Aktenzeichen 28 W (pat) 93/09
Tenor
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2008 027 213.9 / 02
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Schell
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Angemeldet ist die Wortmarke
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Gold Passion
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für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 2, 14, 30 und 40
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„Blattgold, Blattmetalle, Blattsilber für Steinmetze, Bilderrahmenhersteller, Künstler, Maler, Dekorateure und Restaurateure; Erdfarben, Cadmiumfarben, Buntfarben; Lacke, Naturharze, Terpentinersatz (soweit in Klasse 02 enthalten), Weißpigmente, Vergolderzubehör, nämlich Rollengold, Pudergold, Bronzepulver; Goldgrund, Kreidegrund abgetönt (Polimente), Schellacke; Gold (roh oder geschlagen); Gold- und Silberwaren (ausgenommen Messerschmiedewaren), Golddraht (Schmuck); Edelmetalle (roh oder teilweise bearbeitet); eßbares Blattgold; Blattgold, Goldstaub, Goldflocken und Goldkörner zur Verzierung von Nahrungsmitteln; Goldplattierungen, Vergoldung; Materialbearbeitung“.
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Die Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke werde von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne Weiteres mit dem Bedeutungsgehalt „Goldleidenschaft, Neigung für Gold“ verstanden. Mit diesem Sinngehalt vermittle die Wortfolge im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich eine dahingehende, sachbezogene Aussage, dass diese von bzw. für Menschen angeboten würden, die eine besondere Leidenschaft, Neigung oder Vorliebe für Gold oder goldfarbene Dinge im weitesten Sinne besitzen. Die Wortfolge werde somit nicht als individualisierendes Unterscheidungsmittel aufgefasst, sondern lediglich als werbeübliche Anpreisung der fraglichen Produkte und Leistungen.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, der angemeldeten Marke fehle weder die erforderliche Unterscheidungskraft noch sei sie wegen eines schutzwürdigen Freihaltungsinteresses von der Eintragung ausgeschlossen. Der Wertung der Markenstelle liege eine unzulässige, analysierende Betrachtungsweise zugrunde, da sie das Zeichen nicht in seiner Gesamtheit beurteilt, sondern nahezu ausschließlich auf die einzelnen Bestandteile „Gold“ und „Passion“ abgestellt habe. In ihrer Gesamtheit weise die angemeldete Wortfolge aber gerade keinen unmittelbar beschreibenden Aussagegehalt auf. Somit ermögliche das angemeldete Zeichen den angesprochenen Verbrauchern keinerlei Rückschlüsse auf produktbezogene Eigenschaften der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Vielmehr werde der Verkehr dem Gesamtzeichen ohne Weiteres einen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen.
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Zur Begründung der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens werde zudem auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts „Goldener Zimt“ verwiesen sowie auf die international registrierten Marken IR 817 085 „Gold Passion“ und IR 676 433 „Gold“ sowie auf die Gemeinschaftsmarke EU 35 24 709 „Passion“.
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Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
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die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 2, vom 17. Oktober 2008 und vom 16. Juli 2009, aufzuheben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
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Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
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Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH MarkenR 2006, 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2005, 135, Rdn. 19 – Maglite; BGH GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006). Diese Herkunftsfunktion von Marken ist nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 27 – BioID; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Vermag ein angemeldetes Zeichen diese Herkunftsfunktion nicht zu erfüllen, widerspricht es dem Allgemeininteresse, dieses Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, Rdn. 59 – EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 – Libertel).
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Die Frage, ob eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, ist stets im Hinblick auf die mit ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen. Im vorliegenden Fall handelt es sich dabei zum einen um aus dem Edelmetall Gold bestehende Produkte, wie etwa Blattgold, Blattmetalle, Gold, Goldwaren, Edelmetalle oder essbares Blattgold. Daneben werden mit der Anmeldung Waren beansprucht, die eine goldene Farbe aufweisen oder eine entsprechende Einfärbung bewirken können, wie beispielsweise Erd-, Cadmium- oder Buntfarben, Schellacke oder Bronzepulver, sowie darüber hinaus Produkte, die bei Vergoldungsprozessen eingesetzt werden können. Zu der in der Klasse 40 beanspruchten Dienstleistung „Materialbearbeitung“ zählen u. a. Goldplattierungs-Arbeiten und Vergoldungen.
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Für die Beurteilung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft ist der Gesamteindruck der angemeldeten Marke maßgeblich. Um diesen Gesamteindruck genau bestimmen zu können, ist es aber gerade bei Marken, die aus mehreren Wörtern bestehen, zweckmäßig, zunächst ihre einzelnen Bestandteile zu bewerten. Diese Vorgehensweise ist auch zulässig (vgl. EuGH MarkenR 2007, 204, 209, Rdn. 79 – Celltech; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 – BioID; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 28 – SAT.2). Auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen ist dann in einem weiteren Prüfungsschritt die Marke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen.
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Der beschreibende Sachbezug des Markenwortes „Gold“ liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen. Das englische Wort „Passion“ und sein deutschsprachiges Pendant „Leidenschaft“ (vgl. Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]. – Stichwort: Passion = die starke, leidenschaftliche Neigung zu etwas; leidenschaftliche Hingabe) werden in der inländischen Werbesprache seit langem zur Produktwerbung eingesetzt, wobei das entsprechende Produktspektrum nahezu unbegrenzt ist und von Büchern, Modeartikeln und Parfüms, über Kaffeeautomaten und Getränke, bis hin zu Pkw´s, Baumaschinen oder Dienstleistungen von Banken reicht. Dem inländischen Publikum sind die Wörter „Passion“ und „Leidenschaft“ deshalb als typische Werbebegriffe völlig vertraut. Bei der hier konkret angemeldeten Wortfolge „Gold Passion“ handelt es sich um keinen lexikalisch nachweisbaren Begriff. Dieser Umstand lässt jedoch für sich genommen noch keine sicheren Rückschlüsse darauf zu, ob die angemeldete Marke als schutzfähiger Gesamtbegriff oder als schutzunfähige Angabe zu werten ist. Vielmehr muss auch bei so genannten Wortneuschöpfungen ermittelt werden, welcher standardsprachlicher Bedeutungsgehalt ihnen zuzuordnen ist (vgl. hierzu EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 – BioID). Nach den allgemeinen Sprachregeln ergibt sich für die inländischen Verbraucher aus der Wortfolge „Gold Passion“ insoweit der naheliegendste Aussagegehalt „Goldleidenschaft“ bzw. „Leidenschaft für Gold“. Wie die Anmelderin zutreffend geltend gemacht hat, ist auch dieser Begriff weder lexikalisch belegbar noch ausweislich der durchgeführten Recherchen im allgemeinen Sprachgebrauch in erheblichem Umfang nachzuweisen. Bei der Prüfung, ob die angemeldete Wortfolge i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG Unterscheidungskraft aufweist, bleibt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung jedoch zu berücksichtigen, dass keineswegs jede Abweichung vom üblichen Sprachgebrauch bzw. jede der Alltagsprache bislang unbekannte Wortschöpfung per se ausreichend ist, um einer Marke die erforderliche Unterscheidungskraft zu vermitteln. Gerade bei aus beschreibenden Einzelbegriffen gebildeten Wortkombinationen bedarf es vielmehr eines merklichen Unterschiedes zwischen der Kombination und der bloßen Summe ihrer einzelnen Bestandteile (vgl. EuGH MarkenR 2007, 204, 209, Rdn. 76 ff. – CELLTECH; EuGH GRUR 2004, 680, 681, Rdn. 41 – BIOMILD). Insoweit ist es von besonderer Bedeutung, ob die hier angemeldete Wortfolge „Gold Passion“ bzw. ihr deutschsprachiger Bedeutungsgehalt „Goldleidenschaft, Leidenschaft für Gold“ von den üblichen Bezeichnungsgewohnheiten des einschlägigen Produktsektors abweicht oder ob dem Verkehr hier bereits vergleichbar gebildete Sachbegriffe begegnen. Hierzu hat der Senat die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass Sachbezeichnungen wie der Begriff „Schmuckleidenschaft“ auf dem maßgeblichen Produktsektor nachweisbar und den angesprochenen Verbrauchern bekannt sind. Die angemeldete Marke stellt sich somit als sprach- und branchenüblich gebildeter Sachbegriff dar, der für die Verbraucher die unzweideutige, produktbezogene Aussage enthält, dass sich die fraglichen Waren und Dienstleistungen an Verbraucher mit einer Leidenschaft für Gold und damit im Zusammenhang stehende Produkte wenden. Gleichzeitig signalisiert die Wortfolge in werbeüblicher Weise, dass der Anbieter der fraglichen Waren oder Leistungen dieses besondere Interesse an dem Edelmetall teilt bzw. ihm Rechnung trägt, was wiederum das Qualitätsversprechen einer entsprechend hohen Produktgüte in sich birgt. Die angemeldete Wortfolge weist damit in keiner relevanten Hinsicht einen Gesamteindruck auf, der über die bloße Summenwirkung ihrer beiden beschreibenden Einzelbestandteile hinausgehen würde, so dass sie in ihrer Gesamtheit ebenfalls nur als beschreibende bzw. anpreisende Sachaussage erscheint (vgl. hierzu EuGH GRUR 2004, 680, 681, Rdn. 40 f. – BIOMILD). Dass die beschreibende Angabe weniger konkret, als vielmehr schlagwortartig formuliert ist, steht der Wertung als Sachhinweis nicht entgegen. Die eigenständige Bedeutung von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besteht gerade darin, dass diese Norm nicht nur solche Angaben erfasst, mit denen konkrete Produktmerkmale konkret beschrieben werden, sondern auch solche Angaben, die sich in einer für die angesprochenen Verbraucher ohne Weiteres verständlichen Weise auf Umstände beziehen, die einen engen Sachbezug zu den betreffenden Waren oder Dienstleistungen aufweisen (BGH GRUR 2009, 411, Rdn. 9 – STREETBALL; BGH GRUR 2008, 710, 711, Rdn. 16 – VISAGE; BGH GRUR 2005, 417, 419 – BerlinCard). Für eine Zurückweisung beschreibender Angaben ist es also keineswegs zwingend erforderlich, dass ein Zeichen aus Begriffen besteht, mit denen die fraglichen Waren oder Dienstleistungen direkt bezeichnet oder konkrete Produktmerkmale benannt werden (vgl. EuGH GRUR RR 2008, 47, Rdn. 32 – map&guide).
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Angesichts des im Vordergrund stehenden, produktbezogenen Sinngehalts der angemeldeten Marke ist davon auszugehen, dass sie die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich als Hinweis auf Art bzw. Bestimmungszweck der beanspruchten Waren und Dienstleistungen auffassen werden, nicht aber als unternehmensbezogenen Herkunftshinweis. Die angemeldete Marke verfügt somit nicht über die Eignung, für die angesprochenen Verbraucher die Ursprungsidentität der fraglichen Waren und Dienstleistungen zu garantieren. Bei dieser Sachlage widerspricht es dem im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu berücksichtigenden Allgemeininteresse, die Marke der ungehinderten Verwendung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen. Ob ihrer Eintragung in das Register darüber hinaus ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, lässt der Senat dahingestellt.
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Soweit sich die Anmelderin zur Begründung ihrer Beschwerde auf Voreintragungen beruft, begründet dieser Vortrag kein anderes Prüfungsergebnis. Sowohl der EuGH als auch der BGH haben immer wieder bestätigt, dass Voreintragungen generell keine Bindungswirkung zukommen kann, sondern stattdessen ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Eintragungshindernisse zu entscheiden ist (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201, 202, Rdn. 13-19 – Schwabenpost; EuGH MarkenR 2004, 116, 122 f., Rdn. 63 – Henkel; BGH GRUR 2004, 506, 507 – Stabtaschenlampen II; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – Willkommen im Leben). Dies gilt sogar selbst für den Fall, dass ein identisches Zeichen für denselben Anmelder schon einmal eingetragen wurde, wie dies der BGH hervorgehoben hat (vgl. BGH GRUR 2009, 411, 412, Rdn. 14 – STREETBALL). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, ist lediglich in die umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinzubeziehen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen mit einbezogen, ohne dass sich hieraus schutzbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten.
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Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.