Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – „FLEXCAR“ – keine Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  26 W (pat) 536/21

Datum:
5.5.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2020 113 066.6
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 5. Mai 2022 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie des Richters Dr. von Hartz und der Richterin Dr. Rupp-Swienty beschlossen:
ie Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
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Das Wortzeichen
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FLEXCAR
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ist am 21. September 2020 unter der Nummer 30 2020 113 066.6 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Dienstleistungen der
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Klasse 39: Fahrzeug-Sharing-Dienste, nämlich Bereitstellung von zeitlich begrenzter Nutzung von Fahrzeugen.
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Mit Beschluss vom 21. Juli 2021 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 39 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Wortzeichen setze sich sprachüblich aus dem Bestandteil „flex“, einer werbeüblichen Abkürzung für „flexibel“ im Sinne von „beweglich, biegsam, elastisch, an veränderte Umstände anpassbar“, und dem zum englischen Grundwortschatz gehörenden Substantiv „car“ für „Auto, Wagen, Fahrzeug“ zusammen. In der Gesamtheit entnehme der angesprochene Verkehr dem Anmeldezeichen spontan, zwanglos und ohne nennenswerten intellektuellen Aufwand die Sachaussage, dass es sich bei den damit gekennzeichneten Dienstleistungen um Fahrzeug-Sharing-Dienste handele, die flexibel an die Bedürfnisse des Kunden angepasst werden könnten, indem er beispielsweise die Fahrzeuggröße, die Getriebe- oder die Antriebsart wählen könne. „FLEXCAR“ weise daher auf ein flexibles Fahrzeug-Angebot hin, das eine größtmögliche Anpassung an die Autopräferenzen des Kunden ermögliche. Das Anmeldezeichen bestehe auch nicht aus Wörtern unterschiedlicher Sprachräume. Die vom lateinischen „flexibilis“ abgeleitete Abkürzung „flex“ könne auch für das englische Wort „flexible“ stehen, womit es zum englischen Substantiv „car“ passe. Da der Verkehr daran gewöhnt sei, in der Werbung ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen in einprägsamer Weise übermittelt würden, sei es unerheblich, ob das Anmeldezeichen lexikalisch belegbar oder eine neuartige Wortkombination sei. Die fehlende Binnengroßschreibung spiele bei Wortzeichen keine Rolle. Den von der Anmelderin angeführten Wortmarken „ray table flex“ (30 2020 023 244), „flex.units“ (30 2019 207 949), „Sky-Flex“ (30 2018 221 387), „PAYLIFE FLEX“ (30 2018 220 490), „CAR.go professional“ (30 2020 202 713), „car-Tex“ (30 2019 017 996) und „Car-ship“ (30 2017 237 853) könne kein beschreibender Sinngehalt entnommen werden. Zahlreiche vergleichbare Anmeldungen, wie z. B. „flex-Bike“ (30 2017 235 010), „FLEXZELT“ (30 2018 102 232), „FlexRooms (30 2018 201 472) und „ValueCar“ (30 2017 228 834), seien ebenfalls wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden.
6
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, die angemeldete Wortzusammensetzung stelle einen Neologismus dar, dessen Aussage äußerst unbestimmt und interpretationsbedürftig sei und daher über eine gewisse Originalität verfüge. Sowohl dem deutschen Eigenschaftswort „flexibel“ als auch dem englischen Adjektiv „flexible“ komme eine Vielzahl von Bedeutungen zu. In der Technik weise es auf leichte mechanische Veränderbarkeit hin. In der Sprachwissenschaft beschreibe es die Eigenschaft, flektiert werden zu können. Bei Gegenständen bezeichne es deren Fähigkeit, sich auf geänderte Anforderungen und Gegebenheiten der Umwelt einzustellen. Synonyme seien „leicht biegsam, elastisch, dehnbar, gelenkig, nachgebend, anpassungsfähig, beweglich wendig, beugbar, biegsam, flektierbar, veränderlich“. Der englische Begriff „CAR“ werde mit Kraftfahrzeug oder Auto übersetzt. In der Gesamtheit neige der angesprochene Verkehr dazu, das Anmeldezeichen sprachlich im Sinne von „flexibles und mechanisch anpassbares Kraftfahrzeug“ zu verstehen, wobei er das Adjektiv „flexibel“ auf das Kraftfahrzeug und nicht auf eine Dienstleistung beziehe. Wenn das Gesamtkonzept der Fahrzeugnutzung als flexibel im Sinne von „anpassungsfähig“ angesehen werde, entferne man sich vom Wort „CAR“ und wäre eher bei einem „FlexConcept“ oder „FlexTarif“. Erst recht seien die Fahrzeuge selbst nicht flexibel. Es sei nicht beabsichtigt, eine Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Fahrzeugen je nach präferierten Eigenschaften anzubieten. Vielmehr solle der Kunde das Fahrzeug wählen, das für ihn am schnellsten und ohne technische Einweisung nutzbar sei. Auch die Möglichkeit, sich als Nutzer mit einem oder mehreren anderen Nutzern ein Fahrzeug zu teilen, bedeute nicht, dass man auch in der Nutzung flexibel sei. Die Möglichkeit einer nur zeitlich begrenzten Nutzung könne auch gegen Flexibilität in der Mobilität sprechen. Um zur Deutung der Markenstelle zu gelangen, seien gedankliche Zwischenschritte notwendig (vgl. BPatG 25 W (pat) 552/17– FLEXCHECK). Die angemeldete Wortverbindung sei fantasievoll und daher in ihrer Gesamtheit unterscheidungskräftig (vgl. BPatG 24 W (pat) 16/06 – FLEXPLUS). Sie werde bislang von niemandem als sachbezogene Angabe verwendet oder benötigt. Die angeführten Voreintragungen seien nach der Rechtsprechung des EuGH (GRUR 2011, 1035 Rdnr. 73 f. – Agencja Wydawnicza Technopol/HABM [1000]) zu berücksichtigen.
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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des DPMA vom 21. Juli 2021 aufzuheben.
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Mit gerichtlichen Hinweisen vom 22. Dezember 2021 und 24. März 2022 unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 9, Bl. 25 – 58 GA; Anlagen 10 bis 25, Bl. 80 – 128 GA) ist die Beschwerdeführerin auf die Schutzunfähigkeit des Anmeldezeichens hingewiesen worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
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Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „FLEXCAR“ als Marke steht für die beanspruchte Dienstleistung der Klasse 39 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
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1. a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86– Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – #darferdas? I; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11– Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).
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b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das Wortzeichen „FLEXCAR“ nicht. Denn die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben es zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt, dem 21. September 2020, nur als schlagwortartigen, werblich anpreisenden Sachhinweis auf Art und Gegenstand der beanspruchten Dienstleistung der Klasse 39 aufgefasst, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis wahrgenommen.
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aa) Von der angemeldeten Dienstleistung der Klasse 39 „Fahrzeug-Sharing-Dienste, nämlich Bereitstellung von zeitlich begrenzter Nutzung von Fahrzeugen“ werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch gewerbliche Kunden angesprochen.
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bb) Das Anmeldezeichen besteht aus den Elementen „FLEX“ und „CAR“.
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aaa) Der vorangestellte Bestandteil „FLEX“ bezeichnet als deutsches Substantiv ein „tragbares, mit einer Trennscheibe ausgestattetes und mit einem Elektromotor betriebenes Gerät, mit dem harte Materialien (wie Stein, Beton, Metall) zersägt werden können“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Flex).
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(1) Ferner ist „flex.“ die deutsche Abkürzung für das Adjektiv „flexibel“ und „Flex.“ das deutsche Akronym für das Nomen „Flexibilität“ und den sprachwissenschaftlichen Fachbegriff „Flexion“ (Duden, Das Wörterbuch der Abkürzungen, 6. Aufl. 2011, S. 167, Anlage 10). Das Eigenschaftswort „flexibel“ stammt vom lateinischen „flexibilis“ ab und bedeutet „biegsam, elastisch, an veränderte Umstände anpassungsfähig, beweglich, veränderbar“. Unter dem zugehörigen Substantiv „Flexibilität“ versteht man „flexible Beschaffenheit; Biegsamkeit, Elastizität; Fähigkeit des flexiblen, anpassungsfähigen Verhaltens“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Flexibilitaet; BPatG 26 W (pat) 571/18 – FLEXI-GURT m. w. N.).
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(2) Das englische Hauptwort „flex“ wird mit „Netzkabel“ oder im elektrischen und technischen Bereich mit „Litze, Anschlusskabel, Anschlussleitung, Leitungsschnur, Verlängerungsschnur“ übersetzt. Als englisches Verb hat „flex“ die Bedeutungen „(sich) biegen, knicken, beugen, anspannen (https://dict.leo.org/englisch-deutsch/ flex, Anlage 11). Aber auch in der englischen Sprache wird „flex.“ als Akronym für das Eigenschaftswort „flexible“ verwendet (Stahl/Kerchelich, Abbreviations Dictionary, Tenth Edition, 2001, S. 416, Anlage 12), dem die Bedeutungen „biegsam, elastisch, flexibel, geschmeidig, anpassungsfähig, biegeweich, fügsam, gelenkig, nachgiebig, wendig, biegbar, (frei) beweglich, biegeschlaff, dehnbar, weich, weichelastisch“ zukommen (https://dict.leo.org/englisch-deutsch/flexible, Anlage 13).
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(3) „FLEX“ ist aber auch in der gewählten Schreibweise in Großbuchstaben und ohne Punkt im Inland allgemein bekannt (BPatG 26 W (pat) 22/11 – KID FLEX).
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(4) Die Abkürzung „Flex“ im Sinne von „flexibel, variabel, anpassungsfähig“ ist in vielen Bereichen gebräuchlich und daher für die inländischen Verkehrskreise ohne weiteres verständlich (vgl. BPatG 26 W (pat) 571/18 – FLEXI-GURT; 28 W (pat) 21/13 – FlexxSide; 24 W (pat) 518/13 – Sani-Flex; 33 W (pat) 15/05 – FlexPension). Sie wird beispielsweise im Zusammenhang mit Tickets oder Abonnements verwendet, die flexibel anpassbar, einlösbar und/oder umtauschbar, also anpassungsfähig sind. Das Wort „Flexpreis“, das einen für flexible Reisemöglichkeiten zu zahlenden Fahrpreis bezeichnet, hat bereits Eingang in den Duden gefunden (https://www.duden.de/rechtschreibung/Flexpreis). Zudem wird das Kurzwort „Flex“ benutzt, um auf individuell gestaltbare oder anpassungsfähige Tarife von Mobilfunkanbietern hinzuweisen, wie z. B. „CallYa Flex“ oder „freenet Flex“ von Vodafone (Anlage 1; BPatG 25 W (pat) 552/17 – Flexcheck).
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bbb) Bei dem Bestandteil „CAR“ handelt es sich um das zum englischen Grundwortschatz gehörende und den inländischen Verkehrskreisen geläufige Substantiv mit den Bedeutungen „Auto, Wagen, Fahrzeug“ (Weis, Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 1977, S. 27; Langenscheidt Grundwortschatz Englisch, 9. Aufl. 1990, S. 217). Er wird in Wortzusammensetzungen benutzt, um einen Bezug zu Autos herzustellen (BPatG 29 W (pat) 159/04 – CarGuide; 27 W (pat) 566/17 – ChromeCars; 29 W (pat) 86/06 – CARAGENT; 29 W (pat) 572/12 – carmaster; 33 W (pat) 527/12 – CAR CHECK DAY).
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cc) In der Gesamtheit kommen dem Anmeldezeichen die Bedeutungen „flexibles Auto“, „an veränderte Umstände anpassungsfähiger Wagen“, „veränderbares Fahrzeug“, „Flexibilitätsauto“ oder „Flexibilität beim Auto, mit dem Auto oder durch das Auto“ zu.
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dd) Allerdings ist die angemeldete Wortkombination im Zusammenhang mit der beanspruchten Dienstleistung der Klasse 39 „Fahrzeug-Sharing-Dienste, nämlich Bereitstellung von zeitlich begrenzter Nutzung von Fahrzeugen“ von den angesprochenen Verkehrskreisen bereits zum Anmeldezeitpunkt, dem 21. September 2020, sofort und ohne weiteres nur als schlagwortartiger Sachhinweis auf ein anpassungsfähiges, veränderbares und damit auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden zugeschnittenes Angebot für die zeitlich begrenzte Nutzung von Kraftfahrzeugen verstanden worden. Denn schon vor dem Anmeldetag sowie in unmittelbarer zeitlicher Nähe sind Autovermietungsdienste mit veränderbaren Konditionen, wie z. B. flexiblen Laufzeiten, flexiblen Tarifen, flexibler Verfügbarkeit, flexiblen Rückgabe- oder Sharing-Möglichkeiten oder flexibler Fahrzeugauswahl, angeboten und beworben worden:
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– Unter der Bezeichnung „Auto-Abo ALD Flex“ ist die Leasinggesellschaft ALD „ins Geschäft mit flexiblen Langzeitmietmodellen“ eingestiegen. Darüber ist mit der Überschrift „Auto ein bis zwölf Monate Mieten“ am 27. Mai 2020 berichtet worden (https://www.firmenauto.de/auto-abo-ald-flex-auto-ein-bis-zwoelf-monate-mieten-11162038.html, Anlage 14);
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– „Auto Abo Marktüberblick: Anbieter, Kosten, Vorteile, Nachteile … Auto-Abo-Anbieter gibt es wie Sand am Meer. Wir vergleichen die Angebote und bringen Licht in den Auto-Abo-Dschungel. … Mit dem Auto-Abonnement steht Auto-Fahrern neben Neuwagen- oder Gebrauchtwagenkauf, Leasing, Mietwagen und Carsharing eine weitere und noch recht junge Möglichkeit zur Verfügung, um Auto fahren zu können. … Vorteile des Auto-Abos – Flexible Laufzeit: Der hervorstechendste Vorteil des Auto-Abos ist dessen Flexibilität. Sie schließen das Abo für genau den Zeitraum ab, in dem Sie einen fahrbaren Untersatz benötigen. … Kinto Flex von Toyota …“ (4.9.2020, https://www.pcwelt.de/ratgeber/Auto-Abo-Marktueberblick-Anbieter-Kosten-Vorteile-Nachteile-10840159.html, Anlage 15);
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– „Miet-Transporter: Mit Ersatzfahrzeugen immer mobil bleiben … Das 2017 gegründete Tochterunternehmen der Daimler Mobility AG mit Sitz in Berlin deckt mit seinen unterschiedlichen Tarifen Zeiträume von 24 Stunden („Flex-Tarif“) bis zu 24 Monaten („Fix-Tarif“) ab. …
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Von Volkswagen Nutzfahrzeuge kommt mit der Transporter-Vermietung ProShare ein neuer Sharing Service auf den Markt: Sowohl private als auch gewerbliche Kunden können dabei via einer App schlüssellos auf einen passenden Transporter wie VW Caddy, T6.1 oder Crafter zugreifen. Die Grundidee dahinter ist eine größtmögliche Flexibilität für den Mieter, der sich dank dem ProShare-Modell weder mit den starren Öffnungszeiten einer Vermietstation noch dem Ausfüllen von Papierverträgen oder intransparenten Preismodellen herumschlagen muss. … Die Verfügbarkeit der Fahrzeuge wird in der App angezeigt, sie können dann flexibel in einem Zeitfenster von einer Minute bis zu 28 Tagen vor dem Einsatz gebucht werden.
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Mit der Avis Flex bietet das Unternehmen eine Langzeitmiete für kleine und mittelständische Betriebe an. …
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Buchbinder – Speziell an Unternehmer – und damit auch Handwerksbetriebe – mit eigenem Fuhrpark wendet sich das Angebot zur Langzeitmiete: Es soll der Firma bei unvorhergesehenen Auftragsspitzen oder dem akuten Ausfall von einem bis mehreren Fahrzeugen aushelfen. Dazu lassen sich Transporter oder Lkw mit flexiblen Laufzeiten anmieten. …
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Europcar verspricht eine Mobilität innerhalb von 48 Stunden, das Wunschfahrzeug soll dann innerhalb von sieben Tagen verfügbar sein. Der Bezeichnung entsprechend flexibel ist das Tarifmodell Mid Term Flex, bei dem die Kunden ihr gemietetes Fahrzeug innerhalb des Zeitfensters von sieben bis 24 Monaten nutzen, dabei aber auch jederzeit kurzfristig zurückgeben können. …
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Hertz – Mit dem Slogan „Eine flexible Alternative zum Leasing“ bietet Hertz Firmenkunden interessante Konditionen für eine Langzeitmiete ab 28 Tagen bis zu 24 Monaten an. …
36
Sixt – Der international agierende Münchener Vermieter hat ein Paket für Handwerker geschnürt, das zum einen mit bis zu 25 Prozent Firmenrabatt auf Buchungen lockt sowie kostenlose Fahrzeugupgrades, einen Express Check-in und umfangreichen Support bietet. Die Mietzeiten sind flexibel gestaltbar, lassen sich bei Bedarf vorzeitig beenden oder verlängern. …“ (2. März 2020, https://www.handwerk-magazin.de/miet-transporter-immer-mobil-bleiben-183510/, Anlage 16);
37
– „… Sixt bietet ja diesen sogenannten Sixt Flexi Service an, was eine vorzeitige Rückgabe des Mietwagens beinhaltet. …“ (8. Januar 2020, https://www.mietwagen-ecke.de/verschieden-fragen-f83/sixt-flexi-vorzeitige-rueckgabe-des-mietwagens-t1159.html, Anlage 17);
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– „Wie gut funktioniert das Transporter-Sharing von Carl und Carla? … Für zehn Euro zusätzlich stünde ein Flextarif zur Verfügung, mit dem ich meine Buchung auf einen anderen verfügbaren Zeitraum umbuchen könnte. … Die Rückgabe und Abholung ist außerdem nur zwischen 8 und 20 Uhr möglich, hier sind andere Anbieter flexibler, die Fahrzeuge können rund um die Uhr wieder abgegeben werden, ohne dass dafür ein Mitarbeiter kontaktiert werden muss. …“ (16. März 2018, https://www.businessinsider.de/gruenderszene/allgemein/transporter-sharing-carlundcarla-test/, Anlage 18);
39
– „… Carflex ist ein Unternehmen, welches für die Vermietung von Land/-Wasser-Fahrzeugen zuständig ist. … Fahrzeuge lassen sich unkompliziert und schnell über das grafische Nutzerinterface mieten. Es ist Dir möglich das Fahrzeug sowie die gewünschte Mietdauer (zwischen 10 und 30 Minuten) auszuwählen. Vor Ablauf des Mietvertrags steht es Dir frei, … deinen Mietvertrag zu verlängern. …“ (23. März 2019, https://forum.vio-v.com/lexicon/index.php?entry/158-carflex-fahrzeugvermietung/, Anlage 19);
40
– „AXA lanciert flexibles Auto-Abo “Upto” im eigenen Startup … AXA Schweiz bietet mit „Upto“ eine einfache, flexible Alternative zum Autokauf oder Autoleasing. Ohne versteckte Kosten, dafür mit Sharing-Möglichkeit. …“ (29. Oktober 2018, https://www.upto.ch/fr/portfolio-items/29-10-2018axa-lanciert-flexibles-auto-abo-upto-im-eigenen-startup/, Anlage 20);
41
– „Hertz bietet flexibles Auto-Abomodell … Nach Sixt und Europcar bietet nun auch Autovermieter Hertz ein Auto-Abonnement an, das flexibel und monatlich kündbar ist …“ (3. November 2020, https://www.fvw.de/touristik/verkehr/monatlich-kuendbar-hertz-bietet-auto-abo-minilease-213085?crefresh=1, Anlage 21);
42
– „Flexible Mobilität: Ein Leben ohne eigenes Auto. … Für Autofans: Das flexible Auto-Abo. … Das Carsharing wurde durch Apps attraktiv … Denn dabei müssen Sie sich nur einmal über ein Portal oder eine App anmelden und können dann flexibel und spontan ein Auto nutzen. … Und dabei hat das Auto-Abo ein besonderes Grundkonzept, das vor allem Autofans freuen wird: Der fahrbare Untersatz kann je nach Bedarf ausgetauscht werden. So haben Sie nach einer gewissen Mindestlaufzeit die Möglichkeit, das Abo flexibel
an neue Bedürfnisse anzupassen oder auch kurzfristig zu kündigen. … Leasing, Carsharing, Abo oder Miete – dazu noch eine Menge Zusatzoptionen, Anpassungs- und Änderungsmöglichkeiten: Wer ein Leben ohne eigenes Auto führen will, kann heutzutage trotzdem bequem mobil sein – und das so individuell wie die eigenen Lebensumstände und so flexibel wie gewünscht.“ (27. November 2020, https://www.vwfs.de/magazin/auto-und-mobilitaet/leben-ohne-auto.html, Anlage 22);
43
– „Porsche bietet flexibles „Auto-Abo“ – Porsche bietet mit dem „autoabo“ vier Fahrzeugkategorien und die Möglichkeit, monatlich zu wechseln. … (17. November 2020, https://industriemagazin.at/artikel/porsche-bank-bietet-flexibles-auto-abo/, Anlage 23);
44
– „Mit Flexcar erhalten Sie Ihr Wunschfahrzeug in einer Langzeitmiete … Sie können selbst über Fahrzeug und Laufzeit entscheiden. … Volle Flexibilität ohne versteckte Zusatzkosten. …“ (11. Juni .2020, Flexcar-Rent GmbH, Anlage 3);
45
– „Flexrent und Flexrent Pro Tarife … Wenn Sie einen Mietwagen für einen Zeitraum über 30 Tage benötigen, haben wir die perfekten Lösungen für Sie. Profitieren Sie mit den Tarifen Flexrent und Flexrent Pro … Der Unterschied zwischen beiden Tarifen? Die Kilometerzahl. Mit Flexrent können Sie bis zu 750 Kilometer im Monat fahren, während die Option PRO mit einer Kilometerbeschränkung von 1.200 km als Renting-Option für Selbständige gedacht ist, die mehr fahren müssen. Bei Langzeitmieten sind zudem Vertragsverlängerungen möglich, wobei der neue Mietzeitraum mit den Preisen des ursprünglichen Buchungstags berechnet wird. … Flexibilität – Wir verfügen über eine große, moderne Fahrzeugflotte. Wählen Sie den Fahrzeugtyp je nachdem, ob Sie allein, mit der Familie oder mit Freunden reisen, und die Tage, an denen Sie das Fahrzeug benötigen. …“ (25. September 2020, Anlage 24);
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– „So funktioniert unser Auto-Abo KINTO Flex … Einfach und flexibel. Bequem zahlreiche Modelle online buchen mit flexibler Laufzeit zur attraktiven Monatsrate. …“ (4. August 2020, Anlage 25);
47
– „Warum SHARE NOW? … Bei unseren Tarifen ist alles inklusive und sie lassen sich flexibel an deine Bedürfnisse anpassen. …“, 1. Juli 2020, Anlage 8).
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Vor diesem Hintergrund erschöpft sich das Anmeldezeichen in einer schlagwortartigen, werblich anpreisenden Sachaussage über Eigenschaften und Gegenstand der beanspruchten „Fahrzeug-Sharing-Dienste, nämlich Bereitstellung von zeitlich begrenzter Nutzung von Fahrzeugen“ der Klasse 39. Denn diese zeitlich begrenzten Nutzungsdienste beziehen sich auf Fahrzeuge und können in vielfältiger Weise, nämlich in der Laufzeit, im Tarif, in der Verfügbarkeit, der Rückgabe-, Sharing- oder Kündigungsmöglichkeiten oder der Fahrzeugauswahl flexibel sein.
49
ee) Soweit das Anmeldezeichen die genaue Art der Flexibilität offenlässt, vermag dies nichts an der fehlenden Unterscheidungskraft zu ändern. Denn die Annahme einer beschreibenden Bedeutung setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich damit eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auch dann auszugehen sein, wenn das Zeichenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist und nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (EuGH a. a. O. – DOUBLEMINT; GRUR 2004, 680 Rdnr. 38 – 42 – BIOMILD; BGH GRUR 2014, 872 Rdnr. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT; GRUR 2013, 522 Rdnr. 13 – Deutschlands schönste Seiten).
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ff) Auch wenn das Anmeldezeichen eine Wortneuschöpfung darstellt, fehlt es ihm an Besonderheiten in syntaktischer oder semantischer Hinsicht, weil es sprachüblich aus Adjektiv und einem Substantiv oder aus zwei Substantiven gebildet ist und einen sinnvollen Gesamtbegriff bildet (BPatG 26 W (pat) 571/18 – FLEXI-GURT; 28 W (pat) 21/13 – FlexxSide; 33 W (pat) 15/05 – FlexPension; 29 W (pat) 159/04 – CarGuide; 29 W (pat) 86/06 – CARAGENT; 29 W (pat) 572/12 – carmaster). Die Zusammenschreibung ist zudem ein in der Produktwerbung verbreitetes stilistisches Mittel, das den Sachhinweis nicht in Frage stellt (vgl. BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress; BPatG 30 W (pat) 36/17 – CLEANGAS; 28 W (pat) 555/17 – EASYCLIP; MarkenR 2008, 413, 416 – Saugauf; 25 W (pat) 2/16 – findwhatyoulike; 30 W (pat) 2/16 – hansedeal; 26 W (pat) 122/09 – mykaraokeradio; 29 W (pat) 104/13 – edatasystems; 33 W (pat) 511/13 – klugeshandeln; 26 W (pat) 3/15 – dateformore; 29 W (pat) 192/01 – Travelagain).
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gg) Ferner kann die durchgehende Ausführung in Versalien keine Schutzfähigkeit begründen, weil der Verkehr an die willkürliche und nicht den grammatikalischen Regeln folgende Groß- und Kleinschreibung von Wörtern in der Werbung gewöhnt ist (BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 20 – VISAGE; BPatG 30 W (pat) 562/17 – TRAVELNEWS; 26 W (pat) 528/17 – EASYQUICK; 24 W (pat) 8/14 – KIDZ ONLY; 30 W (pat) 56/12 – IRLAB; 26 W (pat) 2/09 – LINKRANK).
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hh) Allein der Umstand, dass der Begriff „FLEXCAR“ lexikalisch nicht nachweisbar ist, steht der Annahme des Schutzhindernisses ebenfalls nicht entgegen. Der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen vermittelt werden sollen. Er wird daher ihm verständliche Sachaussagen als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BPatG 28 W (pat) 33/15 – Traumtomaten).
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2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Wortzeichen für die in Rede stehende Dienstleistung zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt auch gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltebedürftig gewesen ist.
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3. Die von der Anmelderin aufgeführten Voreintragungen und Entscheidungen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Wegen der Einzelheiten wird auf die ausführlichen gerichtlichen Hinweise vom 22. Dezember 2021 und 24. März 2022 Bezug genommen.


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