für die weitere, durch zahlreiche Fundstellen belegte Feststellung der Markenstelle, dass mit dieser Bezeichnung (sowohl in englischer als auch in deutscher Sprache) Veranstaltungen bezeichnet werden, die speziell auf Familien ausgerichtet sind, wozu bzw. wobei auch zahlreiche Waren und Dienstleistungen aller Art angeboten werden. In Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen wird das Publikum die Anmeldemarke daher nur als allgemeinen Sachhinweis daraufhin verstehen, dass die mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen vor allem für Familien geeignet und bestimmt sind und im Rahmen solcher Veranstaltungen angeboten werden sollen. Da die Anmeldemarke damit aber im Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise nur den Einsatzort und -zweck der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen sowie die Zielgruppe bezeichnet, werden sie keinen Anlass haben, ihr stattdessen einen Hinweis auf die Herkunft dieser Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen zu entnehmen. Da die angemeldete Bezeichnung damit die Hauptfunktion einer Marke nicht erfüllen kann, ist sie als Marke nicht schutzfähig.
13
d) Da die Anmelderin weder ihre Erinnerung gegen den Erstbeschluss der Markenstelle noch ihre Beschwerde begründet hat, ist nicht ersichtlich, aus welchen sonstigen Gründen sie die angefochtenen Entscheidungen der Markenstelle für anfechtbar erachtet.
14
2. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.


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