Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Nero” – Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  25 W (pat) 556/11

Datum:
22.5.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
25. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 040 773.8
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. Mai 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. Oktober 2011 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren
“Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer”
zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Bezeichnung
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Nero
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ist am 26. Juli 2011 für folgende Waren der
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Klasse 5:
5
Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert;
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Klasse 30:
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Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für Genusszwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee-Extrakte; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/Kräutertee/Früchtetee (auch in trinkfertiger Form und/oder Beimischung von Fruchtgetränken und/oder Fruchtsäften); Zubereitungen überwiegend bestehend aus Tee-Extrakten und/oder Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und/oder granulierter und/oder instantisierter Form, auch aromatisiert und/oder vitaminisiert und/oder mineralisiert und/oder mit Gewürzen und/oder Milchbestandteilen und/oder weiteren Zutaten; Getränkepulver und Fertiggetränke (soweit in Klasse 30 enthalten), insbesondere auf der Basis von Tee, Tee-Extrakten, Kaffee, Kaffee-Extrakten, Kaffee-Ersatzmitteln, Kaffee-Ersatzmittelextrakten, Kakao, Malz, Zucker, Zuckerersatzmitteln, Zichorie und/oder anderen geschmackgebenden Zutaten (jeweils einzeln und/oder in Kombination miteinander); Kakao; Kaffee; Kaffee-Ersatzmittel; Zuckerwaren; Schokoladenwaren;
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Klasse 32:
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alkoholfreie Getränke, insbesondere Getränke unter Beimischung von Tee/Kräutertee/Früchtetee; Energie-Getränke (Energy-Drinks); Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Instantgetränkepulver zur Herstellung alkoholfreier Getränke; Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke,
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zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
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Die Markenstelle für Klasse 30 hat diese unter der Nummer 30 2011 040 773.8 geführte Anmeldung nach Beanstandung in einem Beschluss durch einen Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewiesen, weil der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren die absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstünden.
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Bei der Bezeichnung handele es sich um das italienische Adjektiv “nero”, das vom Verkehr in seiner Bedeutung von “schwarz” erkannte werde. Der angemeldeten Bezeichnung sei mithin im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Waren lediglich ein enger beschreibender Bezug zu entnehmen. Sie weise nämlich lediglich darauf hin, dass es sich entweder um schwarzen Tee/Schwarztee (italienisch “tè nero”) handele oder die Waren eine solche Teesorte enthalten oder die Produkte sich durch schwarze Farbe auszeichnen würden. Als in diesem Sinne ohne weiteres verständliche und beschreibende Angabe fehle der Bezeichnung daher jegliche Unterscheidungskraft. Sie sei jedenfalls nicht geeignet, von dem angesprochenen Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis erkannt zu werden. Zudem bestehe ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
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Hiergegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde.
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Sie hält die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 5, 30 und 32 für unterscheidungskräftig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da “Nero” entgegen der Auffassung der Markenstelle keinen beschreibenden Hinweis auf diese Waren geben würden, der Verkehr vielmehr die Bezeichnung als betrieblichen Herkunftshinweis erkenne. Richtig sei zwar, dass es sich bei “nero” um ein Adjektiv der italienischen Sprache mit der Bedeutung “schwarz” handele. Jedoch vermöge der inländische Durchschnittsverbraucher das Wort schon nicht in diese Bedeutung zu übersetzen, da Italienisch keine geläufige Fremdsprache in Deutschland sei. Vielmehr würde sich dem Verbraucher die Assoziation zu dem römischen Kaiser “Nero” einstellen, zumal dessen Schreibweise im Gegensatz zu dem Adjektiv “nero” mit der angemeldeten Marke übereinstimme. Zum Nachweis für dieses Verständnis des inländischen Verbrauchers legt die Anmelderin einen Wikipedia-Auszug mit einer Begriffserklärung von “Nero” vor. Des weiteren meint die Anmelderin, dass das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht angenommen werden könne. Für “Nero” bestünde kein Freihaltebedürfnis im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren. “Nero” sei für diese Waren nicht unmittelbar beschreibend. Wie das Ergebnis einer google-Recherche mit den eingegebenen Begriffen “Nero” und “Tee” dokumentiere, würde der Begriff “Nero” im Zusammenhang mit Tee nicht als beschreibender Hinweis verstanden. Denn entweder würden die Treffer die Produkte der Anmelderin anzeigen oder die Benutzung des Begriffs “Nero” in Verbindung mit Tee in schlagwortartiger Weise als Herkunftshinweis. Schließlich verweist die Anmelderin auf eine Vielzahl von Voreintragungen wie “Bacio nero”, “CAFFÈ NERO”, “NERO NERO” usw..
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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Oktober 2011 aufzuheben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
18
Die gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde hat nur insoweit teilweise Erfolg, als einer Eintragung der angemeldeten Marke für die im Tenor genannten Waren Schutzhindernisse nicht entgegenstehen. Im Übrigen ist die Beschwerde in Bezug auf die weiteren beanspruchten Waren unbegründet, da die angemeldete Bezeichnung “Nero” insoweit eine beschreibende Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt bzw. ihr die Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Daher hat die Markenstelle insoweit die Anmeldung zu Recht gemäß § 37 Abs. 1, Abs. 5 MarkenG zurückgewiesen.
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1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8 Rdn. 265). Es genügt also, wenn die angemeldete Marke in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 31 – Chiemsee; EUGH GRUR 2004, 674, Tz. 56 – Postkantoor). Bei den Bestimmungsangaben können diese allgemeiner Art sein oder sich auf einzelne Bestimmungen beziehen, wie z. B. Abnehmerkreise, Verwendungszweck, Vertriebs- und Erbringungsart, -ort oder -zeit usw. (vgl. Ströbele/Hacker, 10. MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 333 m. Rspr.nachw.). Nicht erforderlich ist, dass die Waren und Dienstleistungen ausschließlich für den betreffenden Zweck bestimmt sind, vielmehr genügt, wenn dieser neben anderen in Betracht kommt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 333).
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Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 29 – Chiemsee; EuGH GRUR 2006, 411, Tz. 24 – Matratzen Concord). Dabei kommt es in erster Linie auf die aktuellen Verhältnisse in dem Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an, jedoch ist auch die Berücksichtung des Allgemeininteresses an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren künftig beschreibende Verwendung zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 35 – Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 56 – Postkantoor). Ist die Eignung der angemeldeten Marke für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 30 – Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 16, Tz. 32 – DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 98 – Postkantoor).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht die Bezeichnung “Nero” für fast alle Waren, für die die Anmelderin Schutz beansprucht, mit Ausnahme von “Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer” ausschließlich aus Angaben, welche geeignet sind, entweder die Beschaffenheit oder bestimmte Merkmale dieser Waren zu beschreiben.
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Bei der Bezeichnung “Nero” handelt es sich für den inländischen Verbraucher offenkundig um einen Begriff aus dem Grundwortschatz der italienischen Sprache, den er ohne weiteres trotz seiner regelwidrigen Großschreibung des ersten Buchstabens in seiner Bedeutung von “schwarz” erkennt. Dem inländischen Verbraucher sind nämlich aufgrund der in Deutschland sehr beliebten italienischen Küche, die sich u. a. darin ausdrückt, dass es nahezu in jeder deutschen Stadt Restaurants – auch häufig bezeichnet als Ristorante – gibt, in denen verschiedenste italienische Gerichte wie Pasta, Pizza, u. v. m. angeboten werden, eine Vielzahl von Wörtern aus diesem Bereich in der italienischen Sprache geläufig. Zu diesen dem inländischen Verbraucher bekannten Begriffen der italienischen Sprache gehören auch einige Farbwörter, wie z. B. verde (grün) im Zusammenhang mit Oliven oder Pesto sowie bianco (weiß), rosso (rot) und eben nero, die im Zusammenhang mit Weinen verwendet werden, sei es, dass mit diesen generell Rot- oder Weissweine (vino rosso, vino bianco) oder spezielle aus Italien stammende Weinsorten (z. B. Nero D´Avola) benannt werden. Soweit die Anmelderin meint, dass der inländische Verkehr den Begriff “Nero” ob des Großbuchstabens am Wortanfang eher mit dem römischen Kaisers dieses Namens in Verbindung bringt, ist ihr nicht zuzustimmen, da hierbei unberücksichtigt bleibt, dass der Begriff nicht isoliert, sondern stets im Zusammenhang mit den so gekennzeichneten Produkten zu betrachten und bewerten ist. Eine Verbindung zu dem römischen Kaiser bei den von der Anmelderin beanspruchten Waren der Klassen 5, 30 und 32, wie Tee, Kaffee usw., wird der angesprochene Verbraucher, da eine solche fernliegend ist, nicht herstellen. Vielmehr wird der Verkehr “Nero” im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klassen 30 und 32, die sämtlichst dem Lebensmittel-/Getränkebereich zuzuordnen sind, und darüber hinaus auch im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klasse 5 (Tee und teeähnliche Erzeugnisse für medizinische Zwecke) – mit Ausnahme der “Mineralwässer und andere kohlesäurehaltigen Wässern” – ohne weiteres als eine beschreibende Angabe hinsichtlich der Beschaffenheit oder Merkmale dieser Waren erkennen, nämlich als Hinweis auf eine bestimmte Produktsorte oder -farbe.
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Aber selbst wenn der inländische Verbraucher, wie die Anmelderin meint, die Bedeutung des italienischen Wortes “Nero” überwiegend nicht kennen sollte, kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass die im Handel mit einschlägigen Waren beteiligten Fachkreise, vor allem soweit sie in dem Produktbereich “Kaffee” in Handelsbeziehung mit dem EU-Mitglied Italien stehen, den italienischen Begriff “Nero” mit “schwarz” zu übersetzen vermögen und in der Lage sind, diese als produktbeschreibende Beschaffenheits- und Merkmalsangabe zu erkennen.
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Die Beschaffenheit der Waren
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“Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für Genusszwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee-Extrakte; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/Kräutertee/Früchtetee (auch in trinkfertiger Form und/oder Beimischung von Fruchtgetränken und/oder Fruchtsäften); Zubereitungen überwiegend bestehend aus Tee-Extrakten und/oder Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und/oder granulierter und/oder instantisierter Form, auch aromatisiert und/oder vitaminisiert und/oder mineralisiert und/oder mit Gewürzen und/oder Milchbestandteilen und/oder weiteren Zutaten; Getränkepulver und Fertiggetränke (soweit in Klasse 30 enthalten), insbesondere auf der Basis von Tee, Tee-Extrakten; alkoholfreie Getränke, insbesondere Getränke unter Beimischung von Tee/Kräutertee/Früchtetee,
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kann durch “Nero” ausgewiesen werden, da mit “schwarz” die allgemein bekannte Teesorte “schwarzer Tee” in Verbindung gebracht wird und es sich bei den vorbezeichneten Produkten überwiegend entweder um Tee selbst handelt bzw. um ausschließlich aus Tee bestehende Waren, wie z. B. Tee-Extrakte, oder Tee die Basis der Produkte darstellt oder diesen zumindest Tee beigemischt sind. In dieser die Teesorte “schwarzer Tee” beschreibenden Weise (“Nero-leckerer schwarzer Tee von TEEKANNE”) verwendet die Anmelderin bzw. ihrer Lizenznehmerin den Begriff “nero” selbst, wie die von ihr vorgelegte google-Recherche (Bl. 52 d. A.) zeigt. Bei den weiteren oben genannten Waren, bei denen mit “teeähnlichen Erzeugnissen (Kräuter- und Früchtetees), Getränken auf der Basis von Kräuter-/Früchtetee” schon die Produkte selbst bestimmte Teesorten sind, kann “Nero” auf eine weitere Beschaffenheit der so bezeichneten Produkte hinweisen, nämlich z. B. auf bestimmte Fruchtsorten wie schwarze Johannisbeere, Brombeere u. ä.. Dies gilt gleichermaßen für
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“Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken”,
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da auch diese aus Fruchtsorten mit schwarzen Früchten/Beeren, wie schwarzen Johannisbeeren bestehen können, so dass “Nero” auch in Bezug auf diese Waren geeignet ist, einen Hinweis auf eine solche Produktbeschaffenheit zu geben.
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Für folgende Waren kann “Nero” als Farbangabe verwendet werden und somit eine beschreibende Merkmalsangabe darstellen:
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“Getränkepulver und Fertiggetränke (soweit in Klasse 30 enthalten), insbesondere auf der Basis von Kaffee, Kaffee-Extrakten, Kaffee-Ersatzmitteln, Kaffee-Ersatzmittelextrakten, Kakao, Malz, Zucker, Zuckerersatzmitteln, Zichorie und/oder anderen geschmackgebenden Zutaten (jeweils einzeln und/oder in Kombination miteinander); Kakao; Kaffee; Kaffee-Ersatzmittel; Zuckerwaren; Schokoladenwaren, Energie-Getränke (Energy-Drinks); Instantgetränkepulver zur Herstellung alkoholfreier Getränke; Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke”.
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Mit Kaffee wird allgemein die Farbe schwarz in Verbindung gebracht. So lautet eine häufige Bestellung in Cafés “Kaffee schwarz”, was bedeutet, dass ein Kaffee ohne Beimischung von Zucker und insbesondere von Milch gewünscht wird. Als nahezu schwarz werden auch die weiteren Produkte wie Kakao, Malz und Schokoladewaren angesehen, wobei es bei Kakao und Schokolade unterschiedlich dunkle Sorten gibt und mit Bitterschokolade eine solche, die fast schwarz aussieht oder wirkt. Da Zucker und Zuckerwaren mithilfe von Lebensmittelfarbe in schwarzer Farbe angeboten werden können, ist die Bezeichnung “Nero” auch bezüglich dieser Produkte geeignet ist, eine sachbezogene Merkmalsangabe darzustellen. Da Energiegetränke Koffein enthalten und damit “schwarz” sein können, kann mit “Nero” auch in Bezug auf diese Waren ein Hinweis auf diese Produktfarbe gegeben werden. Dies gilt gleichermaßen für “Instantgetränkepulver zur Herstellung alkoholfreier Getränke” sowie “Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke”.
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Nach alledem wird der Verkehr ohne vertiefte, analysierende Betrachtungsweise bezüglich der vorbezeichneten Waren bei der Bezeichnung “Nero” ohne weiteres entweder auf die Beschaffenheit und auf die Farbe dieser Waren schließen und damit in diesem Begriff lediglich eine Merkmale dieser Waren beschreibende, freihaltebedürftige Sachangabe sehen.
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Im Hinblick auf die warenbeschreibende Bedeutung in Bezug auf die vorbezeichneten Waren wird der Verkehr darüber hinaus in der angemeldeten Bezeichnung lediglich eine Sachangabe und keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen, so dass ihr auch die Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
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Soweit die Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen verwiesen hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH mehrfach entschieden (ständige Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS  unter Hinweis ua auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47 – 51 – BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42 – 44 – Postkantoor; GRUR 2004, 428 Tz. 63 – Henkel). Dies entspricht auch ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2008, 1093 Tz. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 – Papaya mit ausführlicher Begründung und zahlreichen Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen), wobei es auch keinen Mangel des DPMA-Verfahrens darstellt, dass die Markenstelle nicht im Einzelnen Gründe für eine differenzierte Beurteilung angegeben hat (vgl. dazu BGH GRUR 2011, 230, Tz. 12 – SUPERgirl). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen.
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2. Hinsichtlich der übrigen, in dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesenen Waren “Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer” sind dagegen keine Eintragungshindernisse gegeben.
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Insoweit liegt mit “Nero” keine beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor, da “schwarz” weder die vorgenannten Waren selbst beschreibt, dabei insbesondere keine Merkmals- oder Beschaffenheitsangabe darstellt. Denn bei Mineralwasser handelt es sich als Grundwasser mit den Gewinnungsorten Quelle oder Brunnen um ein klares, durchsichtiges Getränk und ist damit in seinem Aussehen das Gegenteil von “schwarz”. Auch mit “anderen kohlesäurehaltigen Wässer” verbindet der angesprochene Verbraucher die Eigenschaft eines klaren Getränks, jedenfalls nicht die Farbe “schwarz”.
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Da ein enger beschreibender Bezug der angemeldeten Bezeichnung mit diesen Waren ebenfalls nicht in Betracht kommt, ist insoweit auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gegeben.


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